Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 3/2000

Vorschau auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs

in den nächsten Monaten des Jahres 2000

 

Verhandlungstermin: 07. Februar 2000

II ZR 373/98

Der Beklagte ist ausweislich seiner Satzung der zuchtbuchführende Rassezuchtverein für den Deutschen Schäferhund und vergibt insbesondere Rassekennzeichen. Der Kläger, seit Jahren Mitglied des Beklagten, will Deutsche Schäferhunde mit Ahnentafel züchten und ist deshalb auf die Mitgliedschaft beim Beklagten angewiesen. Die Parteien sind im Zusammenhang mit einer vom Beklagten gegen den Kläger verhängten Vereinsstrafe (Zuchtbuch- und Veranstaltungssperre, Aberkennung von Ausbildungskennzeichnung und Körung eines Hundes des Klägers) in Streit geraten. Im Prozeß berief sich der Beklagte auf die Einrede des Schiedsvertrages. Die Vereinsschiedsgerichtsbarkeit ist in der Satzung des Beklagten seit einer Änderung vorgesehen, zu der es kurz vor Rechtshängigkeit der vorliegenden Sache und ohne Zustimmung des Klägers gekommen ist. In den beiden Vorinstanzen ist die Klage als unzulässig abgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die – angenommene – Revision.

Der Fall wirft eine Reihe grundsätzlicher, über das Vereins- und Verbandsrecht hinaus auch in das Gesellschaftsrecht – und hier insbesondere auch in das Recht der Kapitalgesellschaften – ausstrahlender Rechtsfragen auf.

Kann einem Vereins- oder Verbandsmitglied das Recht auf den gesetzlichen staatlichen Richter zugunsten der Entscheidungsbefugnis eines privaten Schiedsgerichts gegen seinen Willen durch eine mehrheitlich beschlossene Änderung der Vereins- oder Verbandssatzung entzogen werden?

Wenn man dies verneint, so stellt sich die nächste Frage, ob die Klausel wenigstens für und gegen alle Mitglieder wirkt, die dem Verein oder Verband erst künftig, nach Änderung der Satzung beitreten, sowie für und gegen diejenigen, die der Satzungsänderung zugestimmt haben.

Der Klärung bedürftig ist ferner die Frage, ob bei Beurteilung der Zulässigkeit des Ausschlusses der ordentlichen Gerichte durch Satzungsklauseln ein Unterschied zu machen ist zwischen den Vereinen und Verbänden, bei denen der Bürger Mitglied sein muß, wenn er bestimmte wirtschaftliche oder soziale Tätigkeiten ausüben will (das sind die sog. sozial mächtigen Verbände und Vereine), und anderen Vereinigungen, denen keine solche Bedeutung zukommt (so daß es dem Bürger zumutbar ist, bei nachträglicher Einfügung einer Schiedsgerichtsklausel aus dem Verein auszutreten oder von vornherein von einem Beitritt zu einem solchen Verein abzusehen), oder ob die oben aufgeworfenen Rechtsfragen für alle Vereine, Verbände und möglicherweise auch Gesellschaften in gleicher Weise zu beantworten sind.

Die anstehende Entscheidung wird je nach Art des vom Senat für richtig befundenen rechtlichen Ansatzes, wenn schon nicht sämtliche, so doch jedenfalls einen Teil dieser Streitfragen einer höchstrichterlichen Klärung zuführen. (LG Augsburg/OLG München)

 

Verhandlungstermin: 09. Februar 2000

3 StR 377/99

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat die Angeklagte durch Urteil vom 16. November 1998 wegen Beihilfe zum Angriff auf den Luftverkehr, zur Geiselnahme, zum erpresserischen Menschenraub und zum versuchten Mord in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.

