Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 104/2011

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgenden Terminhinweis geben:

Verhandlungstermin: 22. Juni 2011

2 StR 580/10

Landgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 15. Juni 2010 – 5/26 KLs 8910 Js 206769/08

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen unerlaubter Ausübung der Heilkunde in elf Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt und in weiteren 20 Fällen freigesprochen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts führte die Angeklagte in ihrer Wohnung Behandlungen nach der sog. Synergetik-Methode durch. Nach der dieser Behandlungsmethode zugrunde liegenden Lehre lassen sich bei den Klienten in Tiefenentspannung innere Bilder bearbeiten. Hierdurch sollen unverarbeitete Erlebnisse und Konflikte aufgearbeitet und eine Selbstheilung von Krankheiten ermöglicht werden. Um Kunden zu werben wandte sich die Angeklagte mit einer eigenen Internetseite und mit Flyern u.a. an Menschen mit Ängsten, Depressionen, Traumata und weiteren psychischen Problemen. Bei den Therapiesitzungen gelangten die Klienten in einen Zustand hypnoid verminderten Bewusstseins und sie erlebten Gedächtnisbilder, die sie der Angeklagten mit den damit zusammenhängenden Gefühlen beschrieben. Während der mitunter von Affektzuständen begleiteten Behandlung wurden die Klienten teilweise mit belastenden Erinnerungen konfrontiert. Eine Besprechung zwischen der Angeklagten und ihren Klienten über das zuvor Erlebte fand im Einzelnen nicht statt. Für ihre Behandlungen, die sie auch zu Heilzwecken ausüben wollte und, besaß die Angeklagte keine Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz (§ 1 HeilprG*). Elf Klienten suchten die Angeklagte mit konkreten psychischen oder physischen Krankheiten bzw. Leiden auf, deren Besserung sie sich erhofften. Bei keiner dieser Personen sind durch die Behandlung, die einer konfrontativen Psychotherapie entsprach, gesundheitliche Schäden verursacht worden. Eine Gefahr einer Gesundheitsbeschädigung hat das Landgericht in diesen der Verurteilung zugrunde liegenden Behandlungsfällen allerdings für wahrscheinlich erachtet.

Die Angeklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, das Rechtsmittel als offensichtlich unbegründet zu verwerfen. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs wird in der Hauptverhandlung zu klären haben, welche Art von Gesundheitsgefährdungen der Straftatbestand des Heilpraktikergesetzes (§ 5 HeilprG**) bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des Begriffs "Ausübung der Heilkunde" voraussetzt und inwieweit sich dem angefochtenen Urteil in den einzelnen Behandlungsfällen eine Schädigungseignung der von der Angeklagten angewandten Therapiemethode entnehmen lässt.

*§ 1 HeilprG

(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis.

(2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.

**§ 5 HeilprG

Wer, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 zu besitzen, die Heilkunde ausübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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