Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

 

Nr. 5/1999

 

Vorschau auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs

in den nächsten Monaten des Jahres 1999

 

 

Verhandlungstermin: 28. Januar 1999

I ZR 208/96

Die klagende Verwertungsgesellschaft beansprucht von der Beklagten, die Telefax-geräte importiert und vertreibt, Auskunft, um eine ihr nach ihrer Auffassung zustehende urheberrechtliche Vergütung berechnen zu können. Das Gesetz sieht vor, daß die Hersteller und Importeure von Geräten, mit denen Vervielfältigungen von urheberrechtlich geschützten Werken hergestellt werden können, zur Abgeltung der Vervielfältigungsvorgänge eine Vergütung zu zahlen haben. Diese Ansprüche können nicht von den betroffenen Urhebern oder Verlagen, sondern nur von einer Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. In diesem Verfahren geht es darum, ob auch für Telefaxgeräte eine solche urheberrechtliche Gerätevergütung zu zahlen ist. Dies hat das Oberlandesgericht Zweibrücken bejaht (CR 1997, 348 = OLG-Rep Koblenz/Saarbrücken/Zweibrücken 1997, 25). Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. (LG Frankenthal)

Verhandlungstermin: 11. Februar 1999

III ZR 155/97

Im Zusammenhang mit der Durchführung des "Flughafenverfahrens" nach § 18 a des Asylverfahrensgesetzes werden im Transitbereich des Frankfurter Flughafengeländes Asylsuchende vorübergehend untergebracht. Die klagende Flughafenunternehmerin, auf deren Seite das Land Hessen dem Verfahren als Streithelfer beigetreten ist, und die Bundesrepublik Deutschland streiten darüber, wer die durch die Unterbringung verursachten Kosten zu tragen hat. (LG Frankfurt/Main/OLG Frankfurt/Main)

 

 

 

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 16. Februar 1999

5 StR 494/98

 

Dem Angeklagten Dr. Diestel, vom 12. April 1990 bis zur Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident der ehemaligen DDR, wird von der Staatsanwaltschaft II bei dem Landgericht Berlin vorgeworfen, zusammen mit seiner Ehefrau am 27. Juli/14.  August 1990 ein in Rechtsträgerschaft des Ministeriums des Innern der DDR stehendes Grundstück, das bereits zum Zeitpunkt des Kaufvertrages einen Wert von 770.000 DM gehabt habe, für 193.000,00 DM gekauft und dadurch eine Untreue zum Nachteil der ehemaligen DDR begangen zu haben. Zu einer wirksamen Eigentumsübertragung ist es nicht gekommen. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte mit Beschluß vom 14. Oktober 1994 (V ZR 233/93; Presseerklärung Nr. 43/1994) ein Urteil des Bezirksgerichts Potsdam bestätigt, das den Vertrag als nichtig angesehen hatte. Nicht zuletzt wegen des Mißverhältnisses zwischen dem Kaufpreis und dem wahren Wert des Grundstücks verstieß der Vertrag gegen die Grundsätze redlichen Verhaltens. Das Landgericht Berlin hat den Angeklagten (und weitere Angeklagte, gegen die die Staatsanwaltschaft die Revision nicht verfolgt) von dem Vorwurf der Untreue aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen freigesprochen. Der Angeklagte habe lediglich eine Untreue versucht, der Versuch der Untreue sei jedoch nicht strafbar. Im übrigen habe der Angeklagte auch nicht vorsätzlich gehandelt; ihm könne nicht nachgewiesen werden, daß die Wertermittlung, wie sie durchgeführt worden sei, nicht mehr zulässig gewesen sei und objektiv gegen die Rechtsordnung der damaligen DDR verstoßen habe.

