Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 99/2010

Vorschau auf Entscheidungen in den nächsten

Monaten des Jahres 2010

Verhandlungstermin: 19. Mai 2010

(vorher: Verhandlungstermin: 24. März 2010)

VIII ZR 122/09

AG Bad Homburg v. d. H. - Urteil vom 26. September 2008 – 2 C 1613/08

LG Frankfurt am Main - Urteil vom 21. April 2009 – 2-17 S 127/08

Die Beklagte ist seit 1975 Mieterin einer von der klagenden Immobiliengesellschaft vermieteten Wohnung in Bad Homburg. Die Vermieterin verlangt Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Miete um 54,65 € auf 368,51 € ab dem 1. April 2008. Dem Mieterhöhungsverlangen der Klägerin war ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete beigefügt. Die beklagte Mieterin hat der beabsichtigen Mieterhöhung nicht zugestimmt. Sie meint, das Mieterhöhungsverlangen sei nicht formgerecht begründet worden, weil das Gutachten unzureichend sei.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Ein Mieterhöhungsverlangen könne gemäß § 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB* auf ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Bezug nehmen. Das von der Klägerin ihrem Mieterhöhungsverlangen beigefügte Gutachten genüge den formalen Mindestanforderungen. Zweifele der Mieter die Richtigkeit des vom Vermieter in Bezug genommenen Gutachtens an (z.B. weil der Gutachter ausschließlich Vergleichswohnungen aus dem Bestand eines einzigen Vermieters heranziehe), handele es sich um eine Frage der materiellen Richtigkeit des Gutachtens, nicht aber der formalen Richtigkeit des Mieterhöhungsverlangens. Die materielle Richtigkeit des Gutachtens könne aber dahinstehen, weil die Beklagte das Ergebnis - die Ortsüblichkeit der verlangten Miete - nicht anzweifele.

Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Sie macht geltend, alle in dem Typengutachten berücksichtigten Wohnungen seien früher von der Frankfurter Siedlungsgesellschaft vermietet und später an verschiedene Finanzinvestoren veräußert worden. Nunmehr seien die Klägerin und ein weiteres Unternehmen Vermieterinnen der Wohnungen. Die beiden Vermieterinnen hätten allen ihren Mietern das Typengutachten übersandt und darauf Mieterhöhungsverlangen gestützt. Das bedeute, dass alle vom Sachverständigen im Rahmen seiner Ermittlungen herangezogenen Vergleichswohnungen zuvor einen Mietzins gehabt haben müssten, der niedriger war als der angeblich ermittelte Vergleichsmietzins. Wegen dieses logischen Mangels stelle das Gutachten keine nachvollziehbare Begründung des Mieterhöhungsverlangens dar.

*§ 558 BGB: Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete  

 (1) Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist. Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. …

(2) Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden sind. …

§ 558a BGB: Form und Begründung der Mieterhöhung  

 (1) Das Mieterhöhungsverlangen nach § 558 ist dem Mieter in Textform zu erklären und zu begründen.

(2) Zur Begründung kann insbesondere Bezug genommen werden auf

1. einen Mietspiegel (§§ 558c, 558d),

2. eine Auskunft aus einer Mietdatenbank (§ 558e),

3. ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen,

4. entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen; hierbei genügt die Benennung von drei Wohnungen.

(3) …

Verhandlungstermin: 19. Mai 2010

VIII ZR 317/09

LG Berlin - Urteil vom 28. Februar 2008 - 23 O 384/07

KG Berlin - Urteil vom 13. November 2009 - 14 U 88/08

Die Klägerin – eine Leasinggesellschaft – verlangt von dem Beklagten aus einer von ihm übernommenen Bürgschaft Zahlung aus einem abgerechneten Leasingvertrag über ein Fahrzeug vom Typ Range Rover. Leasingnehmerin war eine Aktiengesellschaft. Dem Leasingvertrag lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zugrunde. Diese enthalten – leasingtypisch – Vereinbarungen, nach denen dem Leasingnehmer gegen die Leasinggesellschaft keine Gewährleistungsansprüche zustehen, im Gegenzug aber alle Ansprüche der Leasinggesellschaft aus dem Kaufvertrag gegen den Fahrzeughändler an den Leasingnehmer abgetreten werden. Die Leasingnehmerin rügte im April 2004 gegenüber der Fahrzeughändlerin Mängel an dem Fahrzeug und setzte eine Frist zur Beseitigung. Nach Fristablauf erklärte sie gegenüber der Händlerin den Rücktritt vom Kaufvertrag. Diese war hiermit nicht einverstanden. Die Leasingnehmerin erhob weder Klage gegen die Fahrzeughändlerin auf Rückabwicklung des Kaufvertrages noch zahlte sie die Leasingraten weiter. Daraufhin kündigte die Leasinggesellschaft den Leasingvertrag wegen Zahlungsverzuges. Sie beruft sich auf eine Bestimmung in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach welcher der Leasingnehmer zur Zurückbehaltung der Leasingraten bei einem Rücktritt vom Kaufvertrag im Falle der Ablehnung durch den Händler nur dann berechtigt ist, wenn er innerhalb von sechs Wochen nach Ablehnung Klage gegen den Händler erhoben hat.

Der als Bürge in Anspruch genommene Beklagte ist der Ansicht, die vertragliche Vereinbarung zum Zurückbehaltungsrecht sei gemäß § 307 BGB* unwirksam. Seit der Schuldrechtsreform bedürfe es für einen Rücktritt vom Kaufvertrag – anders als nach alter Rechtslage (Wandelung) – nicht mehr der Zustimmung des Händlers, so dass der Leasingnehmer bereits ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Rücktrittserklärung beim Händler auch die Leasingraten nicht mehr schulde. Anderenfalls müsse er zahlen, ohne durch die Möglichkeit der Nutzung des Leasingobjekts eine angemessene Gegenleistung zu erhalten, so dass ihn die entsprechende Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen unangemessen benachteilige.

Die von der Leasinggesellschaft erhobene Zahlungsklage hatte sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Kammergericht Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klagabweisungsbegehren weiter.

*§ 307 BGB: Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Verhandlungstermin: 20. Mai 2010

Xa ZR 68/09

LG Berlin - Urteil vom 5. November 2008 – 4 O 290/08

KG Berlin - Urteil vom 30. April 2009 – 23 U 243/08

Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen verlangt von dem beklagten Luftverkehrsunternehmen Ryanair die Unterlassung der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen betreffend Zahlungsmodalitäten.

In den Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten ist geregelt, dass sie wegen der erhöhten Sicherheits- und Verwaltungskosten kein Bargeld für die Bezahlung von Flugscheinen, die Entrichtung von Gebühren sowie Kosten für die Beförderung von Übergepäck und Sportausrüstung akzeptiert. Nach der Gebührentabelle der Beklagten ist für Zahlungen mit Kreditkarte oder Zahlungskarte eine Gebühr von 4,00 € bzw. 1,50 € pro Fluggast und einfachem Flug zu entrichten. Gebührenfreie Zahlungen sind lediglich mit der Visa Electron-Karte möglich.

Der Kläger sieht hierin eine unangemessene Benachteiligung der Fluggäste.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, soweit in der Klausel die Möglichkeit zur Barzahlung ausgeschlossen wird, und die Klage hinsichtlich der Gebührenregelung für die Kartenzahlung abgewiesen. Das in der Berufungsinstanz zuständige Kammergericht hat umgekehrt entschieden, also die Verwendung der Gebührenregelung untersagt und die Klage gegen den Ausschluss der Barzahlung abgewiesen. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte, die ihre Leistungen überwiegend im Fernabsatz und ohne direkten Kundenkontakt in der Vertragsanbahnungsphase anbiete, mit dem Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit einen erheblichen und wirtschaftlich sinnvollen Rationalisierungserfolg erzielen könne. Die Kunden erlitten umgekehrt dadurch keine Nachteile, die als unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB zu bewerten seien. Dagegen hielten die Gebührenregelungen einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand. Da die Kunden für jegliche Zahlungsart eine zusätzliche Gebühr entrichten bzw. für den Erwerb einer ohne zusätzlichen Gebührenanfall einsetzbaren Visa Electron-Karte sonstige Verpflichtungen eingehen müssten, hätten sie keine Möglichkeit, ihrer vertraglichen Verpflichtung zur Zahlung des Flugpreises gebührenfrei nachzukommen. Mit der Gebührenerhebung wälze die Beklagte die Kosten ihrer eigenen gesetzlichen Verpflichtung zur Annahme der Gegenleistung einseitig auf ihre Kunden ab, ohne diesen gegenüber eine gesonderte Leistung zu erbringen. Derartige Entgeltregelungen seien mit wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes nicht vereinbar und benachteiligten die Kunden der Beklagten in unangemessener Weise.

Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen, wechselseitigen Revisionen verfolgen beide Parteien ihr jeweiliges Begehren in vollem Umfang weiter.

Verkündungstermin: 26. Mai 2010

(Verhandlungstermin: 14. April 2010)

VIII ZR 99/09

AG Backnang - Urteil vom 14. März 2008 – 4 C 581/07 LG Stuttgart - Urteil vom 25. März 2009 – 5 S 123/08

Der Beklagte ist Mieter einer Wohnung des Klägers in Backnang. Mit der Klage verlangt der Vermieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung um 76,69 € monatlich. Er stützt sein Verlangen darauf, dass die ortsübliche Vergleichsmiete bei 6,58 € pro Quadratmeter liege. Bei der Berechnung dieser Miete sei der Mietspiegel von Schorndorf zugrunde zu legen, da es sich bei der Stadt Schorndorf um eine mit Backnang vergleichbare Gemeinde handele.

Das Amtsgericht hat der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens stattgegeben. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Mieters zurückgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt: Die Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch das Amtsgericht begegne keinen Bedenken. Der erkennende Richter entscheide unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, wie die ortsübliche Vergleichsmiete zu bestimmen ist. In diesem Rahmen sei auch die Verwendung eines einfachen Mietspiegels zulässig. Das Amtsgericht habe den einfachen Mietspiegel der Stadt Schorndorf für die Stadt Backnang angewendet und dies damit begründet, dass die Städte insoweit vergleichbar seien, weil sie jeweils über einen S-Bahn-Anschluss verfügten und von Stuttgart ungefähr gleich weit entfernt seien. Das sei nicht zu beanstanden. Unbedenklich sei auch, dass der Sachverständige seinem Gutachten keine Vergleichsobjekte zugrunde gelegt habe, da das Gutachten nur dazu gedient habe, die streitgegenständliche Wohnung in den Mietspiegel einzugruppieren und nicht alleinige Schätzgrundlage gewesen sei.

Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter. Er macht unter anderem geltend, dass die bisherige gerichtliche Praxis zur Verwendung von einfachen Mietspiegeln (§ 558c BGB*) vor dem Hintergrund der Regelung über qualifizierte Mietspiegel in § 558d BGB** überprüft werden müsse. Ferner beanstandet er, dass die Feststellungen zur Vergleichbarkeit der Städte Schorndorf und Backnang nicht ausreichend seien.

§ 558a BGB: Form und Begründung der Mieterhöhung

(1) Das Mieterhöhungsverlangen nach § 558 ist dem Mieter in Textform zu erklären und zu begründen.

(2) Zur Begründung kann insbesondere Bezug genommen werden auf

1. einen Mietspiegel (§§ 558c, 558d),

2. eine Auskunft aus einer Mietdatenbank (§ 558e),

3. ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen,

4. entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen; hierbei genügt die Benennung von drei Wohnungen . …

*§ 558c BGB: Mietspiegel

(1) Ein Mietspiegel ist eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete, soweit die Übersicht von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt worden ist.

(2) Mietspiegel können für das Gebiet einer Gemeinde oder mehrerer Gemeinden oder für Teile von Gemeinden erstellt werden.

(3) Mietspiegel sollen im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung angepasst werden.

(4) Gemeinden sollen Mietspiegel erstellen, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht und dies mit einem vertretbaren Aufwand möglich ist. Die Mietspiegel und ihre Änderungen sollen veröffentlicht werden. …

**§ 558d BGB: Qualifizierter Mietspiegel

(1) Ein qualifizierter Mietspiegel ist ein Mietspiegel, der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist.

(2) Der qualifizierte Mietspiegel ist im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung anzupassen. Dabei kann eine Stichprobe oder die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland zugrunde gelegt werden. Nach vier Jahren ist der qualifizierte Mietspiegel neu zu erstellen.

(3) Ist die Vorschrift des Absatzes 2 eingehalten, so wird vermutet, dass die im qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben.

Verhandlungstermin: 26. Mai 2010

Xa ZR 124/09

AG Frankfurt a. M. - Urteil vom 13. Februar 2009 – 30 C 2240/08 - 47-

LG Frankfurt a. M. - Urteil vom 29. Oktober 2009 – 2/24 S 47/09

Die Parteien streiten darum, ob reiserechtliche Ansprüche der Klägerin auf eine angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist von einem Monat nach vertraglich vorgesehener Beendigung der Reise geltend gemacht worden sind. Das Berufungsgericht hat die nachträgliche Billigung der Geltendmachung durch den Ehemann der Klägerin für ausreichend gehalten.

Hiergegen richtet sich die Revision des Reiseveranstalters.

Verhandlungstermin: 27. Mai 2010

VII ZR 165/09

LG Hannover - 18 O 229/08 - Urteil vom 10. Februar 2009

OLG Celle - 13 U 48/09 - Urteil vom 19. August 2009

(veröffentlicht in BauR 2010, 91)

Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverein. Er verlangt von der Beklagten, die Fertighäuser errichtet, dass sie eine bestimmte Klausel in ihren Allgemeinen Vertragsbedingungen nicht mehr gegenüber privaten Bauherren verwendet. Nach dieser Klausel ist der Bauherr verpflichtet, spätestens acht Wochen vor dem vorgesehenen Baubeginn eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft eines Kreditinstituts in Höhe der geschuldeten Gesamtvergütung zur Absicherung aller sich aus dem vorliegenden Vertrag ergebenden Zahlungsverpflichtungen des Bauherrn vorzulegen. Bei nicht fristgerechter Vorlage der Bürgschaft soll hiernach die Beklagte den Vertrag kündigen können oder bis zur Vorlage die von ihr geschuldeten Leistungen nicht erbringen müssen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Verwendung der Klausel untersagt. Die Klausel sei unwirksam, weil sie eine unangemessene Benachteiligung des Bauherrn im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB darstelle. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Entgegen einer auch vom Berufungsgericht selbst früher vertretenen Auffassung benachteilige die Klausel den Bauherrn nicht unangemessen. Die mit ihr für den Bauherren verbundenen Belastungen seien durch zumindest gleichwertige Interessen der Beklagten, die ein Sicherungsbedürfnis habe, gerechtfertigt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter.

Verhandlungstermin: 2. Juni 2010

2 StR 454/09

Landgericht Fulda – Urteil vom 30. April 2009 – 16 Js 1/08 - 1 Ks –

Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die ursprünglich mitangeklagte Frau G. hat das Landgericht rechtskräftig freigesprochen.

Der Angeklagte ist ein auf Medizinrecht, insbesondere auf Palliativmedizin spezialisierter Rechtsanwalt. Nach den Feststellungen des Landgerichts beriet er seit dem Jahr 2006 die beiden Kinder der 1931 geborenen Frau K., nämlich die mitangeklagte Frau G. und deren inzwischen verstorbenen Bruder. Frau K. lag seit Oktober 2002 nach einer Hirnblutung in einem Wachkoma. Sie wurde in einem Pflegeheim in Bad Hersfeld über einen Zugang in der Bauchdecke, eine sog. PEG-Sonde, künstlich ernährt. Eine Besserung ihres Gesundheitszustandes war nicht mehr zu erwarten.

Entsprechend einem von Frau K. im September 2002 mündlich für einen solchen Fall geäußerten Wunsch bemühten sich die Geschwister, die seit dem Sommer 2007 zu Betreuern ihrer Mutter bestellt worden waren, um die Einstellung der künstlichen Ernährung, um ihrer Mutter ein Sterben in Würde zu ermöglichen. Der behandelnde Hausarzt unterstützte dieses Vorhaben, weil eine medizinische Indikation für eine Fortsetzung der künstlichen Ernährung nicht gegeben war. Die Bemühungen, die der Angeklagte als von den Betreuern mandatierter Rechtsanwalt der Frau K. entfaltete, stießen aber auf den Widerstand der Heimleitung. Nachdem auch die ausdrückliche Anordnung des Hausarztes zur Einstellung der künstlichen Ernährung vom Heimpersonal nicht befolgt wurde, schlug die Heimleiterin schließlich einen Kompromiss vor. Um den moralischen Vorstellungen aller Beteiligten gerecht zu werden, sollte sich das Heimpersonal nur noch um die Pflegetätigkeiten im engeren Sinne kümmern, während ihre Kinder selbst die Ernährung über die Sonde einstellen, die erforderliche Palliativversorgung durchführen und ihrer Mutter im Sterben beistehen sollten.

