Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 41/2000

 

Urteil des Landgerichts Dortmund im Prozeß um den Feuertod

eines 32jährigen Irakers aufgehoben

Nach den Feststellungen des Landgerichts Dortmund fesselte die damals 22 Jahre alte Angeklagte am 24. März 1999 ihren Bekannten, der entkleidet war und bäuchlings auf seinem Bett lag, mit Stoffstreifen und schüttete etwa drei Liter Benzin über seinen Körper. Das Benzin geriet in Brand; es entstand ein Feuerball, der Temperaturen von mehreren 100 Grad Celsius mit sich brachte. Das Tatopfer verstarb an einem Hitzeschock. Die nur mit einem Büstenhalter und einem Slip bekleidete Angeklagte erlitt Verbrennungen von mehr als 20 % der Hautoberfläche.

Das Landgericht hatte die Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach seiner Auffassung konnte nicht ausgeschlossen werden, daß die Angeklagte auf Verlangen und mit dem Einverständnis des Tatopfers handelte und daß sie ihren Bekannten "lediglich .... zu dessen sexueller Befriedigung einen Gefallen tun wollte." Es habe sich nicht feststellen lassen, daß sie den Tod oder auch nur eine körperliche Verletzung des Tatopfers sowie das Inbrandgeraten des Wohnhauses beabsichtigt oder auch nur billigend in Kauf genommen habe. Vielmehr sei nicht auszuschließen, daß sie "ernsthaft darauf vertraute, daß all dies nicht passierte".

Dieser Beurteilung ist der Bundesgerichtshof aus Rechtsgründen nicht gefolgt, weil das Landgericht angesichts der besonders hohen Gefährlichkeit des Tuns der Angeklagten zu hohe Anforderungen an die Annahme eines - zumindest bedingten - Tötungs- und Brandstiftungsvorsatzes gestellt habe; denn die Angeklagte war sich nach den Feststellungen des mit dem Entzünden des Feuerzeugs verbundenen "besonders hohen Gefahrenpotentials" bewußt gewesen. Zudem habe das Landgericht außer acht gelassen, daß der Annahme, die Angeklagte habe gleichwohl auf einen glücklichen Ausgang vertraut, schon deren eigene Einlassung entgegensteht, sie sei "froh" gewesen, "als bei den ersten Zündungen nichts passiert sei".

Der 4. Strafsenat hat das Urteil daher auf die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Essen zurückverwiesen. Er hat für die neue Verhandlung darauf hingewiesen, daß die Frage, ob die Angeklagte den gefesselten und schlafenden Mann mit Benzin übergossen und dieses entzündet habe, um ihn zu töten (direkter Vorsatz), wiederum eingehender Prüfung bedürfe.

Urteil vom 20. Juni 2000 - 4 StR 162/00

Karlsruhe, den 20. Juni 2000

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