 

Verhandlungstermin: 24. Februar 1999

3 StR 520/98

Das Landgericht Hannover hat den Angeklagten N. wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach den Feststellungen veranlaßte der Angeklagte den 8 -jährigen Sohn einer Nachbarsfamilie, zur Versorgung einer kleinen Wunde zu ihm in die Wohnung zu kommen. Nachdem das Kind durch den Angeklagten gehindert worden war, die Wohnung wieder zu verlassen, fing das Kind zu schreien an. Um dies zu verhindern, hielt ihm der Angeklagte den Mund zu. Bei der anschließenden Rangelei fügte er ihm mit einem heftigen Schlag eine Platzwunde am Kopf zu. Als das Kind nun erst recht zu schreien begann, erwürgte er es. Das Landgericht hat den Tatbestand des Mordes angenommen, weil der Angeklagte die Wehr- und Arglosigkeit des Kindes zur Tötung ausgenutzt und damit heimtückisch gehandelt habe.

Der Angeklagte beanstandet die Annahme von Heimtücke, weil das Kind bei Beginn des Würgens nicht mehr arglos gewesen sei. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, das Urteil im Beschlußverfahren nach § 349 Abs. 4 StPO aufzuheben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Der Senat hat jedoch Hauptverhandlungstermin bestimmt.

Verhandlungstermin: 25. Februar 1999

I ZR 118/96

In dem Verfahren geht es um die Zulässigkeit des Kopienversandes einer öffentlichen Bibliothek. Die Technische Informationsbibliothek (TIB) sammelt im Verbund mit der Universitätsbibliothek Hannover veröffentlichte Literatur aus aller Welt zu den Schwerpunktgebieten Technik/Ingenieurwissenschaften, Chemie, Informatik, Mathematik und Physik. Auf Anforderung übersendet sie Kopien von Zeitschriften und Aufsätzen, die sie den Bestellern per Post oder per Telefax übermittelt. Für diese Dienstleistung, deren Inanspruchnahme sie durch einen online zugänglichen Katalog ihrer Bestände erleichtert, wirbt sie weltweit.

Nach Ansicht des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e.V. verletzt dieses Vorgehen bei urheberrechtlich geschützter Literatur die Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte der Urheberberechtigten. Er klagt aus abgetretenem Recht verschiedener Zeitschriftenverlage (insbesondere auf Unterlassung und Schadensersatz). Die TIB bringt ihrerseits vor, sie handele bei ihrem Kopienversand nur im Auftrag der Besteller; die Herstellung der Vervielfältigungen sei daher nach § 53 UrhG zulässig. (LG München I (AfP 1996, 181)/OLG München (AfP 1996, 393))

 

Verhandlungstermin: 25. Februar 1999

I ZR 199/96, I ZR 210/96, I ZR 211/96, I ZR 5/97

In diesen Verfahren geht es um die Frage, ob die beklagten Verlage berechtigt sind, die in den Telefonbüchern enthaltenen Informationen zur Herstellung einer Telefonauskunfts-CD oder einer Online-Telefonauskunft zu verwenden. Die Klägerin gibt die Telefonbücher der Deutschen Telekom heraus; sie sieht in der identischen Übernahme der Daten aus ihren Telefonbüchern eine Urheberrechtsverletzung sowie einen Verstoß gegen das UWG. Die Vorinstanzen - in den Verfahren I ZR 199/96, I ZR 210/96 und I ZR 211/96 das OLG Frankfurt/Main (WRP 1996, 1175 = NJWE-WettbR 1997, 29), im Verfahren I ZR 5/97 das OLG Karlsruhe (GRUR 1997, 391 = WRP 1997, 473 = NJWE-WettbR 1997, 73) - haben übereinstimmend eine Urheberrechtsverletzung verneint, haben aber die wettbewerbsrechtliche Frage unterschiedlich beantwortet: Das OLG Karlsruhe hat die dortige Beklagte zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung verurteilt sowie die Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz festgestellt. Dagegen hat das OLG Frankfurt/Main in den drei dort entschiedenen Fällen die Klagen abgewiesen beziehungsweise die Klageabweisung durch das Landgericht Frankfurt/Main bestätigt.