Nachdem Frau G. am 20.12.2007 die Nahrungszufuhr über die Sonde beendet und begonnen hatte, die Flüssigkeitszufuhr zu reduzieren, wies die Geschäftsleistung des Gesamtunternehmens am 21.12.2007 jedoch die Heimleitung an, die künstliche Ernährung umgehend wieder aufzunehmen. Den Kindern der Frau K. wurde ein Hausverbot für den Fall angedroht, dass sie sich hiermit nicht einverstanden erklären sollten. Darauf erteilte der Angeklagte P. Frau G. am gleichen Tag den Rat, den Schlauch der PEG-Sonde unmittelbar über der Bauchdecke zu durchtrennen, weil gegen die rechtswidrige Fortsetzung der Sondenernährung durch das Heim ein effektiver Rechtsschutz nicht kurzfristig zu erlangen sei. Nach seiner Einschätzung der Rechtslage werde danach keine Klinik eigenmächtig eine neue Sonde einsetzen, so dass Frau K. würde sterben können.

Frau G. folgte seinem Rat und schnitt Minuten später mit Unterstützung ihres Bruders den Schlauch durch. Nachdem das Heimpersonal dies bereits nach einigen weiteren Minuten entdeckt und die Heimleitung die Polizei eingeschaltet hatte, wurde Frau K. auf Anordnung eines Staatsanwalts gegen den Willen ihrer Kinder in ein Krankenhaus gebracht, wo ihr eine neue PEG-Sonde gelegt und die künstliche Ernährung wieder aufgenommen wurde. Sie starb dort zwei Wochen darauf eines natürlichen Todes auf Grund ihrer Erkrankungen.

Das Landgericht hat das Handeln des Angeklagten als einen gemeinschaftlich mit Frau G. begangenen versuchten Totschlag durch aktives Tun – im Gegensatz zum bloßen Abbruch einer lebenserhaltenden Behandlung durch Unterlassen – gewürdigt, der weder durch die mutmaßliche Einwilligung der Frau K. noch nach den Grundsätzen der Notwehr oder des rechtfertigenden Notstandes gerechtfertigt sei. Auch auf einen entschuldigenden Notstand nach § 35 StGB könne sich der Angeklagte nicht berufen, weil die Tötung des zu Schützenden kein Ziel der Gefahrenabwehr im Sinne dieser Vorschrift sein könne. Auch habe Frau K. die Fortdauer der künstlichen Ernährung bis zu einer Entscheidung eines Gerichts über einen Behandlungsabbruch zugemutet werden können; zudem sei der Angeklagte keine ihr nahe stehende Person gewesen. Soweit er sich in einem sog. Erlaubnisirrtum befunden habe, sei dieser für ihn als einschlägig spezialisierten Rechtsanwalt vermeidbar gewesen.

Die Mitangeklagte G. hat das Landgericht freigesprochen, weil sie sich angesichts des Rechtsrats des Angeklagten in einem unvermeidbaren Erlaubnisirrtum befunden und deshalb ohne Schuld gehandelt habe.

Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision verfolgt der Angeklagte seinen Freispruch, während die zu seinen Ungunsten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft die Strafzumessung durch das Landgericht beanstandet.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs wird sich in der noch zu terminierenden Hauptverhandlung mit grundsätzlichen Rechtsfragen des Abbruchs und der Unterbrechung der Behandlung eines unheilbar erkrankten und selbst nicht mehr entscheidungsfähigen Patienten zu befassen haben.

Verhandlungstermin: 8. Juni 2010

KVR 4/09

OLG Düsseldorf - Beschluss vom 3. Dezember 2008 – VI-Kart 7/06 (V),

WuW DE-R 2593

Bundesgerichtshof prüft Untersagung der Fusion Springer/ProSieben-SAT1 durch Bundeskartellamt

Das Bundeskartellamt hatte Anfang 2006 untersagt, dass der Springer-Verlag von einer Investorengruppe um den Geschäftsmann Haim Saban deren Geschäftsanteile an den Fernsehsendern ProSieben und SAT1 erwirbt. Mit dem Erwerb hätte der Springer-Verlag über sämtliche Stammaktien an ProSieben und SAT1 verfügt. Das Bundeskartellamt hatte argumentiert, dass bei Durchführung des Vorhabens auf drei Märkten eine beherrschende Stellung der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen verstärkt worden wäre: auf dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt, auf dem Lesermarkt für Straßenverkaufszeitungen und auf dem bundesweiten Anzeigenmarkt für Zeitungen.

Wenige Wochen nach der Untersagung hatten der Springer-Verlag und die Investorengruppe erklärt, das Vorhaben nicht weiterverfolgen zu wollen. Die Anteile an ProSieben und SAT1 sind inzwischen an eine andere Investorengruppe verkauft worden. Der Springer-Verlag hat trotzdem den Rechtsweg beschritten, um für künftige Fusionsvorhaben Rechtssicherheit zu erlangen.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat auf die vom Kartellsenat des Bundesgerichtshofs für zulässig gehaltene Fortsetzungsfeststellungsklage von Springer (Beschluss vom 25. September 2007 – KVR 30/06, BGHZ 174, 179; vgl. Pressemitteilung 136/2007) festgestellt, dass das Bundeskartellamt den Zusammenschluss zwischen Springer und ProSieben/Sat.1 zu Recht untersagt habe. Zur Begründung hat es ausgeführt, auf dem Fernsehwerbemarkt bestehe bereits ein marktbeherrschendes Duopol der Senderketten ProSieben/Sat.1 und RTL. Sie kämen zusammen bei den Werbeeinnahmen auf einen Marktanteil von mehr als 80 Prozent. Im Falle des Zusammenschlusses sei zu erwarten gewesen, dass sich die starke Stellung des Duopols weiter verfestige. So hätte der neue aus dem Springer-Verlag und dem Fernsehsender ProSieben/Sat.1 gebildete Medienkonzern etwa die Möglichkeit gehabt, seine Angebote in Printmedien und Fernsehen wechselseitig zu bewerben. Insbesondere hätte über die Programminhalte von ProSieben/Sat.1 werbewirksam in der "Bild"-Zeitung berichtet werden können.

Dagegen wendet sich der Springer-Verlag mit seiner vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

Verhandlungstermin: 9. Juni 2010

VIII ZR 129/09

AG Berlin- Mitte - Urteil vom 11. April 2008 – 15 C 377/07

LG Berlin - Urteil vom 12. Mai 2009 – 63 S 403/08

Der Kläger verlangt von den Beklagten, seinen Mietern, die Räumung einer Mietwohnung in Berlin. Im Juni 2007 hatte der Vermieter die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses erklärt und dies mit einem Mietrückstand von rund 1.400 € für den Zeitraum Januar bis Dezember 2006 sowie mit unpünktlichen Mietzahlungen nach Mahnungen begründet. Während des Rechtsstreits erklärte der Vermieter im Februar 2008 erneut die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung des Vermieters zurückgewiesen und die Auffassung vertreten, die unpünktlichen Mietzahlungen könnten im konkreten Fall weder eine fristlose noch eine ordentliche Mietzahlung rechtfertigen. Zur Begründung hat das Landgericht unter anderem ausgeführt, dass eine am (Dienstag, den) 5. Dezember 2006 erfolgte Zahlung der Mieter rechtzeitig am dritten Werktag (§ 556b BGB*) erfolgt sei. Der Samstag (Sonnabend) sei jedenfalls für den Zahlungsverkehr nicht als Werktag zu berücksichtigen, weil Banken an diesem Tag nicht arbeiteten und deshalb Überweisungen, die den üblichen Zahlungsweg für die Miete darstellten, an diesem Tag nicht bearbeitet würden.

Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

*§ 556b BGB: Fälligkeit der Miete, Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrecht  

 (1) Die Miete ist zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten, nach denen sie bemessen ist.

(2) …

Verhandlungstermin: 9. Juni 2010

VIII ZR 291/09

AG Berlin-Schöneberg - Urteil vom 22. Juli 2008 – 19 C 124/08

LG Berlin - Urteil vom 11. September 2009 – 63 S 316/08

Der Beklagte mietete im Jahre 1978 von dem Voreigentümer eine Wohnung. In § 4 des Formularmietvertrages findet sich eine im Wesentlichen mit § 556b Abs. 1 BGB* identische Regelung, nach welcher die Miete im Voraus – spätestens am dritten Werktag eines jeden Monats – auf das angegebene Konto der Vermieterin zu überweisen ist. Die Klägerin mahnte den Beklagten wegen vorangegangener unpünktlicher Zahlung der Miete im Januar 2008 ab und forderte ihn auf, künftige Zahlungen vollständig und rechtzeitig bis zum dritten Werktag eines jeden Monats zu leisten. Die Miete für den Monat Februar 2008 ging am 05. Februar 2008, einem Dienstag, bei der Klägerin ein.

Die Klägerin kündigte daraufhin das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß. Sie ist der Ansicht, die Zahlung am 5. Februar sei, da der Sonnabend bei der Zahlungsfrist als Werktag zähle, verspätet. In der verspäteten Zahlung nach Abmahnung liege eine derart schwerwiegende Vertragsverletzung, dass ihr eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zuzumuten sei.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da es bei einem Zahlungsverzug von einem Tage an einer schwerwiegenden Vertragsverletzung fehle. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung zu diesem Punkt ausgeführt: Die Kündigung sei nicht gemäß § 543 Abs. 1 BGB** begründet. Der Beklagte habe die Pflicht zur pünktlichen Mietzahlung nicht verletzt, denn die am 05. Februar 2008 eingegangene Zahlung sei nicht verspätet. Für die Zahlungsfrist gelte der Sonnabend nicht als Werktag, so dass die Zahlung am dritten Werktage des Monats Februar eingegangen sei. Die Parteien hätten in dem Vertrag eine unbare Zahlung der Miete vereinbart, an einem Sonnabend würden jedoch Bankgeschäfte regelmäßig nicht vorgenommen. Werktage im Sinne der Zahlungsfrist seien daher nur Tage, an denen Banken tätig seien.

Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

* § 556b Abs. 1 BGB

Die Miete ist zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten, nach denen sie bemessen ist.

** § 543 Abs. 1 BGB

Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Verhandlungstermin: 9. Juni 2010

VIII ZR 294/09

AG München - Urteil vom 9. Dezember 2008 - 453 C 4014/08

LG München I - Urteil vom 30. September 2009 - 15 S 6274/09

(veröffentlicht in NJW 2010, 161)

Die Beklagten waren bis September 2007 Mieter einer Wohnung der klagenden Wohnungsbaugesellschaft in München. Zu Schönheitsreparaturen enthält der Mietvertrag folgende Bestimmungen:

"Der Mieter ist verpflichtet, die Schönheitsreparaturen, wie z.B. das Kalken, Anstreichen oder Tapezieren der Wände und Decken, das Streichen und die Behandlung der Fußböden, der Fenster und der Türen, in der Wohnung ausführen zu lassen, sowie die Roll-Läden, Licht- und Klingelanlagen, Schlösser, Wasserhähne, Spülkästen oder Druckspüler und Wasch- und Abflussbecken instandzuhalten und zerbrochene Glasscheiben zu ersetzen. Dem Mieter ist nicht gestattet, Veränderungen an den Außenwänden des Hauses, z.B. auch den Seitenwänden einer Loggia, vorzunehmen."

Die Parteien streiten unter anderem um Schadensersatz für unterlassene Schönheitsreparaturen. Das Amtsgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt: Soweit der Mieter nach der formularmäßigen Schönheitsreparaturklausel verpflichtet sei, die Schönheitsreparaturen ausführen zu lassen, sei diese Regelung wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam. Sie könne jedenfalls bei mieterfeindlichster Auslegung dahin verstanden werden, dass Eigenleistungen des Mieters einschließlich der Hinzuziehung von Freunden oder Bekannten ausgeschlossen seien und die Durchführung der Schönheitsreparaturen nur durch eine Fachfirma erfolgen dürfe. Als so verstandene Fachhandwerkerklausel sei die Klausel jedoch unwirksam, weil sie über das hinausgehe, was zur geschuldeten fachgerechten Ausführung von Schönheitsreparaturen in mittlerer Art und Güte erforderlich sei. Ebenso wie ein Mieter bei fehlender Übertragung von Schönheitsreparaturen vom Vermieter keine Ausführung durch Fachhandwerker verlangen könne, sei auch einem Vermieter nur ein Interesse an einer fachgerechten Ausführung zuzubilligen. Dem könne der Mieter schon dadurch genügen, dass er selbst oder seine Verwandten oder Bekannten die betreffenden Schönheitsreparaturen fachgerecht ausführen.

Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Vermieterin ihren Schadensersatzanspruch hinsichtlich der unterlassenen Schönheitsreparaturen weiter.

Verhandlungstermin: 10. Juni 2010

4 StR 474/09

LG Rostock 19 KLs 5/08 – Urteil vom 23. Januar 2009

Das Landgericht hat den Hauptangeklagten wegen Erpressung sowie versuchter Erpressung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt, zwei weitere Angeklagte hat es jeweils wegen Beihilfe zur Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten bzw. einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung jeweils zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen.

Nach den Urteilsfeststellungen gelangte der Hauptangeklagte im Frühjahr 2005 in den Besitz von etwa 2.400 Kontenbelegen einer liechtensteinischen Bank, welche ein ehemaliger, bereits rechtskräftig verurteilter Mitarbeiter der Bank zuvor entwendet hatte. Der Hauptangeklagte kontaktierte zunächst mehrere Kunden der Bank, wobei beabsichtigt war, von den angesprochenen Kunden zur Vermeidung einer Veröffentlichung der auf den Kontobelegen enthaltenen Informationen und einer damit verbundenen steuerlichen und strafrechtlichen Verfolgung Geldbeträge in Höhe von mehreren hunderttausend Euro zu fordern. Nach Kontaktaufnahme mit der Bank war diese bereit, zur Vermeidung der angekündigten Weitergabe der Kontounterlagen an die Finanzbehörden eine Summe von insgesamt 13 Millionen Euro, zahlbar in drei Raten, gegen Rückgabe der Belege in drei Tranchen, zu bezahlen. Die erste Geldübergabe erfolgte am 31. August 2005 und die zweite am 29. August 2007, die dritte Ratenzahlung von noch 4 Millionen Euro hätte Ende August 2009 erfolgen sollen. Die beiden weiteren Angeklagten unterstützten den Haupttäter bei der Beutesicherung.

Gegen das Urteil haben die Staatsanwaltschaft und die drei Angeklagten Revision eingelegt.

Verhandlungstermin: 15. Juni 2010

XI ZR 281/09

LG Ulm - Urteil vom 18. August 2006 - 2 O 634/04

OLG Stuttgart - Urteil vom 12. August 2009 - 9 U 21/09

Die Klägerin begehrt von der beklagten Volksbank Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung.

Auf Empfehlung der Rechtsvorgängerin der Beklagten erwarben die Klägerin und ihr zwischenzeitlich verstorbener Ehemann im Jahr 1994 eine Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds. Dem Beratungsgespräch lag der Verkaufsprospekt der Streithelferin der Beklagten zu Grunde. Die Immobilienfondsbeteiligung erwies sich als unrentabel. Unter Berufung auf eine nicht anleger- und objektgerechte Beratung verlangt die Klägerin unter anderem die Rückzahlung des Anlagebetrages nebst eines Agios von 5% in Höhe von insgesamt 37.579,95 € zuzüglich Zinsen.

Das Landgericht hat den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt gehalten. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (WM 2007, 593). Der Bundesgerichtshof hat dieses Urteil im ersten Revisionsverfahren aufgehoben und die Sache zurückverwiesen (BGHZ 178, 149).

Nach neuer Verhandlung hat das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten erneut zurückgewiesen. Dabei hat es angenommen, die Beklagte habe ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung unter anderem deshalb verletzt, weil der zur Beratung herangezogene Prospekt nicht nachvollziehbar darlege, welcher Anteil der Kosten tatsächlich in Anschaffung und Bebauung fließe und welche Aufwendung im Gegensatz dazu lediglich einen Kostenfaktor bilde, der weder substanz- noch wertbildend sei und daher nach Ende der Investitionsphase durch Vermietung erwirtschaftet werden müsse, bevor an Renditen zu denken sei. Ferner habe die Beklagte es pflichtwidrig unterlassen, über Provisionen aufzuklären. Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen begehren die Beklagte und ihre Streithelferin die Klageabweisung.

Verhandlungstermin: 16. Juni 2010

IV ZR 229/09

LG Hamburg – Urteil vom 20. Oktober 2008 – 415 O 48/08

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg – Urteil vom 3. März 2009 – 9 U 219/08

Der Kläger, früher Inhaber einer Gaststätte, fordert Versicherungsleistungen aus einer seit September 2005 bei der Beklagten gehaltenen Gastronomieversicherung. Nach den Versicherungsbedingungen erstreckt sich der Versicherungsschutz auch auf Sachschäden durch Einbruchdiebstahl, Vandalismus und Beraubung.

