Siehe auch: Urteil des 14. Senats vom 20.1.2016 - B 14 AS 35/15 R -, Urteil des 14. Senats vom 20.1.2016 - B 14 AS 8/15 R -, Urteil des 14. Senats vom 20.1.2016 - B 14 AS 15/15 R -
Kassel, den 13. Januar 2016
Terminvorschau Nr. 1/16
Der 14. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 20. Januar 2016 im Weißenstein-Saal nach mündlicher Verhandlung über drei Revisionen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu entscheiden.
1) 10.00 Uhr - B 14 AS 15/15 R -
S. ./. Jobcenter Berlin Friedrichshain-Kreuzberg
Umstritten sind Leistungen nach dem SGB II für einen EU-Bürger. Der 1978
geborene Kläger hat die spanische Staatsangehörigkeit und lebte seit
Anfang 2011 in Deutschland zunächst von seinem Ersparten, ohne
erwerbstätig zu sein. Schließlich besuchte er bis zum 27.9.2013 einen
Kurs des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zur Vermittlung in
den Arbeitsmarkt, seine zahlreichen Bewerbungen waren aber erfolglos,
zumal er kein Deutsch sprach. Seinen Leistungsantrag lehnte das beklagte
Jobcenter ab, weil er gemäß § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II von Leistungen
ausgeschlossen sei und sich aufgrund des von Deutschland erklärten
Vorbehalts auch nicht auf das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) berufen
könne (Bescheid vom 30.9.2013, Widerspruchsbescheid vom 6.11.2013). Am
22.3.2014 zog der Kläger zur Arbeitsaufnahme nach Schweden.
Das SG hat den Beklagten unter Aufhebung seiner Bescheide verurteilt,
dem Kläger Leistungen vom 1.9.2013 bis zum 21.3.2014 zu gewähren (Urteil
vom 8.5.2014). Das LSG hat auf die Berufung des Beklagten dieses Urteil
aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger habe ein
Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche gehabt und sei
demgemäß von Leistungen des SGB II nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II
ausgeschlossen. Dem stehe EU-Recht nicht entgegen. Auch aus dem EFA
folge aufgrund der Wirksamkeit des Vorbehalts kein Anspruch.
In seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung
des § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II, weil er nicht als arbeitsuchend
einzustufen sei und die Vorschrift nicht mittels eines
„Erst-recht-Schlusses“ erweiternd auszulegen sei. Zudem lägen Verstöße
gegen das EFA und das Grundgesetz vor, weil er Ansprüche auf
existenzsichernde Leistungen habe - zumindest nach dem SGB XII.
SG Berlin - S 190 AS 29699/13 -
LSG
Berlin-Brandenburg - L 31 AS 1258/14 -
2) 11.00 Uhr
B 14 AS 35/15 R - 1. T.B., 2. M.B., 3.
M.B. ./. Jobcenter Köln
beigeladen: Stadt Köln
Umstritten sind Leistungen nach dem SGB II für EU-Bürger. Die 1989
geborene Klägerin zu 1, eine bulgarische Staatsangehörige, reiste am
15.11.2012 in Deutschland ein und war damals mit den Klägern zu 2 und 3
schwanger. Ihren Leistungsantrag lehnte das beklagte Jobcenter ab
(Bescheid vom 14.2.2013, Widerspruchsbescheid vom 13.3.2013). Die
Klägerin wurde ordnungsbehördlich untergebracht und gebar am 9.3.2013
die Kläger zu 2 und 3. Ein von der Ausländerbehörde eingeleitetes
Verfahren zur Feststellung des Verlustes des Aufenthalts- und
Einreiserechts wurde von dieser nicht weiter betrieben, nachdem die
Klägerin ihr Schicksal geschildert hatte. Ein weiterer Leistungsantrag
der Kläger wurde von dem Beklagten ebenfalls abgelehnt (Bescheid vom
15.8.2013, Widerspruchsbescheid vom 24.10.2013).