 

Verhandlungstermin: 03. März 1999

IV ZR 90/98

Die Beklagte ist ein bundesweit tätiges Versicherungsunternehmen, das als erster und jedenfalls im Zeitpunkt der Klageerhebung einziger Versicherer in der Bundesrepublik eine Versicherung zur privaten Vorsorge bei Arbeitslosigkeit anbietet. Die Beklagte verwendet bei Abschluß der Versicherungsverträge allgemeine Versiche-rungsbedingungen (PVA 96). Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, verlangt im Wege der Verbandsklage von der Beklagten, mehrere Klauseln der Allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht zu verwenden. Diese Klauseln betreffen u.a. die Bestimmung des Begriffs der "unfreiwilligen Arbeitslosigkeit" als Leistungsvoraussetzung, die Vereinbarung einer Wartezeit bis zum Eintritt des Versicherungsschutzes von 24 Monaten, die Kriterien für die Berechnung der Versicherungsleistung, einen Leistungsausschluß bei fristloser Kündigung durch den Arbeitgeber, die Bestimmung, daß Versicherungvermittler nicht zur Entgegennahme von Willenserklärungen und Anzeigen gegenüber dem Versicherer bevollmächtigt sein sollen, sowie ein widerrufliches Einverständnis des Versicherungsnehmers damit, daß er im Rahmen des Versicherungsverhältnisses und im Hinblick auf weitere Versicherungs- und Finanzdienstleistungen der Versicherungsgruppe auch telefonisch informiert und beraten wird.

Das Oberlandesgericht hat der Klage nur hinsichtlich der Klausel stattgegeben, nach der die Versicherungsvermittler keine Empfangsvollmacht für Willenserklärungen und Anzeigen haben sollen, und sie im übrigen zurückgewiesen. Auf die zugelassene Revision hat der Bundesgerichtshof zu entscheiden, ob die übrigen streitgegenständlichen Klauseln einer Inhaltskontrolle nach dem Gesetz über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) standhalten. (LG Hamburg/OLG Hamburg)

 

Verkündungstermin : 16. März 1999

XI ZR 76/98

In dem Verfahren will ein Verbraucherschutzverein einer deutschen Großbank untersagen lassen, sich anläßlich der Eröffnung eines Girokontos das Einverständnis mit Telefonwerbung -durch sie selbst oder durch von ihr beauftragte Partnerunternehmen- erteilen zu lassen. Verhandlungstermin war bereits am 15. Dezember 1998. (LG Frankfurt/Main/OLG Frankfurt/Main)

 

Verhandlungstermin: 17. März 1999

IV ZR 137/98

Der Kläger ist seit 1981 bei der Beklagten mit einer Beihilfeergänzungsversicherung zum Tarif NIB 50 b krankenversichert. Nach den dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen erbringt die Beklagte Leistungen für psychotherapeutische Behandlungen im tariflichen Rahmen. Nr. 9 des Tarifs NIB 50 b sieht vor, daß Tarifleistungen für psychotherapeutische Behandlungen nach vorheriger Genehmigung erbracht werden; eine Genehmigung wird nach der Tarifbestimmung höchstens für 30 Sitzungen oder bei erforderlicher stationärer Behandlung für 30 Tage während der Vertragsdauer erteilt. Der Kläger, der sich längere Zeit in psychotherapeutischer Behandlung befand, begehrt die Feststellung, daß diese zeitliche Beschränkung des Versicherungschutzes nicht Bestandteil des Versicherungvertrages geworden sei. Er begründet dies damit, daß die entsprechende Tarifbestimmung eine überraschende Klausel im Sinne von § 3 des Gesetzes über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) sei; außerdem halte sie einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz nicht stand.

