Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 174/2013

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgende Terminhinweise geben:

Verhandlungstermin: 25. Oktober 2013

V ZR 212/12

AG Lüdenscheid - Urteil vom 19. Januar 2012 – 97a C 33/11

LG Dortmund - Urteil vom 20. Juli 2012 – 17 S 55/12

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Zutritt zu den Wohnungen erfolgt über Laubengänge, die von dem Treppenhaus aus zugänglich sind. In der Eigentümerversammlung vom 15. Juni 2011 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, dass die an den Laubengängen gelegenen Wohnungsabschlusstüren der einzelnen Einheiten auf bestimmte Weise zu gestalten seien. Festgelegt wurde unter anderem, dass sie aus Holz in der Farbe "mahagonihell" gefertigt sein und einen Glasscheibeneinsatz genau festgelegter Größe in "drahtornamentweiß" enthalten müssten.

Die Klägerin hält diesen Beschluss für nichtig. Sie meint, die Wohnungsabschlusstür gehöre zu ihrem Sondereigentum. Jedenfalls dürfe sie über die farbliche Gestaltung der Innenseite ihrer Tür selbst entscheiden.

Das Amtsgericht hat antragsgemäß die Nichtigkeit des Beschlusses festgestellt. Das Landgericht hat das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es meint, dass Wohnungsabschlusstüren gemäß § 5 Abs. 1 und 2 WEG* insgesamt zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümer stünden. Der Beschluss entspreche auch ordnungsmäßiger Verwaltung, weil er ein optisch einheitliches Erscheinungsbild der Anlage sicherstelle.

Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision will die Klägerin das Urteil des Amtsgerichts wiederherstellen lassen.

*§ 5 WEG Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums

(1) Gegenstand des Sondereigentums sind die gemäß § 3 Abs. 1 bestimmten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird.

Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, sind nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden.

Verhandlungstermin: 25. Oktober 2013

V ZR 230/12

LG Aachen – Urteil vom 19. Dezember 2011 – 11 O 279/11

OLG Köln - Urteil vom 11. September 2012 – 3 U 7/12

Verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch auch im Verhältnis von Wohnungseigentümern?

Die Beklagte betrieb im dritten Obergeschoss eines Gebäudes ein ambulantes Operationszentrum. In dem darunter liegenden Stockwerk befand sich die Arztpraxis von Dr. W. (im Folgenden Versicherungsnehmer), dessen Versicherer die Klägerin ist. Das Grundstück ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt. Sowohl der Beklagten als auch dem Versicherungsnehmer waren die von ihnen genutzten Räume, die im (Sonder-)Eigentum unterschiedlicher Wohnungseigentümer stehen, jeweils mietweise überlassen worden. In der Nacht vom 7. auf den 8. Juni 2007 löste sich im Sterilisationsraum der Beklagten eine Schlauchverbindung, wodurch es zu einem Wasseraustritt und zu Schäden auch in den Praxisräumen des Versicherungsnehmers kam. Den Schaden glich die klagende Versicherung in Höhe von 165.889,76 € aus. Diesen Betrag verlangt sie nunmehr von der Beklagten aus übergegangenem Recht.

Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dabei hat es offen gelassen, ob die Beklagte ein Verschulden an dem Schadensereignis trifft.

Im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Eigentümern benachbarter Grundstücke ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dem beeinträchtigten Grundstückseigentümer bzw. dessen Mieter ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zustehen kann. Die von dem Berufungsgericht bejahte Frage, ob gleiches auch im Verhältnis von Sondereigentümern (bzw. hier deren Mietern) gilt, ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden. Die Frage wird nunmehr in dem anhängigen Revisionsverfahren zu klären sein.

* § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

Verhandlungstermin: 31. Oktober 2013

I ZR 162/10, I ZR 28/11, I ZR 29/11, I ZR 30/11 (Vergütungspflicht für PCs und Drucker)

I ZR 162/10

LG Stuttgart - Urteil vom 22. Dezember 2004 - 17 O 392/04, CR 2005, 378

OLG Stuttgart - Urteil vom 11. Mai 2005 - 4 U 20/05, GRUR 2005, 943

BGH - Urteil vom 6. Dezember 2007 - I ZR 94/05, BGHZ 174, 359 - Drucker und Plotter I

BVerfG - Beschluss vom 30. August 2010 - 1 BvR 1631/08, GRUR 2010, 999

BGH - Beschluss vom 21. Juli 2011 - I ZR 162/10 - Drucker und Plotter II, ZUM 2011, 729

und

I ZR 30/11

LG München I - Urteil vom 23. Dezember 2004 - 7 O 18484/03, ZUM 2005, 241

OLG München - Urteil vom 15. Dezember 2005 - 29 U 1913/05, ZUM 2006, 239

BGH - Urteil vom 2. Oktober 2008 - I ZR 18/06, GRUR 2009, 53 - PC I

BVerfG - Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 506/09, GRUR 2011, 225

BGH - Beschluss vom 21. Juli 2011 - I ZR 30/11 - PC II, GRUR 2011, 1012 = WRP 2011, 1483

und

I ZR 28/11

LG Düsseldorf - Urteil vom 25. Januar 2006 - 12 O 110/05

OLG Düsseldorf - Urteil vom 23. Januar 2007 - 20 U 38/06, GRUR 2007, 416

BGH - Beschluss vom 14. August 2008 - I ZR 17/07, juris

BVerfG - Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2760/08, GRUR 2011, 223

BGH - Beschluss vom 21. Juli 2011 - I ZR 28/11, GRUR 2011, 1007 = WRP 2011, 1478

und

I ZR 29/11

LG Düsseldorf - Urteil vom 29. November 2006 - 12 O 8/06

OLG Düsseldorf - Urteil vom 13. November 2007 - 20 U 186/06, MMR 2008, 100

BGH - Beschluss vom 14. August 2008 - I ZR 208/07, juris

BVerfG - Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2742/08, CR 2011, 86

BGH - Beschluss vom 21. Juli 2011 - I ZR 29/11, ZUM-RD 2011, 537

EuGH - Urteil vom 27. Juni 2013 - C-457/11 bis C-460/11, GRUR 2013, 812 - VG Wort

Bei den zur Verhandlung anstehenden Sachen handelt es sich um Parallelverfahren, in denen der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs abschließend darüber zu entscheiden hat, ob PCs und Drucker zu den vergütungspflichtigen Vervielfältigungsgeräten nach § 54a Urheberrechtsgesetz in der bis zum 31. Dezember 2007 gültigen Fassung (UrhG aF) gehören.

Der Urheber eines Werkes hatte nach dem bis Ende 2007 geltenden und in den zu entscheidenden Fällen noch anzuwendenden Recht einen Vergütungsanspruch gegen den Hersteller, den Importeur und den Händler von Geräten, wenn diese Geräte dazu bestimmt sind, ein derartiges Werk "durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung" zu vervielfältigen (§ 54a Abs. 1 Satz 1 UrhG aF). Dieser Vergütungsanspruch soll dem Urheber einen Ausgleich dafür verschaffen, dass Vervielfältigungen seines Werkes zum eigenen Gebrauch unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne seine Zustimmung zulässig sind.

Nach der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Regelung, die in den in Rede stehenden Fällen noch nicht anzuwenden ist, besteht ein Vergütungsanspruch hinsichtlich sämtlicher Gerätetypen, die zur Vornahme von bestimmten Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch benutzt werden (§ 54 Abs. 1 UrhG). Der Vergütungsanspruch hängt danach nicht mehr davon ab, dass die Geräte dazu bestimmt sind, ein Werk "durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung" zu vervielfältigen.

