Der Bundesgerichtshof

PRESSEMITTEILUNGEN
 
XML RSS

Dokumentsuche

Datum

Nummer

Suchbegriff

[Icon: Dreieck] Hilfe

 

Kalender

Mo Di Mi Do Fr Sa So
          1 2
3 4 5 6 7 8 9
10 11 12 13 14 15 16
17 18 19 20 21 22 23
24 25 26 27 28 29 30

Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Monat Mai 1999 » Pressemitteilung Nr. 45/99 vom 20.5.1999

 

vorheriges DokumentDokumentlistenächstes Dokument

Druckansicht

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 45/1999

 

Verschweigen der Zuwendung eines Dritten kann zur Anfechtung eines Unterhaltsvergleichs berechtigen

 

Die Parteien, die miteinander verheiratet waren, streiten über die Wirksamkeit eines Scheidungsfolgenvergleichs, den sie über den nachehelichen Unterhalt geschlossen haben.

Im Scheidungsverbundverfahren machte die Ehefrau einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt mit der Begründung geltend, sie sei unterhaltsbedürftig, weil sie erwerbsunfähig sei und lediglich eine Erwerbsunfähigkeitsrente von rund 600 DM monatlich beziehe. Der Ehemann wandte u.a. ein, die Ehefrau wohne mietfrei in einem Haus, das sie zusammen mit ihrem neuen Partner - jeder als Miteigentümer zu 1/2 - erworben habe. Im Termin zur mündlichen Verhandlung schlossen die Parteien hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts einen Vergleich, in dem der Ehemann sich verpflichtete, zur Abgeltung des Unterhaltsanspruchs einen Betrag von 30.000 DM zu zahlen.

Vor Abschluß des Vergleichs hatte die Ehefrau mitgeteilt, daß sie vor kurzem auch den Miteigentumsanteil ihres Partners an dem Hausgrundstück erworben habe; das Grundstück hafte noch für eine restliche Darlehensschuld von 70.000 DM, für die monatlich 437,50 DM an Zinsen zu zahlen seien. Die Ehefrau hatte dagegen nicht erwähnt, daß sie etwa zwei Monate zuvor 250.000 DM erhalten hatte, die ihr von ihrer Mutter im Hinblick auf ihr künftiges Erb- und Pflichtteilsrecht zugewendet worden waren. Den Geldbetrag hatte die Ehefrau in der Zeit bis zum Abschluß des Vergleichs ausgegeben. Sie hatte u.a. auf eine Bankbürgschaft, die sie für ihren Partner übernommen hatte, 50.000 DM gezahlt, zur Teilablösung des Darlehens, das zur Finanzierung des Hausgrundstücks aufgenommen worden war, 100.000 DM überwiesen, ihrer Tochter 19.000 DM zur Hochzeit geschenkt und insgesamt 51.500 DM für eigene Zwecke, u.a. die Anschaffung eines Pkw, aufgewandt.

Der Ehemann hat den Vergleich, nachdem er von der Zuwendung erfahren hatte, wegen arglistiger Täuschung angefochten und die Fortsetzung des Verfahrens wegen Unwirksamkeit des gerichtlichen Vergleichs beantragt. Die Ehefrau hat geltend gemacht, nicht zur Offenbarung der Zuwendung verpflichtet gewesen zu sein, weil der Betrag, der im Einvernehmen mit ihrer Mutter verwendet worden sei, ihr bei Abschluß des Vergleichs nicht mehr zur Verfügung gestanden habe.

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Gegensatz zum Amtsgericht und zum Oberlandesgericht entschieden, daß die Ehefrau verpflichtet war, die während des laufenden Unterhaltsrechtsstreits erfolgte Zuwendung ihrer Mutter zu offenbaren. Die Zahlung war grundsätzlich geeignet, ihre Unterhaltsbedürftigkeit anders als dargestellt erscheinen zu lassen. Ein geschiedener Ehegatte kann nämlich Unterhalt nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann. Den Stamm des Vermögens braucht er dabei nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Für die Frage der Offenbarungspflicht kommt es nicht darauf an, ob die Ehefrau der Ansicht war, die Zuwendung beeinflusse wegen des Willens der Mutter, den Ehemann nicht zu entlasten, den Unterhaltsanspruch nicht. Die Entscheidung darüber, ob und inwieweit ihre Rechtsauffassung berechtigt ist, hätte sie dem Gericht überlassen müssen.

Deshalb liegt, soweit die Ehefrau keine Angaben über die Zuwendung gemacht hat, eine Täuschungshandlung vor. Das Oberlandesgericht wird nach der erfolgten Zurückverweisung darüber zu befinden haben, ob die weiteren Voraussetzungen einer wirksamen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erfüllt sind.

Urteil vom 19. Mai 1999 - XII ZR 210/97 -

Karlsruhe, den 20. Mai 1999

 

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe

Postfach 1661, 76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-422

Telefax (0721) 159-831

Druckansicht