Die Vorinstanzen habe die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Unwirksamkeit der Klausel verneint. Eine andere Beurteilung sei auch nicht im Hinblick auf das 1997 verabschiedete Psychotherapeutengesetz angezeigt. Dieses Gesetz, das von dem Bestreben gekenzeichnet sei, eine möglichst weitgehende Versorgung der Bevölkerung auch im psychotherapeutischen Bereich zu gewährleisten, könne als Beurteilungsmaßstab nicht herangezogen werden. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Klausel nach dem AGB-Gesetz sei der Zeitpunkt des Versicherungsvertragsabschlusses. Zu dieser Zeit, also 1981, hätten Fragen der psychotherapeutischen Behandlung bei der ärztlichen Behandlung der Bevölkerung aber noch nicht eine solche Bedeutung gehabt. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Bedeutung eines Bewertungswandels für die Kontrolle nach dem AGB-Gesetz höchstrichterlich noch nicht geklärt sei. (LG Berlin/ KG Berlin)

 

Verhandlungstermin: 17. März 1999

IV ZR 218/97

Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, verlangt im Wege der Verbandsklage von der Beklagten, einem Versicherer, der Verträge über Rechtsschutzversicherungen mit privaten Endverbrauchern abschließt, die Verwendung einer sog. Bedingungsanpassungsklausel zu unterlassen. Die Beklagte verwendet die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Rechtsschutzversicherung aus dem Jahre 1994 (ARB 94), die in § 10 A die streitgegenständliche Klausel enthalten. Diese Klausel sieht vor, daß der Versicherer bei Änderung von Gesetzen, auf denen die Bestimmungen des Versicherungsvertrages beruhen, bei unmittelbar den Versicherungsvertrag betreffenden Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der Verwaltungspraxis des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen oder der Kartellbehörden, im Falle der Unwirksamkeit der Bedingungen oder zur Abwehr einer kartell- oder aufsichtsrechtlichen Beanstandung berechtigt sein soll, einzelne Bedingungen mit Wirkung für bestehende Verträge zu ergänzen oder zu ersetzen. Auch zur Beseitigung von Auslegungszweifeln soll der Versicherer den Wortlaut von Bedingungen ändern können. Die geänderten Bedingungen, die gewissen inhaltlichen Kriterien genügen müssen, sollen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach schriftlicher Bekanntgabe schriftlich widerspricht.

Die Vorinstanzen haben der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Bundesgerichtshof hat zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Klausel der Inhaltskontrolle nach dem Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) standhält. (LG Düsseldorf/OLG Düsseldorf

 

Verhandlungstermin: 28. April 1999

3 StR 215/98

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat den Angeklagten, einen bosnischen Serben am 26. September 1997 wegen Völkermordes in elf Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Mord an insgesamt 30 Menschen, in den anderen acht Fällen in Tat-einheit mit gefährlicher Körperverletzung und / oder Freiheitsberaubung zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Das Gericht hat festgestellt, daß die Schuld des Angeklagten besonders schwer wiegt.

Nach den Feststellungen war der Angeklagte Anführer einer paramilitärischen Gruppe, die sich in der Region Doboj in Bosnien-Herzegowina in Abstimmung mit den serbischen Machthabern an Terrorakten gegen die muslimische Bevölkerung beteiligte, um die Politik der "ethnischen Säuberung" zu unterstützen. Neben der Festnahme von Moslems, ihrer Verbringung in Gefangenenlager und ihrer Mißhandlung erschoß er nach den Feststellungen im Juni 1992 gemeinsam mit einer weiteren Person in Grabska 22 Einwohner (unter ihnen Behinderte und ältere Menschen), die sich - verängstigt durch Kampfhandlungen - im Freien versammelt hatten. Drei weitere Moslems mußten die Getöteten dann zu einem Massengrab tragen. Einige Tage später trieb er mit seinen Leuten 40-50 Männer aus dem Dorf Sevarlije heraus, ließ sie brutal mißhandeln und sechs von ihnen erschießen. Das siebte Opfer, das nur angeschossen war, starb, als es in einem Stall zusammen mit den sechs Leichen verbrannt wurde. Ob der Angeklagte wußte, daß diese Person noch lebte, konnte nicht festgestellt werden. Im September 1992 setzte der Angeklagte einem Gefangenen im Zentralgefängnis in Doboj einen Blecheimer auf den Kopf und schlug derart hart mit einem Holzknüppel auf den Eimer, daß der Geschädigte an den Folgen des Schlages starb.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt. Er rügt unter anderem, daß es an der Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit fehle und die Voraussetzungen des § 220 a StGB (Völkermord) nicht vorlägen. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, Termin zur Hauptverhandlung zu bestimmen, da diese - höchstrichterlich erstmals zur Entscheidung anstehenden - Fragen der Erörterung bedürften.