Beginnend im Spätsommer 2006 wurde dem Kläger in mehreren anonymen Anrufen "Schutz und Versicherung" angeboten, "weil immer etwas passieren könne". Später konkretisierte der Anrufer sein Verlangen dahin, der Kläger solle für den angebotenen "Schutz" monatliche Zahlungen von 750 € erbringen und sich weder an die Polizei noch andere Personen wenden. Nachfolgend erschienen vier männliche Gäste im Lokal und äußerten mehrfach den Wunsch, den Kläger zu sprechen, wozu es aber nicht kam.

Am 9. März 2007 brachen Unbekannte in das Lokal ein und entwendeten Bargeld und technische Geräte. Bei der Schadensregulierung durch die Beklagte verschwieg der Kläger die vorangegangenen Erpressungsversuche. Unter ausdrücklichem Hinweis auf den Einbruch, ferner begleitet von weiteren Drohungen gegen den Kläger und seine Familie wiederholte der unbekannte Anrufer kurz darauf sein Zahlungsverlangen mehrfach. Am 21. April 2007 wurde das Auto des Klägers erheblich beschädigt, schließlich in der Nacht vom 3. auf den 4. Juni 2007 erneut die Gaststätte von Einbrechern heimgesucht. Sie verwüsteten – vermutlich mit einer Axt – wesentliche Teile der Inneneinrichtung und versprühten eine große Menge schwarzer Lackfarbe. Entwendet wurden nach der Behauptung des Klägers Bargeld und eine Musikanlage. Der Kläger beziffert diesen neuerlichen Schaden auf insgesamt knapp 150.000 €.

Nachdem er bei der neuen Schadensmeldung Mitarbeitern der Beklagten erstmals auch die vorangegangenen Erpressungsversuche geschildert hatte, kündigte die Beklagte den Versicherungsvertrag und lehnte außerdem die beantragte Versicherungsleistung ab, weil ihr die für das versicherte Lokal eingetretene Gefahrerhöhung nicht rechtzeitig angezeigt worden sei.

Die Vorinstanzen haben die Klage auf Versicherungsleistungen abgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er meint, die Beklagte sei weder zur Kündigung des Versicherungsvertrages berechtigt gewesen noch leistungsfrei; denn wenn der Sachversicherer Schutz gegen vorsätzliche Vandalismusschäden verspreche, stelle es keine anzeigepflichtige Gefahrerhöhung für die versicherte Sache dar, dass ein Täter einen solchen Schädigungsvorsatz fasse und diesen – wie im Fall der Schutzgelderpressung – auch kundgebe. Im Übrigen werde er als Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt, wenn er im Falle einer Schutzgelderpressung von der Versichertengemeinschaft allein gelassen und mithin der kriminellen Drohung schutzlos ausgeliefert werde.

Die Entscheidung ist nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in dessen früherer, bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (a. F.) zu treffen.

§ 27 VVG a. F.: [Ungewollte Gefahrerhöhung]

(1) Tritt nach dem Abschluß des Vertrags eine Erhöhung der Gefahr unabhängig von dem Willen des Versicherungsnehmers ein, so ist der Versicherer berechtigt, das Versicherungsverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat zu kündigen. Die Vorschriften des § 24 Abs. 2 finden Anwendung.

(2) Der Versicherungsnehmer hat, sobald er von der Erhöhung der Gefahr Kenntnis erlangt, dem Versicherer unverzüglich Anzeige zu machen.

§ 28 VVG a. F.: [Leistungsfreiheit]

(1) Wird die in § 27 Abs. 2 vorgesehene Anzeige nicht unverzüglich gemacht, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, in welchem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen.

(2) Die Verpflichtung des Versicherers bleibt bestehen, wenn ihm die Erhöhung der Gefahr in dem Zeitpunkt bekannt war, in welchem ihm die Anzeige hätte zugehen müssen. Das gleiche gilt, wenn zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls die Frist für die Kündigung des Versicherers abgelaufen und eine Kündigung nicht erfolgt ist oder wenn die Erhöhung der Gefahr keinen Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalls und auf den Umfang der Leistung des Versicherers gehabt hat.

§ 29 VVG a. F.: [Unerhebliche Gefahrerhöhung]

Eine unerhebliche Erhöhung der Gefahr kommt nicht in Betracht. Eine Gefahrerhöhung kommt auch dann nicht in Betracht, wenn nach den Umständen als vereinbart anzusehen ist, daß das Versicherungsverhältnis durch die Gefahrerhöhung nicht berührt werden soll.

Verkündungstermin: 16. Juni 2010

(Verhandlungstermin: 17. März 2010)

VIII ZR 246/08

LG Oldenburg - Urteil vom 22. November 2007 – 9 O 403/06

OLG Oldenburg - Urteil vom 5. September 2008 – 12 U 49/07

(veröffentlicht in RdE 2009, 25)

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Gaspreiserhöhungen. Die Kläger werden als Endverbraucher von einem nordwestdeutschen Energieversorgungsunternehmen zum "Sondertarif I" (ab 1. April 2007 "E. Erdgas classic") leitungsgebunden mit Erdgas beliefert. Das beklagte Unternehmen verwendete Auftragsformulare für die Herstellung von neuen Gasanschlüssen, in denen es auszugsweise heißt:

"Es wird die Versorgung mit Erdgas zum Sondertarif der E. [= Beklagte] beantragt.

Der Auftrag erfolgt aufgrund der "Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Elektrizitäts- und Gasversorgung von Tarifkunden"(AVBEltV/AVBGasV) vom 21. Juli 1979 einschließlich der "Ergänzenden Bestimmungen der EWE Aktiengesellschaft" in jeweils gültiger Fassung".

Seit 1. April 2007 verwendet die Beklagte "Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Lieferung von Energie … außerhalb der Grundversorgung". Diese lauten auszugsweise wie folgt:

"1. Vertragsgrundlage für die Energielieferung

Die Lieferung von Erdgas erfolgt auf der Grundlage der Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz (Gasgrundversorgungsverordnung – GasGVV vom 26.10.2006 (BGBl. I S. 2396)), …, sofern in diesen "Allgemeinen Geschäftsbedingungen…" sowie in den Ergänzenden Bedingungen der E. AG [= Beklagte] nichts anderes geregelt ist.

3. Vertragslaufzeit und Kündigung

Der Erdgaslieferungsvertrag hat eine Laufzeit von sechs Monaten gerechnet ab Lieferungsbeginn. Er verlängert sich automatisch jeweils um einen Monat, wenn er nicht von einer Vertragspartei gekündigt wird. Es gilt eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende des jeweiligen Ablaufs.

Die Möglichkeit zur Kündigung anlässlich von Preisanpassungen bzw. im Falle eines Umzugs gemäß … GasGVV bleibt unberührt.

4. Preisänderung

Der Erdgaspreis ändert sich, wenn eine Änderung der Preise der E. AG für die Grundversorgung eintritt; es ändert sich der Arbeitspreis um den gleichen Betrag in Cent/kWh, der Grundpreis um den gleichen Betrag in Euro/a. Die Preisänderung wird zu dem in der öffentlichen Bekanntgabe über die Änderung der Erdgaspreise genannten Zeitpunkt wirksam.

Im Falle einer Preisänderung hat der Kunde ein Sonderkündigungsrecht. Der Kunde ist berechtigt, das Vertragsverhältnis mit zweiwöchiger Frist zum Wirksamwerden der Preisänderung zu kündigen."

Das beklagte Unternehmen erhöhte seit dem 1. September 2004 in mehreren Schritten einseitig die Arbeitspreise für das von ihr gelieferte Erdgas. Die klagenden Kunden haben die Feststellung begehrt, dass die zwischen ihnen und der Beklagten jeweils bestehenden Gasversorgungsverträge über den 31. August 2004 hinaus zu einem nicht höheren als dem bis dahin von der Beklagten geltend gemachten Arbeitspreis im Sondertarif I bis zur nächsten auf die mündliche Verhandlung folgenden Preisänderung fortbestehen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat unter Abweisung der weitergehenden Klage festgestellt, dass die zwischen den Berufungsklägern und der Beklagten jeweils bestehenden Gasversorgungsverträge zu einem nicht höheren als dem bis zu einem bestimmten Zeitpunkt von der Beklagten geltend gemachten Arbeitspreis im Sondertarif I fortbestehen. Der genaue Zeitpunkt weicht hinsichtlich der einzelnen Kläger voneinander ab.

Zur Begründung hat das Oberlandesgericht ausgeführt, die von der Beklagten verwendeten Bestimmungen seien, selbst wenn man eine wirksame vertragliche Einbeziehung der AVBGasV und der GasGVV in die zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisse voraussetzte, unwirksam, weil sie gegen das Transparenzgebot verstießen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Den Klägern stünden die geltend gemachten Ansprüche aber nicht zu, soweit sie die einseitigen Preiserhöhungen der Beklagten und die darauf basierenden Jahresabrechnungen ohne Beanstandung in angemessener Zeit akzeptiert hätten, indem sie weiterhin Gas bezogen und die nachfolgenden Rechnungen bezahlt hätten. Hierdurch sei der einseitig erhöhte Preis zu einem zwischen den Parteien vereinbarten Preis geworden. Deswegen obsiegten insgesamt neun Kläger in vollem Umfang. Hinsichtlich der übrigen Berufungskläger gelte die Preiserhöhung zum 1. September 2004, teilweise auch noch spätere Preiserhöhungen, mangels rechtzeitiger Beanstandung als vereinbart, so dass deren Klage insoweit abzuweisen sei.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen (klageabweisenden) Urteils. Von den ursprünglich 66 Klägern verfolgen 46 ihre Klageanträge in vollem Umfang weiter.

Verkündungstermin: 16. Juni 2010

(Verhandlungstermin: 17. März 2010)

VIII ZR 327/07

AG Oldenburg - Urteil vom 16. November 2006 - E1 C 1078/06

LG Oldenburg - Urteil vom 29. November 2007 – 9 S 770/06

und

VIII ZR 6/08

AG Oldenburg - Urteil vom 19. Dezember 2005 – E7 C 7289/05

LG Oldenburg - Urteil vom 29. November 2007 – 9 S 59/06

(veröffentlicht in RdE 2008, 63)

In den beiden Verfahren mit weitgehend gleich gelagertem Sachverhalt streiten die Parteien um die Wirksamkeit von Gaspreiserhöhungen. Die Kläger wurden als Endverbraucher von einem nordwestdeutschen Energieversorgungsunternehmen zum Sondertarif S I leitungsgebunden mit Erdgas beliefert. In diesem Tarif erhöhte das beklagte Versorgungsunternehmen den Arbeitspreis zum 1. September 2004 von 3,00 Cent/kWh auf 3,40 Cent/kWh, zum 1. August 2005 auf 3,88 Cent/kWh und zum 1. Februar 2006 auf 4,26 Cent/kWh (jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer).

Die Kläger haben beantragt festzustellen, dass die genannten Tariferhöhungen (im Verfahren VIII ZR 6/08 nur die Erhöhung vom 1. September 2004) ihnen gegenüber unwirksam sind. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die dagegen gerichteten Berufungen der Kläger zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Die von der Beklagten festgesetzten Gaspreise unterlägen in Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB der gerichtlichen Billigkeitskontrolle. Ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB hätten die Parteien der Beklagten zwar nicht ausdrücklich eingeräumt, gleichwohl ergebe sich dieses aus der Preisanpassungsregelung des § 4 AVBGasV, die auf das Lieferverhältnis der Parteien Anwendung finde. Zwar handele es sich bei den Klägern nicht um allgemeine Tarifkunden, denn sie hätten mit der Beklagten den Sondertarif S I abgeschlossen. Die Kläger würden aber im Rahmen dieses Tarifs auf der Grundlage der allgemeinen Anschluss- und Versorgungspflicht versorgt. Die nur formale Bezeichnung als Sondertarif S I könne nicht zu einer abweichenden rechtlichen Einordnung führen. Im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 315 Abs. 3 BGB sei anerkannt, dass jedenfalls die Weitergabe von gestiegenen Bezugskosten an die Tarifkunden im Grundsatz der Billigkeit entspreche. Vorliegend habe die Beklagte die Bezugskostensteigerungen, die den umstrittenen Preiserhöhungen zu Grunde lagen, nachgewiesen.

Mit ihren vom Landgericht zugelassenen Revisionen verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter.

*Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV; gültig bis 7. November 2006)

 

§ 1 Gegenstand der Verordnung  

 (1) Die allgemeinen Bedingungen, zu denen Gasversorgungsunternehmen nach § 6 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes jedermann an ihr Versorgungsnetz anzuschließen und zu allgemeinen Tarifpreisen zu versorgen haben, sind in den §§ 2 bis 34 dieser Verordnung geregelt. Sie sind Bestandteil des Versorgungsvertrages.

(2) Kunde im Sinne dieser Verordnung ist der Tarifkunde.

§ 4 Art der Versorgung  

(1) Das Gasversorgungsunternehmen stellt zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung. Der Brennwert mit der sich aus den Erzeugungs- oder Bezugsverhältnissen des Unternehmens ergebenden Schwankungsbreite sowie der für die Versorgung des Kunden maßgebende Ruhedruck des Gases bestimmen sich nach den allgemeinen Tarifen.

(2) Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen werden erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam.

Beratungstermin: 21. Juni 2010

II ZR 246/08

LG München I – 14 HKO 1877/07 – Entscheidung vom 14. September 2007

OLG München – 7 U 4972/07 – Entscheidung vom 15. Oktober 2008

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Taurus Holding GmbH & Co. KG. Dabei handelt es sich um die Holdinggesellschaft der Kirch-Gruppe (Kirch Pay TV; Kirch Media, Kirch Beteiligung). Komplementärin der Schuldnerin war die Kirch Vermögensverwaltungs GmbH, die neben Dr. Leo Kirch als Beklagtem zu 1 von den weiteren fünf Beklagten als Geschäftsführern geleitet wurde.

Das Insolvenzverfahren ist am 13.9.2002 eröffnet worden.

Am 4.2.2002 hatte der damalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank Breuer dem Fernsehsender Bloomberg TV ein Interview gegeben, in welchem er dem Kirch-Konzern die Kreditwürdigkeit absprach (vgl. dazu auch KIRCH/DEUTSCHE BANK – II ZR 185/07, BGHZ 180, 9).

Der Kläger verlangt die Erstattung von Zahlungen, die die Beklagten als Geschäftsführer nach Insolvenzreife veranlasst haben sollen. Der Klage liegen insgesamt über 750 Einzelzahlungen zwischen etwa 15 € und 2,5 Mio. € im Zeitraum 5.2.2002 bis 11.6.2002 zugrunde.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Infolge eines irreführenden Hinweises habe das LG den Kläger mit dem Urteil überrascht.

Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat wird über die von allen Beklagten erhobenen Nichtzulassungsbeschwerden, mit der sie die endgültige Klageabweisung anstreben, am 21. Juni 2010 beraten.

Beratungstermin: 21. Juni 2010

II ZR 166/09

LG Stuttgart – 34 O 65/08 KfH – Entscheidung vom 5. November 2008

OLG Stuttgart – 20 U 8/08 – Entscheidung vom 1. Juli 2009

Die klagenden Aktionäre wenden sich gegen die im Mai 2008 auf der Hauptversammlung der beklagten HUGO BOSS AG gefassten Beschlüsse über die Verwendung des Bilanzgewinns, über die Entlastung des Aufsichtsrats und gegen den festgestellten Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2007.

Beide Vorinstanzen haben die Klagen abgewiesen. Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, die sie auf Folgendes stützen:

Die Satzung der Beklagten sieht vor, dass Aufsichtsratsmitglieder Amtsniederlegungen dem Vorstand gegenüber zu erklären haben. Die Kläger meinen u. a., dass die Amtsniederlegung der Aufsichtsratsmitglieder an den Aufsichtsratsvorsitzenden falsch adressiert und daher unwirksam gewesen sei, auch wenn sie tatsächlich in die Hände des Vorstands gelangt sei. Die Senatsrechtsprechung, nach der nur festgestellte Bilanzen zu unterzeichnen sind, sei wegen der geänderten Publizitätsvorschriften überholt. Ob der Abschlussprüfer den Prüfbericht zum Jahresabschluss dem Aufsichtsrat unmittelbar oder über den Vorstand zuleiten dürfe und ob er wenigstens seinen Bericht unterzeichnet haben müsse, bedürfe ebenso höchstrichterlicher Klärung wie die Frage, ob der Abschlussprüfer seinen Bestätigungsvermerk gesondert unterzeichnen müsse oder als Bestandteil des Prüfberichts unterzeichnen könne.

Über die Zulassung der Revision wird der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat am 21. Juni 2010 beraten.

