Siehe auch: Urteil des 6. Senats vom 30.10.2013 - B 6 KA 3/13 R -, Urteil des 6. Senats vom 30.10.2013 - B 6 KA 48/12 R -, Urteil des 6. Senats vom 30.10.2013 - B 6 KA 5/13 R -, Urteil des 6. Senats vom 30.10.2013 - B 6 KA 2/13 R -, Urteil des 6. Senats vom 30.10.2013 - B 6 KA 1/13 R -
Kassel, den 18. Oktober 2013
Terminvorschau Nr. 51/13
Der 6. Senat des Bundessozialgerichts wird am 30. Oktober 2013 im Elisabeth-Selbert-Saal über drei Revisionen in Angelegenheiten der Vertragszahnärzte und über zwei Revisionen aus dem Vertragsarztrecht aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden:
1) 9.30 Uhr - B 6 KA 3/13 R - Dr. E. ./. KZÄV Niedersachsen
7 Beigeladene
Umstritten ist, wie die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) die
Regelungen über die Minderung vertragszahnärztlichen Honorars bei
Überschreitung bestimmter Grenzwerte (Degression) umsetzen muss, wenn
ein Vertragszahnarzt während eines Jahres sowohl in Einzel- wie in
Gemeinschaftspraxis tätig war.
Der Kläger war im Quartal I/1999 gemeinsam mit einem weiteren Zahnarzt
in einer Gemeinschaftspraxis (Berufsausübungsgemeinschaft) und in den
folgenden Quartalen des Jahres in Einzelpraxis tätig. Für die Zeit
seiner Tätigkeit in der Einzelpraxis forderte die beklagte KZÄV von dem
Kläger Honorar wegen Überschreitung der Degressionsgrenzen zurück. Im
Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass in die Berechnung
der Honorarminderung allein die Zeit seiner Tätigkeit in der
Einzelpraxis (Quartale II bis IV/1999) und nicht die Zeit seiner
Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis eingeflossen sei. Dadurch sei die
Unterschreitung der Degressionsgrenze im Quartal I/1999 unberücksichtigt
geblieben. Weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren hat der Kläger
Erfolg gehabt.
Auf
seine Berufung hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben, die
angefochtenen Bescheide geändert und die Beklagte verpflichtet, über den
Honoraranspruch des Klägers neu zu entscheiden. Die Auflösung der im
Quartal I/1999 bestehenden Gemeinschaftspraxis rechtfertige keine
Ausnahme vom Jahresbezug der Degressionsberechnung, sodass die Beklagte
die Unterschreitung der Degressionsgrenze in der Zeit der Tätigkeit des
Klägers in der Gemeinschaftspraxis (Quartal I/1999) in die Berechnung
hätte einbeziehen müssen.
Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, dass für die
Gemeinschaftspraxis als Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf der einen
Seite und die Einzelpraxis auf der anderen Seite gesonderte
Honorarbescheide zu erlassen seien. Bei der Honorarberechnung für die
Gemeinschaftspraxis (Quartal I/1999) und die Einzelpraxis (Quartale II
bis IV/1999) seien jeweils die in der Rechtsprechung des BSG
entwickelten Vorgaben zur Verzahnung von Degression und
Honorarbegrenzungsmaßnahmen nach dem HVM zu berücksichtigen. Damit sei
eine das gesamte Jahr 1999 umfassende Degressionsberechnung
ausgeschlossen.
SG
Hannover - S 35 KA 884/06 -
LSG
Niedersachsen-Bremen - L 3 KA 82/09 -
2) 10.30
Uhr - B 6 KA 1/13 R - Dr. B. ./.
KZÄV Berlin
Im
Streit steht die Berechtigung der beklagten KZÄV, die Kosten eines zur
Finanzierung der (vorläufigen) Rückzahlung einbehaltener Honorare
aufgenommenen Kredits (anteilig) als Verwaltungskosten bei den
Zahnärzten geltend zu machen, an die die Honorare ausgekehrt wurden.
In den Jahren 1997 bis
1999 zahlte die Beklagte an ihre Mitglieder Honorare in einer Höhe aus,
die die von den Krankenkassen gezahlten Gesamtvergütungen überstiegen.
