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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Monat Mai 1999 » Pressemitteilung Nr. 46/99 vom 26.5.1999

 

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

 

Nr. 46/1999

 

Vertragsübernahme und Verbraucherkreditgesetz

 

Der für das Leasingrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über die Wirksamkeit der Übernahme eines Pkw-Leasingvertrages zu entscheiden, die im Februar 1991 zwischen der Leasinggeberin, dem Leasingnehmer und dem Beklagten als Übernehmer vereinbart worden war. Hierzu wurde eine von der Leasinggeberin vorformulierte Übernahmeerklärung verwendet, die von dem Leasingnehmer und dem Beklagten unterzeichnet und sodann an die Leasinggeberin gesandt wurde. Angaben zum Inhalt des zu übernehmenden Leasingvertrages enthält das Schriftstück nicht. In dem im November 1990 abgeschlossenen Leasingvertrag hatte der Leasingnehmer unter anderem den kalkulierten Restwert des Leasingfahrzeugs in Höhe von netto 66.992,11 DM garantiert und sich gegenüber der Leasinggeberin zur Erstattung einer etwaigen Differenz zwischen diesem Restwert und dem Händlereinkaufspreis verpflichtet. Von dieser Restwertgarantie war dem Beklagten nach seiner Darstellung, von der im Revisionsverfahren auszugehen war, nichts bekannt.

Der Beklagte nutzte das Leasingfahrzeug nahezu über die gesamte Vertragsdauer und zahlte bis auf die letzten drei Monate die vereinbarten Leasingraten. Kurz vor Vertragsablauf wurde das Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall stark beschädigt. Die Leasinggeberin veräußerte es unrepariert zum geschätzten Händlereinkaufspreis von 5.400 DM. Mit der Klage nimmt sie den Beklagten unter anderem auf Erstattung der Differenz zwischen dem Verwertungserlös und dem im Leasingvertrag garantierten Restwert in Anspruch. Der Beklagte verweigert die Zahlung mit der Begründung, ihm sei bei den Vertragsübernahmeverhandlungen von dem Leasingnehmer und von einem Mitarbeiter des Autohauses, welches das Fahrzeug später an ihn auslieferte, erklärt worden, es handele sich um einen Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung; bei Kenntnis des wahren Vertragsinhalts hätte er den Leasingvertrag, den er nie zu Gesicht bekommen habe, nicht übernommen.

Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage im wesentlichen stattgegeben. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung, weil die Vertragsübernahmevereinbarung nicht dem Schriftformerfordernis des Verbraucherkreditgesetzes genügt.

Das Verbraucherkreditgesetz findet auf die Vertragsübernahmevereinbarung mit dem Beklagten, von dessen Verbrauchereigenschaft im Revisionsverfahren auszugehen war, entsprechende Anwendung. Zwar fällt der übernommene Leasingvertrag nicht in den zeitlichen Geltungsbereich des erst nach Vertragsabschluß - am 1. Januar 1991 - in Kraft getretenen Verbraucherkreditgesetzes. Entscheidend ist aber nicht der Zeitpunkt des Abschlusses des übernommenen Vertrages, sondern der Zeitpunkt der Vertragsübernahme. Vom Schutzzweck des Gesetzes her macht es keinen Unterschied, ob eine Kreditverpflichtung - um eine solche handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei einem Finanzierungsleasingvertrag mit Restwertgarantie des Leasingnehmers - in der Person eines Verbrauchers durch den Abschluß oder wie hier durch die Übernahme eines bereits bestehenden Kreditvertrages begründet wird.

Die Vertragsübernahme bedurfte daher gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG der Schriftform. Diesem Formerfordernis genügt die Übernahmevereinbarung nicht; denn sie ist nicht von allen drei Beteiligten auf derselben Urkunde unterzeichnet (§ 126 Abs. 2 BGB). Die Form ist aber auch deswegen nicht gewahrt, weil kein von dem Beklagten unterzeichnetes Schriftstück den Inhalt des übernommenen Leasingvertrages wiedergibt. Das Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 1 VerbrKrG hat vor allem Informations- und Warnfunktion für den Verbraucher. Dem wird eine Vertragsübernahmevereinbarung nur dann gerecht, wenn dem Übernehmer auch und gerade der Inhalt des zu übernehmenden Vertrages vollständig vor Augen geführt wird, damit er erkennen kann, worauf er sich mit der Vertragsübernahme einläßt.

Da der Formmangel aus rechtlichen Gründen auch nicht geheilt worden ist, fehlt es an einer wirksamen Vertragsübernahme. Ansprüche aus dem Leasingvertrag stehen der Leasinggeberin gegen den Beklagten daher nicht zu. Inwieweit der Beklagte aus anderen Rechtsgründen Wertersatz wegen der Nutzung des Leasingfahrzeugs und wegen dessen Beschädigung schuldet, kann nicht ohne weitere Sachaufklärung entschieden werden. Der Rechtsstreit wurde daher an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Bei der neuerlichen Verhandlung und Entscheidung wird auch zu prüfen sein, ob es dem Beklagten nach Treu und Glauben verwehrt ist, sich auf den Formmangel zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt dies ausnahmsweise dann in Betracht, wenn eine Partei sich unter Berufung auf den Formmangel ihrer Verpflichtung entziehen will, obwohl sie - wie der Beklagte durch die Nutzung des Leasingfahrzeugs - längere Zeit aus dem nichtigen Vertrag Vorteile gezogen hat. In diesem Zusammenhang wird allerdings auch zu klären sein, ob die Behauptung des Beklagten zutrifft, er sei über den Inhalt des übernommenen Leasingvertrages getäuscht worden. Wurde der Beklagte nämlich zu der Annahme verleitet, er übernehme einen Leasingvertrag ohne Restwertgarantie, so stellt sich die Frage, ob er nicht jedenfalls seiner Inanspruchnahme aus dieser Restwertgarantie den Einwand der Formnichtigkeit entgegenhalten kann, ohne sich treuwidrig zu verhalten.

Urteil vom 26. Mai 1999 - VIII ZR 141/98

Karlsruhe, den 26. Mai 1999

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-422

Telefax (0721) 159-831

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