Nach den Feststellungen geriet die Angeklagte etwa in der Mitte der 70er Jahre im Rhein-Main-Gebiet unter den Einfluß extremistischer Kreise, die sich um die "Rote Armee Fraktion (RAF)" gebildet hatten. Ende 1975 hielt sie sich erstmals in einem militärischen Trainingslager der "Popular Front for the Liberation of Palastine (PFLP)" im Südjemen auf. Am 5. September 1977 entführte ein Kommando der RAF den damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer, um inhaftierte Gesinnungsgenossen freizupressen. In derselben Zeit erklärte sich die PFLP bereit, die RAF durch die Entführung eines deutschen Verkehrsflugzeuges zu unterstützen. Die Aktion sollte in Palma de Mallorca beginnen und in Aden enden. Anfang Oktober 1977 erhielt die Angeklagte in Algier die Waffen für die geplante Flugzeugentführung. Dabei handelte es sich um zwei Pistolen mit dazugehöriger Munition, vier Handgranaten und etwa ein Kilogramm Plastiksprengstoff. Die Waffen brachte die Angeklagte zusammen mit einem Mittäter von Algier nach Palma de Mallorca, wo sie an das Entführungskommando weitergeben wurden. Am 13. Oktober 1977 entführten vier arabische Terroristen, unter ihnen Souhaila Andrawes, die Lufthansa-Maschine "Landshut" auf dem Flug nach Frankfurt am Main. An Bord befanden sich neben den Besatzungsmitgliedern 82 Passagiere, darunter ein drei Jahre altes Kind. Die Entführer gingen in der Folgezeit mit großer Härte vor. Unter anderem erschossen sie am 16. Oktober 1977 während einer Zwischenlandung in Aden den Flugkapitän Schumann. Die Geiseln waren während der Entführung schwersten physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Am 18. Oktober 1977 stürmte schließlich eine Sondereinheit der GSG 9 das mittlerweile in Mogadischu befindliche Flugzeug. Während der Befreiungsaktion, die alle Geiseln überlebten, gaben die Entführer in Tötungsabsicht Schüsse auf zwei Grenzschutzbeamte ab. Drei Terroristen wurden erschossen, nur Suhaila Andrawes überlebte schwerverletzt. Die Angeklagte kehrte im Jahre 1980 nach Deutschland zurück und befand sich von 1992 bis 1997 mit einer längeren Unterbrechung in Untersuchungshaft. . Zum Zeitpunkt der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils war sie arbeitslos und bezog Sozialhilfe.

Die Angeklagte hat die Tat bestritten. Mit ihrer Revision erhebt sie mehrere Verfahrensrügen und beanstandet die Beweiswürdigung.

Der Generalbundesanwalt hält die Revision für unbegründet und beantragt, sie zu verwerfen.

 

Verhandlungstermin: 10. Februar 2000

III ZR 245/98

Die Kläger, griechische Staatsangehörige, verlangen von der beklagten Bundesrepublik als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches teils aus eigenem Recht, teils als Rechtsnachfolger ihrer Eltern Schadensersatz bzw. Entschädigung wegen einer im Jahre 1944 nach bewaffneter Auseinandersetzung mit Partisanen gegen ein griechisches Dorf gerichteten "Sühnemaßnahme" der SS, bei der die Eltern der Kläger erschossen wurden und das elterliche Haus zerstört wurde. Die Kläger haben gegen ein Versäumnisurteil des Senats vom 14. Oktober 1999 Einspruch eingelegt. (LG Bonn/OLG Köln)

 

Verhandlungstermin: 10. Februar 2000

4 StR 558/99

Der Angeklagte, ein Ladendetektiv, hatte einen Kunden beobachtet, der im Begriff war, mit mehren zuvor eingesteckten CD's das Geschäft zu verlassen, ohne die Ware zu bezahlen. Als er den Ladendieb festhalten wollte, setzte sich dieser zur Wehr; im Verlauf des sich anschließenden Handgemenges legte der Angeklagte seinen Arm um den Hals des Gegners. Hierbei nahm er den Dieb derart massiv und lang andauernd in den "Schwitzkasten", daß dieser erstickte. Gegen seine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren durch das Landgericht Arnsberg wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision.

