Bundesgerichtshof
Nr. 86/2001
Bundesgerichtshof entscheidet über Telefonentgelte bei Der für das Dienstvertragsrecht zuständige III. Zivilsenat hat entschieden, daß gegenüber der Rechnungsstellung eines Mobilfunknetzbetreibers, der mit dem Adressaten der Rechnung einen Vertrag über Mobilfunkdienstleistungen abgeschlossen hat, nicht der Einwand erhoben werden kann, die in der Rechnung aufgeführten 0190-Sondernummern seien zu dem Zweck angewählt worden, (sittenwidrige) Telefonsex-Gespräche zu führen. Die Klägerin verlangt von der Beklagten, mit der sie einen Vertrag über Mobilfunkdienstleistungen abgeschlossen hatte, Zahlung von mehr als 20.000 DM. Die in Rechnung gestellten Beträge beruhen im wesentlichen darauf, daß unter Benutzung des Mobilfunktelefonanschlusses der Beklagten 0190-Sondernummer-Verbindungen hergestellt und aufrechterhalten wurden. Die Beklagte hat die Begleichung der Rechnungen mit der Begründung verweigert, ihr Vater habe diese Sondernummern angewählt, um Telefonsex zu betreiben. Das Berufungsgericht hat unter Hinweis darauf, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 9. Juni 1998 - XI ZR 192/97 - NJW 1998, 2895) Telefonsex-Verträge nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und nichtig sind, die Klage zum größten Teil abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte in der Hauptsache Erfolg. Dabei hat der III. Zivilsenat offengelassen, ob bezüglich der Beurteilung der Sittenwidrigkeit von Telefonsex-Verträgen an der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats festzuhalten ist. Die Frage der rechtlichen Bewertung derartiger Verträge stellt sich jedenfalls dann völlig neu, wenn das vom Bundestag bereits beschlossene Gesetz zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation der Prostituierten in Kraft treten sollte. Der III. Zivilsenat hat die Klageforderung insbesondere deshalb für berechtigt erachtet, weil sowohl der zwischen einem Netzbetreiber und seinem Kunden geschlossene Telefondienstvertrag als auch die vertraglich in erster Linie geschuldete Leistung - Herstellen und Aufrechterhalten einer Telefonverbindung - wertneutral sind. Der Netzbetreiber hat keinen Einfluß darauf, welche Teilnehmer zu welchen Zwecken in telefonischen Kontakt treten. Der Inhalt der geführten Gespräche ist für ihn nicht kontrollierbar und geht ihn nichts an. Diese Grundsätze haben nach Meinung des III. Zivilsenats auch bei der Anwahl von 0190-Sondernummern zu gelten. Dabei fällt entscheidend ins Gewicht, daß die Verantwortlichkeit für den Inhalt der bei der Anwahl von 0190-Sondernummern neben der bloßen Verbindungsleistung zu erbringenden weiteren Dienstleistung nach § 5 Abs. 1 und 3 des Teledienstegesetzes vom 22. Juli 1997 (BGBl. I S. 1870) im allgemeinen nur bei dem Diensteanbieter selbst, nicht auch bei dem die Verbindung zwischen dem Anrufer und dem Diensteerbringer herstellenden Netzbetreiber liegt. Zwar werden bei der Anwahl von 0190-Sondernummern deutlich höhere Entgelte als bei sonstigen Gesprächen von gleicher Dauer verlangt, weil darin neben den Verbindungspreisen auch die Vergütung der Diensteanbieter enthalten ist. Dies ändert aber nichts daran, daß das Abrechnungsverhältnis zwischen dem Kunden und dem Netzbetreiber auf dem Telefondienstvertrag nebst der jeweils gültigen Preisliste gründet. Urteil vom 22. November 2001 - III ZR 5/01 Karlsruhe, den 22. November 2001 Pressestelle des Bundesgerichtshofs 76125 Karlsruhe Telefon (0721) 159-422 Telefax (0721) 159-831 |
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