Verkündungstermin: 23. Juni 2010

(Verhandlungstermin: 28. April 2010)

VIII ZR 256/09

AG Mannheim - Urteil vom 7. November 2007 – 17 C 460/06

LG Mannheim - Urteil vom 24. September 2008 – 4 S 189/07

Die Klägerin mietete vom Beklagten eine Dachgeschosswohnung in Mannheim zu einer monatlichen Miete von rund 530 € (einschließlich Betriebskostenvorauszahlung). Der schriftliche Mietvertrag enthält keine Angaben zur Größe der Wohnung. Die Wohnung war von einer Immobilienmaklerin mit folgender Annonce in der Zeitung angeboten worden:

"MA-Waldhof, 3 ZKB-DG, Balkon, ca. 76 m², Parkett, EBK, DM 890,- + NK".

Vor Abschluss des Mietvertrages übersandte der Beklagte der Klägerin eine Wohnflächenberechnung, in der die Gesamtgröße der Wohnung mit 76,45 Quadratmetern ausgewiesen wird. Die Klägerin hat mit der Begründung, die Wohnung habe lediglich eine Wohnfläche von 53,25 Quadratmetern die Rückzahlung überzahlter Miete für die Monate August 2001 bis November 2006 in Höhe von rund 9.900 € geltend gemacht. Außerdem hat sie die Feststellung begehrt, die Wohnfläche betrage 53,25 Quadratmeter und dem Beklagten stehe derzeit eine Bruttomiete von 6,96 € pro Quadratmeter zu.

Das Amtsgericht hat der Zahlungsklage in Höhe von 7.200 € stattgegeben und festgestellt, dass dem Vermieter derzeit eine Bruttomiete von 6,96 € pro Quadratmeter zustehe. Das Landgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Parteien hätten eine bestimmte Wohnflächengröße nicht vereinbart, der Vermieter habe eine solche auch nicht zugesichert. Schweige der schriftliche Mietvertrag über Umstände, die eine der Parteien für bedeutsam gehalten habe, dann sei dies ein gewichtiges Indiz dafür, dass sich der Vermieter hinsichtlich dieses Umstandes gerade nicht habe binden wollen und dass die andere Partei auf die Aufnahme in den Mietvertrag letztlich keinen Wert gelegt habe, so dass eine vertragliche Bindung ausscheide. Die Angaben in Anzeigen oder Angaben vor Abschluss des (schriftlichen) Mietvertrages dienten in aller Regel nur dazu, die Mietsache zu beschreiben. Aus ihnen folgten nicht ohne weiteres mietvertraglich relevante Umstände.

Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision begehrt die Mieterin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Verhandlungstermin: 24. Juni 2010

VII ZR 176/09

LG München II - 11 O 6481/08 - Urteil vom 20. April 2009

OLG München - 28 U 3123/09 - Urteil vom 29. September 2009

Der Beklagte errichtete im Auftrag der Kläger ein Einfamilienhaus. Es waren Mängel vorhanden, die der Beklagte trotz Aufforderung mit Fristsetzung nicht beseitigte. Für die Beseitigung der Mängel sind Aufwendungen in Höhe von 9.405,- € netto erforderlich. Neben diesem Betrag haben die Kläger von dem Beklagten die hierauf entfallende Umsatzsteuer von 19 % verlangt.

Land- und Oberlandesgericht haben dieses Begehren für gerechtfertigt erachtet. Es spiele keine Rolle, dass bisher keine Mängelbeseitigung stattgefunden habe. Die Vorschrift des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB* sei für Schadensersatzansprüche im Werkvertragsrecht nicht anwendbar. Ein werkvertraglicher Mängelbeseitigungsanspruch sei kein Schadensersatzanspruch wegen der Beschädigung einer Sache. Er bestehe vielmehr wegen deren mangelhaften Herstellung. Entscheidend sei, dass es sich bei dem vorliegenden werkvertraglichen Anspruch auf Schadensersatz nicht um den Ausgleich eines Integritätsschadens wegen Beschädigung einer Sache handele, sondern um den Ausgleich eines Vermögensschadens aufgrund der Nichterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung. Dieser Anspruch sei auf einen Geldanspruch gerichtet und die Umsatzsteuer gehöre dabei zu den erforderlichen Kosten, die der Geschädigte für die Schadensbeseitigung aufwenden müsse.

Mit der vom Berufungsgericht wegen einer abweichenden Entscheidung eines anderen Senats des OLG München und wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision wendet sich der Beklagte weiter gegen seine Ersatzpflicht in Höhe der Umsatzsteuer.

Der u. a. für das Baurecht zuständige VII. Zivilsenat wird erstmals die für eine Vielzahl von Fällen bedeutsame Frage entscheiden müssen, ob die zum 1. August 2002 eingeführte Vorschrift des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB* auch für werkvertragliche Schadensersatzansprüche gilt.

*§ 249 BGB: Art und Umfang des Schadensersatzes

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Verkündungstermin: 29. Juni 2010 (Verhandlungstermin: 2. Februar 2010)

KZR 24/08 und KZR 31/08

OLG Düsseldorf - Urteil vom 13. März 2008 – VI-U (Kart) 34/06 WuW DE R 2427 – SIM-Karte) OLG Düsseldorf - Urteil vom 13. März 2008 – VI-U (Kart) 29/06

Nutzung von SIM-Karten in GSM-Gateways

Am 2. Februar 2010 verhandelte der Bundesgerichtshof über die Frage, ob und gegebenenfalls zu welchen Bedingungen der Mobilfunkbetreiber E-Plus verpflichtet ist, die Nutzung seiner SIM-Karten in gewerblich genutzten GSM-Gateways zu gestatten.

Bei einem GSM-Gateway handelt es sich um einen Computer, der dazu verwendet werden kann, Telefonanrufe aus dem Festnetz entgegenzunehmen und – unter Verwendung einer entsprechenden SIM-Karte – in das Mobilfunknetz des angerufenen Teilnehmers weiterzuleiten. Bei dieser Art der Anrufweiterschaltung wird die herkömmliche Einspeisung des Festnetzanrufs in das Mobilfunknetz an einem festen Übergabepunkt (Interconnection-Punkt) entbehrlich. Dadurch können Verbindungen in Mobilfunknetze günstiger angeboten werden, weil es sich bei den von dem Gateway weitergeleiteten Anrufen dem Anschein nach um interne Mobilfunknetzgespräche handelt.

In dem Verfahren KZR 31/08 nimmt E-Plus die beklagten Gateway-Betreiber unter Berufung auf instanzgerichtliche Rechtsprechung (vgl. KG, Urt. v. 15.1.2004 – 2 U 28/03, WuW/E DE-R 1274; OLG München, Urt. v. 22.4.2004 – U (K) 1582/04, WuW/E DE-R 1270; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.5.2005 – VI-U (Kart) 7/05, WuW/E DE-R 1577) auf Unterlassung der Nutzung ihrer SIM-Karten in GSM-Gateways und auf Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagten möchten mit ihrer Widerklage erreichen, dass E-Plus eine entsprechende Verwendungsbeschränkung in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgibt und den SIM-Karten-Einsatz in GSM-Gateways erlaubt.

Das Berufungsgericht hat den Beklagten teilweise Recht gegeben. E-Plus dürfe sich nicht generell weigern, den Einsatz von SIM-Karten in GSM-Gateways zuzulassen. Andernfalls missbrauche sie unter Verstoß gegen Art. 82 EG (jetzt: Art. 102 EG-Vertrag von Lissabon) ihre marktbeherrschende Stellung auf dem maßgeblichen Markt. Jedoch sei E-Plus nicht verpflichtet, die Karten zu Endkunden-Konditionen zur Verfügung zu stellen. Sie dürfe hierfür ein angemessenes Entgelt verlangen und besondere Nutzungsbedingungen vereinbaren, um einer möglichen Überlastung einzelner Funkzellen und sonstigen Qualitäts- und Sicherheitsbedenken zu begegnen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte E-Plus weiterhin ein generelles Verbot der Verwendung ihrer SIM-Karten in GSM-Gateways durchsetzen. Die Beklagten verfolgen ihr Begehren weiter, SIM-Karten zu normalen Endkunden-Bedingungen in GSM-Gateways nutzen zu dürfen.

In dem Verfahren KZR 24/08 stellen sich im Wesentlichen dieselben Rechtsfragen.

Verhandlungstermin: 29. Juni 2010

XI ZR 104/08

LG Lübeck - Urteil vom 24. Februar 2006 - 5 O 128/05

OLG Schleswig - Urteil vom 13. März 2008 - 5 U 57/06

Die Klägerin nimmt die Beklagten, eine Bausparkasse und eine Bank, auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung einer Eigentumswohnung in Anspruch.

Von Vermittlern geworben, erwarb die Klägerin im Jahr 1996 zu Steuersparzwecken eine Eigentumswohnung. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm sie bei der beklagten Bank ein tilgungsfreies Vorausdarlehen in Höhe von 178.000 DM auf, das durch zwei mit der beklagten Bausparkasse abgeschlossene Bausparverträge getilgt werden sollte. Im Zusammenhang mit dem Erwerb erteilte die Klägerin einen "Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag". Dieser sollte durch die "in Punkt 4. und 5. der nachfolgenden Aufstellung benannten Firmen zu den dort genannten Gebührensätzen" ausgeführt werden. Die nachfolgende Auflistung des Gesamtaufwandes bezifferte unter Nummer 1 den "Kaufpreis" auf 147.511 DM und unter den Nummern 4 und 5 die an die Objekt- bzw. Finanzvermittlerin zu zahlenden Provisionen auf 3.560 DM bzw. 5.089 DM.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von den Beklagten unter anderem die Rückzahlung geleisteter Zinsen sowie die Feststellung, dass aus den Darlehensverträgen keine Zahlungsansprüche bestehen und dass ihr die Beklagten den gesamten Schaden zu ersetzen haben. Sie stützt sich dabei insbesondere auf einen Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung. Die beklagte Bausparkasse begehrt widerklagend die Feststellung, dass der zwischen ihr und der Klägerin abgeschlossene Darlehensvertrag wirksam fortbesteht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat dem Zahlungsbegehren - unter Abzug der von der Klägerin erlangten Mietpoolausschüttungen und Steuervorteile - in Höhe von 11.616, 64 € nebst Zinsen teilweise, den Feststellungsanträgen vollumfänglich stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass der Klägerin ein Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung von Aufklärungspflichten gegen die Beklagten zustehe, da sie durch die Vermittler arglistig über die Höhe der Vermittlungsprovisionen getäuscht worden sei. Das Berufungsgericht hat dabei - abweichend von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte - angenommen, die enumerative Auflistung der Nebenkosten im Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag erwecke den - unzutreffenden - Eindruck, alle im Zusammenhang mit dem Erwerb des Objekts anfallenden Vermittlungsgebühren aufzudecken. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme stehe jedoch fest, dass der Vertrieb mindestens 15 % der Kaufpreissumme als Provisionen erhalten habe, wohingegen nach dem Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag nur Provisionen in Höhe von 5,86 % der Kaufpreissumme auf diesen entfallen sollten. Es sei davon auszugehen, dass den Beklagten, die mit dem Vertrieb in institutionalisierter Weise zusammengearbeitet hätten, diese arglistige Täuschung bekannt gewesen sei.

Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Senat wird voraussichtlich dazu Stellung zu nehmen haben, ob der - in einer Vielzahl von Fällen inhaltsgleich verwendete - Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag einen unzutreffenden Eindruck über die Höhe der anfallenden Innenprovisionen erweckt.

Verhandlungstermin: 6. Juli 2010

5 StR 386/09

Landgericht Berlin – (512) 1 Kap Js 1424/06 KLs (26/08) – Urteil vom 14. Mai 2009

Strafrechtliche Beurteilung der Präimplantationsdiagnostik (PID)

Mit Urteil vom 14. Mai 2009 hat das Landgericht Berlin einen 47 Jahre alten Berliner Gynäkologen vom Vorwurf der Verletzung des Embryonenschutzgesetzes (ESchG) aus rechtlichen Gründen freigesprochen.

Dem Angeklagten war von der Staatsanwaltschaft Berlin zur Last gelegt worden, als behandelnder Frauenarzt in den Jahren 2005 und 2006 bei drei Paaren mit einer Veranlagung zu schweren Erbkrankheiten die sogenannte Präimplantations-diagnostik (PID) durchgeführt und dadurch gegen § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 1 ESchG verstoßen zu haben.

Der Angeklagte hatte in Abstimmung mit seinen Patientinnen Eizellen außerhalb des Körpers befruchtet, den befruchteten Embryonen Zellen entnommen und diese auf gravierende anlagebedingte Chromosomanomalien untersucht. Ein Teil der entnommenen Zellen wies schwere genetische Defekte auf. Die Patientinnen entschieden sich nach Aufklärung dafür, nur die nicht mit Gendefekten behafteten Eizellen übertragen zu lassen. Entsprechend verfuhr der Angeklagte. Die anderen Embryonen wurden nicht übertragen und starben ab.

Seine Vorgehensweise hatte der Angeklagte im Januar 2006 selbst bei der Staatsanwaltschaft Berlin angezeigt. Das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft im Januar 2006 wegen eines unvermeidbaren Verbotsirrtums des Angeklagten eingestellt. Nachdem der Angeklagte im Mai 2006 ein weiteres Mal eine PID durchgeführt hatte, wurde das Verfahren wieder aufgenommen und schließlich zur Anklage gebracht.

Das Landgericht ist zu der Ansicht gelangt, dass das Handeln des Angeklagten nicht strafbar sei. Eine Strafbarkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG setze voraus, dass Eizellen zu einem anderen Zweck als zur Herbeiführung einer Schwangerschaft entnommen würden. Der Angeklagte habe jedoch gerade in der Absicht gehandelt, seinen Patientinnen zu einer Schwangerschaft zu verhelfen. Der Vorbehalt, dass der anlagebedingte Gendefekt beim Embryo nicht nachzuweisen sei, ändere daran nichts. Auch habe der Angeklagte nicht in strafbarer Weise einen Embryo im Sinne des § 2 Abs. 1 ESchG "verwendet".

Gegen das freisprechende Urteil des Landgerichts Berlin hat die Staatsanwaltschaft mit dem Ziel einer Verurteilung des Angeklagten Revision eingelegt. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, Termin zur Hauptverhandlung anzuberaumen. In seiner Antragsschrift hat er angekündigt, die Revision der Staatsanwaltschaft Berlin nicht vertreten zu wollen. In Übereinstimmung mit dem angefochten Urteil geht er davon aus, dass Straftatbestände nicht erfüllt sind.

Der Text der maßgebenden Strafvorschriften lautet:

Gesetz zum Schutz von Embryonen Embryonenschutzgesetz

§ 1 Mißbräuchliche Anwendung von Fortpflanzungstechniken

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. auf eine Frau eine fremde unbefruchtete Eizelle überträgt,

2. es unternimmt, eine Eizelle zu einem anderen Zweck künstlich zu befruchten, als eine Schwangerschaft der Frau herbeizuführen, von der die Eizelle stammt,

3. es unternimmt, innerhalb eines Zyklus mehr als drei Embryonen auf eine Frau zu übertragen,

4. es unternimmt, durch intratubaren Gametentransfer innerhalb eines Zyklus mehr als drei Eizellen zu befruchten,

5. es unternimmt, mehr Eizellen einer Frau zu befruchten, als ihr innerhalb eines Zyklus übertragen werden sollen,

6. einer Frau einen Embryo vor Abschluß seiner Einnistung in der Gebärmutter entnimmt, um diesen auf eine andere Frau zu übertragen oder ihn für einen nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck zu verwenden, oder

7. es unternimmt, bei einer Frau, welche bereit ist, ihr Kind nach der Geburt Dritten auf Dauer zu überlassen (Ersatzmutter), eine künstliche Befruchtung durchzuführen oder auf sie einen menschlichen Embryo zu übertragen.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1. künstlich bewirkt, daß eine menschliche Samenzelle in eine menschliche Eizelle eindringt, oder

2. eine menschliche Samenzelle in eine menschliche Eizelle künstlich verbringt, ohne eine Schwangerschaft der Frau herbeiführen zu wollen, von der die Eizelle stammt.

(3) Nicht bestraft werden

1. in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 und 6 die Frau, von der die Eizelle oder der Embryo stammt, sowie die Frau, auf die die Eizelle übertragen wird oder der Embryo übertragen werden soll, und

2. in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 7 die Ersatzmutter sowie die Person, die das Kind auf Dauer bei sich aufnehmen will.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 und des Absatzes 2 ist der Versuch strafbar.

§ 2 Mißbräuchliche Verwendung menschlicher Embryonen

(1) Wer einen extrakorporal erzeugten oder einer Frau vor Abschluß seiner Einnistung in der Gebärmutter entnommenen menschlichen Embryo veräußert oder zu einem nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck abgibt, erwirbt oder verwendet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer zu einem anderen Zweck als der Herbeiführung einer Schwangerschaft bewirkt, daß sich ein menschlicher Embryo extrakorporal weiterentwickelt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

.