 

Verhandlungstermin: 11. Februar 2000

V ZR 271/99

Die Klägerin ist eine Religionsgemeinschaft mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in Halle. Der Beklagte wurde 1996 in den Vorstand gewählt und von diesem zum Vorsitzenden bestimmt. Das zuständige Schiedsgericht erklärte die Wahl für ungültig und setzte einen kommissarischen Vorsitzenden ein. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten, es zu unterlassen, die Geschäftsführung durch den kommissarischen Vorsitzenden zu behindern und sich einer eigenen Vertretungsberechtigung zu berühmen Die Entscheidung hängt unter anderem von der Beantwortung der Rechtsfrage ab, ob innerkirchliche Angelegenheiten überhaupt der Rechtskontrolle durch staatliche Gerichte unterliegen. Das Landgericht Halle und das Oberlandesgericht Naumburg haben der Klage im wesentlichen stattgegeben.

 

Verhandlungstermin: 22. Februar 2000

XI ZR 217/99

Die zugelassene Revision betrifft einen Anspruch auf Rückzahlung eines vor Inkrafttreten des Verbraucherkreditgesetzes geschlossenen vermittelten Grundpfandkredits einer Bank zu Finanzierung einer Eigentumswohnung. Der Kreditnehmer hat den Darlehensantrag mehr als 7 Jahre nach Abschluß des Vertrages nach dem Haustürwiderrufsgesetz (HwiG) widerrufen. Der Fall wirft u.a. die Frage auf, unter welchen Voraussetzungen der kreditgebenden Bank eine Haustürsituation bei einem vermittelten Darlehen zuzurechnen ist und ob ein Widerrufsrecht nach § 1 HwiG durch die nachträgliche Umwandlung des tilgungsfreien Darlehens in einen Tilgungskredit oder aber in analoger Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes ausgeschlossen, verfristet oder verwirkt ist. (LG Stuttgart/OLG Stuttgart)

 

Verhandlungstermin: 24. Februar 2000

I ZR 168/97

Am 24. Februar 2000 wird den I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs eine markenrechtliche Streitigkeit beschäftigen, in der sich die für alkoholische Getränke eingetragene Marke "Ballermann 6" und die angegriffene Kennzeichnung "Ballermann-Balneario 6" für Liköre aus Wodka, Feige, Kirsch bzw. Wodka-Lemon gegenüberstehen. Das Oberlandesgericht Hamm hat die Gefahr von Verwechslungen der sich gegenüberstehenden Bezeichnungen verneint und die auf Unterlassung, Erteilung von Auskünften und Feststellung von Schadensersatzverpflichtungen gerichtete Klage – unter Abänderung des klagestattgebenden Urteils des Landgerichts Bochum – abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.

 

Verhandlungstermin: 13. März 2000

II ZR 347/97, II ZR 75/98, II ZR 118/98

Der II. Zivilsenat befaßt sich am 13. März 2000 in drei Parallelverfahren mit "Nachwehen" des Balsam-Skandals. Die im Bereich des Sportstättenbaus tätige, in Steinhagen ansässige Balsam AG fiel im Jahre 1994 in Konkurs, nachdem sich herausgestellt hatte, daß die Unternehmensleitung seit Ende der 80er Jahre in immer weiter steigendem Umfang angebliche Zahlungsforderungen der Balsam AG gegen deren Auftraggeber an das Factoring-Unternehmen "Procedo Gesellschaft für Exportfactoring D. Klindworth mbH" (nachfolgend: Procedo GmbH) verkauft hatte, die in Wirklichkeit überhaupt nicht existierten (sogenannte "Luftforderungen"). Die Wertlosigkeit der erfundenen Forderungen wurde von der Procedo GmbH zunächst nicht bemerkt, weil der Forderungseinzug weiterhin von der Balsam AG vorgenommen werden sollte und die Procedo GmbH selbst nicht direkt mit den vermeintlichen Schuldnern der erworbenen Forderungen in Verbindung treten mußte. Die von der Balsam AG als angebliche Erlöse des Forderungseinzugs an die Procedo GmbH abgeführten Geldbeträge konnte sie mangels Existenz wirklicher Forderungen nur aus den jeweils von der Procedo GmbH für den Ankauf weiterer Luftforderungen gezahlten Mitteln vornehmen. Dies zwang die Unternehmensleitung der Balsam AG dazu, zur weiteren Verheimlichung des Schwindels laufend neue und größere Forderungen zu erfinden und an die Procedo GmbH zu verkaufen. Diese sich wegen des "Schneeballeffekts" ständig vergrößernden Ausgaben der Procedo GmbH für wertlose Forderungen führten schließlich zu Verlusten in Höhe mehrerer Milliarden DM, so daß nach der Aufdeckung der Vorgänge im Jahre 1994 das gerichtliche Vergleichsverfahren über das Vermögen der Procedo GmbH eröffnet wurde. Wegen des enormen steuerlichen Verlustvortrags der Gesellschaft von mehr als sieben Mrd. DM gelang es dem Vergleichsverwalter im Jahre 1995, die Gesellschaftsanteile Procedos an die Unternehmensgruppe REWE zu veräußern und den Erlös - zusammen mit dem gesamten noch vorhandenen Betriebsvermögens Procedos - an ihn selbst als Treuhänder der Vergleichsgläubiger zu übertragen. Die Vergleichsgläubiger verzichteten im Rahmen eines sogenannten Liquidationsvergleichs mit dem Verwalter auf weitere Forderungen gegen die Procedo GmbH, so daß die Gesellschaft letztlich entschuldet werden konnte.

