Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 73/2002

 

Keine vorzeitige Entlassung des "Kalifen" von Köln

aus der Strafhaft

Der "Kalif" von Köln Muhammet Metin Kaplan verbüßt eine Freiheitsstrafe von vier Jahren, die das Oberlandesgericht Düsseldorf gegen ihn mit Urteil vom 15. November 2000 wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten verhängt hat. Seit Mai 1995 hatte er als "Kalif und Emir" die fundamentalistisch-islamische Bewegung "Kalifatsstaat" (Kaplan-Verband) geleitet. Nachdem diese Bewegung im Jahre 1996 durch das Auftreten eines "Gegenkalifen" erschüttert worden war, rief Kaplan in zwei Reden zur Tötung seines Gegners auf, der tatsächlich am 8. Mai 1997 in Berlin durch bislang unbekannt gebliebene Täter ermordet wurde.

Durch Verfügung des Bundesministeriums des Innern vom 8./12. November 2001 ist der "Kalifatsstaat" einschließlich seiner Teilorganisationen mit der Begründung verboten worden, die Vereinigung richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie den Gedanken der Völkerverständigung und gefährde die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Das Verbot ist nicht bestandskräftig; seine sofortige Vollziehung ist angeordnet.

Mit Beschluß vom 24. Mai 2002 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf den nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe gestellten Antrag des Verurteilten, die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung auszusetzen, abgelehnt und zugleich angeordnet, daß vor Ablauf von sechs Monaten ein neuer Aussetzungsantrag unzulässig ist. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs als unbegründet verworfen.

Zur Begründung hat er ausgeführt, das Oberlandesgericht habe mit zutreffender Begründung eine günstige Täterprognose verneint und deshalb den Strafrest nicht zur Bewährung ausgesetzt. Mehrere in einer Zeitung erschienenen Beiträge des Beschwerdeführers, in denen er sich als "Kalif" an seine Anhänger gewendet habe, begründeten die Besorgnis, er werde im Falle seiner vorzeitigen Entlassung bemüht sein, seine Gemeinde wieder um sich zu scharen und den verbotenen "Kalifatsstaat" unter konspirativen Umständen fortleben zu lassen. Die zu befürchtenden massiven Verstöße gegen das Vereinsgesetz - sowohl des Beschwerdeführers selbst als auch auf seine Veranlassung hin einer Vielzahl seiner Anhänger - bedrohten mittelbar auch die mit dem Vereinsverbot geschützten Rechtsgüter der verfassungsmäßigen Ordnung und der inneren Sicherheit. Diesem Gesichtspunkt komme hier deswegen besonderes Gewicht zu, weil der Beschwerdeführer das zu seiner Verurteilung wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten führende Verhalten nach wie vor für religiös geboten und allein in der Form für ungeschickt halte.

Beschluß vom 11. Juli 2002 - StB 13/02

Karlsruhe, den 11. Juli 2002

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