 

Verhandlungstermin: 29. April 1999

I ZR 65/96

Das Verfahren betrifft einen Roman als Fortsetzung des berühmten Romans

"Dr. Shiwago"

Der klagende Verlag hat im November 1957 den Roman "Dr. Shiwago" von Boris Pasternak in Italien erstmals - in italienischer Übersetzung - veröffentlicht. Unter dem Pseudonym Alexander Mollin schrieb ein englischer Rechtsanwalt zu "Dr. Shiwago" als Fortsetzung einen Roman mit dem Titel "Lara's Child". Der klagende Verlag ist der Ansicht, durch die Vervielfältigung und Verbreitung der deutschen Übersetzung dieses Romans ("Laras Tochter") werde in ihm zustehende Rechte an "Dr. Shiwago" eingegriffen. Pasternak habe nach der Berner Übereinkunft durch die Erstveröffentlichung seines Romans in Italien für diesen auch in Deutschland Urheberrechtsschutz erworben. "Laras Tochter" lehne sich an "Dr. Shiwago" unbefugt an (unter anderem in der Übernahme von Romanfiguren und deren Wesenszüge, des zeitlichen Hintergrunds und der Schauplätze des Geschehens). (LG Mannheim/OLG Karlsruhe (AfP 1997, 717))

 

 

 

 

 

Verhandlungstermin noch offen

4 StR 87/98

Der Angeklagte L. ist französischer Staatsangehöriger. Ihm wird vorgeworfen, am 22./23. August 1995 in Alsting/Frankreich den deutschen Staatsbürger Heinz W., dessen Leiche nie gefunden wurde, aus finaziellen Motiven entweder eigenhändig umgebracht oder dessen Tötung durch andere veranlaßt zu haben. Das Landgericht Saarbrücken hat den Angeklagten wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt.

Der Senat wird unter anderem zu entscheiden haben, ob durch den Beschluß der chambre d’accusation de cour d’appel de Metz vom 15. März 1990 ein Verfahrenshindernis nach Art. 54 SDÜ eingetreten ist, der eine weitere Strafverfolgung nach rechtskräftiger Verurteilung in einem anderen Vertragsstaat untersagt. Der Senat hat am 06. Oktober 1998 folgenden Beschluß gefaßt:

"Der Bundesminister der Justiz wird gebeten, der nach dem Europäischen Übereinkommen vom 7. Juni 1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht (BGBl 1974 II S. 937) in Verbindung mit dem Zusatzprotokoll vom 15. März 1978 (BGBl 1987 II S. 58) zuständigen staatlichen Verbindungsstelle der Republik Frankreich die folgende Anfrage vorzulegen:

Kommt einer nach französischem Recht von der Anklagekammer eines Appellationsgerichtshofs getroffene "ordonnance de nonlieu"-Entscheidung im Strafverfahren in Frankreich materielle Rechtskraft zu mit der Folge, daß nach dem Grundgesetz ne bis in idem Strafklageverbrauch eintritt?"

 

Beratungstermin noch offen

5 StR 193/98

Der 5. Strafsenat hat über eine Anfrage des Kammergerichts in Berlin zu entscheiden, ob ein Vermögensschaden im Sinne des Betrugstatbestandes vorliegt, wenn ein Bewerber um eine Beamtenstelle die Behörde bei der Einstellung über Art und Umfang seiner Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit getäuscht hat.