In den am 13. März 2000 zu verhandelnden Verfahren klagt der Vergleichsverwalter aus abgetretenem Recht gegen drei ehemalige Gesellschafter der Procedo GmbH, die ihre Gesellschaftsanteile in den Jahren 1990 bis 1993 – also noch vor Aufdeckung des Skandals – an Dritte veräußert haben. Die Klagen sind auf Rückzahlung von Gewinnausschüttungen gerichtet, die die Beklagten als damalige Gesellschafter in den Jahren 1989 bis 1993 von der Procedo GmbH erhalten haben. Nach Auffassung des Vergleichsverwalters verstießen die Gewinnausschüttungen gegen das Verbot der Rückzahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals der Gesellschaft erforderlichen Vermögens gemäß § 30 GmbH-Gesetz, weil die Procedo GmbH wegen des Ankaufs der wertlosen Forderungen zum Zeitpunkt der Ausschüttungen bereits erheblich überschuldet gewesen sei. Alle drei Klagen hatten sowohl vor den Landgerichten, als auch vor den Oberlandesgerichten Karlsruhe und Stuttgart keinen Erfolg. Die Oberlandesgerichte haben die Abweisung der Klagen unter anderem damit begründet, daß der Kläger etwaige von der Procedo GmbH erworbene Ansprüche auf Erstattung verbotswidrig zurückgezahlten Stammkapitals nicht mehr geltend machen könne, weil die (inzwischen anders firmierende) Procedo GmbH nach dem Verkauf an REWE mittlerweile derart gesundet sei, daß die Erstattung der früheren Zahlungen zur Erhaltung des Stammkapitals der Gesellschaft nicht mehr erforderlich sei. Die Oberlandesgerichte haben sich für diese Auffassung insbesondere auf eine Entscheidung des II. Zivilsenats aus dem Jahre 1987 (Urteil vom 11. Mai 1987 – II ZR 226/86, ZIP 1987, 1113) gestützt, das in der Fachliteratur auf einige Kritik gestoßen ist. Der Senat wird deshalb voraussichtlich im Rahmen der vom Kläger eingelegten Revisionen Gelegenheit haben, sich erneut mit der Rechtsfrage zu befassen, welchen Einfluß es auf den Bestand einer einmal entstandenen Erstattungsforderung der Gesellschaft wegen verbotswidrig an die Gesellschafter zurückgezahlten Stammkapitals hat, daß das Gesellschaftsvermögen im weiteren zeitlichen Verlauf in einer Weise gesundet, daß die Stammkapitalziffer wieder ganz oder teilweise gedeckt ist. (II ZR 347/97 = LG Heidelberg/OLG Karlsruhe, II ZR 75/98 = LG Mannheim/OLG Karlsruhe, II ZR 118/98 = LG Stuttgart/OLG Stuttgart)

 

