Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 139/2014

Vorschau auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs

für die nächsten Monate

Verkündungstermin: 9. Oktober 2014

(Verhandlungstermin: 3. Juli 2014)

I ZR 167/12 (ENERGY & VODKA)

LG Paderborn – Urteil vom 10. Januar 2012 – 6 O 28/11

OLG Hamm – Urteil vom 10. Juli 2012 – I-4 U 38/12

WRP 2012, 1572

Die Beklagte vertreibt alkoholfreie und alkoholische Getränke verschiedener internationaler Marken, unter anderem in Dosen abgefüllte Mischgetränke, die aus Wodka und einem weiteren Bestandteil bestehen. Das streitgegenständliche als "ENERGY & VODKA" bezeichnete Mischgetränk besteht zu 26,7 % aus Wodka und zu 73,3 % aus einem ebenfalls von der Beklagten vertriebenen koffeinhaltigen Erfrischungsgetränk. Es hat einen Alkoholgehalt von 10 %.

Der Kläger, der Schutzverband der Spirituosen-Industrie e.V., sieht in der Bezeichnung des Getränkes als "ENERGY & VODKA" einen Verstoß gegen die Verordnung 1924/2006/EG über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health-Claims-Verordnung). Er hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die streitgegenständliche Bezeichnung "ENERGY& VODKA" als nährwertbezogene Angabe angesehen und einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 3 Satz 2 der Health-Claims-Verordnung* angenommen, weil sie eine nährwertbezogene Angabe und nicht lediglich eine rein objektive Beschaffenheitsangabe enthalte. Mit der Angabe "ENERGY& VODKA" werde dem Verbraucher suggeriert, dass dem derart bezeichneten Getränk aufgrund einer in ihm enthaltenen anderen Substanz besondere positive Nährwerteigenschaften zukämen. Der Verbraucher schreibe dem Getränk daher eine anregende, stimulierende Wirkung auf seinen Organismus zu.

Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

*Art. 4 der Health-Claims-Verordnung lautet:

(3) Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent dürfen keine gesundheitsbezogenen Angaben tragen. Bei Getränken mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent sind nur nährwertbezogene Angaben zulässig, die sich auf einen geringen Alkoholgehalt oder eine Reduzierung des Alkoholgehalts oder eine Reduzierung des Brennwerts beziehen.

Verhandlungstermin: 17. Oktober 2014

V ZR 9/14

AG Andernach – Urteil vom 28. November 2012 – 60 C 598/10 WEG

LG Koblenz – Urteil vom 16. Dezember 2013 – 2 S 74/12

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese bestand zunächst aus zwei Einheiten im Erd- und Dachgeschoss eines Hauses. Dem Eigentümer der Erdgeschosswohnung stand ein Ausbau- und Aufteilungsrecht für seine Kellerräume zu, von dem er Gebrauch machte. Die nachträglich ausgebauten Kellerräume bilden seit einer Teilungserklärung aus dem Jahre 1996 eine dritte Sondereigentumseinheit. Sämtliche Wohneinheiten wurden später veräußert. Die Beklagten sind die jetzigen Eigentümer der Wohnungen im Erd- und Dachgeschoss. Die Klägerin erwarb die im Keller gelegene Wohnung im Jahr 2002 unter Ausschluss der Sachmängelhaftung zu einem Kaufpreis von 85.000 €. Diese weist seit dem Jahr 2008 einen Feuchtigkeitsschaden auf und ist inzwischen unbewohnbar. Ursache hierfür sind in erster Linie Planungsfehler bei dem Umbau der Keller- in Wohnräume und damit verbundene Baumängel, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen.

Das Amtsgericht hat die Beklagten – dem Antrag der Klägerin entsprechend – verurteilt, der anteiligen Aufbringung der Kosten für die Sanierung der Kellergeschosswohnung durch die Wohnungseigentümer und (zu diesem Zweck) der Bildung einer Sonderumlage von rund 54.500 € zuzustimmen sowie Schadensersatz aufgrund der verzögerten Renovierung der Kellergeschosswohnung zu zahlen. Ferner hat es die Pflicht der Beklagten zum Ersatz künftiger Schäden der Klägerin festgestellt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Dabei hat es sich von folgenden Überlegungen leiten lassen:

Die Beklagten seien zwar dem Grunde nach verpflichtet, der erforderlichen Sanierung des Gemeinschaftseigentums zuzustimmen, die entstehenden Kosten anteilig zu tragen und die hierfür erforderliche Sonderumlage zu bilden. Die Kostenbelastung überschreite aber ihre sogenannte "Opfergrenze". Etwaige Ansprüche gegen den früheren Eigentümer der Erdgeschosswohnung, der die Schäden am Gemeinschaftseigentum verursacht habe, seien nicht durchsetzbar und könnten die Kosten daher nicht kompensieren. Allerdings könne die Klägerin die Wohnung ohne die Sanierung auf Dauer nicht nutzen; auch könnten sich die Feuchtigkeitsschäden im Keller weiter ausbreiten und zu einem Wertverlust des gesamten Objekts führen.

Die erforderliche Abwägung zwischen den Belastungen und den Vorteilen der Maßnahme führe gleichwohl zu dem Ergebnis, dass sie die Sanierung nicht verlangen könne. Bei einer Kostentragung nach Miteigentumsanteilen entfielen von den Kosten der Sanierung rund 13.000 € auf die Klägerin, rund 17.500 € auf die Beklagten zu 1 und 2 und rund 24.000 € auf die Beklagte zu 3. Die erforderliche Bildung der Sonderumlage führe zu einer schweren wirtschaftlichen Belastung der betagten und finanzschwachen Beklagten, der lediglich ein – mangels Verkaufsabsichten wirtschaftlich derzeit nicht realisierbarer – Vorteil in Gestalt der Werterhaltung des Gesamtobjekts gegenüberstehe. Im Ergebnis müssten die Beklagten für Planungs- und Baumängel einstehen, die sie nicht zu verantworten hätten; ihre eigenen Wohneinheiten seien auch ohne die begehrte Sanierung nutzbar. Demgegenüber habe die Klägerin mangelbehaftetes und zu Wohnzwecken ungeeignetes Wohnungseigentum zu einem (angesichts der Mängel) überhöhten Preis erworben und es versäumt, die Mängel vor dem Kauf durch sachverständige Begutachtung aufzudecken. Infolge der Sanierung erhielte sie höherwertiges (da mangelfreies) Wohnungseigentum als zuvor und könne die Kosten des auf sie entfallenden Instandsetzungsanteils durch Vermietung oder Verkauf realisieren.

Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision will die Klägerin das Urteil des Amtsgerichts wiederherstellen lassen. Der Senat wird sich voraussichtlich mit der Frage zu befassen haben, ob (und ggfs. unter welchen Voraussetzungen) der Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Zustimmung zu einer an sich erforderlichen, aber kostenaufwendigen Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums wegen finanzieller Probleme der übrigen Wohnungseigentümer ausgeschlossen sein kann.

Verhandlungstermin: 22. Oktober 2014

VIII ZR 195/13

LG Oldenburg - Urteil vom 28. Januar 2013 – 4 O 2100/12

OLG Oldenburg - Urteil vom 18. Juni 2013 – 12 U 26/13

Die Klägerin, eine Futtermittelherstellerin, belieferte den Beklagten im November 2010 mit Futtermitteln für seine Legehennenanlage. Bei einer Untersuchung der Futtermittel stellte die Klägerin eine Überschreitung der zulässigen Dioxinkonzentration fest, die sich auf eine Verunreinigung von zugekauften und verarbeiteten Fetten zurückführen ließ. Als das Ergebnis der Untersuchung Ende Dezember 2010 vorlag, hatte der Beklagte das gelieferte Futter bereits verfüttert. Infolgedessen wurden zwei Ställe des Beklagten über den Jahreswechsel 2010/2011 von dem zuständigen Landrat gesperrt. Die Klägerin erstattete dem Beklagten zwar den Schaden, der durch die Entsorgung der Eier während der Handelssperre entstand, nicht jedoch weitere Umsatzeinbußen in Höhe von 43.438,29 €, zu denen es kam, weil auch nach Aufhebung der Handelssperre produzierte Eier nicht oder nur zu einem geringeren Preis vermarktet werden konnten. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin für andere Futtermittellieferungen Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 20.067,68 €. Der Beklagte macht geltend, dass die Kaufpreisforderung durch Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen der weiteren Umsatzeinbußen erloschen sei, und erhob wegen des darüber hinausgehenden Betrags Widerklage.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von 23.370,61 € verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung blieb erfolglos.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dem Beklagte stehe ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 43.438,29 € gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB* zu. Das im November gelieferte Futter sei schon wegen des konkreten Verdachts auf eine unzulässige Dioxinbelastung mangelhaft gewesen, unabhängig davon, ob tatsächlich eine Gefährdung der Endverbraucher bestanden habe. Die Haftung der Klägerin sei wegen § 24 LFGB** in der damals geltenden Fassung unabhängig von ihrem Verschulden zu bejahen, denn hiernach übernehme der Verkäufer von Futtermitteln die Gewähr für die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit, wenn er – wie hier die Klägerin – keine Angaben über die Beschaffenheit mache. Die Klägerin müsse sich deshalb so behandeln lassen, als hätte sie eine Garantie für die Mangelfreiheit der Futtermittel abgegeben. Der nach der Aufhebung der Handelssperre entstandene Schaden durch das zögerliche Kaufverhalten und den Preiseinbruch sei vorhersehbar gewesen und der Klägerin noch zuzurechnen.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren und den Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.

* § 437 BGB Rechte des Käufers bei Mängeln

Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer […]

3. nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz […] verlangen.

§ 280 BGB Schadensersatz wegen Pflichtverletzung

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Das gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

** Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch in der Fassung vom 24. Juli 2009

§ 24 Satz 1 LFGB Gewähr für die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit

Macht der Veräußerer bei der Abgabe von Futtermitteln keine Angaben über die Beschaffenheit, so übernimmt er damit die Gewähr für die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit.

Verkündungstermin: 22. Oktober 2014

(Verhandlungstermin: 1. Oktober 2014)

2 StR 439/13

LG Köln - 111 Ks 1/12 90 Js 196/07 - vom 10. Januar 2013

Verhandlung des Bundesgerichtshofs in einem Fall der Verurteilung wegen Mordes "ohne Leiche"

Der Bundesgerichtshof verhandelt am 1. Oktober 2014 zum zweiten Mal einen Fall (2 StR 439/13), in dem es um den Vorwurf des Mordes zum Nachteil einer plötzlich verschwundenen Ehefrau und Mutter geht, die seit dem 18. April 2007 von Angehörigen, Bekannten oder Nachbarn nicht mehr gesehen oder gehört wurde.

Das Landgericht Köln hatte zunächst drei Angeklagte - den Ehemann sowie dessen Schwester und Schwager der Verschollenen - jeweils wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Nach Aufhebung dieses Urteils durch den Bundesgerichtshof am 22. Dezember 2011 – 2 StR 509/10 (BGHSt 57, 71 ff.) wegen Unverwertbarkeit der akustischen Überwachung eines Selbstgesprächs des Ehemanns im Auto hat die neue Schwurgerichtskammer den Ehemann abermals verurteilt, aber die anderen Angeklagten freigesprochen. Gegen die Verurteilung des Ehemanns richtet sich dessen Revision; gegen die Freisprechungen wendet sich die Revision einer Angehörigen der verschwundenen Ehefrau und Mutter.

Verhandlungstermin: 22. Oktober 2014

5 StR 380/14

LG Bremen – Urteil vom 7. Februar 2014 – 22 Ks 912 Js 7012/13

Revisionen im Bremerhavener Tötungsdelikt

Das Landgericht Bremen hat einen gelernten Fleischer aus Bremerhaven wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Nach den Feststellungen des Schwurgerichts hatte der zur Tatzeit 47-jährige Angeklagte im Februar 2013 seine 66-jährige Nachbarin in ihrer Wohnung mit Tritten oder Schlägen gegen Kopf und Hals erheblich verletzt und sie anschließend am Unterleib äußerst massiv misshandelt. Das Opfer verstarb noch in der Nacht an schwersten inneren Verletzungen.

Das Landgericht vermochte ein Motiv für die Tat, vor allem eine sexuelle Motivation nicht festzustellen. Unter anderem aus diesem Grund sah es Mordmerkmale sowie die Voraussetzungen einer Sexualstraftat als nicht gegeben an. Eine verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten aufgrund Alkoholisierung vermochte es nicht auszuschließen. Schuldmindernde psychische Störungen wurden hingegen verneint. Damit schied auch eine Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankhaus aus.