 

Verhandlungstermin noch offen

KZR 12/97

Infolge der durch die 4. GWB-Novelle 1980 eingeführten Bestimmung des § 103 a Abs. 4 GWB sind zum 01. Januar 1995 zahlreiche Verträge zwischen Gemeinden und Energieversorgungsunternehmen (EVU) über die Versorgung mit Elektrizität vorzeitig beendet worden. In den entsprechenden Verträgen war vorgesehen, daß das EVU auf dem Gebiet der Gemeinde Versorgungseinrichtungen errichten und unterhalten durfte. Im Gegenzug verpflichtete sich das EVU, die Energieversorgung zu gewährleisten. Nach dem Auslaufen der Verträge beabsichtigte eine Anzahl von Gemeinden, die Stromversorgung für ihr Gebiet selbst zu übernehmen und dafür das vorhandene Versorgungsnetz dem EVU abzukaufen. Dabei entstand ein Streit darüber, welchen Preis die Gemeinden für die Übernahme des Versorgungsnetzes zahlen müssen. Die Verträge enthalten in der Regel eine sogenannte "Endschaftsklausel", wonach sich der Preis nach dem Wiederbeschaffungswert der zu übertragenden Anlagen richtet. Von Seiten der Gemeinden wird die Auffassung vertreten, dieser Preis sei überhöht, da die EVU die Möglichkeit genutzt hätten, bei der Ermittlung des Strompreises für die Abnehmer die Versorgungsanlagen schneller abzuschreiben als es der betriebsüblichen Nutzungsdauer entspreche. Daher könnten sie nun auch nur den sich aus unter Berücksichtigung dieser Abschreibungen ergebenden kalkulatorischen Restwert verlangen. Lege man die vertragliche "Endschaftsklausel" zugrunde, sei es der Gemeinde aufgrund der Bestimmungen zur Kontrolle der Strompreisbemessung faktisch von vornherein verwehrt, das Netz zu übernehmen und die Energieversorgung zu betreiben.

Die damit zusammenhängenden -hier vereinfacht dargestellten- Fragen werden in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der rechtswissenschaftlichen Literatur unterschiedlich beantwortet.

Die klagende Gemeinde begehrt unter anderem die Feststellung, daß die im konkreten Fall vereinbarte "Endschaftsklausel" unwirksam ist. Der Übernahmepreis sei stattdessen durch Abzug der Abschreibungen von den Anschaffungs- und Herstellungskosten der Anlagen zu ermitteln. Das führe zu einem erheblich niedrigeren Kaufpreis. Bei den Vorinstanzen (LG München I und OLG München) hatte sie damit keinen Erfog.

 

Verhandlungstermin noch offen

KVR 12/98

Das Bundeskartellamt hat der Deutschen Lufthansa AG durch einen Beschluß vom Februar 1997 untersagt, für die Strecke Frankfurt/Main - Berlin pro einfachen Flug ein Entgelt zu fordern, das um mehr als DM 10,- über dem Entgelt für die Strecke Frankfurt/Main - München liegt. Das Bundeskartellamt ist der Auffassung, die Lufthansa habe auf der Strecke Frankfurt/Main - Berlin eine marktbeherrschende Stellung und mißbrauche diese durch Forderung eines überhöhten Entgelts. Auf die Beschwerde der Lufthansa hat das Kammergericht in Berlin den Beschluß des Bundeskartellamts aufgehoben. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts, über die nunmehr der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs zu entscheiden hat.

 

Beratungstermin noch offen

5 StR 236/98

Das Landgericht Leipzig hat die nunmehr 80 -jährige ehemalige DDR-Richterin Irmgard J. wegen Rechtsbeugung in 12 Fällen in Tateinheit mit Totschlag in fünf Fällen und mit versuchtem Totschlag zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Revision der Angeklagten zu entscheiden. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Revision durch Beschluß (§ 349 Abs. 2 StPO) als unbegründet zu verwerfen.