Verhandlungstermin: 22. März 2000

VIII ZR 325/98

In dem Verfahren geht es um die Frage, ob der Käufer eines Kraftfahrzeuges Gewährleistungsrechte geltend machen kann, weil das Fahrzeug als "Neuwagen" verkauft wurde, obwohl es - aufgrund eines zwischenzeitlichen Modellwechsels - aus einer nicht mehr produzierten Modellreihe stammte und bereits 18 Monate "auf Halde" stand. (LG Berlin/KG Berlin)

 

Verhandlungstermin: 22. März 2000

XII ZR 79/98

Kinder aus geschiedener Ehe, die bei der Mutter leben, nehmen den Vater auf Unterhalt in Anspruch. Dieser hat wegen Diebstahls von Betriebseigentum seine Arbeitsstelle verloren. Das Oberlandesgericht hat seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit gleichwohl nach seinem früheren Einkommen beurteilt, weil sich der Beklagte, dem sich die Folgen seines Fehlverhaltens für den Unterhalt der Kinder hätten aufdrängen müssen, nach Treu und Glauben nicht auf seine Leistungsunfähigkeit berufen könne. (AG Mannheim/OLG Karlsruhe)

 

Verhandlungstermin: 04. April 2000

XI ZR 200/99

Die Parteien streiten über die Höhe der Erstattungen, die das beklagte Kreditinstitut bei zwei gegen das Verbraucherkreditgesetz verstoßenden vermittelten Verbraucherkreditverträgen, in denen ein erhebliches Disagio vereinbart worden war, zu zahlen hat. Es geht dabei vor allem um die Erstattung des Disagios und dessen Verzinsung. (LG Frankfurt am Main/OLG Frankfurt am Main)

 

Verhandlungstermin: 07. April 2000

V ZR 39/99

Hier geht es um die Frage, ob der Betrieb eines Drogenhilfezentrums durch eine Stiftung öffentlichen Rechts mit den zivilrechtlichen Mitteln des Nachbarrechts verhindert oder eingeschränkt werden kann. Die Beklagte betreibt im Bahnhofsviertel von Frankfurt am Main ein Drogenhilfezentrum mit einer Tagesstätte, einem Frauencafé, einer ärztlichen Ambulanz und einem Straßenschalter zum kostenlosen Spritzenumtausch. Der Kläger ist Eigentümer des Nachbargrundstücks und verlangt aufgrund der Menschenansammlungen und ausgeprägter Dealertätigkeit vor dem Zentrum die Einstellung des Betriebs, hilfsweise geeignete Maßnahmen dagegen, daß Klienten das Grundstück des Klägers betreten, verunreinigen, Bewohner und Besucher am Betreten hindern, gebrauchte Spritzen zurücklassen und Menschenansammlungen bilden. Das Landgericht Frankfurt am Main und das Oberlandesgericht Frankfurt am Main haben den Hilfsanträgen teilweise stattgegeben. Hiergegen haben beide Parteien Revision eingelegt.

 

Verhandlungstermin: 13. April 2000

I ZR 282/97

Die Klägerin ist Produzentin der Fernsehsendung "Der Preis ist heiß" sowie der darin enthaltenen Werbepräsentationen. Die Beklagte ist ein sogenannter Pay-TV-Sender, der seine Sendungen überwiegend in verschlüsselter Form ausstrahlt. In nicht verschlüsselter Form strahlt die Beklagte bundesweit die Sendung "Kalkofes Mattscheibe" aus, die zum Teil unter Verwendung von Ausschnitten aus anderen Sendungen hergestellt wird. Im April 1994 strahlte der Fernsehsender RTL eine von der Klägerin produzierte Folge der Sendung "Der Preis ist heiß" aus, in der unter anderem das Blasenstärkungsmittel "Granufink" mit einer Spielszene und einem Werbespot beworben wurde. Diese Spielszene und den Werbespot "Granufink" übernahm die Beklagte unverändert, aber versehen mit kurzen eigenen Einspielungen und Kommentaren in einer erstmals im Mai 1994 und wiederholt im Januar und Juni 1995 gesendeten Folge von "Kalkofes Mattscheibe". Die Klägerin hat in der Ausstrahlung des Beitrages "Granufink" in der Sendung "Kalkofes Mattscheibe" eine Verletzung ihrer Urheberrechte sowie des Wettbewerbsrechts erblickt und Unterlassung sowie die Feststellung einer Verpflichtung zum Schadensersatz begehrt. Das Landgericht München I wies die Klage ab; vor dem Oberlandesgericht München hatte sie indessen Erfolg. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten, die sich auf eine – nach Ansicht der Beklagten urheberrechtlich und wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstandende – parodistische Verfremdung und Persiflage der Werbesendung "Der Preis ist heiß" beruft.