Mit ihrer gegen das Urteil gerichteten Revision erstrebt die Staatsanwaltschaft insbesondere eine Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes. Auch der Angeklagte greift das Urteil mit der Revision an.

Verhandlungstermin: 23. Oktober 2014

I ZR 133/13 (Mikado)

LG Köln – Urteil vom 27. September 2012 – 31 O 356/10

OLG Köln – Urteil vom 28. Juni 2013 – 6 U 183/12

GRUR-RR 2013, 472 = WRP 2013, 1508

Die Klägerin bietet in Deutschland seit 1982 unter der Dachmarke "De Beukelaer" und der Produktbezeichnung "Mikado" dünne, teils mit Schokolade umhüllte Keksstangen an, die in 75-Gramm-Verpackungen vertrieben werden. Die Beklagte vertreibt in der Türkei teilweise mit Schokolade überzogene dünne Keksstangen in 50-Gramm-Verpackungen, die mit Abbildungen der Produkte sowie der Bezeichnung "Biscolata Stix" und dem Kennzeichen "S." der Beklagten versehen sind. Die Beklagte stellte die Süßwaren im Januar 2010 auf der Internationalen Süßwarenmesse in Köln aus.

Die Klägerin beanstandet die Produkte der Beklagten als unlautere Nachahmung ihrer Süßwaren. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung des Angebots, der Bewerbung, des Vertriebs oder des sonstigen Inverkehrbringens in erster Linie der Keksstangen, hilfsweise der Keksstangen in der konkreten Verpackung, in Deutschland in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat dem Hauptantrag im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und unter Abweisung des Hauptantrags dem Hilfsantrag im Wesentlichen stattgegeben. Es hat den Unterlassungsanspruch der Klägerin, soweit sich dieser isoliert auf die Keksstangen bezogen hat, als verjährt angesehen. Dagegen hat das Oberlandesgericht einen Unterlassungsanspruch der Klägerin hinsichtlich der in den Kartons verpackten Keksstangen bejaht. Es hat angenommen, derjenige Verbraucher, der die Keksstangen der Klägerin bei früherer Gelegenheit unverpackt wahrgenommen habe, werde die auf der Verpackung abgebildeten, nahezu identisch gestalteten Keksstangen der Beklagten damit verwechseln oder zumindest annehmen, es handele sich bei den auf der Verpackung aufgebrachten Kennzeichen um eine Zweitmarke der Klägerin. Zudem habe die Beklagte durch die quasi-identische Nachahmung der Keksstangen der Klägerin den guten Ruf der Klägerprodukte unangemessen ausgenutzt. Aufgrund der Ausstellung auf der Messe habe die Beklagte ihre Produkte beworben und die Gefahr begründet, dass ihre Süßwaren künftig in Deutschland angeboten, vertrieben oder sonst in den Verkehr gebracht würden.

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Verhandlungstermin: 23. Oktober 2014

I ZR 94/13 (Holidaycheck)

LG Berlin – Urteil vom 16. Februar 2012 – 52 O 159/11

Kammergericht – Urteil vom 16. April 2013 – 5 U 63/12

WRP 2013, 1242

Die Klägerin betreibt ein Hostel. Die Beklagte betreibt neben einem Online-Reisebüro ein Internetportal, in das Internetnutzer Erfahrungsberichte über Hotels einstellen, die Hotels nach bestimmten Kriterien bewerten und Empfehlungen abgeben können. Die Bewertungen werden durch eine Wortfiltersoftware auf Beleidigungen, Schmähkritik und Eigenbewertungen von Hotelbetreibern überprüft sowie gegebenenfalls einer zusätzlichen "manuellen Tiefenrecherche" seitens eines Mitarbeiters der Beklagten unterzogen, bevor sie freigeschaltet werden. Eine Kontrolle der inhaltlichen Richtigkeit der Berichte findet nicht statt. Aus den eingestellten Beiträgen errechnet die Beklagte für das jeweilige Hotel eine Durchschnittsbewertung und eine Weiterempfehlungsrate, die sie ergänzend ausweist.

Die Klägerin wendet sich gegen einen auf der Online-Plattform der Beklagten eingestellten Bericht, der diverse negative Angaben zu ihrem Hostel enthält. Auf die vorgerichtliche Abmahnung der Klägerin entfernte die Beklagte den Bericht. Die Klägerin verlangt von der Beklagten nunmehr, es zu unterlassen, bestimmte in dem beanstandeten Bericht enthaltene Behauptungen aufzustellen oder entsprechende Behauptungen Dritter zu verbreiten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Kammergericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Es hat angenommen, die Beklagte habe die möglicherweise unrichtigen Tatsachen weder selbst behauptet noch sich die in ihr Bewertungsportal eingestellten Äußerungen inhaltlich zu eigen gemacht. Jedenfalls aber sei die Beklagte als Diensteanbieter im Sinne von § 7 Abs. 2*, § 10 Satz 1** TMG nicht dazu verpflichtet gewesen, die Angaben eines Dritten vor der Einstellung in ihr Bewertungsportal inhaltlich zu überprüfen.

Mit ihrer vom Kammergericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Unterlassungsantrag weiter.

*§ 7 TMG lautet:

(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt.

**§ 10 TMG lautet:

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern

1. sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder

2. sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.

Verkündungstermin: 28. Oktober 2014

(Verhandlungstermin: 16. September 2014)

VI ZR 135/13

AG Tiergarten - Urteil vom 13. August 2008 - 2 C 6/08

LG Berlin - Urteil vom 31. Januar 2013 - 57 S 87/08

ZD 2013, 618 und CR 2013, 471

Der Kläger macht gegen die beklagte Bundesrepublik Deutschland einen Unterlassungsanspruch wegen der Speicherung von IP-Adressen geltend. IP-Adressen sind Ziffernfolgen, die vernetzten Computern zugewiesen werden, um deren Kommunikation im Internet zu ermöglichen. Mit dem Ziel, Angriffe abzuwehren und die strafrechtliche Verfolgung von Angreifern zu ermöglichen, werden bei den meisten allgemein zugänglichen Internetportalen des Bundes alle Zugriffe in Protokolldateien festgehalten. Darin werden unter anderem der Name der abgerufenen Seite, der Zeitpunkt des Abrufs und die IP-Adresse des zugreifenden Rechners über das Ende des jeweiligen Nutzungsvorgangs hinaus gespeichert. Der Kläger rief in der Vergangenheit verschiedene solcher Internetseiten auf.

Mit seiner Klage begehrt er, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, ihm zugewiesene IP-Adressen über das Ende des jeweiligen Nutzungsvorgangs hinaus zu speichern. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht ihr unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise stattgegeben. Es hat dem Kläger den geltend gemachten Unterlassungsanspruch insoweit zuerkannt, als er Speicherungen von IP-Adressen in Verbindung mit dem Zeitpunkt des jeweiligen Nutzungsvorgangs betrifft und der Kläger während eines Nutzungsvorgangs seine Personalien angibt.

Das Landgericht hat angenommen, wenn der Kläger während eines Nutzungsvorgangs seinen Klarnamen nicht angebe, verstoße die Speicherung der ihm für die Dauer der Internetverbindung von seinem Zugangsanbieter zugewiesenen dynamischen IP-Adresse nicht gegen § 12 Abs. 1 TMG.* In diesem Fall sei die IP-Adresse für die Beklagte kein dem Datenschutzrecht unterfallendes personenbezogenes Datum. Denn nur der Zugangsanbieter könne die IP-Adresse einem bestimmten Anschlussinhaber zuordnen.

Wenn der Kläger während eines Nutzungsvorgangs seine Personalien angebe, sei die Speicherung der IP-Adresse in Verbindung mit dem Zeitpunkt des Nutzungsvorgangs hingegen nach § 12 Abs. 1 TMG unzulässig, weil die Beklagte den Klarnamen mit der IP-Adresse verknüpfen könne. Der Erlaubnistatbestand des § 15 Abs. 1 TMG** greife nicht ein, weil diese Vorschrift nicht den sicheren Betrieb einer Internetseite umfasse.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien die vom Landgericht zugelassene Revision eingelegt.

* § 12 Telemediengesetz - Grundsätze

(1) Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten zur Bereitstellung von Telemedien nur erheben und verwenden, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdrücklich auf Telemedien bezieht, es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat.

(2) …

** § 15 Telemediengesetz - Nutzungsdaten

(1) Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten eines Nutzers nur erheben und verwenden, soweit dies erforderlich ist, um die Inanspruchnahme von Telemedien zu ermöglichen und abzurechnen (Nutzungsdaten)…

Verhandlungstermin: 28. Oktober 2014

X ZR 79/13

LG Köln – Urteil vom 23. Februar 2012 – 14 O 245/11

OLG Köln – Urteil vom 12. Juni 2013 – 5 U 46/12

Der Kläger beteiligte sich am Vielflieger- und Prämienprogramm der Beklagten, der Lufthansa AG, und erwarb im Juni 2010 den höchsten Vielfliegerstatus. In den Teilnahmebedingungen (Fassung vom 1.1.2011) heißt es auszugsweise:

"2.1 Allgemein

Die rechnerische Basis [des Vielflieger- und Prämienprogramms] sind Meilen, die auf dem Meilenkonto des Teilnehmers verbucht werden. Die Meilen können ausschließlich zu solchen Zwecken verwendet werden, die in den Teilnahmebedingungen oder sonstigen Kundeninformationen ausdrücklich aufgeführt sind. (…) Die Meilen und das Meilenkonto sind nicht übertragbar und können nicht in Bargeld umgerechnet werden, sofern dies nicht ausdrücklich vorgesehen ist. (…)

2.4.7 Prämiendokumente

Wenn die angeforderte Prämie verfügbar ist, stellt […] Prämiendokumente aus (Prämientickets und/oder Zertifikate für andere Prämien). (…) Prämiendokumente können ausschließlich an Personen verschenkt werden, mit denen der Teilnehmer durch eine gegenseitige Beziehung persönlich verbunden ist, z.B. Verwandte, Freunde und Bekannte, nicht jedoch in andere Prämien oder Geldbeträge umgetauscht werden. (…)

2.4.8 Missbrauch

Der Verkauf, der Tausch, das Anbieten zur Versteigerung oder die sonstige Weitergabe von Prämiendokumenten an Dritte sind untersagt, sofern die Weitergabe nicht ausdrücklich durch Ziff. 2.4.7 gestattet ist. (…)

2.5 Meilenverfall

Werden Meilen nicht innerhalb von 36 Monaten ab Ereignis (Antritt des jeweiligen Fluges, …) auf dem Meilenkonto gegen eine Prämie eingelöst, verfallen sie zum nächsten Quartalsende, sofern nicht in den […] Kommunikationsmedien etwas Abweichendes bekannt gegeben worden ist. (…)"

Im Januar 2011 buchte der Kläger unter Einlösung von Meilen seines Meilenkontos ein Prämienticket für Flüge von Frankfurt nach Los Angeles und von New York nach Frankfurt auf den Namen eines Dritten. Dieser bekundete gegenüber Mitarbeitern der Beklagten bei Flugantritt, er habe dieses Flugticket über ein Reisebüro gebucht und hierfür über 3.000,00 € bezahlt. Wegen eines Missbrauchs des Vielflieger- und Prämienprogramms erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger im Februar 2011 die außerordentliche fristlose Kündigung des Teilnahmevertrages und entzog ihm den Vielfliegerstatus. Im April 2011 kündigte sie hilfsweise weiterhin ordentlich.

Mit seiner Klage erstrebt der Kläger zum einen die Feststellung, dass seine Mitgliedschaft im Vielflieger- und Prämienprogramm der Beklagten und sein Status fortbestehen, zum anderen die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten als Folge der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung, einerseits berechtigt zu sein, Meilen und Prämiendokumente ohne Beschränkungen an Dritte zu übertragen, und andererseits die Meilen unverfallbar gegenüber der Beklagten einzulösen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist – mit Ausnahme der auf Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen unberechtigter Kündigung und auf Feststellung der unbeschränkten Einlösbarkeit der Meilen gerichteten Klageanträge – erfolgreich gewesen.