Verkündungstermin: 7. Juli 2010

(Verhandlungstermin: 28. April 2010)

VIII ZR 85/09

AG Bonn - Urteil vom 27. Februar 2008 – 10 C 288/06

LG Bonn - Urteil vom 5. März 2009 – 6 S 84/08

Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung der Kläger in einem in den Jahren 2001/2002 errichteten Mehrfamilienhaus in Bonn. Die Kläger machen Mietrückstände für die Monate April 2006 bis einschließlich Dezember 2007 von insgesamt 1.701 € geltend. Um diesen Betrag (zehn Prozent der Bruttomiete) haben die Beklagten die Miete unter anderem wegen Mängeln der (Tritt-)Schalldämmung ihrer Wohnung zur darüberliegenden Wohnung gemindert.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Mieter hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Miete sei gemäß § 536 Abs. 1 BGB* zumindest um zehn Prozent der Bruttomiete gemindert, weil die Wohnung mangels ausreichender Trittschalldämmung mangelhaft sei. Der Sachverständige habe eine Trittschallmessung durchführen lassen und festgestellt, dass zwar die Anforderungen der DIN 4109 (1989) erfüllt seien. Hierbei handele es sich jedoch um den reinen Norm-Schallschutz, der allgemein nicht der Qualität mittlerer Art und Güte entspreche. Dass lediglich der Normwert der DIN 4109 von 53 Dezibel erfüllt sei, stelle einen Mangel der Mietsache dar. Nach der Rechtsprechung des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs sei die DIN 4109 von vornherein nicht geeignet, als anerkannte Regel der Technik zu gelten, soweit es um die Einhaltung des üblichen Komfortstandards gehe. Diese in einer Baustreitigkeit ergangenen Ausführungen seien auch auf eine Mietsache übertragbar. Auch der Mieter erwarte regelmäßig eine Beschaffenheit mittlerer Qualität und nicht eine solche, die – wie der Normwert der DIN 4109 – gerade die Grenze der Zumutbarkeit einhielte.

Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision erstreben die Vermieter die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

*§ 536 BGB: Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln  

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

Verhandlungstermin: 8. Juli 2010

Xa ZR 124/07

Bundespatentgericht – Urteil vom 27. März 2007 – 1 Ni 5/06 (EU)

In dem Patentnichtigkeitsverfahren klagt die Europäische Zentralbank auf Nichtigerklärung des europäischen Patents 455 750, das ein Druckverfahren zur Herstellung eines Dokuments betrifft und nach Ansicht des Beklagten durch Euro-Banknoten verletzt wird. Über die Gültigkeit des Patents wird u. a. auch im Vereinigten Königreich und in den Niederlanden gestritten.

Das Bundespatentgericht hat die Klage abgewiesen.

Verhandlungstermin: 12. Juli 2010

II ZR 292/06

LG München I – 34 O 16095/05 – Entscheidung vom 25. April 2006

OLG München – 8 U 3479/06 – Entscheidung vom 23. November 2006

Der Beklagte hat 1991 aufgrund von Verhandlungen, die in seiner Privatwohnung geführt worden sind, seinen Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) erklärt.

In einem Vorprozess forderte die Klägerin als Geschäftsführerin der GbR vom Beklagten die Zahlung von Nachschüssen, die die Gesellschafterversammlung der GbR zur Beseitigung von Unterdeckungen beschlossen hatte. Im Laufe des Verfahrens hat der Beklagte seine Mitgliedschaft in der GbR fristlos gekündigt und die Beitrittserklärung nach § 3 HWiG (jetzt § 312 BGB) widerrufen. Die Klage ist im Vorprozess mit der Begründung abgewiesen worden, nach wirksamer Kündigung des Gesellschaftsbeitritts durch den Beklagten bestünden zwischen den Parteien lediglich noch Ansprüche nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft. Die Nachschussforderung sei daher nicht mehr selbständig einklagbar, sondern sie sei als unselbständiger Rechnungsposten in die zu erstellende Auseinander-setzungsrechnung einzustellen.

Die Klägerin hat dieser Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Vorprozess Rechnung getragen und eine Auseinandersetzungsrechnung erstellt, die ein negatives Auseinandersetzungsguthaben des Beklagten ausweist.

Der Beklagte betreibt gegen die Klägerin die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Vorprozesses. Die Klägerin hat mit ihrer Forderung gegen den Beklagten auf Zahlung des negativen Auseinandersetzungsguthabens die Aufrechnung gegen die Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss erklärt und im vorliegenden Rechtsstreit Vollstreckungsgegenklage erhoben. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Die Entscheidung über die Begründetheit der Klage hängt davon ab, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Ausgleich des negativen Auseinandersetzungsguthabens zusteht, nachdem dieser seinen Beitritt zu dem geschlossenen Immobilienfonds wirksam nach § 3 HWiG (jetzt § 312 BGB) widerrufen hat.

Auf die Vorlage gem. Art. 234 EG des für das Gesellschaftsrecht zuständigen II. Zivilsenats (II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018) hat der zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts berufene EuGH entschieden, dass die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (Haustürgeschäfte-RL) grundsätzlich auf den Beitritt zu einer Personengesellschaft anwendbar ist, wenn der Zweck eines solchen Beitritts vorrangig nicht darin besteht, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen. Zugleich stehe Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie einer Rückabwicklung eines wirksam widerrufenen Gesellschaftsbeitritts nach den Grundsätzen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nicht entgegen, auch wenn dadurch der Verbraucher möglicherweise weniger als den Wert seiner Einlage zurückerhalte oder sich am Verlust des Fonds beteiligen müsse (Urt. v. 15. April 2010 – C-215/08).

Nach der Entscheidung des EuGH wird der II. Zivilsenat nunmehr am 12. Juli 2010 über die zugelassene Revision in dieser Sache verhandeln und zugleich über eine Reihe mit Rücksicht auf das Vorlageverfahren ausgesetzter Rechtsstreitigkeiten beraten.

Verhandlungstermin: 14. Juli 2009

IV ZR 208/09

Landgericht Hamburg - Urteil vom 19. September 2008 - 306 O 7/08

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg - Urteil vom 6. Oktober 2009 - 9 U 204/08

Verjährung eines Anspruch auf Zahlung eines weitergehenden Rückkaufswerts bei gekündigten Lebens- und Rentenversicherungen

Der klagende Verbraucherschutzverein begehrt von einem Versicherer die Neuberechnung der Rückkaufswerte gekündigter Lebens- und Rentenversicherungen.

Die Versicherungsnehmer, die ihre Ansprüche an den Kläger abgetreten haben, hatten zwischen 1995 und 1998 beim beklagten Versicherer Kapital-Lebensversicherungs- bzw. private Rentenversicherungsverträge abgeschlossen; diese wurden zwischen 1996 und 2000 gekündigt. Daraufhin rechnete die Beklagte die Versicherungen ab und zahlte teilweise einen Rückkaufswert aus. Grundlage der Berechnung des Rückkaufswerts waren die dem jeweiligen Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten, nach denen ein Stornoabzug sowie eine Verrechnung von Abschlusskosten zu berücksichtigen waren.

Vergleichbare Bedingungen hat der Senat in Urteilen vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 354; 147, 373) als unwirksam erachtet hat. In der Folge hat der Senat mit Urteilen vom 12. Oktober 2005 (u.a. BGHZ 164, 297) weitergehend entschieden, dass der Stornoabzug gänzlich entfallen müsse und dass der Rückkaufswert bei Kündigung einen Mindestbetrag nicht unterschreiten dürfe, und Vorgaben für dessen Berechnung gemacht. Auf der Grundlage dieser Urteile stünde den Versicherungsnehmern ein Rückkaufswert zu, der den nach der Kündigung ausgezahlten Betrag übersteigt.

Der Kläger hat mit der im Jahr 2007 erhobenen Stufenklage zunächst Auskunft über den Rückkaufswert ohne Stornoabzug und Verrechnung von Abschlusskosten und die bei Kündigung bereits zugewiesene Überschussbeteiligung begehrt. Der beklagte Versicherer beruft sich auf die Verjährung möglicher Nachforderungsansprüche. Der Kläger macht seinerseits im Wesentlichen geltend, die maßgeblichen Verjährungsfristen hätten erst nach den Urteilen des Senats vom 12. Oktober 2005 zu laufen begonnen, da es den Versicherungsnehmern zuvor verwehrt gewesen sei, den nunmehr geltend gemachten Anspruch gerichtlich zu verfolgen. Der Anspruch sei erst infolge dieser Entscheidungen entstanden.

Die Verjährung der Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag über eine Lebensversicherung trat nach § 12 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (VVG a.F.) nach fünf Jahren ein. Die Verjährung begann mit dem Schluss des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden konnte.

Das Berufungsgericht hat angenommen, die geltend gemachten Ansprüche seien verjährt und die Beklagten hätten zu Recht diese Einrede erhoben. Spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem der Versicherer den Vertrag abgerechnet habe, also in den Jahren 1996 bis 2000, sei es den Versicherungsnehmern möglich gewesen, einen über den ausbezahlten Betrag hinausgehenden Rückkaufswert zu beanspruchen. Die fünfjährige Verjährungsfrist habe daher zum Ende dieser Jahre zu laufen begonnen und jeweils vor Erhebung der Klage - spätestens zum 31. Dezember 2005 - geendet. Die Entscheidungen des Senats aus dem Jahr 2005 hätten die Fälligkeit dieser Ansprüche nicht berührt, durch ergänzende Vertragsauslegung sei eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend geschlossen worden. Das Berufen auf die Einrede der Verjährung durch den Versicherer sei auch nicht als treuwidrig anzusehen.

Der Senat wird über die Frage der Verjährung dieser Ansprüche zu entscheiden haben. Dem Verfahren dürfte für eine erhebliche Anzahl von Fällen Bedeutung zukommen, in denen Lebensversicherungen vor den Entscheidungen des Senats vom 12. Oktober 2005 gekündigt wurden und ein Rückkaufswert nach den damaligen Vertragsbedingungen ausgezahlt wurde.

Verhandlungstermin: 14. Juli 2010

VIII ZR 45/09

AG Wiesbaden - Urteil vom 15. Mai 2008 - 91 C 5169/06

LG Wiesbaden - Urteil vom 21. Januar 2009 - 3 S 44/08

Der Kläger war Mieter einer in Wiesbaden gelegenen Wohnung der beklagten Vermieterin. Ab Februar 2005 war er für mehrere Monate mit unbekanntem Aufenthalt ortsabwesend und wurde von Verwandten als vermisst gemeldet. Nachdem die Mieten für die Monate März und April 2005 nicht gezahlt worden waren, kündigte die über die Vorgänge informierte Vermieterin das Mietverhältnis am 20. April 2005 durch Einwurf des Kündigungsschreibens in den Wohnungsbriefkasten des Klägers fristlos. Am 19. Mai 2005 öffnete sie die Wohnung und nahm sie in Besitz. Zu diesem Zweck entsorgte sie einen großen Teil der Wohnungseinrichtung; den Rest lagerte sie bei sich ein. Gestützt auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten hat der Kläger für die ihm nach seiner Behauptung abhanden gekommenen, beschädigten oder verschmutzten Gegenstände einen Schadensersatz von rund 62.000 € zuzüglich der ihm entstandenen Gutachterkosten verlangt.

Das Amtsgericht hat der Klage hinsichtlich eines außerdem noch geltend gemachten Nebenkostenguthabens teilweise stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es hat die eigenmächtige Räumung der Wohnung durch die Beklagte zwar als rechtswidrig angesehen. Der Kläger habe jedoch die Höhe des Schadens nicht ausreichend dargelegt. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen und dazu ausgeführt: Das Amtsgericht habe hinsichtlich des überwiegenden Teils der Schadenspositionen zutreffend ausreichende Angaben zur Nachvollziehbarkeit des Wertes vermisst. Denn eine Schadensschätzung sei unzulässig, wenn sie mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hänge. Der Kläger hätte deshalb mindestens weitere Angaben zu Qualität, Alter, gegebenenfalls Marke und Neuwert der betreffenden Gegenstände machen und diese Angaben bei Bestreiten unter Beweis stellen müssen. Für das Gericht hätten keinerlei unstreitige Merkmale vorgelegen, die den angegebenen Wert der Gegenstände nachvollziehbar erscheinen ließen. Soweit die Klage hinsichtlich einzelner Schadenspositionen abgewiesen worden sei, weil nach dem Ergebnis des erhobenen Beweises ihr Vorhandensein in der Wohnung zum Zeitpunkt der Räumung nicht feststellbar gewesen sei, sei die Beweiswürdigung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden.

Mit seiner vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den von ihm geltend gemachten Schadensersatzanspruch weiter.

Verhandlungstermin: 14. Juli 2010

VIII ZR 267/09

AG Lüneburg - Urteil vom 30. April 2009 – 12 C 636/08

LG Lüneburg - Urteil vom 16. September 2009 – 6 S 62/09

Der Beklagte hat von der Klägerin eine Wohnung in Lüneburg zu einer monatlichen Miete von 580 € angemietet. Die Miete wird jedenfalls zurzeit von der ARGE (Arbeitsgemeinschaft des kommunalen Trägers und der Agentur für Arbeit für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II) für den Mieter bezahlt. Im Dezember 2006 kündigte die Vermieterin wegen eines erheblichen Zahlungsrückstands das Mietverhältnis fristlos und erhob anschließend Räumungsklage. Innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB* wurden die Mietrückstände beglichen, so dass der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und dem Mieter die Prozesskosten auferlegt wurden. Diese Kosten hat er bisher nicht beglichen. Im November 2008 kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis erneut mit der Begründung, der Mieter habe seine Pflichten aus dem Mietverhältnis schuldhaft verletzt, indem er Zahlungen verspätet erbracht und zudem die aus dem ursprünglichen Räumungsprozess entstandenen Kosten nicht beglichen habe.

Amtsgericht und Landgericht haben die von der Vermieterin erhobene Räumungsklage abgewiesen. Das Landgericht hat zur Begründung unter anderem ausgeführt, dass es mit dem Nachholrecht des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB nicht vereinbar wäre, wenn man die Nichtzahlung der Prozesskosten als ausreichenden Kündigungsgrund annähme. Die Regelung solle dem Schutz des Mieters von Wohnraum vor der fristlosen Kündigung dienen. Diesem Schutzzweck würde nicht ausreichend genüge getan, wenn allein die Nichtbezahlung der Prozesskosten wiederum einen Grund für eine neue Kündigung darstelle. Hierbei dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die fällige Forderung im Sinne des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zum Schutz des Mieters oftmals durch Dritte (die ARGE) ausgeglichen werde.

Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Vermieterin ihr Räumungsbegehren weiter.

§ 543 BGB: Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund  

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

3. der Mieter

a) für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder

b) in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.

Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

*§ 569 BGB: Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (Sondervorschrift für Wohnraummietverhältnisse)  

 …

(3) Ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 gilt:

1. …

2. Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist.

3. …

Verhandlungstermin: 15. Juli 2010

I ZR 57/08 – Markenrecht

LG Frankfurt am Main – 2/3 O 443/02 – Urteil vom 19. Dezember 2002 OLG Frankfurt am Main – 6 U 10/03 – Urteil vom 8. November 2007

Die Klägerin zu 1 ist ein schweizerisches Unternehmen, das hochwertige Schokoladenerzeugnisse und Süßwaren herstellt und vertreibt, darunter auch Schokoladenhasen. Herstellung und Vertrieb in Deutschland erfolgen über ein Tochterunternehmen, die Klägerin zu 2. Die Klägerin zu 1 ist Inhaberin einer am 8. Juni 2000 angemeldeten, dreidimensionalen Gemeinschaftsmarke, die einen sog. "Goldhasen" abbildet. Die Beklagte stellt ebenfalls Schokoladenhasen her und vertreibt diese. Mit der Klage wenden sich die Klägerinnen gegen einen von der Beklagten hergestellten und vertriebenen Schokoladenhasen. Sie verlangen Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht.

Das Berufungsgericht hat nach Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung durch den I. Zivilsenat (BGHZ 169, 295 – Goldhase) die klageabweisende Entscheidung des Landgerichts erneut mangels Bestehens einer Verwechslungsgefahr bestätigt (veröffentlicht in GRUR-RR 2008, 191). Auch unter der Annahme, dass der Wortbestandteil die Klagemarke nicht präge und deshalb auch Form und Farbe zu berücksichtigen seien, fehle es an hinreichender Zeichenähnlichkeit. Gegen diese Beurteilung wenden sich die Klägerinnen mit ihrer vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision.

