Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 39/2008

 

Verurteilungen wegen Totschlags aus Blutrache rechtskräftig

Das Landgericht Wiesbaden hat – nach einer vom Juni 2005 bis zum Februar 2007 andauernden Hauptverhandlung – den Angeklagten Aydin K., einen heute 64 Jahre alten türkischen Kurden, wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten sowie den zweiten seiner drei Söhne, den heute 32 Jahre alten Angeklagten Ertac K., wegen Beihilfe zum Totschlag zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Die angeklagte Tat stand nach den Feststellungen des Landgerichts vor dem Hintergrund einer Serie mit Waffengewalt ausgetragener Auseinandersetzungen türkischer Krimineller im Raum Wiesbaden, in deren Zuge bereits von November 2001 bis April 2003 insgesamt vier Männer erschossen worden waren. Einer der Getöteten war der jüngste der drei Söhne des Angeklagten Aydin K. gewesen. Die Angehörigen der Familie K. hielten den türkisch-alevitischen Kickboxveranstalter Polat T. für den Verantwortlichen am Tod des Sohnes; die beiden Angeklagten fassten deshalb gemeinsam mit Remzi K., dem ältesten der drei Söhne des Angeklagten Aydin K., den Entschluss, Polat T. aus Rache zu töten. Die konkrete Tatausführung sollte dabei allein Remzi K. obliegen. Der Angeklagte Aydin K. hatte aus Verzweiflung über den Tod seines Sohnes maßgeblichen Einfluss auf Tatentschluss und -planung genommen und auch in der Folgezeit Druck auf seinen ältesten Sohn ausgeübt, damit dieser Polat T. tötete. Der Angeklagte Ertac K. hatte an verschiedenen Gesprächen zur Vorbereitung der Tat teilgenommen und logistische Aufgaben zur Tatvorbereitung übernommen.

In Ausführung des Tatentschlusses erschoss Remzi K. am Abend des 17.5.2004 Polat T. vor einem Sportstudio in Oberursel mit fünf Schüssen.

Remzi K. ist seit der Tat flüchtig. Auch dem Fahrer des von ihm bei der Tat genutzten Fluchtfahrzeuges war es zunächst gelungen, sich in die Türkei abzusetzen, wo er jedoch festgenommen und durch ein Schwurgericht in Antalya am 22.12.2006 zu lebenslanger Freiheitsstrafe wegen Mordes an Polat T. verurteilt wurde. Der Angeklagte Ertac K. hatte ebenfalls den Versuch einer Flucht in die Türkei unternommen, war jedoch am 31.5.2004 von italienischen Behörden festgenommen und einige Monate später nach Deutschland ausgeliefert worden.

Das Landgericht hat die Tatbeteiligung des Angeklagten Aydin K. als Mittäterschaft und diejenige des Angeklagten Ertac K. als Beihilfe zum Totschlag gewertet. Das Vorliegen eines Mordmerkmals hat es verneint.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 27. Februar 2008 sowohl die Revisionen der beiden Angeklagten als auch die Revisionen mehrerer Angehöriger des Getöteten, die sich dem Verfahren als Nebenkläger angeschlossen hatten und die eine Verurteilung wegen Mordes erstrebten, als unbegründet verworfen. Die Verurteilungen sind damit rechtskräftig.

Beschluss vom 27. Februar 2008 – 2 StR 520/07

Landgericht Wiesbaden – Urteil vom 5. März 2007 - 16 Ks 3362 Js 28436/03

Karlsruhe, den 3. März 2008

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