Das Oberlandesgericht hat angenommen, die Regelungen zur Unübertragbarkeit der Meilen und zum Verbot der Weitergabe von Prämiendokumenten bewirkten eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners gemäß § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB*; die auf einen Verstoß gegen das Weitergabeverbot gestützte außerordentliche Kündigung sei danach unwirksam. Die ordentliche Kündigung greife nicht durch, weil sie mit der Zuerkennung des Vielfliegerstatus stillschweigend ausgeschlossen worden sei. In Ansehung der erklärten außerordentlichen Kündigung treffe die Beklagte jedoch kein für eine Schadensersatzverpflichtung notwendiges Verschulden; denn in der obergerichtlichen Rechtsprechung fehle es bisher an Entscheidungen, ob in entsprechenden Übertragungs- und Veräußerungsverboten für Prämienansprüche aufgrund von Bonus- und Kundenbindungsprogrammen eine unangemessene Benachteiligung des Kunden liege. Die Regelung zum Meilenverfall nach Nr. 2.5 der Teilnahmebedingungen halte einer Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Stand.

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen beide Parteien ihre Anträge weiter.

* § 307 BGB - Inhaltskontrolle

Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2.wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Verhandlungstermin: 28. Oktober 2014

XI ZR 348/13

AG Mönchengladbach - Urteil vom 21. März 2013 - 3 C 600/12

LG Mönchengladbach - Urteil vom 4. September 2013 - 2 S 48/13

und

XI ZR 17/14

AG Stuttgart - Urteil vom 24. Juli 2013 - 13 C 2949/13

LG Stuttgart - Urteil vom 18. Dezember 2013 - 13 S 127/13

Nachdem der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteilen vom 13. Mai 2014 (vgl. dazu Pressemitteilung Nr. 80/2014) entschieden hat, dass vorformulierte Bestimmungen über ein Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher unwirksam sind, wird er sich in den nunmehr zur Verhandlung anstehenden Verfahren voraussichtlich mit der Frage des Verjährungsbeginns für Rückforderungsansprüche der Darlehensnehmer im Falle unwirksam vereinbarter Bearbeitungsentgelte zu befassen haben. Hierzu ist eine Vielzahl weiterer Verfahren beim Bundesgerichtshof und bei den Instanzgerichten anhängig.

In beiden Verfahren begehren die Kläger von den beklagten Banken die Rückzahlung von Bearbeitungsgebühren bzw. Bearbeitungsentgelten, die die Beklagten im Rahmen von Darlehensverträgen berechnet haben.

Im Verfahren XI ZR 348/13 schloss der dortige Kläger mit der dortigen Beklagten am 8. Dezember 2006 einen Darlehensvertrag über 7.164,72 € ab. Die Beklagte berechnete eine "Bearbeitungsgebühr inkl. Auszahlungs- und Bereitstellungsentgelt" von 189,20 €. Am 13. Oktober 2008 schlossen die Parteien einen weiteren Darlehensvertrag über 59.526,72 € ab. Die Beklagte berechnete wiederum eine "Bearbeitungsgebühr inkl. Auszahlungs- und Bereitstellungsentgelt" in Höhe von 1.547,10 €. Am 24. Juni/22. Juli 2011 wurde ein dritter Darlehensvertrag über 12.353,04 € geschlossen, wobei die Beklagte eine "Bearbeitungsgebühr 3,500 %" in Höhe von 343 € berechnete. Der Kläger verlangt von der Beklagten die Erstattung dieser Bearbeitungsgebühren und hat mit seiner im Dezember 2012 bei Gericht eingereichten Klage die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von insgesamt 2.079,30 € erstrebt. Die Beklagte hat die Klageforderung in Höhe eines Teilbetrages von 1.015,96 € - darin enthalten die Bearbeitungsgebühr für das im Jahre 2011 gewährte Darlehen - anerkannt und im Übrigen die Einrede der Verjährung erhoben. Insoweit, d. h. wegen des von der Beklagten nicht anerkannten Restbetrags der Klageforderung ist die Klage in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Nach Ansicht des Landgerichts handelt es sich bei den Klauseln über die Bearbeitungsgebühren zwar um unwirksame allgemeine Geschäftsbedingungen, weshalb der Kläger von der Beklagten grundsätzlich Rückzahlung verlangen könne. Diese Forderung sei jedoch verjährt. Der Rückzahlungsanspruch des Klägers unterliege der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB*. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB** beginne die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt habe oder ohne grobe Fahrlässigkeit habe erlangen müssen. Die Rückzahlungsansprüche des Klägers seien jeweils mit Ablauf der Jahre entstanden, in denen die Darlehensverträge abgeschlossen worden seien. Dem Kläger seien bei Unterzeichnung der Darlehensverträge alle den Anspruch begründenden Umstände bekannt gewesen. Die Verjährungsfristen hätten daher mit Ende des Jahres 2006 bzw. 2008 zu laufen begonnen und seien am 31. Dezember 2009 bzw. 31. Dezember 2011 abgelaufen. Dass dem Kläger möglicherweise die Unwirksamkeit der Regelung über die Bearbeitungsgebühr nicht bewusst gewesen sei, habe auf die Frage der Verjährung keinen Einfluss. Der Beginn der Verjährungsfrist sei auch nicht ausnahmsweise hinausgeschoben gewesen. Eine unsichere oder zweifelhafte Rechtslage habe damals nicht vorgelegen. Eine rechtskundige Person habe dem Kläger nach Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung in den Jahren 2006 bzw. 2008 zuverlässig mitteilen können, dass die Aussicht auf den Erfolg einer Rückforderungsklage höher sei als ihr Misserfolg.

Im Verfahren XI ZR 17/14 schloss der dortige Kläger mit der dortigen Beklagten am 5. Februar 2008 einen Verbraucherdarlehensvertrag über einen Nettokreditbetrag von 18.500 € ab. Die Beklagte berechnete ein Bearbeitungsentgelt in Höhe von 555 €, das der Kläger mit seiner im Jahre 2013 erhobenen Klage zurückfordert; die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Die Klage war in beiden Vorinstanzen erfolgreich. Das Landgericht ist davon ausgegangen, bei der Vereinbarung über das Bearbeitungsentgelt handele sich um eine gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB*** unwirksame allgemeine Geschäftsbedingung. Der deshalb bestehende Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des Bearbeitungsentgelts sei nicht verjährt. Der Anspruch sei zwar bereits im Zeitpunkt der Verrechnung des Bearbeitungsentgelts mit der Kreditauszahlung entstanden. Weiterhin setze der Verjährungsbeginn nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände, die beim Kläger von Anfang an vorhanden gewesen sei, nicht jedoch eine zutreffende rechtliche Schlussfolgerung voraus. Rechtsunkenntnis des Gläubigers könne aber den Verjährungsbeginn ausnahmsweise im Falle einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage hinausschieben. Eine solche Situation habe hier vorgelegen. Erst Veröffentlichungen obergerichtlicher Entscheidungen im Jahre 2011, in denen das Bearbeitungsentgelt - anders als das Disagio - als unwirksame Preisnebenabrede eingeordnet worden sei, hätten Anlass gegeben, von einer unwirksamen Vereinbarung und damit von einem Rückzahlungsanspruch auszugehen. Die dreijährige Verjährungsfrist habe deshalb nicht vor dem Jahre 2011 zu laufen begonnen.

* § 195 BGB

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

** § 199 BGB

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.der Anspruch entstanden ist und

2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

*** § 307 BGB

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. ...

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist …

Verhandlungstermin: 28. Oktober 2014

XI ZR 174/13

LG Bamberg - Urteil vom 9. Oktober 2012 – 1 O 91/12

OLG Bamberg - Urteil vom 17. April 2013 – 3 U 229/12

Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte ist eine Bank.

Der Kläger macht mit der Unterlassungsklage nach §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG die Unwirksamkeit folgender, von der Beklagten in ihrem Preisaushang verwendeter Klausel geltend:

"Preis pro Buchungsposten 0,35 €"

Der Kläger ist der Ansicht, die Klausel verstoße gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB*, und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Verbrauchern zu unterlassen. Zur Begründung führt er unter anderem an, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssten jedem Kunden für Barein- und Barausauszahlungen zumindest einige Freiposten eingeräumt werden.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat angenommen, die angegriffene Klausel unterliege schon nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB*, weil es sich bei ihr um eine nicht kontrollfähige Preisabrede handele. Der Führung eines Girokontos liege nach dem neuen Zahlungsdiensterecht ein Zahlungsdiensterahmenvertrag nach § 675f Abs. 2 BGB** zugrunde. Dessen Hauptleistungspflichten bestünden für das Kreditinstitut in der Erbringung von Zahlungsdiensten, wofür nach § 675f Abs. 4 Satz 1 BGB** ein – der Inhaltskontrolle entzogenes – Entgelt vereinbart werden könne. Nunmehr stellten auch die Entgegennahme einer Bareinzahlung eines Kunden auf das eigene Konto bzw. die Barauszahlung vom eigenen Konto eine derartige Zahlungsdienstleistung im Sinne von § 675c Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 2 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)*** dar.

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

* § 307 BGB

Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

** § 675f BGB

(1) Durch einen Einzelzahlungsvertrag wird der Zahlungsdienstleister verpflichtet, für die Person, die einen Zahlungsdienst als Zahler, Zahlungsempfänger oder in beiden Eigenschaften in Anspruch nimmt (Zahlungsdienstnutzer), einen Zahlungsvorgang auszuführen.

(2) Durch einen Zahlungsdiensterahmenvertrag wird der Zahlungsdienstleister verpflichtet, für den Zahlungsdienstnutzer einzelne und aufeinander folgende Zahlungsvorgänge auszuführen sowie gegebenenfalls für den Zahlungsdienstnutzer ein auf dessen Namen oder die Namen mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Zahlungskonto zu führen. Ein Zahlungsdiensterahmenvertrag kann auch Bestandteil eines sonstigen Vertrags sein oder mit einem anderen Vertrag zusammenhängen.

(3) Zahlungsvorgang ist jede Bereitstellung, Übermittlung oder Abhebung eines Geldbetrags, unabhängig von der zugrunde liegenden Rechtsbeziehung zwischen Zahler und Zahlungsempfänger. Zahlungsauftrag ist jeder Auftrag, den ein Zahler seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs entweder unmittelbar oder mittelbar über den Zahlungsempfänger erteilt.

(4) Der Zahlungsdienstnutzer ist verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister das für die Erbringung eines Zahlungsdienstes vereinbarte Entgelt zu entrichten. Für die Erfüllung von Nebenpflichten nach diesem Untertitel hat der Zahlungsdienstleister nur dann einen Anspruch auf ein Entgelt, sofern dies zugelassen und zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart worden ist; dieses Entgelt muss angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein.

(5) …

*** § 675c BGB

(1) Auf einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der die Erbringung von Zahlungsdiensten zum Gegenstand hat, sind die §§ 663, 665 bis 670 und 672 bis 674 entsprechend anzuwenden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt ist.

(…)

§ 1 ZAG

(1) …

(2) Zahlungsdienste sind:

1. die Dienste, mit denen Bareinzahlungen auf ein Zahlungskonto oder Barauszahlungen von einem Zahlungskonto ermöglicht werden, sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge (Ein- oder Auszahlungsgeschäft), (…)

Verhandlungstermin: 4. November 2014

X ZR 94/13

LG München I – Urteil vom 9. Februar 2012 – 7 O 1906/11

OLG München – Urteil vom 25. Juli 2013 – 6 U 541/12

Die Klägerin, ein börsennotiertes Unternehmen im Bereich der halbleiterbasierten Hochtechnologie, übertrug im Jahr 2006 den Produktionsbereich Speichertechnologie im Wege der Ausgliederung als Ganzes auf eine neu gegründete einhundertprozentige Tochtergesellschaft, über deren Vermögen im Jahr 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

Gegenstand des zwischen den Parteien geschlossenen Ausgliederungs- und Einbringungsvertrages war eine Vielzahl von Patenten und Patentanmeldungen. Der Vertrag enthält unter anderem die folgenden auszugsweise wiedergegebenen Bestimmungen:

§ 4. Einbringung immaterieller Wirtschaftsgüter

1. Übertragung von Schutzrechten. Soweit hierzu berechtigt, und soweit sie am Stichtag im Eigentum von I sind, überträgt I die in Anlage B1 und B2 aufgeführten, am Stichtag bestehenden bzw. angemeldeten Patente, Gebrauchsmuster und Geschmacksmuster sowie die in Anlage C aufgeführten Marken und Markenanmeldungen (nachfolgend insgesamt "Schutzrechte" genannt) mit wirtschaftlicher Wirkung zum Stichtag auf Q. Q nimmt die Übertragung an. I wird die für die Übertragung der Schutzrechte erforderlichen Erklärungen, Erläuterungen und Unterschriften gegenüber den zuständigen Behörden und Gerichten abgeben. Soweit die in Anlage B1 und B2 genannten Schutzrechte am Stichtag im Eigentum einer mit I verbundenen Gesellschaft i.?S. von §§ 16 – 18 AktG stehen, wird I dafür Sorge tragen, dass die jeweilige verbundene Gesellschaft, soweit dazu berechtigt, die betreffenden Schutzrechte auf Q oder eine mit Q verbundene Gesellschaft i.?S. von §§ 16 – 18 AktG überträgt. […]

I und ihre verbundenen Gesellschaften i.?S. der §§ 16 – 18 AktG behalten an den gemäß dieses Abs. 1 übertragenen Schutzrechten der Anlagen B1, B2 und B3 jeweils unwiderrufliche, nicht ausschließliche, zeitlich und örtlich unbegrenzte Benutzungsrechte außerhalb des Gebiets Stand Alone Memory."