Verhandlungstermin: 15. Juli 2010

I ZR 12/08 – Urheberrecht

LG Frankfurt am Main – 2-03 O 172/06 – Urteil vom 23. November 2006 OLG Frankfurt am Main – 11 U 75/06 – Urteil vom 11. Dezember 2007

und

I ZR 13/08 – Urheberrecht

LG Frankfurt am Main – 2/3 O 171/06 – Urteil vom 23. November 2006 OLG Frankfurt am Main – 11 U 76/06 – Urteil vom 11. Dezember 2007

Die Klägerin verlegt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Die Beklagte bietet auf ihrer Internetseite www.perlentaucher.de Zusammenfassungen (Abstracts) verschiedener Feuilletonartikel der wichtigsten deutschsprachigen Qualitäts-zeitungen an. Hierzu gehören in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erschienene Originalrezensionen zu aktuellen Buchveröffentlichungen, welche die Beklagte unter der Überschrift "Notiz zur FAZ" in verkürzter Form wiedergibt. An diesen Notizen erteilte die Beklagte entgeltliche Lizenzen an die Internet-Buchshops amazon.de und buecher.de. Die Klägerin wendet sich gegen die kommerzielle Verwertung der Kritiken im Wege der Weiterlizenzierung an Dritte. Sie begehrt Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht.

Das Landgericht (veröffentlicht in ZUM 2007, 65) und das Berufungsgericht (veröffentlicht in ZUM 2008, 233) haben die Klage abgewiesen. Eine Verletzung urheberrechtlicher Schutzrechte sei nicht gegeben. Die Abstracts seien als freie Benutzungen der Originalrezensionen zulässig (§ 24 UrhG). Auch habe die Klägerin keine Ansprüche aus § 14 Abs. 5 und 6 MarkenG. Die Beklagte habe das Zeichen "FAZ" nicht markenmäßig benutzt. Ebenso schieden wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus. Insbesondere könne nicht festgestellt werden, dass der durchschnittlich informierte Internetbenutzer das Abstract mit der Originalrezension verwechsele (§ 4 Nr. 9a UWG). Auch nutze die Beklagte allenfalls die Wertschätzung der Originalrezensionen für ihre Internetseite aus. Dies sei jedoch nicht unangemessen i.S. des § 4 Nr. 9b UWG, da dieses Verhalten urheberrechtlich gestattet sei. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Ähnlich gelagert ist der am selben Tag zu verhandelnde Fall (I ZR 13/08), in dem die Klägerinnen, die Verlegerin der "Süddeutschen Zeitung" und ein Dokumentations- und Informationszentrum, dieselbe Beklagte auf Unterlassung wegen gleicher Vorgehensweise verklagt haben und damit ebenfalls in beiden Vorinstanzen unterlegen sind (OLG Frankfurt am Main GRUR 2008, 249).

Beratungstermin: 19. Juli 2010

II ZB 18/09

LG Köln – 82 O 126/05 – Entscheidung vom 10. März 2006

OLG Düsseldorf – I-26 W 13/06 AktE – Entscheidung vom 9. September 2009

Die Antragsgegnerin war Hauptaktionärin, die Antragsteller Minderheitsaktionäre einer Aktiengesellschaft. Am 30.4.2003 beschloss die außerordentliche Hauptversammlung ein sog. Squeeze-out der Minderheitsaktionäre. Um in den Genuss der Squeeze-Out-Regelung zu gelangen, muss der Hauptaktionär 95% der Anteile halten. Er kann gegen Zahlung einer Barabfindung die Minderheitsaktionäre zur Übertragung ihrer Aktien zwingen. Der Übertragungsbeschluss wurde am 6.4.2005 in das Handelsregister eingetragen. Die Handelsregister-Eintragung wurde am 16.4.2005 im Bundesanzeiger und in verschiedenen Tageszeitungen, zuletzt am 2.5.2005 bekannt gemacht.

Die Antragsteller halten die im Rahmen des Squeeze-outs angebotene Barabfindung für zu gering und haben im sog. Spruchverfahren beantragt, gemäß § 327 f. AktG in Verbindung mit § 1 Nr. 3 SpruchG die Barabfindung für die ausgeschiedenen Aktionäre wegen der zwangsweisen Übertragung ihrer Aktien an die Antragsgegnerin zu erhöhen.

Für die Bemessung der Barabfindung kommt es darauf an, auf welchen Referenzzeitraum für die Bestimmung des maßgeblichen Börsenkurses abzustellen ist. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts ist ein nach Umsätzen gewichteter Durchschnittskurs in einem Referenzzeitraum von drei Monaten vor Bekanntgabe der Maßnahme zugrunde zu legen. Damit weicht das Beschwerdegericht von der Senatsentscheidung vom 12. März 2001 ab (BGHZ 147, 108 - DAT/ALTANA). Der erkennende Senat hatte auf einen Zeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung abgestellt.

Das Beschwerdegericht hat die Sache dem II. Zivilsenat gemäß dem für diesen Altfall noch geltenden § 28 Abs. 2 und 3 FGG, iVm § 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG zur Entscheidung vorgelegt. Über die Rechtsbeschwerde wird der Senat am 19. Juli beraten. Beim Senat sind zwei weitere Vorlageverfahren anderer Oberlandesgerichte (II ZB 2/10 und II ZB 10/10) anhängig, in denen die vorlegenden Gerichte ebenfalls von der genannten Entscheidung des II. Zivilsenats abweichen wollen.

Verhandlungstermin: 19. Juli 2010

II ZR 56/09 (II ZR 57/09, II ZR 58/09 und II ZR 154/09)

AG Berlin-Charlottenburg – 212 C 113/07 – Entscheidung vom 5. Mai 2008

LG Berlin – 51 S 128/08 – Entscheidung vom 8. Januar 2009

Die Klägerin ist ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), dem die Beklagten in 1989 beigetreten waren. Nach dem Gesellschaftsvertrag wird die Klägerin von allen Gesellschaftern gemeinsam vertreten.

Ende 1999 erklärten die Beklagten die Kündigung zum 31.12.2000. Die am 21. Juli 2003 erstellte endgültige Auseinandersetzungsbilanz wies zum Stichtag 31.12.2000 einen anteiligen Verlust für die Beklagten aus. Einen Teilbetrag hat die Klägerin, die im vorliegenden Verfahren von einer Gesellschafterin allein vertreten worden ist, im Mahnverfahren geltend gemacht. Nachdem das Amtsgericht die Klägerin im Oktober 2004 über den Widerspruch der Beklagten unterrichtet hatte, hat die Klägerin den Gerichtskostenvorschuss erst im Januar 2007 eingezahlt.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht sie wegen Verjährung abgewiesen. Das Landgericht hat für die Fälligkeit des eingeklagten Anspruchs auf den Zeitpunkt des Ausscheidens abgestellt. Über die vom Berufungsgericht zugelassene Revision wird der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat am 19. Juli 2010 verhandeln.

Dabei wird der Senat sich mit der organschaftlichen Vertretung und ggf. mit der Frage zu befassen haben, wann die Verjährung von Ansprüchen aus der Auseinandersetzung unter Berücksichtigung der Regelungen des Gesellschaftsvertrages beginnt.

Verhandlungstermin: 22. Juli 2010

VII ZR 129/09

LG Hannover - 11 O 397/05 - Urteil vom 20. Februar 2008

OLG Celle - 14 U 62/08 - Urteil vom 17. Juni 2009

(veröffentlicht in BauR 2009, 1308)

und

VII ZR 213/08

LG Aurich – 3 O 1271/06(317) – Urteil vom 20. Juni 2008

OLG Oldenburg – 12 U 76/08 – Urteil vom 14. Oktober 2008

Der u. a. für das Baurecht zuständige VII. Zivilsenat hat sich in zwei weiteren Verfahren mit der Frage zu befassen, ob dem Bauunternehmer ein Anspruch auf Mehrvergütung wegen einer Bauzeitverschiebung nach einem verzögerten öffentlichen Vergabeverfahren zusteht.

In seinem Grundsatzurteil vom 11. Mai 2009 (VII ZR 11/08, vgl. Pressemitteilung Nr. 104/2009) hat der Senat bereits entschieden, dass ein solcher Mehrvergütungsanspruch bestehen kann, wenn der Zuschlag ungeachtet der inzwischen verstrichenen in der Ausschreibung genannten Bautermine unverändert auf das Angebot erteilt worden ist. Nunmehr liegen dem Senat zwei Fälle zur Entscheidung vor, in denen der Auftraggeber im Zusammenhang mit dem Zuschlag Erklärungen zur nunmehr geltenden Bauzeit abgegeben hat.

In der Sache VII ZR 129/09 hat das Oberlandesgericht die Klage der Auftragnehmerin auf Mehrvergütung abgewiesen, soweit diese nicht von der beklagten Auftraggeberin anerkannt worden sei. Die Grundsätze des Urteils des BGH vom 11. Mai 2009 fänden hier keine Anwendung, weil die Beklagte mit ihrem Zuschlag das Angebot der Klägerin nicht unverändert angenommen, sondern verbunden mit einem neuen Angebot (Bau zu anderen Zeiten) abgelehnt habe. Dieses neue Angebot habe die Klägerin zu den ursprünglichen Angebotspreisen angenommen. Raum für eine darüber hinaus gehende Vergütung bestehe daher nicht. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf eine höhere Vergütung weiter.

In der Sache VII ZR 213/08 hat das Oberlandesgericht der Klage der Auftragnehmerin auf Mehrvergütung im vollen Umfang stattgegeben. Die Beklagte habe mit dem Zuschlag das ursprüngliche Angebot der Klägerin nicht unverändert angenommen, sondern unter dessen Ablehnung ein neues Angebot mit veränderten Ausführungsfristen unterbreitet (§ 150 Abs. 2 BGB*). Dieses habe wiederum die Klägerin nicht unverändert akzeptiert, sondern mit Auftragsbestätigung eine Mehrvergütung für die Verzögerung begehrt, die die Beklagte jedenfalls nicht habe verweigern dürfen. Mit der vom BGH zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

*§ 150 Abs. 2 BGB: Verspätete und abändernde Annahme

(2) Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag.

Verhandlungstermin: 22. Juli 2010

VII ZR 144/09

LG Wuppertal – Urteil vom 5. Oktober 2006 – 19 o 29/06

OLG Düsseldorf – Urteil vom 25. Juni 2009 – I-21 U 239/06

Der klagende Architekt begehrt nach vorzeitiger Beendigung eines Architektenvertrags Vergütung für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen. Der Beklagte verteidigt sich im Wesentlichen damit, der Architektenvertrag sei wegen Verstoßes gegen das in Art. 10 § 3 MRVG normierte Koppelungsverbot * nichtig.

Die Klage hatte nur zum Teil Erfolg. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Architektenvertrag teilweise gegen das Koppelungsverbot verstößt und in diesem Umfang nichtig ist. Im Rahmen der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision wird sich der Senat mit der vom Berufungsgericht bejahten, in der Literatur aber stark angezweifelten Verfassungsmäßigkeit des Koppelungsverbotes zu befassen haben.

*Art. 10 § 3 MRVG Unverbindlichkeit der Koppelung von Grundstückskaufverträgen mit Ingenieur- und Architektenverträgen

Eine Vereinbarung, durch die der Erwerber eines Grundstücks sich im Zusammenhang mit dem Erwerb verpflichtet, bei der Planung oder Ausführung eines Bauwerks auf dem Grundstück die Leistungen eines bestimmten Ingenieurs oder Architekten in Anspruch zu nehmen, ist unwirksam. Die Wirksamkeit des auf den Erwerb des Grundstücks gerichteten Vertrages bleibt unberührt.

Verkündungstermin: 17. August 2010 (Verhandlungstermin: 15. April 2010)

I ZR 193/07 – Wettbewerbsrecht

LG Schweinfurt – 5 HK O 30/06 – Urteil vom 19. Januar 2007 OLG Bamberg – 3 U 24/07 – Urteil vom 31. Oktober 2007

und

I ZR 37/08 – Wettbewerbsrecht

LG Karlsruhe – 15 O 74/07 KfH IV – Urteil vom 28. Juni 2007 OLG Karlsruhe – 6 U 141/07 – Urteil vom 13. Februar 2008

und

I ZR 72/08 – Wettbewerbsrecht

LG Darmstadt – 12 O 123/06 – Urteil vom 22. Dezember 2006 OLG Frankfurt am Main – 6 U 26/07 – Urteil vom 29. November 2007

und

I ZR 98/08 – Wettbewerbsrecht

LG Berlin – 102 O 91/06 – Urteil vom 14. November 2006 KG Berlin – 5 U 189/06 – Urteil vom 11. April 2008

und

I ZR 125/08 – Wettbewerbsrecht

LG Darmstadt – 12 O 403/06 – Urteil vom 8. Mai 2006 OLG Frankfurt am Main – 6 U 118/07 – Urteil vom 5. Juni 2008

und

I ZR 26/09 – Wettbewerbsrecht

LG Offenburg – 5 O 107/06 KfH – Urteil vom 12. September 2007 OLG Karlsruhe – 4 U 160/07 – Urteil vom 12. Februar 2009

Die Parteien dieser Parallelverfahren streiten um die Zulässigkeit von verschiedenen Apotheken-Bonussystemen. Die auf Unterlassung in Anspruch genommenen Apothekeninhaber und Unternehmen gewährten Kunden beim Erwerb von (bestimmten) Arzneimitteln oder von sonstigen Produkten nach unterschiedlichen Systemen unter anderem die Rückerstattung der Praxisgebühr, Preisnachlässe, Einkaufsgutscheine oder gar Prämien. Ihnen wird jeweils ein Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Preisbindungsvorschriften (§ 4 Nr. 11 UWG i. V. mit § 78 AMG und §§ 1, 3 AMPreisV) sowie ein Verstoß gegen Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (§ 7 HWG) vorgeworfen.

Die Instanzgerichte haben unterschiedlich erkannt: Überwiegend haben die Landgerichte und die Berufungsgerichte (veröffentlicht: OLG Frankfurt am Main GRUR-RR 2008, 306 = WRP 2008, 969; Kammergericht GRUR-RR 2008, 450; OLG Frankfurt am Main ApothekenR 2008, 126; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2009, 176) den Klagen – teils allerdings nur zweitinstanzlich – vollumfänglich oder im Wesentlichen wegen eines solchen Rechtsverstoßes stattgegeben (I ZR 37/08; I ZR 125/08; I ZR 72/08; I ZR 26/09). Hingegen hat das Oberlandesgericht Bamberg die Klage zweitinstanzlich abgewiesen (I ZR 193/07). In dem Rechtsstreit I ZR 98/09 haben die Vorinstanzen die negative Feststellungsklage des Klägers auf Zulässigkeit seines angebotenen Bonussystems übereinstimmend abgewiesen.

Sämtliche Berufungsgerichte haben die Revision zugelassen. Der Bundesgerichtshof wird zu entscheiden haben, welche Beurteilung der Berufungsgerichte zutreffend ist und ob derartige Bonussysteme in Apotheken zulässig sind.

Verhandlungstermin: 25. August 2010

2 StR 111/09

Landgericht Köln – Urteil vom 26. Mai 2008 – B. 109-11/06 –

Das Landgericht hat den Angeklagten F. wegen Beihilfe zur Untreue in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und den Angeklagten M. wegen Beihilfe zur Untreue in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Es hat angeordnet, dass zur Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer neun bzw. acht Monate der verhängten Strafen als vollstreckt gelten.

Es handelt sich um ein Verfahren aus dem Komplex des sog. "Kölner Müllskandals". Die Anklage richtete sich ursprünglich auch gegen den Abfallunternehmer Hellmut Trienekens. Wegen Zweifeln an seiner Verhandlungsfähigkeit wurde das Verfahren gegen die beiden Angeklagten im Jahr 2006 zur gesonderten Verhandlung abgetrennt.

Die Angeklagten waren Geschäftsführer von zwei Tochtergesellschaften des Trienekens-Konzerns, an denen zu etwa 50 % auch ein Tochterunternehmen der RWE beteiligt gewesen war. Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlassten sie in den Jahren von 1998 bis 2001 jeweils auf Weisung von Trienekens Zahlungen in einer Gesamthöhe von über 9 Mio. DM in eine "schwarze Kasse" der Trienekens-Gruppe. Trienekens selbst hatte diese "schwarze Kasse" ab etwa 1993 zur Finanzierung sog. "nützlicher Aufwendungen", die nicht über die Bücher laufen sollten, bei einem Briefkastenunternehmen in der Schweiz eingerichtet. Er informierte, wie den Angeklagten bekannt war, die verantwortlichen Organe der zum RWE-Konzern gehörenden Mitgesellschafterin nicht über die wahren Hintergründe der als Begleichung der Forderungen von Drittfirmen deklarierten Zahlungen.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Hauptverhandlung über die Revisionen beider Angeklagter zu befinden, die ihre Verurteilungen mit zahlreichen Verfahrensrügen und mit der Sachrüge angreifen.