 

Verhandlungstermin: 27. Juni 2000

X ZR 94/98

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Beklagte in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsprüfer unrichtige Testate erteilt und sich hierdurch den Klägern schadensersatzpflichtig gemacht hat.

Die Kläger waren mit Geldeinlagen an einem Anlagesystem beteiligt. Nach dem Konzept dieses Systems wurden den Anlegern Beteiligungen ab 3.000,-- DM zuzüglich 10% Abschlußgebühr an Gesellschaften bürgerlichen Rechts angeboten, deren Zweck die gemeinsame Geldanlage war. Das Anlagesystem, das durch einen Treuhänder und einen Wirtschaftsprüfer gesichert werden sollte, wurde in Prospekten der Anbieter dargestellt. Unter anderem wurde darauf hingewiesen, daß die Prüfung des Mittelzuflusses, der Mittelverwendung, der Ertragsauszahlung sowie der Beteiligungen 1/2 oder 1/4-jährlich von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer durchgeführt werde. Die Prüfungen übernahm der Beklagte, wobei er jeweils in Testaten die ordnungs- und vertragsgemäße Mittelverwendung bestätigte. Anfang 1995 brach das Anlagesystem zusammen. Fällige Auszahlungen wurden an die Anleger nicht vorgenommen. Der Gesamtschaden soll sich auf mehrere Millionen DM belaufen.(LG Hannover/OLG Celle)

 

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

1 StR 502/99

Gegenstand des Verfahrens ist die Verurteilung eines Rechtsanwalts durch das Landgericht Mannheim wegen Volksverhetzung (§ 130 Abs. 3 StGB). Als strafbares Verhalten hat die Strafkammer einen Beweisantrag angesehen, den der Angeklagte nach den Feststellungen als Verteidiger des ehemaligen Vorsitzenden der NPD, Günter Deckert, in der gegen diesen ebenfalls vor dem Landgericht Mannheim durchgeführten Hauptverhandlung gestellt hat. Gegen das Urteil (Az.: 6 KLs 503 Js 69/97 vom 25. März 1999) haben sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt.

 

Beratungstermin bzw. Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

5 StR 226/99

Das Landgericht Mannheim hat am 22. Dezember 1998 den Angeklagten, einen deutschlandweit bekannten Konzertveranstalter, wegen Steuerhinterziehung in 58 Fällen sowie wegen versuchter Steuerhinterziehung und Betruges in jeweils einem Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen.

Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte in den Jahren 1990 bis 1994 als Geschäftsführer mehrerer im Bereich der Veranstaltung klassischer Konzerte tätiger Gesellschaften erhebliche Betriebseinnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten und Programmheften privat vereinnahmt, ohne sie der Körperschaftsteuer, Einkommensteuer oder Umsatzsteuer zu unterwerfen. Dies führte zu einer Steuerverkürzung von mehr als 5,5 Millionen DM. Das Landgericht sah weiterhin als erwiesen an, daß der Angeklagte das Land Baden-Württemberg mit einer fingierten Abrechnung über die Zahl der verkauften Eintrittskarten eines im Schloßpark von Schwetzingen durchgeführten Konzerts getäuscht hat, wodurch das vertraglich an die Besucherzahl gekoppelt Entgelt für die Überlassung der Parkanlage zu niedrig bemessen wurde. Schließlich verurteilte das Landgericht den Angeklagten auch wegen der Nichtanmeldung von auf die Gagen ausländischer Solisten anfallenden Einkommen- und Umsatzsteuern sowie von Umsatzsteuern auf Kartenverkäufe von insgesamt mehr als 11,8 Millionen DM. Bei einem erheblichen Teil dieser Gagen handelt es sich um Leistungsentgelte an die Tenöre Luciano Pavarotti, José Carreras und Plácido Domingo im Rahmen der von dem Angeklagten in den Jahren 1995 und 1996 organisierten Welttournee der drei Tenöre. Das Landgericht sah als bewiesen an, daß der Angeklagte die Gagenzahlungen an die Tenöre gegenüber den Finanzbehörden dadurch verschleiert hat, daß er in den Zahlungsfluß eine Mehrzahl von ausländischen Firmen eingeschaltet hat, wobei die Gagenzahlungen überwiegend als steuerfreie Lizenzzahlungen für die Überlassung des Logos der drei Tenöre getarnt wurden.