Die Parteien streiten um die Berechtigung der Klägerin, der ihr verbundenen Unternehmen und ihrer Lizenznehmer, die von der Bestimmung erfassten technischen Schutzrechte auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiter zu nutzen, nachdem der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Tochtergesellschaft mit Blick auf die wiedergegebene vertragliche Bestimmung gemäß § 103 InsO* die Wahl der Nichterfüllung erklärt hatte, sowie über die Verpflichtung des Insolvenzverwalters, Auskunft über der Gemeinschuldnerin nach Vertragsschluss erteilte, durch sie angemeldete oder von Dritten erworbene Patente und Patentanmeldungen zu erteilen.

Das Landgericht hat der auf die Feststellung der Nutzungsberechtigung gerichteten Klage weitgehend stattgegeben, weil durch die Vereinbarung nur eine beschränkte Übertragung der erfassten Schutzrechte stattgefunden habe. Daher stehe der Klägerin ein durch die Insolvenz der Tochtergesellschaft unberührtes einfaches Nutzungsrecht an den Schutzrechten zu.

Das Oberlandesgericht hat die erstinstanzliche Entscheidung weitgehend bestätigt und gleichfalls angenommen, dass die im Rahmen des Ausgliederungs- und Einbringungsvertrages erteilten Nutzungsrechte an Patenten nicht dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO unterlägen. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung habe keine die Nutzungsbefugnisse an den Schutzrechten betreffende offene Forderung der Klägerin mehr bestanden, weil die Vereinbarung, die eine Verpflichtung zur Einräumung einer Lizenz umfasse, bei Insolvenzeröffnung bereits vollständig erfüllt gewesen sei.

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Parteien ihre Anträge weiter.

* § 103 InsO

Wahlrecht des Insolvenzverwalters

(1)Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Erfüllung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2)Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterlässt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

Verhandlungstermin: 6. November 2014

I ZR 26/13 (Kostenlose Zweitbrille)

LG Stuttgart – Urteil vom 19. April 2012 – 35 O 11/11 KfH,

BeckRS 2012, 13789

OLG Stuttgart – Urteil vom 17. Januar 2013 – 2 U 92/12

WRP 2013, 648

Die Beklagte, die ein Optikunternehmen mit zahlreichen Filialen betreibt, führte im Herbst 2010 eine Werbeaktion durch, bei der sie beim Kauf einer Brille mit bestimmten Gläsern eine kostenlose Zweitbrille im Wert von 89 € anbot. Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hat in der Werbung der Beklagten einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 S. 1 HWG* gesehen und die Beklagte daher unter anderem auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat angenommen, das Angebot einer kostenlose Zweitbrille beinhalte eine nach § 7 Abs. 1 S. 1 HWG unzulässige Werbegabe. Nach dem Gesamtbild der angegriffenen Werbung biete die Beklagte nicht ein aus zwei Brillen bestehendes Leistungspaket an, sondern schenke dem Kunden beim Kauf einer den Vorgaben des Angebots entsprechenden Brille eine Zweitbrille, auch wenn wirtschaftlich betrachtet ein Komplettpreis ausgewiesen sei. Dem Kunden werde gezielt der Eindruck vermittelt, die Zweitbrille umsonst "dazu" zu bekommen. Die Beklagte könne sich auch nicht auf eine der gesetzlichen Ausnahmen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 HWG berufen.

Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

*§ 7 HWG lautet:

(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass

1. es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt; Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes gelten;

2. die Zuwendungen oder Werbegaben in

a) einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder

b) einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;

Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten; Buchstabe b gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;

3. die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf;

4. die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder

5. es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).

Verhandlungstermin: 6. November 2014

I ZR 171/10 (digibet)

LG Köln - Urteil vom 22. Oktober 2009 - 31 O 552/08

BeckRS 2010, 05174

OLG Köln - Urteil vom 3. September 2010 - 6 U 196/09

BeckRS 2011, 01038

BGH - Beschluss vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10

GRUR 2013, 527 = WRP 2013, 515 - digibet

EuGH – Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13

BeckRS 2014, 80976

und

I ZR 4/12

LG Bremen, Urteil vom 11. November 2010 – 12 O 399/09

BeckRS 2011, 09644

OLG Bremen – Urteil vom 9. Dezember 2012 - 2 U 149/10

BeckRS 2013, 05573

BGH – Beschluss vom 13. März 2013 – I ZR 4/12

BeckRS 2013, 05545

In den zur Verhandlung anstehenden Parallelverfahren hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs über die Frage zu entscheiden, ob das Angebot von Glücksspielen und Sportwetten im Internet nach einer Neuregelung des Glückspielrechtes auch mit Blick auf das Unionsrecht als wettbewerbswidrig anzusehen sind.

Die Beklagte bietet im Internet Glücksspiele und Sportwetten an. Die Klägerin im Verfahren I ZR 171/10, die staatliche Lottogesellschaft von Nordrhein-Westfalen, hält dieses Angebot für wettbewerbswidrig. Ihre Unterlassungsklage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Im Verfahren I ZR 4/12 wird die Beklagte von der Bremer Toto und Lotto GmbH auf Unterlassung in Anspruch genommen. Auch diese Klage hatte in den Vorinstanzen überwiegend Erfolg.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelte die Beklagte bis zum 31. Dezember 2011 wettbewerbswidrig, weil sie gegen die Vertriebs- und Werbeverbote für Glücksspiele im Internet gemäß § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 Glücksspielstaatsvertrag 2008 (GlüStV 2008) verstieß (vgl. BGH, Urt. v. 28.9.2011 - I ZR 92/09, GRUR 2012, 193 - Sportwetten im Internet II). Nach Rechtsänderungen stellt sich die Frage, ob das deutsche Glücksspielrecht noch mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar ist.

In der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 08. Februar 2013 galt in Schleswig-Holstein ein liberalisiertes Glücksspielrecht. Danach waren Vertrieb und Werbung für Glücksspiele im Internet grundsätzlich zulässig; unter bestimmten objektiven Voraussetzungen war die Genehmigung für den Vertrieb öffentlicher Wetten jedem Antragsteller aus der EU zu erteilen. Nach dem in den übrigen Bundesländern seit dem 1. Juli 2012 geltenden neuen Glücksspielstaatsvertrag (1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag GlüStV 2012), der weiterhin Vertriebs- und Werbeverbote für Glücksspiel im Internet enthält, kann die Verwendung des Internets zu diesen Zwecken demgegenüber unter bestimmten Voraussetzungen zwar erlaubt werden. Auf die Erlaubniserteilung besteht jedoch kein Rechtsanspruch. Diesem Vertrag ist Schleswig-Holstein erst mit Wirkung zum 09. Februar 2013 beigetreten, wobei unter der Geltung des liberalisierten Glücksspielrechtes in Schleswig-Holstein erteilte Genehmigungen für das Angebot von Glücksspielen im Internet, auch nach dem Beitritt Schleswig-Holsteins zum GlüStV 2012 während einer Übergangszeit weiter gelten.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit nur dann mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar, wenn ihre Eignung, legitime Allgemeininteressen zu verfolgen, nicht durch Ausnahmen und Einschränkungen beseitigt wird (Kohärenzgebot). Die – vorübergehende - Liberalisierung von Internetvertrieb und -werbung für Glücksspiele in Schleswig-Holstein könnte die Eignung der entsprechenden Verbote in den anderen Bundesländern zur Erreichung der mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 verfolgten legitimen Allgemeininteressen erheblich beeinträchtigen, mit der möglichen Folge, dass die Vertriebs- und Werbebeschränkungen im Internet für Glücksspiele in den übrigen Bundesländern wegen Verstoßes gegen Unionsrecht unanwendbar sind.

Der Bundesgerichtshof hat deshalb das Verfahren I ZR 171/10 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) vorgelegt (vgl. Pressemitteilung Nr. 12/2013). Das Verfahren I ZR 4/12 hat er bis zur Entscheidung über den Vorlagebeschluss ausgesetzt.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Vorlagefragen dahin beantwortet, dass Art. 56 AEUV dahin auszulegen sei, dass er einer der Mehrheit der Gliedstaaten eines föderal strukturierten Mitgliedstaats gemeinsamen Regelung, die die Veranstaltung und die Vermittlung von Glücksspielen im Internet grundsätzlich verbietet, während ein einzelner Gliedstaat für einen begrenzten Zeitraum neben den restriktiven Rechtsvorschriften der übrigen Gliedstaaten bestehende weniger strenge Rechtsvorschriften beibehalten hat, dann nicht entgegensteht, wenn diese gemeinsame Regelung den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit genügt. Ob dies der Fall ist, sei durch das das vorlegende Gericht zu prüfen.

Mit ihren Revisionen erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klagen.

Verhandlungstermin: 11. November 2014

X ZR 32/14

LG Hannover – Urteil vom 24. Juni 2013 – 19 O 90/12

OLG Celle – Urteil vom 20. Februar 2014 – 5 U 109/13

Die Klägerin nimmt das beklagte Land auf Zahlung von Werklohn für durchgeführte Straßenbauarbeiten in Anspruch. Gegen die nach Grund und Höhe unstreitige Werklohnforderung rechnete das Land mit einer Schadensersatzforderung auf, die ihm durch Nichterfüllung eines anderen der Klägerin in einem weiteren Vergabeverfahren erteilten Bauauftrags entstanden sei. Dort hatte die Klägerin, nachdem ihr mitgeteilt worden war, dass sie das (mit beträchtlichem Abstand zum zweitbesten Bieter) günstigste Angebot abgegeben hatte, erklärt, in einer Angebotsposition einen falschen Mengenansatz gewählt zu haben und um Ausschluss ihres Angebots von der Wertung gebeten. Dieser Bitte war das beklagte Land nicht nachgekommen, sondern hatte der Klägerin den Zuschlag erteilt. Da diese den Auftrag auf Basis ihres abgegebenen Angebots nicht ausführen wollte, trat das Land vom Vertrag zurück und vergab den Auftrag an ein anderes Unternehmen, das ihn zu einem höheren Preis ausführte. Die Mehrkosten stellt das Land zur Aufrechnung.

Das Landgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben. Die Berufung des Landes ist ohne Erfolg geblieben.

Das Oberlandesgericht hat es als gegen Treu und Glauben verstoßende unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB*) bewertet, dass das Land der Klägerin den Auftrag erteilt und auf seine Ausführung bestanden hat und eine den Werklohnanspruch der Klägerin aus dem weiteren Auftrag zum Erlöschen bringende, aufrechenbare Schadensersatzforderung wegen Nichtdurchführung dieses Auftrags verneint. Es hat angenommen, das Land habe sich treuwidrig der Erkenntnis verschlossen, dass die Klägerin einem deutlichen Kalkulationsirrtum unterlegen sei und ihr daraus deutliche und spürbare Verluste resultierten, welche die Auftragsdurchführung für die Klägerin auf dieser Grundlage unzumutbar gemacht habe.

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.

* § 242 BGB - Leistung nach Treu und Glauben

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Verhandlungstermin: 12. November 2014

VIII ZR 42/14

LG Mühlhausen - Grundurteil vom 9. April 2013 – 3 O 527/12

Thüringer OLG - Urteil vom 15. Januar 2014 – 7 U 399/13

Der Beklagte bot seinen Gebrauchtwagen bei eBay zum Kauf an und setzte ein Mindestgebot von 1 € fest. Der Kläger bot kurz nach dem Beginn der eBay-Auktion 1 € für den Pkw und setzte dabei eine Preisobergrenze von 555,55 €. Einige Stunden später brach der Beklagte die eBay-Auktion ab. Per E-Mail teilte er dem Kläger, der mit seinem Anfangsgebot Höchstbietender war, mit, er habe außerhalb der Auktion einen Käufer gefunden, der bereit sei, 4.200 € zu zahlen.

Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen Nichterfüllung des nach seiner Ansicht wirksam zu einem Kaufpreis von 1 € geschlossenen Kaufvertrags und macht geltend, der Pkw habe einen Wert von 5.250 €. Das Landgericht hat der auf Schadensersatz in Höhe von 5.249 € gerichteten Klage dem Grunde nach stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben.

Zur Begründung hat das Berufungsgericht unter anderem ausgeführt, zwischen den Parteien sei ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen. Der Start der Auktion stelle ein Angebot im Sinne des § 145 BGB* dar, das der Kläger durch sein Gebot angenommen habe. Der Vertrag sei insbesondere nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB** wegen eines Missverhältnisses zwischen dem Kaufpreis und dem Wert des Fahrzeugs nichtig. Es sei gerade typisch für eBay-Versteigerungen, dass beide Seiten die Chance hätten, ein "Schnäppchen" zu machen. Es sei daher auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der Käufer von einer Kaufmöglichkeit Gebrauch mache, die ihm der Verkäufer selbst eröffne. Der Verkäufer könne sich durch ein Mindestgebot schützen. Versäume er dies, sei das kein Grund, dem Kaufvertrag die Wirksamkeit zu versagen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

* § 145 BGB Bindung an den Antrag

Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anbietet, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.

** § 138 BGB Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) …

Hauptverhandlungstermin: 13. November 2014

3 StR 233/14

Landgericht Dresden - 204 Js 41068/08 14 KLs – Entscheidung vom 29. April 2013

Die Staatsschutzkammer des Landgerichts Dresden hat fünf Angeklagte jeweils wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Landfriedensbruch und/ oder gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen und einen der Angeklagten zu einer Geldstrafe, die übrigen zu Freiheitsstrafen zwischen neun Monaten und vier Jahren verurteilt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts gehörten die Angeklagten einer Gruppe von ehemaligen und aktiven sogenannten Fußballhooligans an. Ziel dieser Gruppe war es, eine Vormachtstellung in der Dresdner Hooliganszene zu erlangen. Die Mitglieder lebten die vorhandene Begeisterung für Gewalt durch Überfälle auf gegnerische Personen sowie verabredete körperliche Auseinandersetzungen mit Hooligan-Gruppen anderer Städte aus. Des Weiteren einte sie eine rechtsextreme Gesinnung. Der Verurteilung wegen Landfriedensbruchs liegt ein Überfall von mindestens 80 Personen, darunter Mitgliedern dieser vom Landgericht als kriminelle Vereinigung gewerteten Gruppe, auf mehrere türkische Gastronomiebetriebe im Bereich der Dresdner Neustadt im Anschluss an das Halbfinalspiel der Fußballeuropameisterschaft zwischen Deutschland und der Türkei am 25. Juni 2008 zugrunde, der Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung eine Auseinandersetzung mit einer anderen Hooligan-Gruppe, die unabhängig von einem Fußballspiel stattfand ("Drittortauseinandersetzung"). Insoweit hat das Landgericht die in der Verabredung liegende Einwilligung der Teilnehmer wegen der Sittenwidrigkeit der Tat nicht als rechtfertigend angesehen.

Gegen ihre Verurteilungen wenden sich die Angeklagten mit Verfahrensrügen und sachlichrechtlichen Beanstandungen.

Verhandlungstermin: 14. November 2014

V ZR 90/13

LG Nürnberg-Fürth - Urteil vom 12. September 2012 – 4 O 1659/12

OLG Nürnberg - Urteil vom 25. Februar 2013 – 4 U 2040/12

Die Klägerin und ihr Ehemann sind bosnische Staatsangehörige, die in Deutschland leben. Im Januar 2007 ließ die Staatsanwaltschaft im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen den Ehemann der Klägerin wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz die Wohnung der Eheleute durchsuchen. Dabei wurden in der Küche - versteckt in einer Kunststoffdose - 42.300 € in bar gefunden. Das Geld wurde als Beweismittel sichergestellt, beschlagnahmt und auf ein Konto der Landesjustizkasse eingezahlt. Der Ehemann wurde zu einer Haftstrafe von dreizehn Jahren verurteilt. Dabei wurde der sogenannte Wertersatzverfall in Höhe von 30.500 € angeordnet. Die Staatsanwaltschaft erklärte hinsichtlich des sichergestellten Betrags die Aufrechnung mit den Verfahrenskosten des Strafverfahrens und dem Wertersatzverfall. Die Klägerin behauptet jedoch, nicht ihr Mann, sondern sie sei Eigentümerin des Geldes gewesen. Es habe sich um Arbeitslohn gehandelt, den sie in der Ehewohnung versteckt habe, weil sie aufgrund ihrer Lebensgeschichte kein Vertrauen zu Banken habe. Die Hälfte des Geldes hat die Klägerin zurückerhalten. Ihre Klage auf Zahlung der verbleibenden 21.150 € hat das Landgericht abgewiesen; die Berufung zum Oberlandesgericht war erfolglos.

Das Oberlandesgericht hält das Alleineigentum der Klägerin nicht für bewiesen. Daher sei offen, ob das Geld von der Ehefrau oder von dem Ehemann stammte. Im Zeitpunkt der Beschlagnahme habe aber jedenfalls Mitbesitz der Eheleute an dem Geld bestanden. Nach der Regelung des § 1006 BGB* werde daher vermutet, dass Miteigentum der Eheleute an den Geldscheinen bestanden habe. Dabei sei gemäß § 742 BGB** von gleichen Anteilen auszugehen. Eine Geldschuld sei das typische Beispiel einer teilbaren Leistung. Folglich stehe jedem Ehegatten eine Hälfte des Betrags zu. Die Klägerin habe einen Betrag von 21.150 € bereits erhalten. Der Anspruch ihres Ehemannes auf die übrigen 21.150 € sei durch die erklärte Aufrechnung erloschen.

Mit der Revision, die der Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hin zugelassen hat, will die Klägerin erreichen, dass das beklagte Bundesland auch die restlichen 21.150 € an sie zahlen muss.

* § 1006 Eigentumsvermutung für Besitzer

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

** § 742 Gleiche Anteile

Im Zweifel ist anzunehmen, dass den Teilhabern gleiche Anteile zustehen.

Verhandlungstermin: 18. November 2014

(Verkündungstermin: 9. Juli 2013)

(Verhandlungstermin: 30. April 2013)

KZR 15/12

LG München I - Urteil vom 13. Juli 2011 - 37 O 20080/10

OLG München - Urteil vom 9. Februar 2012 - U 3283/11 Kart

Juris

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das unter anderem Telefongeräte herstellt. Sie verlangt von den beiden Beklagten internen Ausgleich nach Zahlung einer Geldbuße, die die Europäische Kommission gegen alle drei Parteien als Gesamtschuldner verhängt hat.

Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin der Beklagten zu 2, die im August 2004 sämtliche Anteile an der Beklagten zu 1 erwarb. Zu diesem Zeitpunkt nahmen Beschäftigte der Beklagten zu 1 bereits seit einigen Monaten an Kartellabsprachen zum Vertrieb von Calciumcarbid teil, die sie ab Juli 2005 auf den Vertrieb von Magnesiumgranulat ausweiteten. Ab November 2006 veräußerte die Klägerin ihre Anteile an der Beklagten zu 2, bis sie zum 22. Juli 2007 vollständig ausschied.

Mit Entscheidung vom 22. Juli 2009 verhängte die Europäische Kommission (COMP/39.396, K(2009) 5791 endg) gegen die Klägerin und die Beklagten als Gesamtschuldner eine Geldbuße in Höhe von 13,3 Mio. Euro wegen Zuwiderhandlung gegen das europäische Kartellrecht im Zeitraum vom 22. April 2004 (Beklagte zu 1) bzw. 30. August 2004 (Beklagte zu 2 und Klägerin) bis zum 16. Januar 2007. Die Klägerin und die Beklagten haben die Verhängung der Geldbuße vor dem Gericht der Europäischen Union angefochten; welches – erst nach der Entscheidung des Berufungsgerichts – mit Urteilen vom 23. Januar 2014 /T-395/09 und T-384/09) die Geldbuße der Klägerin auf 12.3 Millionen Euro reduziert und die Nichtigkeitsklagen der Parteien im Übrigen abgewiesen hat. Nur die Beklagten haben dagegen Rechtsmittel zum Gerichtshof der Europäischen Union (C-154-14 P) eingelegt.

Die Klägerin zahlte auf die (schon vor Rechtskraft fällige) Geldbuße und angefallene Zinsen etwa 6,8 Mio. Euro. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt sie von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Erstattung dieses Betrags. Sie ist der Ansicht, dass die Geldbußen im Innenverhältnis von den Beklagten zu tragen seien, da sie, die Klägerin, sich nicht selbst an dem Kartell beteiligt habe.

Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Innenausgleich unterliege deutschem Recht. Danach habe die Klägerin die Geldbuße im Innenverhältnis allein zu tragen, weil ihr mögliche wirtschaftliche Erfolge aus dem kartellrechtswidrigen Verhalten - durch Gewinnausschüttungen oder Wertsteigerung der von ihr gehaltenen Geschäftsanteile - zugeflossen seien. Ob das Kartell tatsächlich eine Rendite bewirkt habe, sei unerheblich. Auf Verursachungs- oder Verschuldensbeiträge komme es nicht an. Schadensersatzansprüche der Klägerin bestünden nicht.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren in voller Höhe weiter. Sie macht geltend, nach deutschem Recht hätten im Innenverhältnis allein die Beklagten die Geldbuße zu tragen. Hilfsweise beantragt sie, die Beklagten jeweils zur Zahlung eines Drittels der Klagesumme zu verurteilen.

Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 9. Juli 2013 (KZR 15/12, WuW/E DE-R 3935 – Calciumcarbid-Kartell) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art 267 Abs. 1 und 3 AEUV mehrere die Auslegung des Unionsrecht betreffende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Mit Beschluss vom 3. Juni 2014 hat er dieses Ersuchen im Hinblick auf zwischenzeitlich ergangene Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zurückgenommen. Im Lichte dieser Entscheidung wird der Bundesgerichtshof nun erneut über die Revision verhandeln.

Verhandlungstermin: 20. November 2014

I ZR 36/11 (Monsterbacke)

LG Stuttgart – Urteil vom 31. Mai 2010 – 34 O 19/10 KfH

BeckRS 2011, 05658

OLG Stuttgart – Urteil vom 3. Februar 2011 – 2 U 61/10

ZLR 2011, 352

BGH – Beschluss vom 5. Dezember 2012 – I ZR 36/11

GRUR 2013, 189 = WRP 2013, 180 - Monsterbacke

EuGH – Urteil vom 10. April 2014 – C-609/12

GRUR 2014, 587

Die Beklagte stellt Milchprodukte her und vertreibt sie. Zu ihrem Sortiment gehört der Früchtequark "Monsterbacke", der im Handel in Einheiten von sechs 50-Gramm-Bechern angeboten wird. Auf der Oberseite der Verkaufseinheiten war im Jahr 2010 der Werbeslogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch!" aufgedruckt. Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hält den Slogan für irreführend. Zudem macht sie geltend, der Werbeslogan enthalte nährwert- sowie gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, so dass die Kennzeichnung der mit dem Slogan versehenen Verkaufseinheit die in Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health-Claims-Verordnung) vorgesehenen – tatsächlich fehlenden – Informationen habe ausweisen müssen. Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung und Zahlung der Abmahnkosten in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Der Bundesgerichtshof ist davon ausgegangen, dass der Werbeslogan zwar nicht irreführend ist und auch keine nährwertbezogene Angabe enthält. Er hat aber angenommen, dass der Slogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch!" eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Health-Claims-Verordnung* darstellt. Im Blick darauf hat der Bundesgerichtshof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Hinweispflichten gemäß Art. 10 Abs. 2 der Health-Claims-Verordnung** bereits im für die Beurteilung des Streitfalls relevanten Jahr 2010 befolgt werden mussten.

Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union für gesundheitsbezogene Angaben, die nicht nach Art 10 Abs. 1 der Health-Claims-Verordnung in Verbindung mit ihrem Art. 28 Abs. 5*** und 6 verboten waren, bejaht. Aus der Vorschrift des Art. 28 Abs. 5 der Health-Claims-Verordnung ergebe sich, dass gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Buchst. a in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten der Verordnung und der Erstellung der in Art. 13 Abs. 3 der Verordnung vorgesehenen Liste zugelassener gesundheitsbezogener Angaben verwendet werden dürften, sofern sie der Verordnung entsprächen. Dies bedeute, dass dabei die in Art. 10 Abs. 2 der Verordnung vorgesehenen Informationen ausgewiesen sein müssten.