Die gegen beide Bescheide erhobenen Klagen wurden vom SG verbunden und
der Beklagte unter Aufhebung der Bescheide verurteilt, den Klägern
"Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen"
(Urteil vom 19.8.2014). Nachdem die Klägerin das Begehren auf die Zeit
vom 15.2.2013 bis zum 30.9.2014 beschränkt hatte, hat das LSG die
Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 1.6.2015). Die
Klägerin sei leistungsberechtigt nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II gewesen,
und die Leistungsausschlüsse nach § 7 Abs 1 Satz 2 SGB II lägen bei ihr
nicht vor. Sie könne sich nicht auf ein anderes Aufenthaltsrecht
berufen, und die Leistungsausschlüsse seien nicht erweiternd auszulegen.
Die Kläger zu 2 und 3 seien aufgrund der Bedarfsgemeinschaft mit ihrer
Mutter leistungsberechtigt.
In seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine
Verletzung des § 7 Abs 1 Satz 2 SGB II, weil die Klägerin ein
Aufenthaltsrecht allein aus einer Arbeitsuche herleiten könne. Im
Übrigen hätten nach dem Urteil des EuGH vom 11.11.2014 (C-333/13 - Dano)
wirtschaftlich inaktive EU-Ausländer keinen Anspruch auf
Sozialleistungen im Aufnahmestaat.
SG Köln - S 24 AS 1392/13 -
LSG
Nordrhein-Westfalen - L 19 AS 1923/14 -
3) 12.00 Uhr
- B 14 AS 8/15 R - T. ./. Jobcenter
Kiel
Umstritten sind
höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II,
insbesondere aufgrund eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger
Ernährung.
Bei dem
1962 geborenen Kläger ist ein GdB von 80 festgestellt. Er erhielt seit
2005 vom beklagten Jobcenter Leistungen nach dem SGB II und lebte mit
seiner Lebensgefährtin E in einer Wohnung. Beide hatten kein zu
berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen. Der Kläger litt an einer
psychischen Zwangsstörung und nahm nur bestimmte Nahrungsmittel in einem
speziellen Verfahren zu sich. Nachdem ihm bisher ein Mehrbedarf wegen
kostenaufwändiger Ernährung iHv 25,56 Euro monatlich gezahlt worden war,
war ein solcher in der Leistungsbewilligung ab 1.1.2011 bis zum
30.6.2011 zunächst nicht mehr enthalten (Bescheid vom 29.11.2010,
Widerspruchsbescheid vom 28.6.2011; letzter Änderungsbescheid vom
15.9.2011).
Das SG
hat nach Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens und
einer Auskunft der Verbraucherzentrale den Beklagten unter Änderung der
Bescheide verurteilt, dem Kläger wegen eines ernährungsbedingten
Mehrbedarfs von insgesamt 42,82 Euro monatlich weitere Leistungen für
die strittige Zeit zu zahlen, und die Berufung zugelassen (Urteil vom
23.7.2012). Aufgrund seiner Erkrankung könne der Kläger nur bestimmte
Lebensmittel zu sich nehmen und es sei nicht möglich, dies kurzfristig
zu ändern. Die nur vom Kläger eingelegte Berufung, mit der er einen
Mehrbedarf von 180 Euro monatlich begehrt hat, hat das LSG
zurückgewiesen (Urteil vom 22.9.2014). Der erforderliche
Ursachenzusammenhang zwischen der gesundheitlichen Beeinträchtigung und
der Notwendigkeit, sich in einer bestimmten Weise zu ernähren, sei bei
Zwangserkrankungen nicht herstellbar.
In seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung
des § 21 Abs 5 SGB II. Das LSG habe in unzulässiger Weise zwischen
physischen und psychischen Erkrankungen differenziert und auch bei ihm
verhüte die besondere Ernährung eine Verschlimmerung seiner Krankheit.
SG Kiel - S 30 AS 811/11 -
Schleswig-Holsteinisches LSG - L 6 AS 115/12 -