Termin: noch nicht bestimmt = Verfahren wegen Tod der Partei unterbrochen

(Verhandlungstermin: 1. März 2010)

II ZR 263/08

LG Essen – 45 O 23/07 – Entscheidung vom 23. November 2007

OLG Hamm – 8 U 4/08 – Entscheidung vom 20. Oktober 2008

und

II ZR 279/08

LG Düsseldorf – 10 O 532/06 – Entscheidung vom 13. November 2007

OLG Düsseldorf – I-3 U 15/08 – Entscheidung vom 1. Juli 2008

In II ZR 279/08 sind alle Parteien Gesellschafter der TM Immobilien und Vermietungs GmbH, die Mitte der 90er Jahre ein Wohn- und Geschäftszentrum in Berlin errichtete. Für die Finanzierungsdarlehen der TM GmbH übernahmen die Kläger, die damals mit je 10 %, der Kläger zu 1 später mit 16,6 % an der GmbH beteiligt waren, in Höhe von 1,52 Mio. DM die persönliche Haftung und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Durch eine Kapitalerhöhung in 2003 sank die Beteiligungsquote der Kläger an der GmbH auf 0,06 %; die übrigen Anteile hält seitdem der Beklagte unmittelbar und mittelbar über eine von ihm beherrschte GmbH.

Der Beklagte, der die Darlehensforderungen gegen die TM GmbH von der Bank erworben hat, betreibt die Zwangsvollstreckung gegen die Kläger in ihre Beteiligung an der TM GmbH. Nach deren Satzung scheidet ein Gesellschafter aus der GmbH aus, wenn sein Anteil gepfändet wird und es ihm – wie hier - nicht gelingt, die Pfändung innerhalb von 6 Wochen abzuwenden. In II ZR 263/08 fechten die Kläger ihre, gestützt auf diese Satzungsbestimmung beschlossene Ausschließung aus der GmbH und die Einziehung ihrer Geschäftsanteile an.

In II ZR 263/08 hat das Landgericht der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat hingegen nur die Einziehung der Geschäftsanteile für unwirksam erachtet, den Ausschluss aber bestätigt. In II ZR 279/08 hat das Landgericht die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht ihr aber im Wesentlichen stattgegeben, weil die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten treuwidrig sei.

Die Berufungsgerichte haben die Frage, ob den Klägern gegen die GmbH ein Anspruch auf Befreiung von der Mithaftung für die Schulden der GmbH zusteht und ob dieser auch gegen den Mehrheitsgesellschafter durchgreift, unterschiedlich beantwortet. Während das OLG Hamm einen Durchgriff wegen der Trennung von Gesellschafts- und Gesellschaftersphäre ablehnt, durchbricht das OLG Düsseldorf dieses Prinzip unter Berufung auf Treu und Glauben. Der Senat wird sich auch mit der Annahme des OLG Hamm auseinandersetzen müssen, eine Ausschließung - anders als eine Einziehung des Geschäftsanteils gem. §§ 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 GmbHG – setze nicht voraus, dass dem ausgeschlossenen Gesellschafter eine Abfindung aus nicht durch Kapitalerhaltungsvorschriften gebundenem Vermögen gezahlt werden kann.

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

II ZR 243/09

LG Frankfurt a. M. – 2/20 O 1/04 – Entscheidung vom 21. Dezember 2006 OLG Frankfurt a. M. – 23 U 18/07 – Entscheidung vom 25. Februar 2009

und

II ZR 263/09

LG Berlin – 21 O 410/06 – Entscheidung vom 29. November 2007 KG – 24 U 102/07 – Entscheidung vom 12. November 2008

Mit der quotalen Haftung von Gesellschaftern einer Immobilien-GbR wird sich der Senat erneut im Rahmen der Verfahren II ZR 243/09 und II ZR 263/09 zu befassen haben. Diesmal geht es nicht um einen Prospektfehler, sondern darum, in welchem Umfang bei vereinbarter quotaler Haftung tatsächlich gehaftet wird. Die fondsfinanzierenden Banken nehmen die Fondsanleger aus der quotalen Haftung auf Rückzahlung von an die Fondsgesellschaft ausgereichten Darlehen in Anspruch. Dabei geht es um die Fragen, wie sich die Rechtsprechungsänderung zur Rechtsnatur der GbR (BGHZ 146, 341 "ARGE Weißes Roß") auswirkt, von welchem Betrag die Quote ermittelt wird, ob das Gesellschaftsvermögen vorrangig verwertet werden muss und wer das Risiko der Insolvenz von Mitgesellschaftern trägt.

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt (Verhandlungstermin: 10. November 2009 = EuGH-Vorlage) VI ZR 217/08

LG Hamburg - Entscheidung vom 18. Januar 2008 - 324 O 548/07 OLG Hamburg – Entscheidung vom 29. Juli 2008 - 7 U 22/08

Der Kläger wurde im Jahr 1993 zusammen mit seinem Bruder wegen Mordes an dem Schauspieler Walter Sedlmayr zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Januar 2008 wurde er auf Bewährung entlassen. Er verlangt von einem in der Republik Österreich geschäftsansässigen Medienunternehmen, es zu unterlassen, über ihn im Zusammenhang mit der Tat unter voller Namensnennung zu berichten. Das beklagte Unternehmen hielt auf seiner Internetseite bis zum 18. Juni 2007 eine auf den 23. August 1999 datierte, von einem anderen Anbieter übernommene Meldung zum freien Abruf durch die Öffentlichkeit bereit. Darin hieß es unter Nennung des Vor- und Zunamens des Klägers wie seines Bruders wahrheitsgemäß u. a., beide wendeten sich nunmehr, neun Jahre nach dem Mord, mit einer Verfassungsbeschwerde gegen ihre Verurteilung wegen der Tat.

Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Der Rechtsstreit wirft die Frage der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für Unterlassungsklagen gegen Internetveröffentlichungen ausländischer Anbieter auf. Sollte diese gegeben sein, sind zudem die rechtlichen Grenzen der Archivierung und des dauerhaften Bereithaltens von Meldungen zum Abruf im Internet im Hinblick auf Persönlichkeitsrechte Betroffener zu konkretisieren.

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt (Verhandlungstermin: 14. Oktober 2008 wurde aufgehoben)

VI ZR 169/08

LG Hamburg - 324 O 868/04 - Entscheidung vom 1. Juli 2005 OLG Hamburg - 7 U 81/05 - Entscheidung vom 31. Januar 2006

Kläger ist Ernst August Prinz von Hannover. Die Beklagte ist ein Presseverlag.

Der beklagte Verlag hat in einer von ihm verlegten Zeitschrift einen Artikel über die Vermietung einer Ferienvilla des Klägers auf einer Insel vor Kenia veröffentlicht, der u. a. mit einer Aufnahme des Klägers und seiner Ehefrau bebildert war. Die Fotografie ist während eines Urlaubsaufenthalts der Abgebildeten aufgenommen und zeigt die Personen auf belebter Straße. Der Kläger begehrt Unterlassung der erneuten Veröffentlichung der beanstandeten Aufnahme.

Das Landgericht hat der Klage im Hinblick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 24. Juni 2004 stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Schutz der Privatsphäre der Abgebildeten hinter das mit der Pressefreiheit verwirklichte Informationsinteresse der Allgemeinheit zurücktrete, wenn die veröffentlichte Aufnahme die abgebildete Person in der Öffentlichkeit zeige. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision des Klägers mit Urteil vom 6. März 2007 das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Urteil mit Beschluss vom 16. Juni 2008 aufgehoben und die Sache an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen. Es hat unter Bezugnahme auf seinen Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1602/07 u. a. -) eine nähere Würdigung des Berichts, dem die Aufnahme beigefügt war, im Hinblick auf dessen Informationsgehalt vermisst. Der Bericht über die Vermietung der Villa an Dritte sei mit wertenden Anmerkungen kommentiert, die Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser sein könnten. Das könne Anlass für eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte geben und es grundsätzlich rechtfertigen, den Vermieter des in dem Beitrag behandelten Anwesens im Bild darzustellen.

Der u. a. für Fragen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat wird deshalb erneut zwischen den Rechten des Klägers und der Pressefreiheit der Beklagten abzuwägen haben.

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

(Verhandlungstermin: 1. Oktober 2008 – EuGH-Vorlage)

VIII ZR 268/07

LG Karlsruhe - Entscheidung vom 19. Dezember 2005 - 10 O 794/05 (veröffentlicht in MMR 2006, 245) OLG Karlsruhe - Entscheidung vom 5. September 2007 - 15 U 226/06 (veröffentlicht in WM 2008, 419)

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob es bei einem Fernabsatzgeschäft gegen verbraucherschützende Vorschriften verstößt, wenn der Verbraucher mit Versandkosten für die Hinsendung der Ware an ihn belastet wird, sofern er von seinem Widerrufs- bzw. Rückgaberecht Gebrauch macht und die Ware vollständig an den Verkäufer zurücksendet.

Der Kläger ist ein Verbraucherverband. Die Beklagte betreibt ein Versandhandelsunternehmen. Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten folgende Klauseln:

"Kauf auf Probe Bei H. [Beklagte] kaufen Sie auf Probe, d.h. Sie können gelieferte Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb von 14 Tagen zurückgeben. Der Kaufvertrag/Kreditkaufvertrag wird ab Erhalt der Ware durch Ihre Billigung wirksam, spätestens jedoch nach Ablauf dieser 14-tägigen Frist.

Lieferung und Versandkosten

Die Firma H. trägt einen Großteil der Kosten für die sorgfältige Verpackung und die zuverlässige Zustellung der Ware. Ihr Versandkostenanteil beträgt pro Bestellung aktuell nur pauschal € 4,95."

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Erhebung von Kosten für die Zusendung der Ware (Versandkosten) nach Ausübung des Widerrufs- bzw. Rückgaberechts in Anspruch.

Das Landgericht hat der Klage stattgeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Fernabsatzrichtlinie (Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz) gebiete es, den Verbraucher bei Ausübung seines Widerrufs- bzw. Rückgaberechts im Rahmen eines Fernabsatzgeschäfts von Hinsendekosten freizustellen. Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 2 der Fernabsatzrichtlinie seien die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden könnten, die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Ware.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt (Verhandlungstermin: 14. Januar 2009 – EuGH-Vorlage)

VIII ZR 70/08

LG Kassel - Entscheidung vom 24. November 2006 - 4 O 1248/06 OLG Frankfurt am Main - Entscheidung vom 14. Februar 2008 - 15 U 5/07 (veröffentlicht in ZGS 2008, 315)

Der Kläger erwarb bei der Beklagten Bodenfliesen und hat, nachdem er sie in seinem Wohnhaus verlegen ließ, wegen Mangelhaftigkeit der Kaufsache die Lieferung neuer Fliesen sowie die Zahlung zukünftig noch entstehender Aus- und Einbaukosten in Höhe von 5.830,57 € begehrt.

Das Landgericht hat der Klage zu einem geringen Teil in Höhe von 273,10 € stattgegeben und sie im Übrigen, namentlich wegen der Ausbaukosten, abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte dagegen unter anderem zur Zahlung der Kosten für den Ausbau der Fliesen in Höhe von 2.122,37 € verurteilt und im Wesentlichen ausgeführt: Die von der Beklagten übergebenen Fliesen seien bei Gefahrübergang mangelhaft gewesen, weil sie herstellungsbedingte Polierfehler aufwiesen und damit für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung als Bodenbelag im Wohnbereich eines Einfamilienhauses ungeeignet seien. Der Kläger könne daher gemäß § 437 Nr. 1 BGB - verschuldensunabhängig - Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB verlangen. Zu den von dem Verkäufer zu tragenden Nacherfüllungskosten im Sinne des § 439 Abs. 2 BGB gehörten zwar nicht die Kosten für die Neuverlegung der mangelfreien Fliesen, es würden davon jedoch die Kosten für den Ausbau der bereits eingebauten mangelhaften Fliesen erfasst. Die Beklagte könne die Nacherfüllung auch nicht nach § 439 Abs. 3 BGB verweigern, denn es könne nicht festgestellt werden, dass die anfallenden Kosten unverhältnismäßig hoch seien.

Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Nachdem der Senat einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Neuverlegung mit seinem Urteil vom 15. Juli 2008 (Pressemitteilung Nr. 133/08 vom 15. Juli 2008) verneint hat, wird er nunmehr darüber zu entscheiden haben, ob die Ausbaukosten von dem verschuldensunabhängigen Nacherfüllungsanspruch umfasst werden.

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt (Verhandlungstermin: 12. November 2009 – EuGH-Vorlage)

Xa ZR 58/07

Bundespatentgericht – Entscheidung vom 5. Dezember 2006 – 3 Ni 42/04

Der Beklagte ist Inhaber eines am 19. Dezember 1997 angemeldeten und am 29. April 1999 erteilten deutschen Patents, das neurale Vorläuferzellen, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung zur Therapie von neuralen Defekten betrifft. Der Kläger - Greenpeace e.V. - greift dieses Patent mit der Patentnichtigkeitsklage an, soweit es um Zellen geht, die aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnen werden.

Nach den Ausführungen in der Patentschrift stellt die Transplantation von Hirnzellen in das Nervensystem eine Erfolg versprechende Methode für die Behandlung zahlreicher neurologischer Erkrankungen dar. Ausgereifte Nervenzellen weisen danach nur eine geringe Regenerationsfähigkeit auf. Deshalb werden überwiegend Transplantate vorwiegend aus dem embryonalen Gehirn gewonnen. Das Patent beschreibt einen Weg, auf dem für die Transplantation geeignete Zellen - so genannte Vorläuferzellen - aus embryonalen Stammzellen gewonnen werden können, und beansprucht Schutz für dieses Verfahren und die Vorläuferzellen.

Der Kläger hat beantragt, das Patent wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten für nichtig zu erklären, soweit die Patentansprüche Vorläuferzellen umfassen, die aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnen werden. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat unter anderem geltend gemacht, die Patentansprüche seien nicht auf eine Verwendung menschlicher Embryonen gerichtet. Die Möglichkeit, dass in einem dem patentgemäßen Verfahren vorgelagerten Schritt menschliche Embryonen "verbraucht" würden, begründe keinen Verstoß des Patents gegen die öffentliche Ordnung.

Das in erster Instanz zuständige Bundespatentgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und das Patent für nichtig erklärt, soweit es Zellen umfasst, die aus embryonalen Stammzellen von menschlichen Embryonen gewonnen werden. Im genannten Umfang verstoße der Gebrauch der Erfindung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten. Dies ergebe sich aus § 2 Abs. 2 des Patentgesetzes in der seit dem 28. Februar 2005 geltenden Fassung, aber auch aus der zuvor geltenden Fassung des Patentgesetzes und der für die Auslegung heranzuziehenden Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz biotechnologischer Erfindungen vom 6. Juli 1998 und des deutschen Embryonenschutzgesetztes vom 13. Dezember 1990.

Gegen die Entscheidung des Bundespatentgerichts hat der beklagte Patentinhaber Berufung eingelegt. Für die Entscheidung über dieses Rechtsmittel ist nach dem Patentgesetz der Bundesgerichtshof zuständig.

Das für die Erteilung europäischer Patente zuständige Europäische Patentamt hat in einem ähnlich gelagerten Fall vor kurzem entschieden, dass ein europäisches Patent nach den dafür einschlägigen Vorschriften nicht für Erzeugnisse erteilt werden darf, die im Anmeldezeitpunkt ausschließlich durch ein Verfahren hergestellt werden konnten, das zwangsläufig mit der Zerstörung der menschlichen Embryonen einhergeht, aus denen die Erzeugnisse gewonnen werden, selbst wenn dieses Verfahren nicht Teil der Ansprüche ist (Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts vom 25. November 2008 - G 2/06). Der Bundesgerichtshof wird gegebenenfalls zu entscheiden haben, ob Entsprechendes für die Erteilung deutscher Patente gilt.

Termin: noch nicht bestimmt

1 StR 245/09

Landgericht Hamburg – Urteil vom 9. Mai 2008 – 620 KLs 5/04 5500 Js 97/03

Das Landgericht Hamburg hat den ehemaligen Verwaltungsratsvorsitzenden des Schweizer Unternehmens Distefora Holding AG Alexander Falk nach einer über drei Jahre dauernden Hauptverhandlung wegen versuchten Betruges in Tateinheit mit unrichtiger Darstellung gemäß § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG und mit Beihilfe zur unrichtigen Darstellung der Verhältnisse einer Kapitalgesellschaft im Jahresabschluss gemäß § 331 Abs. 1 Nr. 1 HGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Daneben hat es vier Mitangeklagte, die ebenfalls in diesem Unternehmen oder in Tochtergesellschaften beschäftigt waren, wegen Beteiligung an diesen Taten, zwei der Mitangeklagten zudem wegen Steuerhinterziehung, verurteilt. Es hat insoweit eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie zwei zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafen von je zwei Jahren und eine Freiheitsstrafe von acht Monaten verhängt, die es ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt hat.

Nach den Urteilsfeststellungen verkaufte die Distefora Holding AG, vertreten durch ihren Verwaltungsratsvorsitzenden, im Dezember 2000 einen über 75%igen Mehrheitsanteil an der Ision AG an die englische Gesellschaft Energis plc. Sowohl die Ision AG als auch die Energis plc. betätigten sich im Bereich der Informationstechnologie und zählten insoweit zu den Unternehmen der "new economy". Für die Übertragung der Geschäftsanteile an der Ision AG hatte die Energis plc. an die Distefora Holding AG rund 210 Mio. Euro in bar zu zahlen und 62 Millionen neu herauszugebende Aktien mit einem Bezugspreis von 552 Mio. Euro zu übertragen. Der Gesamtkaufpreis für die Ision-Aktien betrug danach nominal 762 Mio. Euro.