*Art. 2 Health-Claims-Verordnung lautet:

(2) Ferner bezeichnet der Ausdruck

5. "gesundheitsbezogene Angabe" jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht;

**Art. 10 Health-Claims-Verordnung lautet:

(2) Gesundheitsbezogene Angaben dürfen nur gemacht werden, wenn die Kennzeichnung oder, falls diese Kennzeichnung fehlt, die Aufmachung der Lebensmittel und die Lebensmittelwerbung folgende Informationen tragen:

a) einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise,

b) Informationen zur Menge des Lebensmittels und zum Verzehrmuster, die erforderlich sind, um die behauptete positive Wirkung zu erzielen,

c) gegebenenfalls einen Hinweis an Personen, die es vermeiden sollten, dieses Lebensmittel zu verzehren, und

d) einen geeigneten Warnhinweis bei Produkten, die bei übermäßigem Verzehr eine Gesundheitsgefahr darstellen könnten.

***Art. 28 Health-Claims-Verordnung lautet:

(5) Gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Buchst. a dürfen ab Inkrafttreten dieser Verordnung bis zur Annahme der in Art. 13 Abs. 3 genannten Liste unter der Verantwortung von Lebensmittelunternehmern verwendet werden, sofern die Angaben dieser Verordnung und den einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften entsprechen; dies gilt unbeschadet der Annahme von Schutzmaßnahmen gemäß Art. 23.

Verhandlungstermin: 25. November 2014

X ZR 105/13

AG Frankfurt am Main – Urteil vom 27. November 2011 – 30 C 1638/12 (71)

LG Frankfurt am Main – Urteil vom 25. Juli 2013 – 24 S 1/13

Die Kläger buchten durch einen Mitreisenden bei einem niederländischen Reiseveranstalter eine viertägige Flusskreuzfahrt. Die Reise wurde von der Beklagten vermittelt, die als Internet-Reisebüro tätig ist. Nach Erhalt der Rechnung und Reisebestätigung zahlten die Kläger den auf sie entfallenden Reisepreis. Die Kopie eines Sicherungsscheins eines niederländischen Kundengeldabsicherers lag den Klägern vor.

Wegen finanzieller Schwierigkeiten des niederländischen Reiseveranstalters fand die Kreuzfahrt nicht statt. Der Reiseveranstalter, der später Insolvenz beantragte, zahlte den Reisepreis nicht zurück.

Der niederländische Kundengeldabsicherer lehnte eine Erstattung des Reisepreises mit der Begründung ab, dass seine Haftung auf die auf dem niederländischen Markt angebotenen und abgeschlossenen Reisen beschränkt sei, wozu die Reise der Kläger nicht zähle.

Die Parteien streiten darüber, ob den Klägern gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung des Reisepreises nach § 280 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)* zusteht, weil diese Pflichten aus dem Reisevermittlungsvertrag verletzt hat.

Das Amtsgericht hat die Klage zugesprochen. Nach § 651k Abs. 4, Abs. 5 Satz 2 BGB** dürfe der Reisevermittler Zahlungen nur fordern, wenn dem Reisenden die Sicherheitsleistung zweifelsfrei nachgewiesen worden sei. Die Bestätigung des niederländischen Reiseveranstalters, bei dem niederländischen Kundengeldabsicherer abgesichert zu sein, sei nicht hinreichend gewesen. Der Nachweis habe sich vielmehr auf den von den Klägern gezahlten Reisepreis erstrecken müssen. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Auch nach Ansicht des Berufungsgerichts hätte sich die Beklagte vor Forderung oder Annahme des Reisepreises vergewissern müssen, dass den Klägern eine zweifelsfrei bestehende Absicherung des von ihnen gezahlten Reisepreises positiv nachgewiesen sei. Das Wissen um die Existenz eines Sicherungsscheins ersetze nicht die Prüfung seiner räumlich uneingeschränkten Geltung.

Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Sie meint, dass die beiden Vordergerichte die Anforderungen an den Nachweis der Sicherheitsleistung überspannt hätten. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, die räumlich uneingeschränkte Gültigkeit des Sicherungsscheins zu überprüfen.

* § 280 BGB - Schadensersatz wegen Pflichtverletzung

(1) Verletzt der Schuldner seine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Das gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

** § 651k BGB - Sicherstellung, Zahlung

(4) Reiseveranstalter und Reisevermittler dürfen Zahlungen des Reisenden auf den Reisepreis vor Beendigung der Reise nur fordern oder annehmen, wenn dem Reisenden ein Sicherungsschein übergeben wurde. Ein Reisevermittler gilt als vom Reiseveranstalter zur Annahme von Zahlungen auf den Reisepreis ermächtigt, wenn er einen Sicherungsschein übergibt oder sonstige dem Reiseveranstalter zuzurechnende Umstände ergeben, dass er von diesem damit betraut ist, Reiseverträge für ihn zu vermitteln. Dies gilt nicht, wenn die Annahme von Zahlungen durch den Reisevermittler in hervorgehobener Form gegenüber dem Reisenden ausgeschlossen ist.

(5) Hat im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Reiseveranstalter seine Hauptniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, so genügt der Reiseveranstalter seiner Verpflichtung nach Absatz 1 auch dann, wenn er dem Reisenden Sicherheit in Übereinstimmung mit den Vorschriften des anderen Staates leistet und dies den Anforderungen nach Absatz 1 Satz 1 entspricht. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass dem Reisenden die Sicherheitsleistung nachgewiesen werden muss.

Verhandlungstermin: 25. November 2014

XI ZR 169/13

LG Hamburg – Urteil vom 18. November 2010 – 334 O 95/09

Oberlandesgericht Hamburg – Urteil vom 11. April 2013 – 6 U 235/10

Der Kläger begehrt von der beklagten Bank Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb von Lehman-Zertifikaten.

Die Mutter des im Jahr 2002 geborenen Klägers erwarb im Mai 2008 auf Empfehlung eines Mitarbeiters der Beklagten für den Kläger "Lehman Brothers Aktien Kupon Anleihen auf sechs DAX Werte", sogenannte Basketzertifikate, zum Kurswert von 33.099 €. In dem zugehörigen Produktflyer heißt es u.a. "100 % Kapitalschutz am Laufzeitende". Den Zertifikaten lagen die "Endgültigen Bedingungen" der Emittentin, der Lehman Brothers Treasury Co. B.V., zum Basisprospekt vom 28. August 2007 zu Grunde. Weder der Basisprospekt noch die Endgültigen Bedingungen wurden der Mutter des Klägers ausgehändigt. Im Basisprospekt wird der Emittentin ein Sonderkündigungsrecht aus steuerlichen oder aus anderen in den Endgültigen Bedingungen genannten Gründen eingeräumt.

In den Endgültigen Bedingungen wird unter Verweis auf die "Konsolidierten Bedingungen" der Emittentin ausgeführt, dass die Emittentin die Zertifikate in Folge eines Fusionsereignisses, eines Übernahmeangebots, eines Delistings, einer Verstaatlichung oder einer Insolvenz der in den Zertifikaten in Bezug genommenen Unternehmen oder aus steuerlichen Gründen vorzeitig zurückzahlen könne. Weiter heißt es dort, der vorzeitige Rückzahlungsbetrag werde von der Berechnungsstelle nach deren billigem Ermessen in kaufmännisch vernünftiger Weise festgestellt. In den o.g. Bedingungen wird weiter ausgeführt, dass der vorzeitige Rückzahlungsbetrag unter Umständen unter dem Nennbetrag liegen und möglicherweise sogar Null betragen könne. Auf das Sonderkündigungsrecht der Emittentin und dessen Rechtsfolgen wurde die Mutter des Klägers von der Beklagten weder schriftlich noch mündlich hingewiesen.

Nach der Insolvenz der Emittentin und der Garantin, der Lehman Brothers Holding Inc., im September 2008 wurden die Zertifikate weitgehend wertlos. Forderungen gegen die Garantin hätten im Insolvenzverfahren der Garantin bis zum 2. November 2009 angemeldet werden müssen. Der Kläger machte von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch. Mit seiner Klage begehrt er die Rückzahlung des investierten Kapitals in Höhe von 33.099 € sowie die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß in Höhe von 33.099 € verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 27.472,17 € Zug um Zug gegen Übertragung der Zertifikate und der Ansprüche des Klägers im Insolvenzverfahren der Emittentin verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Oberlandesgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch wegen einer Falschberatung zu. Die Beklagte habe den Kläger nicht zutreffend über die Risiken der Kapitalanlage aufgeklärt, weil sie nicht darüber informiert habe, dass es infolge des Sonderkündigungsrechts der Emittentin zu einer vorzeitigen Rückzahlung mit einem Kapitalverlust kommen könne. Die Beklagte hätte hierüber aufklären müssen, weil durch die Betonung des 100 %igen Kapitalschutzes am Laufzeitende der Eindruck erweckt worden sei, die Emittentin sei in jedem Fall verpflichtet, das eingesetzte Kapital in vollem Umfang zurückzuzahlen. Bei dem Sonderkündigungsrecht handele es sich um einen erheblichen Umstand, über den ein Anleger vor seiner Anlageentscheidung informiert sein müsse. Dem Anleger drohe im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung der Schuldverschreibung ein nicht unerheblicher finanzieller Schaden. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der Hinweis in den für verschiedene Anlageprodukte geltenden "Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapieren" auf das Kündigungsrecht nicht ausreichend, um die Beratungspflichten zu erfüllen. Die Beklagte könne sich allerdings mit Erfolg gemäß § 254 BGB* auf die Verletzung der Schadensminderungspflicht des Klägers berufen, weil dieser seine Forderung im Insolvenzverfahren der Garantin in New York nicht angemeldet habe. Nach der Insolvenz der Emittentin sei klar gewesen, dass der Kläger seinen vollen Schaden nicht allein durch eine Anmeldung der Insolvenzforderung gegenüber der Emittentin werde ausgleichen können. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte er seine Forderung auch im Insolvenzverfahren der Garantin in New York angemeldet. Zu berücksichtigen sei, dass die Fristen zur Forderungsanmeldung in den USA noch nicht abgelaufen gewesen seien, als die Klage rechtshängig gewesen sei; die Mutter des Klägers also fachkundigen Rechtsbeistand gehabt habe. Den Mitverschuldensanteil könne das Gericht gemäß § 287 ZPO** auf 17 %, mithin 5.626,83 € schätzen. Die Beklagte habe belegt, dass sämtliche Insolvenzforderungen bis zu einem Betrag von 50.000 US$ pauschal mit 17 % vergütet würden.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Der Kläger verfolgt sein Klagebegehren im Wege der Anschlussrevision in vollem Umfang weiter.

Über die Revision und die Anschlussrevision wird der XI. Zivilsenat gemeinsam mit der ebenfalls auf den 25. November 2014 terminierten Parallelsache XI ZR 480/13 (siehe dazu bereits Pressemitteilung vom 23. Juli 2014, Nr. 118/14) verhandeln.

* § 254 BGB

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. …

** § 287 ZPO

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Verhandlungstermin: 25. November 2014

XI ZR 480/13

LG Hamburg - Urteil vom 27. Januar 2012 - 330 O 476/10

Hanseatisches OLG - Urteil vom 4. Dezember 2013 - 13 U 18/12

Der Kläger verlangt von der beklagten Bank Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb von Lehman-Zertifikaten.

Der Kläger, der bei der Beklagten bereits seit längerer Zeit Kunde war und bei dieser ein umfangreiches Wertpapierdepot unterhielt, erwarb im November 2007 auf Empfehlung eines Mitarbeiters der Beklagten 40 Stück des "Lehman Brothers Garantiezertifikats auf fünf Bankentitel" zum Nennwert von 39.328 €. Im Mai 2008 erwarb der Kläger auf Empfehlung desselben Mitarbeiters weitere 100 Stück Lehman-Zertifikate "LB 6 Jahres CatchUp Note auf sechs DAX-Werte" zum Nennwert von 100.000 €. Beiden Zertifikaten lagen die "Endgültigen Bedingungen" der Emittentin vom 21. September 2007 zum Basisprospekt vom 28. August 2007 zu Grunde. Danach sollte die Emittentin, die Lehman Brothers Treasury Co. B.V., am Laufzeitende unabhängig von der Entwicklung der Basiswerte mindestens 100 % des eingezahlten Kapitals an den Anleger zurückzahlen. Im Basisprospekt, der dem Kläger nicht übergeben wurde, wird der Emittentin ein Sonderkündigungsrecht aus Steuergründen oder aus anderen in den Endgültigen Bedingungen genannten Gründen eingeräumt.