Die Klägerin ist die VG Wort. Sie nimmt die urheberrechtlichen Befugnisse von Wortautoren und Verlegern wahr. Die Beklagten vertreiben in Deutschland Drucker und PCs, die sie selbst herstellen oder importieren. Die Klägerin nimmt die unterschiedlichen Beklagten in vier verschiedenen Verfahren auf Zahlung einer Vergütung für diese Geräte in Anspruch. Das OLG Stuttgart und das OLG München haben den dort erhobenen Klagen weitgehend stattgegeben. Der Bundesgerichtshof hat diese Urteile aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das OLG Düsseldorf hat in zwei weiteren Verfahren die dort erhobenen Klagen abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Revision gegen diese Urteile zurückgewiesen. Das Bundesverfassungsgericht hat sämtliche Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aufgehoben und die Sachen an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof hat mit Beschlüssen jeweils vom 21. Juli 2011 die Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft zur Vorabentscheidung vorgelegt (vgl. dazu Pressemitteilung Nr. 134/2011).

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Vorlagefragen im Wesentlichen dahin beantwortet, dass auch aufgrund der Vervielfältigung geschützter Werke durch Drucker oder PCs eine Urheberrechtsabgabe erhoben werden könne. Der Ausdruck "Vervielfältigungen mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung" im Sinne vom Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG sei dahin auszulegen, dass er auch Vervielfältigungen mittels PCs und Drucker erfasse, wenn diese Geräte miteinander verbunden seien. Sofern die betreffenden Vervielfältigungen in einem einheitlichen Verfahren mit Hilfe einer Kette von Geräten angefertigt werden, stehe es den Mitgliedsstaaten frei, ein System einzuführen, bei dem der gerechte Ausgleich von denjenigen - Herstellern, Importeuren oder Händlern - entrichtet wird, die über ein Gerät verfügen, das als Teil dieser Kette in nicht eigenständiger Weise zu diesem Verfahren beiträgt. Diese hätten die Möglichkeit, die Kosten der Abgabe auf ihre Kunden abzuwälzen. Die Zustimmung des Rechteinhabers zur Vervielfältigung habe dabei keine Auswirkungen auf den nach den Bestimmungen der Richtlinie vorgesehenen gerechten Ausgleich.

Mit ihrer Revision verfolgen die jeweiligen Revisionskläger ihre ursprünglichen Anträge weiter.

Verhandlungstermin: 31. Oktober 2013

I ZR 164/12 (Tippfehler-Domain)

LG Köln - Urteil vom 9. August 2011 - 81 O 42/11, juris

OLG Köln - Urteil vom 10. Februar 2012 - 6 U 187/11, WRP 2012, 989

Die Klägerin betreibt unter dem Domainnamen "www.wetteronline.de" einen Wetterdienst. Der Beklagte ist Inhaber verschiedener so genannter "Tippfehler-Domains", die sich eng an bekannte Domainnamen anlehnen, unter anderem des Domainnamens "Wetteronlin.de". Nutzer, die durch einen Tippfehler auf die Internetseite des Beklagten gelangen, werden von dort auf eine Internetseite weitergeleitet, die für private Krankenversicherungen wirbt. Hierfür erhält der Beklagte ein Entgelt.

Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - geltend gemacht, sie werde dadurch, dass der Beklagte Interessenten, die auf ihre Seite gelangen wollten, auf die vorerwähnte Seite umleite, in unlauterer Weise behindert und zugleich in ihrem Namensrecht verletzt. Sie hat den Beklagten daher auf Unterlassung der Benutzung des Domainnamens "www.wetteronlin.de" sowie zur Löschungseinwilligung und Auskunft in Anspruch genommen sowie die Feststellung seiner Schadensersatzpflicht begehrt.

Das Landgericht hat den Beklagten weitestgehend antragsgemäß verurteilt. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat angenommen die geltend gemachten Ansprüche bestünden sowohl unter dem Gesichtspunkt einer wettbewerbswidrigen Behinderung als auch einer Verletzung des Namensrechts. Dem könne der Beklagte kein schutzwürdiges Interesse daran entgegenhalten, potenzielle Nutzer der Internetseite der Klägerin auf die vom ihm geführte Seite umzuleiten. Vielmehr gingen der Klägerin auf diese Weise zumindest Werbeeinnahme verloren, weil eine Vielzahl der Nutzer sich aus Verärgerung oder weil sie sich mit dem Grund der Fehlleitung nicht näher befassen wollten, einen anderen Wetterdienst suchen würden.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.

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