Nach den Feststellungen des Landgerichts hatten die Angeklagten im Vorfeld des Geschäftes durch die Verbuchung von Scheinrechnungen die Umsatz- und Ertragszahlen gezielt manipuliert, um die späteren Käufer der Geschäftsanteile über die tatsächliche wirtschaftliche Situation des Unternehmens zu täuschen. Nach den Vorstellungen des angeklagten Verwaltungsratsvorsitzenden sollte der Erwerber der Geschäftsanteile infolge der Täuschung einen Kaufpreis zahlen, der den Marktwert der erworbenen Beteiligungen an der Ision AG um mindestens 30 Mio. Euro überstieg. Gemäß dem Tatplan wurden die Verantwortlichen der Energis plc. auch getäuscht und schlossen in Verkennung der tatsächlichen Umstände einen entsprechenden Vertrag mit der Distefora Holding AG ab.

Zur Bestimmung eines hinreichend objektivierten Verkehrswerts für das Ision-Aktienpaket für den Zeitpunkt des Verkaufs sah sich das Landgericht außerstande. Da ihm deshalb auch keine Feststellungen zum Eintritt eines Schadens bei der Energis plc. möglich erschienen, hat es die Angeklagten lediglich wegen versuchten Betruges bzw. wegen der Teilnahme hieran verurteilt. Die von der Staatsanwaltschaft Hamburg beantragte Anordnung von Verfall bzw. von Verfall des Wertersatzes, mit der die durch die Straftaten erzielten Gewinne bei den Angeklagten oder diesen nahe stehenden Personen abgeschöpft werden sollten, hat das Landgericht abgelehnt, weil es die Voraussetzungen für eine Verfallsanordnung nicht für gegeben hielt.

Die Angeklagten wenden sich gegen ihre Verurteilung mit auf Verfahrens- und Sachrügen gestützten Revisionen. Demgegenüber erstrebt die Staatsanwaltschaft bei einzelnen Angeklagten höhere Strafen sowie die Anordnung des Verfalls.

Termin: noch nicht bestimmt

1 StR 220/09

Landgericht Nürnberg/Fürth – Entscheidung vom 24. November 2008 – 3 KLs 501 Js 1777/2008

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Arbeitnehmerorganisation AUB wegen jeweils mehrerer Fälle des Betruges in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue, der Steuerhinterziehung und der Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte bereits zu Beginn der 1990er Jahre mit einzelnen Mitgliedern des Vorstandes und weiteren Führungskräften der Siemens AG vereinbart, die Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Betriebsangehöriger – AUB e.V., deren Vorsitzender der Angeklagte war, durch verschleierte finanzielle Zuwendungen der Siemens AG zu finanzieren und zu fördern. Ziel war dabei, die AUB als Gegengewicht zur IG Metall aufzubauen und dadurch bei betrieblichen Fragen in Betriebsräten und Aufsichtsräten mehr Pluralität herzustellen. Durch die Wahl von AUB-Kandidaten in die Betriebsräte der Siemens AG sollten Mehrheitsverhältnisse geschaffen werden, die Betriebsvereinbarungen möglich machten, die aus Arbeitgebersicht wirtschaftliche Vorteile boten und firmenstrategische Maßnahmen erleichterten.

Die vereinbarte Förderung der AUB erfolgte ab dem Jahr 1991 im Wesentlichen durch Zahlungen in Millionenhöhe, die auf der Grundlage fingierter Beratungs- und Schulungsverträge zunächst indirekt über weitere Firmen an den Angeklagten geleistet wurden. Die Zahlungen wurden bei der Siemens AG als Betriebsausgaben gewinnmindernd verbucht. Spätestens ab dem Jahr 1996 wurde die Verwendung der Mittel durch den Angeklagten – abgesehen von einzelnen Plausibilitätskontrollen – seitens der Siemens AG nicht mehr kontrolliert.

Seit dem Jahr 2001 wurden die Zahlungen auf der Grundlage einer von dem damaligen Vorstand des Bereiches Automation and Drives (A & D) für die Siemens AG unterzeichneten Rahmenvereinbarung direkt an eine von dem Angeklagten gegründete Firma für Unternehmensberatung und Mitarbeiterschulung geleistet. Die Zahlungen wurden jeweils nach Freigabe durch den Bereichsvorstand – nach dessen Wechsel in die Konzernzentrale durch den in die Hintergründe der Rechnungsstellung eingeweihten neuen Bereichsvorstand – vom Leiter der Abteilung Rechnungswesen des Bereiches A & D veranlasst. Insgesamt leistete die Siemens AG in den Jahren 2001 bis 2006 auf 44 vom Angeklagten auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung erstellte Rechnungen über tatsächlich nicht erbrachte Beratungsleistungen hin einen Gesamtbetrag von 30,3 Mio. Euro.

Wegen der fehlenden Kontrolle der Mittelverwendung gelang es dem Angeklagten, mehr als drei Mio. Euro der von der Siemens AG für die Förderung der AUB zur Verfügung gestellten Gelder zweckwidrig für private Zwecke, dabei Sportsponsoring in großem Umfang, zu verwenden. In seinen Steuererklärungen machte er die privaten Aufwendungen zu Unrecht als Betriebsausgaben geltend und verschwieg zudem Einkünfte.

Nach Auffassung des Landgerichts hat sich der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung und im Hinblick auf die Täuschung der Verantwortlichen der Siemens AG über die Verwendung der für die AUB bestimmten Mittel wegen Betruges strafbar gemacht. Zudem habe der Angeklagte den bei der Siemens AG für die verdeckten Zahlungen Verantwortlichen Beihilfe zur Untreue und zur Steuerhinterziehung geleistet. Die Untreue bestehe darin, dass durch die Verschleierung der Zahlungen pflichtwidrig dem Vermögen der Siemens AG ein Nachteil zugefügt worden sei. Steuern seien bei der Siemens AG hinterzogen worden, weil die Zuwendungen an die AUB als rechtswidrige Gewährung von Vorteilen zur Beeinflussung von Betriebsratswahlen (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG*) zu werten seien und deshalb der für die Zahlungen vorgenommene steuerliche Betriebsausgabenabzug unzulässig gewesen sei (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG**).

Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrens- und Sachrügen gestützten Revision. Der zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufene 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs wird im Hinblick auf die vom Landgericht angenommene Beihilfestrafbarkeit des Angeklagten insbesondere zu klären haben, ob die für die Zahlungen an den Angeklagten verantwortlichen Führungskräfte der Siemens AG hierdurch die Straftatbestände der Untreue (§ 266 StGB***) und der unzulässigen Beeinflussung von Betriebsratswahlen (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). erfüllt haben.

*§ 119 BetrVG Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. eine Wahl des Betriebsrats, ……………. behindert oder durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflusst,

…………….

**§ 4 EStG Gewinnbegriff im Allgemeinen

…………….

(5) Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

…………….

10. die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. ……………. …………….

***§ 266 StGB Untreue

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft

eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

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Termin: noch nicht bestimmt

1 StR 188/10

LG München II - 7 Kls 24 Js 39202/08 – Entscheidung vom 19. August 2009

Das Landgericht München II (7 Kls 24 Js 39202/08) hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 215 Fällen und wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 82 Fällen, davon in 15 Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

Nach den Feststellungen des Landgerichts war der geständige Angeklagte über lange Jahre als Leichtathletiktrainer unter anderem auch für den Bayerischen und den Deutschen Leichtathletikverband tätig. In seiner Funktion als Leichtathletiktrainer an der Sportförderschule des Isar-Sportgymnasiums in München nahm der Angeklagte zwischen Herbst 1990 und Juli 2008 an mehreren seiner Schüler, die zum Teil noch nicht 14 Jahre alt waren, sexuelle Handlungen vor. Dabei kam es unter anderem auch zu Oral- und Analverkehr bis zum Samenerguss. Die geschädigten Schüler ließen die sexuellen Handlungen des Angeklagten nur deshalb über sich ergehen, weil dieser ihr Trainer war und weil sie bei einer Weigerung Konsequenzen für ihr sportliches Fortkommen fürchteten. Das Landgericht hat den Angeklagten für voll schuldfähig erachtet. Aus der Störung seiner sexuellen Präferenz ergab sich für die sachverständig beratene Kammer auch angesichts der Tatausführung, bei der der Angeklagte bewusst das Abhängigkeitsverhältnis zu seinen Schülern ausgenutzt habe, keine Einschränkung seiner Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit. Das Landgericht ist aufgrund eines Sachverständigengutachtens zudem zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Angeklagten die Gefahr besteht, dass er auch nach der Haftverbüßung aufgrund seiner Neigungen immer wieder mit Sexualstraftaten an Kindern oder Schutzbefohlenen straffällig wird. Es hat deshalb neben der Gesamtfreiheitsstrafe auch die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

Mit seiner Revision wendet sich der Angeklagte gegen das Urteil des Landgerichts. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Termin: noch nicht bestimmt

1 StR 103/10

LG Stuttgart - 1 Ks 112 Js 38834/09 – Entscheidung vom 22. September 2009

Das Landgericht Stuttgart (1 Ks 112 Js 38834/09) hat die Angeklagte am 22. September 2009 wegen der Ermordung ihrer beiden kleinen Kinder zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts trennte sich die zur Tatzeit 42 Jahre alte Angeklagte am 8. Mai 2008 von ihrem Ehemann und zog mit ihren beiden Kindern, die zur Tatzeit 4 und 5 Jahre alt waren, zunächst zu ihrer Mutter nach Esslingen. Später bewohnte sie eine Doppelhaushälfte in Schorndorf-Miedelsbach. Im Zuge der Trennung kam es zwischen der Angeklagten und ihrem Ehemann zu heftigen Streitigkeiten wegen des Umgangs- und Sorgerechts. Die Angeklagte, die völlig auf ihre Kinder fixiert war, wollte unter allen Umständen einen Umgang des Vaters mit seinen Kindern verhindern, weil sie befürchtete, die Zuneigung der Kinder zu verlieren. Zu diesem Zweck hielt sie zunächst ihren und den Aufenthaltsort der Kinder geheim, sie beantragte das alleinige Sorgerecht für sich und erstattete gegen ihren Ehemann Strafanzeige, in der sie wahrheitswidrig behauptete, dass er ihre gemeinsame Tochter sexuell missbraucht hätte. Im gerichtlichen Umgangsstreitverfahren wurde vom Amtsgericht ein psychiatrisches Gutachten eingeholt, das im Ergebnis die Erziehungseignung der Angeklagten in Zweifel zog und die Möglichkeit eines späteren Aufenthaltswechsels der Kinder in den Raum stellte. Die Angeklagte schloss daraufhin mit ihrem Ehemann einen Vergleich, wonach dieser die Kinder ab dem 25. April 2009 jedes zweite Wochenende zu sich nehmen sollte. Nach dem ersten unbegleiteten Besuchswochenende am 25./26. April 2009 und vor dem nächsten geplanten am 9. Mai 2009, spätestens jedoch am 8. Mai 2009 – mithin genau ein Jahr nach der Trennung von ihrem Ehemann –, entschloss sich die Angeklagte, zuerst ihre Kinder und dann sich selbst zu töten. In Umsetzung ihres Tatplanes ließ sie ein Bad ein, sie entkleidete sich und die Kinder und setzte sich mit diesen in die Badewanne. Dort drückte sie gleichzeitig die Köpfe ihrer beiden Kinder, die sich eines Angriffes auf ihr Leben seitens ihrer Mutter nicht versahen, solange unter Wasser, bis sie tot waren. Anschließend versuchte sie, sich mit Messerstichen selbst zu töten, was ihr jedoch nicht gelang.

Das Landgericht hat die Tat der Angeklagten als Heimtückemord bewertet und diese für voll schuldfähig erachtet. Der Einlassung der Angeklagten, die in der Hauptverhandlung behauptet hat, sie habe vor der Tat die Stimme ihres verstorbenen Vaters gehört, der sie mit den Worten "Kommt zu mir; hier habt ihr Ruhe und Frieden" gelockt habe, ist das Landgericht nicht gefolgt. Die Angeklagte wendet sich mit ihrer Revision gegen das landgerichtliche Urteil Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Termin: nicht bestimmt

3 StR 573/09

OLG Koblenz - Urteil vom 13. Juli 2009 - 2 StE 6/08 - 8

Das Oberlandesgericht Koblenz hat den Angeklagten wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit mehreren Verstößen gegen das gegen Al Qaida verhängte Wirtschafts-Embargo zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.

Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts war der Angeklagte - ein 1962 in Pakistan geborener sunnitischer Muslim - 1987 nach Deutschland gekommen, 1992 eingebürgert worden, hatte eine Deutsche geheiratet, eine Familie gegründet und in verschiedenen Berufsfeldern gearbeitet. Spätestens ab Sommer 2004 bis zu seiner Verhaftung im Februar 2008 war er Mitglied in der ausländischen terroristischen Vereinigung Al Qaida. In dieser Eigenschaft brachte er Ausrüstungsgegenstände und Geld für Al Qaida in das pakistanisch-afghanische Grenzgebiet, bemühte sich um die Rekrutierung von Kämpfern, warb Unterstützer, nahm selbst an Ausbildungen der Al Qaida teil und stellte sich als Kämpfer zur Verfügung. Kenntnis von diesen Taten erlangten die deutschen Ermittlungsbehörden, nachdem der Angeklagte in Pakistan festgenommen und vom pakistanischen Geheimdienst vernommen worden war. Dabei hatte er die Taten zugegeben. Zur Überzeugung des Oberlandesgerichts war der Angeklagte dabei auch geschlagen worden.

Der Angeklagte, der nach seiner Rückkehr nach Deutschland die Tatvorwürfe bestritten und seine Angaben in Pakistan als durch Folter erzeugte unwahre Geständnisse bezeichnet hat, wendet sich mit seiner Revision gegen die Verurteilung. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, das Rechtsmittel durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.

Im Mittelpunkt des Revisionsverfahrens wird zum einen die Frage nach der Verwertbarkeit der pakistanischen Ermittlungsberichte und deren Bedeutung für die Aufklärung des Sachverhalts stehen. Zum anderen wird sich der 3. Strafsenat wegen der festgestellten Transfers von Geld und Ausrüstungsgegenständen auch mit den sich daraus ergebenden Problemen des Außenwirtschaftsrechts zu befassen haben.

Termin: noch nicht bestimmt

5 StR 555/09

LG Potsdam – 456 Js 47221/05 24 KLs 22/08 – Entscheidung vom 19. Juni 2009

Strafverfahren gegen Strafrichter und Oberstaatsanwalt aus Brandenburg

wegen Rechtsbeugung

Mit Urteil vom 19. April 2009 hat das Landgericht Potsdam einen 43 Jahre alten Richter und einen 53 Jahre alten Oberstaatsanwalt jeweils wegen Rechtsbeugung in Tateinheit mit schwerer Freiheitsberaubung schuldig gesprochen und sie zu einer Freiheitsstrafen von zwei Jahren bzw. einem Jahr und acht Monaten jeweils mit Bewährung verurteilt.

Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte M. als Vorsitzender einer Abteilung des Schöffengerichts am Amtsgericht Eisenhüttenstadt im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Untreue "absichtlich ein Reihe von schweren Verfahrensverstößen begangen", um dem dortigen Angeklagten A. und weiteren Personen – auch willkürlich – Nachteile zuzufügen. Insbesondere nahm er an einem Verhandlungstag neben dem Angeklagten A. auch dessen Ehefrau und Verteidiger, die er kurz zuvor als Zeugen vernommen hatte, fest und erließ gegen sie wegen des Verdachts einer Beteiligung an der dem Angeklagten A. vorgeworfenen Tat Haftbefehl. Die Ermittlungsverfahren gegen beide waren zu diesem Zeitpunkt noch bei der der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder anhängig. Gegen beide wurde auf Grund dieses Haftbefehls Untersuchungshaft von etwa einer Woche vollstreckt. Der Angeklagte wollte zur Überzeugung des Landgerichts das Verfahren schnellstmöglich abschließen und zu diesem Zweck den aus seiner Sicht tatverdächtigen und konfliktbereiten Verteidiger aus dem Verfahren ausschließen. Nach Auffassung des Landgerichts hat sich der angeklagte Oberstaatsanwalt P. der Mittäterschaft schuldig gemacht. Als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder stellte er namentlich den Antrag auf Erlass der genannten Haftbefehle, obgleich auch aus seiner Sicht keine Haftgründe vorlagen.

Gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam wenden sich beide Angeklagte mit Verfahrens- und Sachrügen und erstreben eine Urteilsaufhebung und Zurückverweisung zu neuer Verhandlung. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, beide Revisionen zu verwerfen.

§ 339 (Rechtsbeugung) lautet:

Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

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