In den Endgültigen Bedingungen wird unter Verweis auf die "Konsolidierten Bedingungen" der Emittentin ausgeführt, dass die Emittentin die Zertifikate in Folge eines Fusionsereignisses, eines Übernahmeangebots, eines Delistings, einer Verstaatlichung oder einer Insolvenz der in den Zertifikaten in Bezug genommenen Unternehmen oder einer durchgeführten oder geplanten Veränderung steuerrechtlicher Vorschriften vorzeitig zurückzahlen könne. Weiter heißt es, der vorzeitige Rückzahlungsbetrag solle von der Berechnungsstelle ausgehend von dem unmittelbar vor Rückzahlung festgelegten marktgerechten Wert der Zertifikate abzüglich angemessener Aufwendungen und Kosten für die Auflösung von Absicherungs- und Finanzierungsvereinbarungen berechnet werden. Dabei wird in den o.g. Bedingungen jeweils ausgeführt, dass der vorzeitige Rückzahlungsbetrag möglicherweise unter dem Nennbetrag liegen oder sogar Null betragen könne. Auf das Sonderkündigungsrecht der Emittentin und dessen Rechtsfolgen wurde der Kläger von der Beklagten weder schriftlich noch mündlich hingewiesen.

Nach der Insolvenz der Emittentin im September 2008 wurden die Zertifikate weitgehend wertlos. Mit seiner Klage verlangt der Kläger nach Abzug erhaltener Zahlungen aus dem Insolvenzverfahren noch Rückzahlung des Anlagebetrages in Höhe von 98.709,64 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Übertragung der Zertifikate, Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zertifikate in Verzug befindet.

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht haben eine schuldhafte Verletzung der Pflichten aus dem geschlossenen Anlageberatungsvertrag und damit einen Schadensersatzanspruch des Klägers bejaht (§ 280 Abs. 1 BGB*). Zur Begründung hat das Oberlandesgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Die Empfehlung der Zertifikate sei nicht anlagegerecht gewesen. Da es sich um sogenannte Garantiezertifikate gehandelt habe, hätte die Beklagte den Kläger über das in den jeweiligen Anleihebedingungen geregelte Sonderkündigungsrecht der Emittentin gesondert aufklären müssen. Bei einem Sonderkündigungsrecht handle es sich um einen für die Anlageentscheidung wesentlichen und damit aufklärungsbedürftigen Umstand. Wesentliches Merkmal eines Garantiezertifikats sei, dass sich das Risiko des Anlegers darauf beschränke, mit dem Anlagebetrag während der Anlagezeit möglicherweise keine Gewinne zu erwirtschaften oder dass die Emittentin insolvent werde. Diesem Wesensmerkmal stehe das Sonderkündigungsrecht entgegen, weil der von der Berechnungsstelle festzulegende Marktwert den Anlagebetrag unterschreiten oder sogar Null betragen könne. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der bloße allgemeine Hinweis in den für verschiedene Anlageprodukte geltenden "Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapiere" auf ein mögliches vorzeitiges Kündigungsrecht der Emittentin nicht ausreichend gewesen, um den Kläger in ausreichender Weise über das Sonderkündigungsrecht aufzuklären. Auch genüge eine Information über das Bonitätsrisiko der Emittentin nicht zur Aufklärung über die mit dem Sonderkündigungsrecht verbundene Gefahr eines Kapitalverlustes.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

* § 280 BGB

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2)…

Verhandlungstermin: 27. November 2014

I ZR 124/11 (Videospiel-Konsolen)

LG München – Urteil vom 14. Oktober 2009 – 21 O 22196/08

MMR 2010, 341

OLG München – Urteil vom 9. Juni 2011 – 6 U 5037/09

ZUM 2013, 806

BGH – Beschluss vom 6. Februar 2013 – I ZR 124/11

GRUR 2013, 1035 = WRP 2013, 1355 – Videospiel-Konsolen

BGH – Beschluss vom 10. April 2014 – I ZR 124/11

Die Klägerin produziert und vertreibt Videospiele und Videospiel-Konsolen, darunter die Konsole "Nintendo DS" und zahlreiche dafür passende Spiele. Sie ist Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte an den Computerprogrammen, Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken, die Bestandteil der Videospiele sind. Die Videospiele werden ausschließlich auf besonderen, nur für die Nintendo-DS-Konsole passenden Speicherkarten angeboten, die in den Kartenschacht der Konsole eingesteckt werden.

Die Beklagten boten im Internet Adapter für die Nintendo-DS-Konsole an. Diese Adapter sind den originalen Speicherkarten in Form und Größe genau nachgebildet, damit sie in den Kartenschacht der Konsole passen. Sie verfügen über einen Einschub für eine Micro-SD-Karte oder über einen eingebauten Speicherbaustein ("Flash-Speicher"). Nutzer der Konsole können mit Hilfe dieser Adapter im Internet angebotene Raubkopien der Spiele auf der Konsole verwenden. Dazu laden sie solche Kopien der Spiele aus dem Internet herunter und übertragen diese sodann entweder auf eine Micro-SD-Karte, die anschließend in den Adapter eingesteckt wird, oder unmittelbar auf den eingebauten Speicherbaustein des Adapters.

Die Klägerin sieht in dem Vertrieb der Adapter einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 95a Abs. 3 UrhG*; diese Bestimmung regelt den Schutz wirksamer technischer Maßnahmen, die ihrerseits dem Schutz urheberrechtlich geschützter Werke dienen. Die Klägerin hat die Beklagten auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz und Vernichtung der Karten in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat angenommen, der Vertrieb der Adapter verstoße gegen § 95a Abs. 3 UrhG. Das aufeinander abgestimmte Format der von den Klägerinnen hergestellten Karten und Konsolen stelle eine wirksame technische Maßnahme zum Schutz der in den Videospielen enthaltenen Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerke dar. Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren zunächst ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt (vgl. dazu Pressemitteilung Nr. 25/2013). Mit Beschluss vom 10. April 2014 hat der Bundesgerichtshof das ausgesetzte Verfahren wird aufgenommen und das Vorabentscheidungsersuchen im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 23. Januar 2014 in der Rechtssache C-355/12 zurückgenommen.

*§ 95a UrhG lautet:

(1) Wirksame technische Maßnahmen zum Schutz eines nach diesem Gesetz geschützten Werkes oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Schutzgegenstandes dürfen ohne Zustimmung des Rechtsinhabers nicht umgangen werden, soweit dem Handelnden bekannt ist oder den Umständen nach bekannt sein muss, dass die Umgehung erfolgt, um den Zugang zu einem solchen Werk oder Schutzgegenstand oder deren Nutzung zu ermöglichen.

(2) Technische Maßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind Technologien, Vorrichtungen und Bestandteile, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände betreffende Handlungen, die vom Rechtsinhaber nicht genehmigt sind, zu verhindern oder einzuschränken. Technische Maßnahmen sind wirksam, soweit durch sie die Nutzung eines geschützten Werkes oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Schutzgegenstandes von dem Rechtsinhaber durch eine Zugangskontrolle, einen Schutzmechanismus wie Verschlüsselung, Verzerrung oder sonstige Umwandlung oder einen Mechanismus zur Kontrolle der Vervielfältigung, die die Erreichung des Schutzziels sicherstellen, unter Kontrolle gehalten wird.

(3) Verboten sind die Herstellung, die Einfuhr, die Verbreitung, der Verkauf, die Vermietung, die Werbung im Hinblick auf Verkauf oder Vermietung und der gewerblichen Zwecken dienende Besitz von Vorrichtungen, Erzeugnissen oder Bestandteilen sowie die Erbringung von Dienstleistungen, die

1. Gegenstand einer Verkaufsförderung, Werbung oder Vermarktung mit dem Ziel der Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen sind oder

2. abgesehen von der Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen nur einen begrenzten wirtschaftlichen Zweck oder Nutzen haben oder

3. hauptsächlich entworfen, hergestellt, angepasst oder erbracht werden, um die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern.

Hauptverhandlungstermin: 27. November 2014

3 StR 265/14

Landgericht Mainz - 3111 Js 3775/10 1 KLs – Entscheidung vom 3. Dezember 2013

Das Landgericht hat den Angeklagten Dr. B. wegen Untreue in zwei besonders schweren Fällen zum Nachteil der CDU-Fraktion, jeweils in Tateinheit mit Untreue in besonders schwerem Fall zum Nachteil des Landesverbandes der CDU Rheinland-Pfalz, sowie wegen eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird. Gegen den Angeklagten F. hat es wegen Beihilfe zur Untreue auf eine Geldstrafe erkannt. Gegenstand der Verurteilung sind im Wesentlichen Zahlungen der CDU-Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz an eine Unternehmensberatungsagentur anlässlich der Landtagswahl im Jahre 2006. Der Angeklagte Dr. B. war zur damaligen Zeit Fraktionsvorsitzender und bei dieser Wahl der Spitzenkandidat der CDU. Der Angeklagte F. war Gründungspartner und Geschäftsführer der betreffenden Unternehmensberatungsagentur. Den Angeklagten war weiter vorgeworfen worden, sich durch falsche Angaben in für den Landesrechnungshof bestimmten Stellungnahmen wegen versuchten Betruges strafbar gemacht zu haben. Von diesem Vorwurf hat das Landgericht sie aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

Die Angeklagten rügen mit ihren Revisionen die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte Dr. B. beanstandet daneben die Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Revision gegen die Teilfreisprüche und rügt die diesen zugrunde liegende Beweiswürdigung des Landgerichts.

Zwei weitere Mitangeklagte, die vom Landgericht im Wesentlichen wegen Untreue zu Bewährungsstrafen verurteilt worden sind, haben gegen die Entscheidung kein Rechtsmittel eingelegt.

Verkündungstermin 3. Dezember 2014

(Verhandlungstermin: 24. September 2014)

VIII ZR 370/13

AG Königs Wusterhausen - Urteil vom 27. Dezember 2012 – 4 C 64/12

LG Potsdam - Urteil vom 28. November 2013 - 7 S 40/13

Das beklagte Energieversorgungsunternehmen beliefert den Kläger seit 1997 als Sonderkunden mit Erdgas. In dem Erdgasliefervertrag ist ein Arbeitspreis von 4,2 Pfennig/kWh (entsprechend 2,15 Cent/kWh) vereinbart. Ein Preisanpassungsrecht der Beklagten enthält der Vertrag nicht.

Die Beklagte erhöhte in der Folgezeit mehrfach die Preise. Für den Zeitraum vom 2. April 2007 bis zum 31. März 2008 rechnete sie auf der Basis eines Arbeitspreises von 4,31 Cent/kWh ab und verlangte insgesamt eine Vergütung von 3.145,74 €. Der Kläger beanstandete die jährlichen Abrechnungen der Beklagten erstmals im Jahr 2011; zuvor zahlte er die in Rechnung gestellten Preise widerspruchslos. Der Kläger ist nunmehr der Auffassung, er schulde lediglich den zu Vertragsbeginn vereinbarten Arbeitspreis und begehrt deshalb von der Beklagten für das Abrechnungsjahr 2007/2008 die Rückzahlung von insgesamt 1.523,44 €.

Das Amtsgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage ganz überwiegend abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der im Jahr 2007 geschlossene Erdgaslieferungsvertrag sehe zwar kein einseitiges Preisanpassungsrecht vor und die Parteien hätten den Vertrag nicht einvernehmlich geändert. Grundsätzlich bestehe daher ein Anspruch auf Rückzahlung des ohne Rechtsgrund gezahlten (erhöhten) Arbeitspreises, der auch nicht durch eine ergänzende Vertragsauslegung beschränkt werden könne. Dem Rückzahlungsanspruch stehe jedoch entgegen, dass die Interessen der Parteien nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB*) zu einem Ausgleich gebracht werden müssten. Denn der Kläger habe der Beklagten bis 2011 keinen Anlass zur Kündigung des Vertrags gegeben, sondern die Jahresrechnungen anstandslos bezahlt. Er müsse sich daher billigerweise an dem Preis festhalten lassen, der drei Jahre vor seinem ersten Widerspruch gegolten habe. Der ab dem 1. April 2007 zu Grunde gelegte Arbeitspreis von 4,31 Cent/kWh sei mangels eines früheren Widerspruchs angemessen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

* § 242 BGB

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Verhandlungstermin: 9. Dezember 2014

X ZR 147/13

LG Hannover – Urteil vom 30. Oktober 2012 – 18 O 129/12

OLG Celle – Urteil vom 28. November 2013 – 11 U 279/12

Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände verlangt von der beklagten Reiseveranstalterin, es zu unterlassen, beim Abschluss von Pauschalreisen folgende Reisebedingung zu verwenden:

"Bei Vertragsabschluss wird gegen Aushändigung der Bestätigung die Anzahlung in Höhe von i. d. R. 25 %, bei gesondert gekennzeichneten Top-Angeboten sowie ausgewählten, kurzfristigen bzw. preisreduzierten Specials, Sparreisen und Reisen der Marken … und BestPreis-Angeboten von … sowie Ticket-Paketen aus Leistungsbeschreibungen (Ziffer 3.1) mit dem Titel "Musicals & Shows" 40 % des Gesamtpreises fällig."