Die Angeklagte war im Jahre 1950 als Richterin in den sogenannten Waldheim-Prozessen tätig. Zuvor war sie als Volksrichterin ausgebildet worden. In diesen Prozessen wurden mehrere tausend von der Sowjetunion internierte Personen von der DDR-Justiz nach alliiertem Recht (Verbrechen gegen die Menschlichkeit) in Schnellverfahren zu drakonischen Strafen verurteilt. In bezug auf die von ihnen erwartete Verfahrensgestaltung und die Höhe der Strafen wurden die Richter durch Exekutivorgane in mehreren Besprechungen angeleitet. Beweisgrundlage waren zumeist äußert knappe sowjetische Vernehmungsprotokolle und Nachvernehmungen durch die Volkspolizei.

Gegenstand der Verurteilung der Angeklagten wegen Rechtsbeugung sind zum einen zwei Urteile, an denen sie als erstinstanzliche Richterin (Beisitzerin beim Landgericht Chemnitz) mitgewirkt hat. Gegen einen ehemaligen Lagerleiter wurde eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren, gegen einen Kriegsfeldrichter wurde eine Freiheitsstrafe von 25 Jahren verhängt. Zum anderen hat sie als Beisitzerin am Strafsenat des Oberlandesgerichts Dresden in zehn Fällen Revisionen der jeweiligen Angeklagten als offensichtlich unbegründet verworfen. Todesurteile gegen sechs dieser Angeklagten (vier Kriegs- bzw. Sonderrichter, ein Polizist und der Gefängniskommandant von Torgau) wurden bestätigt; fünf dieser Todesurteile wurden auch vollstreckt.

Das Landgericht Leipzig hat vor allem deshalb Rechtsbeugung angenommen, weil grundlegende Verfahrensgarantien (insbesondere Öffentlichkeit und Verteidigerbeistand in erster Instanz) nicht gewährt wurden und weil ein individueller Schuldnachweis, wenn überhaupt, nur unzureichend geführt wurde.

Über Revisionen anderer Waldheim-Richter hatte bereits der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs zu befinden; er hat die Verurteilungen wegen Rechtsbeugung dort bestätigt.

 

Beratungstermin noch offen

1 StR 615/98

Das Landgericht Heilbronn hat den Angeklagten wegen versuchter räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Es hat festgestellt, daß der Angeklagte Geschäftsführer und Gesellschafter einer Nahrungsmittel-GmbH war, die mit der Lidl Dienstleistung GmbH & Co KG Neckarsulm in Geschäftsbeziehungen stand und diese mit Essigprodukten belieferte. Wegen Produktmängeln gab die Firma Lidl größere Mengen der gelieferten Essigprodukte im Gesamtwert von rund 100.000 DM zurück und zog den Wert der Retouren von Rechnungsbeträgen wegen weiterer Lieferungen ab. Dies erboste den Angeklagten. Die von ihm vertretene Nahrungsmittelfirma geriet auch in Liquiditätsschwierigkeiten. Der Angeklagte entschloß sich vor diesem Hintergrund, die Vertreter der Firma Lidl durch eine anonyme Drohung einzuschüchtern und zur Zahlung eines hohen Geldbetrages zu veranlassen. Er verfaßte unter dem 12. September 1997 ein Schreiben, in dem er androhte, es werde einem Essigprodukt in mehreren Geschäften eine ätzende Flüssigkeit beigemischt, wenn die Firma Lidl sich nicht innerhalb einer bestimmten Frist dazu bereit erkläre, fünf Millionen DM zu zahlen. Eine Telekopie des mit dem Tarnnamen "Mausegeyer" unterzeichneten Schreiben übersandte er mit Hilfe seiner Computer- und Telefax-Anlage an die Geschäftsleitung der Firma Lidl. Diese ging jedoch auf die Forderung der Ankündigung der Zahlungsbereit-schaft - wie bei Erpresserbriefen dort üblich - nicht ein, sondern übergab das Schreiben der Polizei. Der Verdacht der Tatbegehung fiel im Hinblick auf die Feststellung des Telefax-Anschlusses, von dem aus das Schreiben übermittelt worden war, auf den Angeklagten. Dieser wurde alsbald festgenommen und aufgrund von Indizien vom Landgericht verurteilt.