Der Angeklagte hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt und begehrt die Aufhebung der Verurteilung. Er ist der Ansicht, daß ein Teil der Taten verjährt sei. Im übrigen sei das Urteil des Landgerichts Mannheim bereits deshalb aufzuheben, weil es auf Schriftstücke gestützt werde, die ihm zwar vorgehalten worden seien, die aber nicht hätten verwertet werden dürfen, da sie in der Hauptverhandlung nicht verlesen worden seien. Weiterhin rügt der Angeklagte, daß die Verurteilung wegen der Nichtanmeldung und -abführung von Umsatzsteuern auf die Gagen ausländischer Solisten rechtsfehlerhaft sei. Er vertritt die Ansicht, daß die Ungleichbehandlung von Solisten gegenüber den bei den Auftritten steuerbefreiten sonstigen Künstlern gegen Verfassungs- und EG-Recht verstoße. Schließlich ist der Angeklagte der Meinung, daß das Landgericht zu Unrecht fünf von ihm abgegebenen Selbstanzeigen mit der Begründung keine strafbefreiende Wirkung beigemessen habe, die zugrunde liegenden Taten seien zuvor bereits entdeckt gewesen. Tatsächlich hätten die Ermittlungsbehörden bei Abgabe der Selbstanzeigen aber allenfalls einen Anfangsverdacht gehabt.

 

Beratungstermin bzw. Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

5 StR 451/99

Das Landgericht Berlin hat am 07. Dezember 1998 den Angeklagten, einen Sportarzt, wegen Beihilfe zur vorsätzlichen Körperverletzung in neun Fällen zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 80 DM verurteilt. Der Angeklagte hat nach den Feststellungen des Landgerichts als Leiter der Sportmedizin des Sportclubs (SC) Dynamo Berlin (Ost) in der Zeit zwischen 1975 und 1984 die Vergabe anaboler Steroide (Doping) an neun minderjährige Schwimmerinnen zur Leistungssteigerung genehmigt, ohne daß diese bzw. ihre Eltern hiervon Kenntnis hatten. Die medizinisch nicht indizierte Einnahme anaboler Steroide führt bei Frauen zur Störung des Hormonspiegels und des Fettstoffwechsels. Ferner können Stimmvertiefung, vermehrte Körperbehaarung sowie Leberschädigungen auftreten. Auf die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, wird der Bundesgerichtshof insbesondere auch zu prüfen haben, ob die dem Angeklagten angelasteten Taten bereits verjährt oder ob die Grundsätze über das Ruhen der Verjährung bei DDR-Unrechtstaten anwendbar sind.

 

Beratungstermin bzw. Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

3 StR 442/99

Das Landgericht Düsseldorf hat nach einer etwa elf Monate dauernden Hauptverhandlung die Beschwerdeführerin und den Mitangeklagten, der das Urteil akzeptiert hat, wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung jeweils zu Geldstrafen verurteilt.