Nachfolgend forderte sie von den Zahnärzten die überzahlten Beträge
zurück und behielt diese ein; hiergegen erhoben etwa 1000 Zahnärzte
Widersprüche. Aufgrund gerichtlicher Entscheidungen in Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes zahlte die Beklagte die einbehaltenen
Beträge ‑ vorläufig, da die Rechtsmäßigkeit der Rückforderung letztlich
durch das BSG bestätigt wurde ‑ wieder aus. Zur Finanzierung der
vorläufigen Auskehrung der einbehaltenen Honorare nahm die Beklagte
einen Kredit in Höhe von ca 19 Mio. Euro auf. Die Vertreterversammlung
der Beklagten fasste daraufhin einen Beschluss, mit dem der Vorstand
beauftragt wurde, von jedem Empfänger der Auszahlung die anteiligen
Kreditkosten zu erheben. Hieraus resultierte gegenüber dem Kläger
Einbehalt von ca 1.000 Euro.
Widersprüche und Klage blieben erfolglos. Auf die Berufung hat das LSG
die Beklagte verpflichtet, den einbehaltenen Betrag an den Kläger zu
zahlen. Die Abwälzung der Kreditkosten bedürfe einer gesetzlichen
Ermächtigung; hieran fehle es jedoch. Als Regelung der Honorarverteilung
sei der Beschluss der Vertreterversammlung ungültig, weil er nicht im
Benehmen mit den Krankenkassenverbänden ergangen sei; als
beitragsrechtliche Regelung sei er rechtswidrig, weil die Aufbürdung
einer Zinslast nicht vom Begriff "Mitgliedsbeitrag" umfasst werde, den
die Beklagte nach ihrer Satzung erheben dürfe. Das Vorgehen der
Beklagten verstoße auch gegen prozessrechtliche Gewährleistungen: Der
Kläger habe für die Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes mit
dem Ergebnis vorübergehender Vollzugsfolgenbeseitigung nicht indirekt
durch Abwälzung der hierdurch entstehenden Zinslast "bestraft" werden
dürfen. Der Rechtsgedanke des § 945 ZPO greife nicht.
Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, bei der "Zinsumlage"
handele es sich um einen Verwaltungskostenbeitrag, der im Rahmen des
Selbstverwaltungsrechts von ihr einbehalten werden könne.
SG Berlin - S 83 KA 1091/06 -
LSG
Berlin-Brandenburg - L 7 KA 116/09 -
3) 11.30 Uhr -
B 6 KA 48/12 R - KZÄV Baden-Württemberg
./. Land Baden-Württemberg
Die klagende KZÄV begehrt vom beklagten Land die Erteilung einer
aufsichtsbehördlichen Genehmigung für eine Satzungsänderung, mit der
bestimmt werden soll, dass der Abschluss von Einzelverträgen nach § 73c
Abs 3 SGB V durch den Vorstand von der Vertreterversammlung zu
genehmigen ist. Das hat das beklagte Land abgelehnt.
Das LSG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die
Satzungsänderung sei nicht mit höherrangigem Recht vereinbar. Die
Kompetenz des Vorstandes für die laufenden Geschäfte der Verwaltung
dürfe nicht eingeschränkt werden; dies gelte auch für solche
Verwaltungsentscheidungen, die zwar herausragende, aber keine
grundsätzliche Bedeutung hätten. Was unter Entscheidungen von
grundsätzlicher Bedeutung zu verstehen sei, könne nicht allgemein,
sondern nur im Einzelfall beantwortet werden. Ein Genehmigungsvorbehalt
sei daher nur zulässig, soweit der konkrete Einzelvertrag grundsätzliche
Bedeutung habe; dies könne in vielen Fällen der Fall sein, sei jedoch
nicht zwingend. Da die vorgesehene Satzungsbestimmung den Abschluss
aller Einzelverträge pauschal einem Genehmigungsvorbehalt unterstelle,
greife sie rechtswidrig in die dem Vorstand gesetzlich zugewiesenen
Kompetenzen ein.
Mit
ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Genehmigung der
Satzungsänderung weiter. Die Vertreterversammlung sei aufgrund ihrer
"Kompetenz-Kompetenz" berechtigt, den Aufgabenbereich des Vorstands
einzuschränken; durch den Genehmigungsvorbehalt werde die
Vertragsabschlusskompetenz dem Vorstand nicht entzogen.
LSG Baden-Württemberg - L 5 KA 3060/11 KL -
4) 13.00
Uhr - B 6 KA 2/13 R - AOK
Rheinland-Pfalz/Saarland ./.