Gegen das Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten. Eine ebenfalls beim Landgericht eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ist bisher nicht beim Bundesgerichtshof anhängig. Der Angeklagte beanstandet mit der Sachbeschwerde die Beweiswürdigung, die rechtliche Bewertung der festgestellten Tat und die Strafzumessung, ferner greift er die Verfahrensweise des Landgerichts an.

 

Verhandlungstermin noch offen

VII ZR 132/97

Der VII. Zivilsenat wird in den nächsten Monaten einen Rechtsstreit aus den neuen Bundesländern zu entscheiden haben, dessen Hauptprobleme auf die Zahlung von "Schmiergeld" zurückzuführen sind.

Der Kläger macht Honoraransprüche geltend. Er hat Architektenleistungen für die Sanierung von Wohnblöcken der Beklagten in H. übernommen. Es ist unstreitig, daß er dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten monatliche Schmiergeldzahlungen versprochen und für einige Zeit auch gezahlt hat. Die Beklagte hat den Architektenvertrag beendet, bevor der Kläger seine Leistung fertiggestellt hatte.

Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung durch das Landgericht bestätigt und die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hält den Architektenvertrag wegen der daneben getroffenen sittenwidrigen Schmiergeldabrede für nichtig. Ein vertraglicher Honoraranspruch sei dementsprechend nicht gegeben. Ein Anspruch des Klägers aus ungerechtfertigter Bereicherung sei ausgeschlossen. Die Rückforderung des Wertes der Architektenleistung (§ 818 Abs. 2 BGB) komme nicht in Betracht, weil dem Kläger, wie übrigens auch dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten, ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last falle (§ 817 Satz 2 BGB). Der Kläger habe zugleich den Straftatbestand des § 12 UWG (heute § 299 StGB) erfüllt.

Der Senat wird sich neben der Frage nach der Nichtigkeit des Architektenvertrages gegebenenfalls mit der weiteren Frage zu befassen haben, ob § 817 Satz 2 BGB nicht allein hinsichtlich des Schmiergeldes , sondern vor allem auch hinsichtlich des Wertersatzanspruchs für die Architektenleistungen heranzuziehen ist, oder ob es ein unbilliges Ergebnis wäre, wenn die Beklagte für die Architektenleistungen keinen Wertersatz zu erbringen hätte. In diesem Zusammenhang wird entscheidend sein, ob der Zweck des Verbotes, Verträge mit Hilfe von Schmiergeld abzuschließen, den Ausschluß der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung gebietet oder nicht. (LG Bautzen/OLG Dresden)

 

Beratungstermin noch offen

3 StR 613/98

Das Landgericht Wuppertal hat den Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung, Billigung von Straftaten, Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt.

Der einschlägig vorbestrafte Angeklagte war Sänger der in der rechtsradikalen Szene bekannten Gruppe "Kraftschlag". Er trat als "Stargast" bei einer Veranstaltung auf, die im September 1996 in einer Gaststätte in Solingen stattfand. Dabei trug er Lieder vor, die teilweise indiziert waren und einen vor allem ausländer- sowie judenfeindlichen Inhalt hatten. Auch wurde der Massenmord an der jüdischen Bevölkerung zur Zeit des Dritten Reiches geleugnet. Außerdem brüllte der Angeklagte nationalsozialistische Parolen und animierte das Publikum zu "Sieg heil!" Rufen und zum Zeigen des Hitlergrußes.

Mit seiner Revision vertritt der Angeklagte im wesentlichen die Aufassung, sein Verhalten sei nicht strafbar. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, das Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen.

 

Karlsruhe, den 21. Januar 1999

 

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

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