Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 72/2000

Anrechnung von Dienstjahren in der DDR bei der Berechnung der Versorgungsrente für Angestellte im öffentlichen Dienst

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat entschieden, daß bei der Zusatzversorgung für Angestellte im öffentlichen Dienst frühere Dienstjahre in der ehemaligen DDR anzurechnen sind, wenn der Angestellte im Jahre 1991 nach dem Tarifvertrag West in den öffentlichen Dienst übernommen wurde.

Der Kläger war bei den Berliner Verkehrsbetrieben in Ostberlin beschäftigt. An deren Stelle trat ab 1. Januar 1991 die Senatsverwaltung Berlin für Bauen, Wohnen und Verkehr. Diese übernahm den Kläger nach dem Tarifvertrag West und meldete ihn zum 1. April 1991 bei der Beklagten, der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), zur Zusatzversorgung an. Mit Wirkung zum 1. November 1995 änderte die VBL ihre Satzung dahin, daß bei der Berechnung der Zusatzversorgung solche Dienstzeiten unberücksichtigt bleiben, die in der ehemaligen DDR, also vor dem 3. Oktober 1990, zurückgelegt wurden. Als der Kläger in den Ruhestand trat, erhielt er von der VBL eine monatliche Versorgungsrente von 205,72 DM. Der Berechnung hatte die VBL die neue Satzung zugrunde gelegt und die in der ehemaligen DDR zurückgelegten Dienstzeiten nicht berücksichtigt. Wären sie berücksichtigt worden, hätte der Kläger eine Zusatzversorgung von monatlich 1.914,60 DM erhalten.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß seine früheren Dienstjahre aus der DDR-Zeit angerechnet werden müßten. Er klagte auf eine entsprechende Feststellung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat dem Kläger recht gegeben. Er hat festgestellt, daß sich die Beklagte nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht auf die Neuregelung der Satzung berufen darf. Als der Kläger im April 1991 zur Zusatzversorgung angemeldet wurde, enthielt die Satzung noch keine einschränkende Regelung. Der Kläger durfte sich deshalb darauf verlassen, daß er eine ungekürzte Zusatzversorgung erhält. Weder sein damaliger Arbeitgeber, noch die VBL haben den Kläger darauf aufmerksam gemacht, daß er mit Kürzungen zu rechnen habe, weil seine Dienstjahre aus der ehemaligen DDR nicht angerechnet würden. Deshalb ist die spätere Satzungsänderung aus dem Jahre 1995 für die Berechnung der Zusatzversorgung des Klägers nicht anzuwenden.

Urteil vom 27. September 2000 - IV ZR 140/99

Karlsruhe, den 27. September 2000

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