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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Monat September 2000 » Pressemitteilung Nr. 65/00 vom 6.9.2000

Siehe auch:  Beschluss des 3. Strafsenats vom 9.8.2000 - 3 StR 159/00 -

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 65/2000

Schuldspruch gegen "Schockanrufer" wegen Mordes und
versuchten Mordes in sechs Fällen rechtskräftig

Das Landgericht Hildesheim hat den Angeklagten - einen 51-jährigen Busfahrer - wegen sieben sogenannter "Schockanrufe" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte in Telefonaten älteren Frauen vorgetäuscht, Angehörige in seiner Gewalt zu haben, verbunden mit der Drohung, daß diese vergewaltigt, gequält oder getötet würden, wenn die Angerufenen seinen Anweisungen nicht Folge leisteten. Von den dadurch verschreckten
Opfern verlangte er, Gardinen, Tischdecken, Sofas, Matratzen und die am Körper getragene Kleidung in Brand zu setzen. In einem Fall forderte er eine Frau auf, sich mit einem eingeschalteten Föhn in die mit Wasser gefüllte Badewanne zu legen. Die Opfer waren in der Mehrzahl der angeklagten Fälle so verwirrt und geschockt, daß sie aus Angst um ihre Angehörigen auf die Forderungen des Angeklagten eingingen; teilweise täuschten sie dem Angeklagten die Vornahme der verlangten lebensgefährlichen Handlungen auch nur vor. Eine 69-jährige Frau verstarb als Folge des Schockanrufs an einem stressbedingten Herzkreislaufversagen. In vielen Fällen erlitten die Geschädigten Brandverletzungen oder waren nervlich so beeinträchtigt, daß sie danach längere Zeit ärztlicher und psychotherapeutischer Behandlung bedurften. In einem Fall entstand ein Brandschaden von ca. 100.000 DM. Durch das Erleben einer realen Todesangst seiner Opfer wurde der Angeklagte sexuell erregt. Er führte an den einzelnen Tattagen bis zu 100 Telefonanrufe, bis er eine Frau fand, die sich von ihm manipulieren ließ und seinen Anweisungen Folge leistete.

Rechtlich hat die Strafkammer die sieben angeklagten Vorfälle als einen vollendeten Mord und als versuchten Mord in sechs Fällen gewertet. Außerdem hat sie die Tatbestände der Brandstiftung, der gefährlichen Körperverletzung und der Nötigung als erfüllt angesehen. Vor allem wegen der objektiven Gefährlichkeit der lebensbedrohenden Anweisungen hat der Angeklagte nach der Überzeugung des Landgerichts damit gerechnet und sich damit abgefunden, daß durch die Brandlegungen die Wohngebäude selbst in Brand geraten und die Opfer Verletzungen und unter Umständen sogar den Tod erleiden könnten. Dabei habe er sich die völlig eingeschüchterten Frauen zu gefügigen Werkzeugen gemacht. Die Strafkammer hat eine erhebliche Wiederholungsgefahr bejaht und deshalb die Unterbringung des wegen einer komplexen Persönlichkeits-, Verhaltens- und Sexualstörung nur vermindert schuldfähigen Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.

Das Rechtsmittel der Revision, mit dem der Angeklagte die Beweiswürdigung sowie die rechtlichen Wertungen des Tatgerichts beanstandet hat, blieb weitgehend ohne Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat den Schuldspruch in allen Fällen, den Strafausspruch in fünf Fällen sowie die Unterbringung des Angeklagte in einem psychiatrischen Krankenhaus bestätigt. Insoweit ist das Urteil rechtskräftig. Lediglich der Strafausspruch in zwei Fällen sowie der Gesamtstrafenausspruch wurden aufgehoben und die Sache zur neuen Straffestsetzung an das Landgericht zurückgewiesen.

Beschluß vom 9. August 2000 - 3 StR 159/00

Karlsruhe, den 6. September 2000

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-422

Telefax (0721) 159-831

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