Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 86/2000

Entscheidung des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs

zur Beteiligung des Axel Springer Verlags an einer

Bahnhofsbuchhandelskette

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hatte heute über die kartellrechtliche Zulässigkeit einer Beteiligung der Axel Springer Verlag AG an der Bahnhofsbuchhandelskette Stilke zu entscheiden. Die Axel Springer Verlag AG hat an diesem Unternehmen, das vorwiegend im norddeutschen Raum tätig ist, eine Beteiligung von 24 % erworben; 76 % befinden sich in den Händen eines Schweizer Unternehmens. Das Bundeskartellamt hatte den Erwerb des Geschäftsanteils durch die Axel Springer Verlag AG untersagt, das Kammergericht in Berlin hatte diese Untersagung bestätigt. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Axel Springer Verlag AG hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen.

Der Kartellsenat hat angenommen, daß der Erwerb der Beteiligung der Axel Springer Verlag AG nach den konkreten Umständen die Möglichkeit vermittelt, wettbewerblich erheblichen Einfluß i.S. von § 23 Abs. 2 Nr. 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) a.F. (§ 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB n.F.) auf Stilke auszuüben. Die Möglichkeit der Einflußnahme leitet er insbesondere daraus ab, daß die Mehrheitsgesellschafterin, wie sich aus den dem Anteilserwerb zugrundeliegenden Verträgen ergebe, ein erhebliches Interesse daran habe, daß gerade die Axel Springer Verlag AG Mitgesellschafterin wurde. Auch deswegen werde sie bereit sein, bei der Bestimmung der Geschäftspolitik auf deren Wünsche und Vorstellungen einzugehen. Für den genannten Zusammenschlußtatbestand sei entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht entscheidend, ob sich der Anteilserwerber rechtlich und in allen Belangen mit seinen Vorstellungen durchsetzen könne; seine Anwendung sei jedenfalls dann geboten, wenn nach Art der Vertragsgestaltung und der wirtschaftlichen Verhältnisse zu erwarten sei, daß der Mehrheitsgesellschafter auf die Vorstellungen des anderen Gesellschafters Rücksicht nehme. Die so ermöglichte Einflußnahme auf die nachgeordnete Handelsstufe sei geeignet, die wettbewerbliche Stellung der Axel Springer Verlag AG zu fördern, da der Absatz ihrer Presseerzeugnisse auch von der Präsentation im Presseeinzelhandel abhänge.

Der in dem Anteilserwerb liegende Zusammenschluß führt nach Auffassung des Kartellsenats zu einer Verstärkung der beherrschenden Stellung der Axel Springer Verlag AG auf dem Markt für Straßenverkaufszeitungen und Abonnementtageszeitungen sowie auf dem Anzeigenmarkt.

Beschluß vom 21. November 2000 - KVR 16/99

Karlsruhe, den 21. November 2000

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