Beschwerdeausschuss der Gemeinsamen Prüfungseinrichtung
für die Wirtschaftlichkeitsprüfung in Rheinland-Pfalz
2 Beigeladene
Die
beigeladene Gemeinschaftspraxis behandelte in den Quartalen III/2001 bis
II/2002 eine Versicherte, die entweder an einer "chronischen
idiopathischen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP)" oder an einem
"Guillain-Barré-Syndrom (GBS)" erkrankt war, durch die Verabreichung
Polyglobulin-Infusionslösungen. Dieses Medikament war im
Behandlungszeitraum für die Behandlung des GBS, nicht aber für die
Behandlung der CIDP zugelassen.
Auf Antrag der klagenden Krankenkasse der Versicherten setzte der
Prüfungsausschuss wegen der von ihm als unzulässig gewerteten
Verordnungen einen Regress gegen die Gemeinschaftspraxis in Höhe von ca
22.700 Euro fest. Der beklagte Beschwerdeausschuss hob diese
Entscheidung auf den Widerspruch der beigeladenen Gemeinschaftspraxis
auf, weil die Ärzte zutreffend dargelegt hätten, dass keine
Behandlungsalternative bestanden habe.
Während das SG die Klage abgewiesen hat, weil die Ärzte die Versicherte
wegen eines GBS zulässig mit Polyglobulin-Infusionen versorgt hätten,
hat das LSG den Beklagten unter Aufhebung seiner angefochtenen
Entscheidung verpflichtet, über den Regressantrag der Krankenkasse neu
zu entscheiden. Soweit die Krankenkasse die Verpflichtung zur
Festsetzung eines Regresses in voller Höhe beantragt hatte, hat das LSG
die Berufung zurückgewiesen. Es hat diese Entscheidung damit begründet,
die Verordnung der Polyglobulin-Infusionen sei unzulässig gewesen, weil
die Patientin an einer CIDP gelitten habe; für deren Behandlung sei die
Verabreichung von Polyglobulin-Infusionen nicht zulässig gewesen. Obwohl
danach der Regress dem Grunde nach berechtigt sei, müsse der Beklagte
hier ausnahmsweise Ermessen hinsichtlich der Höhe des Regresses ausüben.
Über die Zulässigkeit des Einsatzes von Polyglobulin zur Behandlung
(auch) der CIDP und nicht nur des ähnlichen GBS habe kein Konsens in der
Wissenschaft bestanden, und zwischenzeitlich dürften
Polyglobulin-Infusionen arzneimittelrechtlich auch zur Behandlung der
CIPD eingesetzt werden.
Mit ihrer vom BSG zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, nach
der Rechtsprechung des Senats sei bei der Festsetzung von
Arzneikostenregressen wegen der unzulässigen Verordnung von
Arzneimitteln kein Ermessen auszuüben. Für die vom Berufungsgericht
angenommene Ausnahme von diesem Grundsatz bestünden weder eine
rechtliche Grundlage noch ein praktisches Bedürfnis.
SG Mainz - S 2 KA 1/08 -
LSG
Rheinland-Pfalz - L 7 KA 45/09 -
5) 14.00 Uhr - B
6 KA 5/13 R - H.-J. G. ./.
Landesärztekammer Baden-Württemberg
7 Beigeladene
Der
Kläger, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Gynäkologische
Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin, wendet sich gegen die dem
beigeladenen MVZ von der beklagten Landesärztekammer erteilte
Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a
SGB V. Der Praxisstandort des MVZ liegt ca 30 km von demjenigen des
Klägers entfernt. Der Widerspruch des Klägers gegen die Genehmigung
wurde von der Beklagten zurückgewiesen, weil dieser nicht in eigenen
Rechten betroffen sei.
Das SG hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht
anfechtungsberechtigt sei. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Es
fehle an einer Anfechtungsberechtigung, weil die Genehmigung nach § 121a
SGB V keinen Status vermittle. Es bestehe auch kein Vorrang derjenigen,
die bereits über eine Genehmigung verfügten. Das Erfordernis der
Bedarfsgerechtigkeit stelle nicht auf einen Versorgungsbedarf, sondern
auf die bedarfsgerechte Durchführung der Leistungen ab.
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, die Leistungen zur
künstlichen Befruchtung nach § 27a SGB V stellten einen eigenständigen
Versorgungsbereich dar. Die Genehmigung habe faktisch statusbegründende
Bedeutung. Da sie vom Erfordernis der Bedarfsgerechtigkeit abhänge,
komme ihm als Inhaber einer Genehmigung auch ein Vorrang gegenüber neu
hinzutretenden Leistungserbringern zu.
SG Stuttgart - S 20 KA 3270/11 -
LSG
Baden-Württemberg - L 5 KA 2791/12 -