Das Landgericht hat der Beklagten die Verwendung der Klausel untersagt. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

Die von der Beklagten unmittelbar bei Vertragsabschluss geforderte Anzahlung von 40 % des Reisepreises benachteilige den Vertragspartner unangemessen im Sinn von § 307 Abs. 1 und 2 BGB*. Sie sei weitgehend intransparent, d. h. nicht klar und verständlich. Denn aus Sicht des Vertragspartners sei nicht eindeutig erkennbar, was unter "gesondert gekennzeichneten Top-Angeboten sowie ausgewählten, kurzfristigen bzw. preisreduzierten Specials, Sparreisen" zu verstehen sei.

Zudem weiche die beanstandete Reisebedingung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 320 BGB** ab. Bei der Prüfung, ob eine Vertragsbedingung eine unangemessene Benachteiligung enthalte, seien die beiderseitigen Interessen abzuwägen und der in § 320 BGB enthaltene Grundgedanke der Zug um Zug zu gewährenden Leistungen zu berücksichtigen. Dazu gehöre zum einen die Absicherung der Rückerstattung des Reisepreises und weiterer Aufwendungen. Zum anderen habe der Gesetzgeber dem Vertragspartner mit dem Leistungsverweigerungsrecht des § 320 BGB ein Druckmittel in die Hand geben wollen, den anderen Teil zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten zu veranlassen. Nach Einführung des Sicherungsscheins sei das Ausfallrisiko bei Insolvenz des Veranstalters zwar verringert worden. Gleichwohl trage der Reisende weiterhin das Risiko, dass der Reiseveranstalter zum vereinbarten Reisetermin - unabhängig von seiner Zahlungsfähigkeit - nicht fähig oder nicht bereit sei, die geschuldete Reiseleistung zu erbringen. Auch wenn der Reiseveranstalter sämtliche Vorauszahlungen für einzelne Reiseleistungen frühzeitig an seine Vertragspartner (z.B. Fluggesellschaften) zu erbringen habe, rechtfertige dies nicht die Anzahlung eines wesentlichen Teils des Reisepreises. Der Reisende erhalte einen eigenen Anspruch gegen den Leistungserbringer erst mit der Aushändigung der Reiseunterlagen und noch nicht zum Zeitpunkt der Entstehung der Kosten bei der Beklagten. Darüber hinaus sei für den Reisenden zum Zeitpunkt der verlangten Anzahlung nicht erkennbar, ob und inwieweit die Beklagte die Leistungen bereits tatsächlich erworben und auch bezahlt habe.

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

* § 307 BGB Inhaltskontrolle

Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

** § 320 BGB Einrede des nicht erfüllten Vertrages

Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

Verhandlungstermin: 9. Dezember 2014

XI ZR 316/13

LG Nürnberg-Fürth – Urteil vom 28. September 2012 – 10 O 7990/11

Oberlandesgericht Nürnberg – Urteil vom 19. August 2013 – 4 U 2138/12

Der Kläger begehrt von der beklagten Sparkasse Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Währungsswapvertrages (sog. "Cross-Currency-Swap").

Der Kläger, ein vermögender Geschäftsmann mit Erfahrungen in Fremdwährungsdarlehen und einfachen Swap-Geschäften, schloss im September 2008 mit der Landesbank Baden-Württemberg einen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte und einen Cross-Currency-Swap-Vertrag (CCS-Vertrag) mit dem Währungspaar Türkische Lira (TRY) und Schweizer Franken (CHF) ab. Der Vertrag hatte eine feste Laufzeit von drei Jahren und enthielt als Bezugsgrößen einen Festbetrag von 900.735 TRY und einen solchen von 795.000 CHF. Die Landesbank verpflichtete sich in dem CCS-Vertrag, an den Kläger während der Vertragslaufzeit an zwölf festgelegten Terminen jeweils Zinsen in Höhe von 15,66 % p.a. auf den Festbetrag in TRY und bei Laufzeitende den Festbetrag in TRY zu zahlen; der Kläger verpflichtete sich im Gegenzug, während der Vertragslaufzeit an die Landesbank an zwölf festgelegten Terminen jeweils Zinsen i. H. von 3,6 % p.a. auf den Festbetrag in CHF und bei Laufzeitende den Festbetrag in CHF zu zahlen.

Im Mai 2010 verpfändete der Kläger das für ihn bei der Beklagten eingerichtete Fremdwährungskonto, auf das die von der Landesbank geleisteten Zinszahlungen eingingen, zur Sicherheit an die Beklagte. Darüber hinaus schlossen die Parteien einen Avalkredit-Rahmenvertrag über 150.000 €, der als "Risikolinie" für den CCS-Vertrag genutzt werden sollte. Während der Vertragslaufzeit wertete die Türkische Lira gegenüber dem Schweizer Franken ab, so dass sich der Barwert des CCS-Vertrags zu Ungunsten des Klägers entwickelte. Nachdem die Beklagte den Kläger infolge einer Überschreitung des ihm eingeräumtem Kredits mehrfach erfolglos zu einer Barunterlegung aufgefordert hatte, stellte sie im September 2011 den CCS-Vertrag glatt, verwertete das an sie verpfändete Fremdwährungskonto des Klägers mit einem Guthaben von 269.944,92 TRY (= 108.848,76 €) und belastete ein weiteres Konto des Klägers in Höhe des noch offenen Restbetrages von 180.151,24 €.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Zahlung dieses Betrages und die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtliche weiteren zukünftigen Schäden aus dem CCS-Vertrag zu ersetzen, sowie die Freigabe der im Zusammenhang mit dem CCS-Vertrag von ihm gestellten Sicherheiten. Er macht geltend, bei Abschluss des CCS-Vertrages falsch beraten worden zu sein.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen und seine Entscheidung (OLG Nürnberg, WM 2013, 1897) im Wesentlichen wie folgt begründet:

Dem Kläger sei - auch nach den Maßgaben des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2011 zu den Aufklärungs- und Beratungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Zinssatz-Swap-Vertrags (XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13; siehe dazu BGH-Pressemitteilung Nr. 46/2011) - der Nachweis einer Beratungspflichtverletzung nicht gelungen. Der CCS-Vertrag sei ein für den Kläger geeignetes Finanzmarktprodukt gewesen. Bei dem streitgegenständlichen Cross-Currency-Swap handele es sich um einen einfachen Währungsswap mit überschaubarer Risikostruktur, auch wenn er ein theoretisch unbegrenztes Verlustrisiko aufweise. Bei einem Cross-Currency-Swap erfülle die Bank ihre Aufklärungspflicht bereits dann, wenn der Kunde eigenverantwortlich in der Lage sei, die für den Erfolg oder Misserfolg der Anlage maßgeblichen Umstände und ihre konkreten Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg nachzuvollziehen. Dies sei beim Kläger unter Berücksichtigung von dessen Kenntnissen und Erfahrungen der Fall gewesen. Der Kläger sei auch darauf hingewiesen worden, dass auf Grund des Wechselkursrisikos sehr hohe Verlustrisiken bestünden. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, den Kläger über einen bei Vertragsschluss bestehenden negativen Marktwert aufzuklären. Die von den Vertragsparteien jeweils zu leistenden Zahlungen hätten betragsmäßig festgelegen, so dass ein verheimlichter, "bewusst einstrukturierter" Vorteil der Bank nicht vorgelegen habe. Ihre Gewinnmarge habe die Beklagte nicht ungefragt offenbaren müssen.

Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Termin: noch nicht bestimmt

3 StR 150/14

OLG Koblenz – Urteil vom 19. November 2013 – 3 StE 1/13-2

Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten wegen landesverräterischer Ausspähung sowie wegen Versuchs der landesverräterischen Ausspähung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.

Der Angeklagte war als Zivilangestellter im Datenverarbeitungs- und IT-Bereich der NATO – im Hauptquartier der Alliierten Luftstreitkräfte für Zentraleuropa in Ramstein – beschäftigt. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts verschaffte er sich den unbeschränkten Zugang zu einer Reihe von geheimhaltungsbedürftigen Dateien, deren Kenntnis durch Unbefugte die Sicherheit der NATO gefährden konnte und die nach der Würdigung des Gerichts als Staatsgeheimnisse anzusehen sind. Diese Daten wollte er einem Angehörigen eines fremden Geheimdienstes zuspielen. Der Versuch, sich weitere Daten zu verschaffen, scheiterte an der Aufmerksamkeit eines Mitarbeiters.

Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit einer Reihe von Verfahrensrügen und mit sachlichrechtlichen Beanstandungen.

§ 96 StGBLandesverräterische Ausspähung; Auskundschaften von Staatsgeheimnissen

(1) Wer sich ein Staatsgeheimnis verschafft, um es zu verraten (§ 94), wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.
(2) ….

§ 94 StGBLandesverrat

(1) Wer ein Staatsgeheimnis

1. einer fremden Macht oder einem ihrer Mittelsmänner mitteilt oder

2. sonst an einen Unbefugten gelangen lässt oder öffentlich bekanntmacht, um die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen, und dadurch die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. (2) …

StGB § 93Begriff des Staatsgeheimnisses

(1) Staatsgeheimnisse sind Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und vor einer fremden Macht geheimgehalten werden müssen, um die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland abzuwenden.(2) ….

Verhandlungstermin: 15. Januar 2015

4 StR 178/14

LG Essen – Urteil vom 16. Dezember 2013 – 35 KLs 30/13

und

4 StR 233/14

LG Essen – Urteil vom 4. Dezember 2013 – 35 KLs 29/13

Das Landgericht hat in parallel gelagerten Verfahren zwei Angeklagte wegen mehreren Fällen des Einschleusens von Ausländern zu Freiheitsstrafen verurteilt. Beide Angeklagte haben gegen ihre Verurteilung Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts schleusten die Angeklagten im Jahr 2012 syrische Flüchtlinge, die sich illegal in Griechenland aufhielten und nicht im Besitz gültiger Personalpapiere waren, gegen Zahlung mehrerer Tausend Euro in das Bundesgebiet ein. Dabei verschafften sie oder ihre Mittäter den Flüchtlingen in Griechenland gefälschte Ausweise und organisierten ihre Weiterreise nach Deutschland. Die Flüchtlinge wurden entweder auf dem Landweg über Italien, die Schweiz oder Frankreich oder – direkt – per Linienflug in die Bundesrepublik verbracht.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs wird sich in diesen Verfahren unter anderem auch mit der Frage zu befassen haben, ob es für die strafrechtliche Bewertung von Bedeutung ist, dass die Behörden der Bundesrepublik Deutschland bei Asylsuchenden, die sich zuvor in Griechenland aufgehalten haben, das Asylverfahren derzeit selbst durchführen und von einer Rücküberstellung absehen, obgleich nach den maßgeblichen Vereinbarungen Griechenland zuständig wäre.

Termin: noch nicht bekannt

4 StR 328/14

LG Frankenthal (Pfalz) – Urteil vom 11. November 2013 – 5221 Js 25913/11.6 KLs

Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) hat einen Frauenarzt u.a. wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen in 1.467 Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in drei Fällen, zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es dem Angeklagten für die Dauer von vier Jahren verboten, gynäkologische Behandlungen auszuüben.

Nach den Feststellungen des Landgerichts liegt dieser Verurteilung folgendes Geschehen zugrunde: In den Jahren 2008 bis Mitte 2011 fotografierte oder filmte der Angeklagte im Behandlungszimmer seiner Praxis im Rahmen seiner Tätigkeit als niedergelassener Frauenarzt in einer Vielzahl von Fällen heimlich die gynäkologische Untersuchung seiner Patientinnen, ohne dass für eine bildliche Dokumentation der Untersuchung eine medizinische Notwendigkeit bestand. In drei Fällen führte er zudem medizinisch nicht erforderliche gynäkologische Untersuchungen an Patientinnen durch, wobei er hiervon ebenfalls heimlich Lichtbild- oder Videoaufnahmen fertigte. Die Lichtbildaufnahmen und Videos speicherte und katalogisierte er anschließend auf verschiedenen Datenträgern.

Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagten mit dem Rechtsmittel der Revision.

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