Der Mitangeklagte war Leiter eines Instituts der medizinischen Einrichtungen der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, die Beschwerdeführerin seine Stellvertreterin. Nach den Feststellungen des Landgerichts sind die Angeklagten strafrechtlich verantwortlich für sechs Transfusionszwischenfälle, die sich im August, September und Oktober 1994 ereigneten. Fünf dieser Zwischenfälle führten zum Tode der Patienten, ein Betroffener überlebte. Ursache der Zwischenfälle war die Transfusion bakteriell verseuchter Blutkonserven. In dem Institut war es gängige Praxis, ausgegebene, aber nicht verbrauchte Konserven zurückzunehmen und erneut zu verwenden. In diesen Fällen war häufig kein außerhalb des geschlossenen Blutbeutelsystems befindliches Spenderblut mehr vorhanden. Dieses wird zur Durchführung der Tests, mit denen vor Ausgabe der Konserve zur Transfusion die Verträglichkeit von Spender- und Patientenblut überprüft wird, benötigt. Es wurde deshalb ein Blutbeutel geöffnet und aus ihm die benötigte Menge "abgequetscht". Da bei diesem Vorgang nicht ausreichend steril gearbeitet wurde, konnte das Bakterium Rahnella aquatilis in die Konserve gelangen. Dieses Bakterium führte nach der Transfusion der Konserve an die betroffenen Patienten bei diesen zu einem septischen Schock, einem Zusammenbruch des Blutgerinnungssystems und letztlich zu einem Multiorganversagen. Das Landgericht geht davon aus, daß die Beschwerdeführerin keine Möglichkeit hatte, institutsintern eine Änderung der Praxis des Abquetschens zu erreichen, die jedenfalls in der praktizierten Form gegen die zum Tatzeitpunkt geltenden Regeln der ärztlichen Kunst verstieß. Es ist aber der Auffassung, die Angeklagte sei als stellvertretende Institutsleiterin, die die tatsächliche Aufsicht über die Mitarbeiter der Blutbank ausübte, verpflichtet gewesen, höhere Stellen wie den ärztlichen Direktor, den Verwaltungsdirektor, den klinischen Vorstand, die Bezirksregierung oder das zuständige Ministerium zu informieren. Dies hätte, so die Strafkammer, zu einem kurzfristigen Verbot des Abquetschens geführt. Dadurch wären die Zwischenfälle vermieden worden. Eine derartige Anzeige sei der Beschwerdeführerin auch zumutbar gewesen. Sie sei deshalb, obwohl ihre Beteiligung an den konkreten Vorfällen durch ein aktives Tun nicht festgestellt ist, wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung, begangen durch ein Unterlassen, strafbar.

Die Beschwerdeführerin beanstandet mit ihrer Revision das Verfahren und erstrebt ihre Freisprechung.

Der Generalbundesanwalt hält die Revision für unbegründet und beantragt, sie zu verwerfen.

 

Beratungstermin bzw. Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

3 StR 454/99

Das Landgericht Oldenburg hat nach 102 Hauptverhandlungstagen den Rechtsanwalt B. wegen Beihilfe zum Betrug in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und den Rechtsanwalt M. wegen derselben Delikte und wegen Beihilfe zu einem versuchten Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Daneben hat es gegen M. ein Berufsverbot für die Dauer von fünf Jahren und gegen B. ein solches für die Dauer von drei Jahren verhängt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit außergewöhnlich umfangreichen Verfahrensrügen, die allein zwölf Aktenordner ausfüllen.

Der Angeklagte M. war nach Ablegung des zweiten juristischen Staatsexamens zunächst zwei Jahre als Richter, danach als Rechtsanwalt und Notar in Oldenburg tätig. Der Angeklagte B. war seit 1980 in derselben Sozietät wie M. als Rechtsanwalt tätig.

Nach den Feststellungen des Landgerichts förderten die Angeklagten Grundstücksgeschäfte, bei denen den finanzierenden Banken in betrügerischer Absicht überhöhte Grundstückswerte bzw. Erwerbskosten vorgespiegelt wurden, um sie zur Auszahlung überhöhter Kredite zu veranlassen. Dabei entstand ein Gesamtschaden von mehr als 50 Millionen DM. Die von den Angeklagten berechneten Notargebühren betrugen insgesamt knapp eine Million DM.

Die Angeklagten beanstanden das Verfahren und die Rechtsanwendung.

Der Generalbundesanwalt hält die Verfahrensrügen für unbegründet und beantragt, auf die Sachrüge durch Urteil zu entscheiden.

 

Karlsruhe, den 25. Januar 2000

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

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