Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 70/1999

Bundesgerichtshof bestätigt Strafurteil wegen Vertriebs von

Schlankheitskapseln

Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen eines Arztes und zweier Apotheker verworfen, die vom Landgericht Köln wegen des Vertriebs von Schlankheitskapseln verurteilt worden waren. Die Schlankheitskapseln, erstmals von einem belgischen Arzt verschrieben, enthielten in wechselnder Zusammensetzung verschiedene pflanzliche, tierische und chemische Substanzen. In Deutschland wurden sie massenhaft von einer GmbH produziert, in der die beiden verurteilten Apotheker - zusammen mit einem dritten Apotheker - Gesellschafter waren. Beim Vertrieb wirkten die Angeklagten in der Weise zusammen, daß der verurteilte Arzt und sein belgischer Berufskollege die Kapseln verordneten und die GmbH dann die Rezepte belieferte, und zwar teilweise über die Apotheken ihrer Gesellschafter, teilweise auch durch Direktversand an die Patienten. Das Landgericht hatte alle Angeklagten des Inverkehrbringens bedenklicher Arzneimittel, die beiden Apotheker außerdem des Inverkehrbringens nicht zugelassener Fertigarzneimittel schuldig gesprochen, gegen den Arzt und einen Apotheker Freiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren mit Bewährung und gegen den anderen Apotheker eine - nicht mehr bewährungsfähige - Freiheitsstrafe von drei Jahren verhängt.

Der Bundesgerichtshof führt in seinem Beschluß aus, die angewandte Strafvorschrift des Arzneimittelgesetzes genüge dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Mit Recht habe das Landgericht die Schlankheitskapseln auch für "bedenklich" im Sinne des Gesetzes erklärt. Die Bedenklichkeit eines Arzneimittels entscheide sich nach seinem "bestimmungsgemäßen Gebrauch". Was darunter zu verstehen sei, richte sich nicht allein nach der generellen Zweckbestimmung des Mittels (hier: Herbeiführung einer Gewichtsabnahme), sondern auch nach der von den beiden Ärzten befolgten Verordnungspraxis. Diese hatten die Kapseln - den Feststellungen zufolge - massenweise und undifferenziert abnehmwilligen Personen (auch Kindern und Normalgewichtigen) ohne hinlängliche Untersuchung, Überwachung und Beachtung von Kontraindikationen (z. B. bei erhöhten Schilddrüsenwerten) verschrieben. Bei dieser, vom Wissen und Wollen der Apotheker umfaßten Verordnungspraxis habe das Landgericht zu Recht angenommen, daß ein begründeter Verdacht auf schädliche Wirkungen der Kapseln bestehe. Die drohenden schädlichen Wirkungen (z. B. Herzrhythmusstörungen, Kopfschmerz, Schwindelgefühle, psychische Beeinträchtigungen) seien nicht etwa wegen eines überwiegenden therapeutischen Nutzens "vertretbar" gewesen; denn einen solchen Nutzen habe es nicht gegeben, weil nach den getroffenen Feststellungen durch Einnahme der Kapseln jedenfalls eine nachhaltige Gewichtsabnahme nicht zu erzielen gewesen sei.

Beschluß vom 11. August 1999 – 2 StR 44/99

Karlsruhe, den 03. September 1999

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