Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 12. Senats vom 4.9.2013 - B 12 AL 2/12 R -, Urteil des 12. Senats vom 4.9.2013 - B 12 AL 1/12 R -, Urteil des 12. Senats vom 4.9.2013 - B 12 KR 13/11 R -, Urteil des 12. Senats vom 30.10.2013 - B 12 AL 2/11 R -, Urteil des 12. Senats vom 4.9.2013 - B 12 AL 3/11 R -
Kassel, den 26. August 2013
Terminvorschau Nr. 43/13
Das Verfahren B 12 AL 1/12 R wird ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Der Termin um 11.00 Uhr in dem Verfahren B 12 AL 2/11 R wurde aufgehoben.
Der 12. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 4. September 2013 im Jacob-Grimm-Saal auf Grund mündlicher Verhandlung über vier Revisionen und ohne mündliche Verhandlung über zwei Revisionen zu versicherungs- und beitragsrechtlichen Fragen der Kranken- und Arbeitslosenversicherung zu entscheiden.
A. Mit mündlicher Verhandlung
1) ohne
mündliche Verhandlung
9.30 Uhr - B 12 AL 1/12 R - B. ./.
Bundesagentur für Arbeit
Die ursprünglich im Raumausstattungsgeschäft ihres Vaters beschäftigt
gewesene Klägerin übernahm Anfang 2001 dessen Betrieb, in dem zudem ihre
Schwester angestellt war. Im Mai 2006 stellte die Beklagte durch
Bescheid fest, dass die Klägerin auf ihren Antrag freiwillig in der
Arbeitslosenversicherung versichert sei. Am 30.10.2006 erlitt die
Klägerin einen Schlaganfall und erhielt vom 21.11.2006 bis 31.3.2007
Krankengeld. Im Dezember 2007 informierte die Klägerin die Beklagte über
den Schlaganfall und ihre bis 31.3.2007 bestehende Arbeitsunfähigkeit.
Daraufhin entschied die Beklagte, dass das Versicherungsverhältnis am
30.10.2006 geendet habe und erstattete die danach geleisteten Beiträge.
Die Klägerin ist dagegen mit einer Anfechtungsklage beim SG erfolgreich
vorgegangen. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, weil
das Versicherungspflichtverhältnis nicht beendet worden sei; die
Klägerin sei trotz ihrer Krankheit ‑ wie erforderlich ‑ mindestens 15
Wochenstunden selbstständig tätig gewesen. Obwohl eine selbstständige
Tätigkeit Verwertung und Einsatz der eigenen Arbeitskraft voraussetze,
seien ‑ ähnlich wie im Rentenversicherungsrecht anerkannt ‑
Unterbrechungen der versicherten Tätigkeit wegen Arbeitsunfähigkeit
unschädlich, wenn der Betrieb von dessen Mitarbeitern im Namen und auf
Rechnung des Versicherten weitergeführt werde und mit dessen mehr als
nur geringfügigen Wiedereinsatz zu rechnen sei.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 28a Abs 2 S 3
Nr 2 SGB III sowie Verfahrensfehler des LSG. § 28a SGB III privilegiere
nur "Existenzgründer", dh Personen, die typischerweise sämtliche
anfallenden Arbeiten selbst erledigten, weil sie sich noch kein Personal
leisten könnten. Anders als die frühere Förderung von Selbstständigkeit
durch Überbrückungsgeld erfordere die Regelung ein höchstpersönliches
Tätigwerden. Die Heranziehung von Gedanken des Rentenrechts scheide aus,
weil § 28a SGB III zwischen "Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit"
und "Arbeitslosigkeit" differenziere und im Lichte des § 119 Abs 3
SGB III ausgelegt werden müsse. Unbeschadet dessen sei § 58 Abs 2 SGB VI
als rentenrechtliche Regelung zu Unterbrechungs- und
Überbrückungstatbeständen im Zusammenhang mit Anrechnungszeiten hier
fehlerhaft angewandt worden. Die Prognose einer Fortsetzung der
versicherten Tätigkeit sei bei der Klägerin nicht gerechtfertigt
gewesen. Während ihrer Erkrankung habe sie die für ihre Tätigkeit
wesentlichen operativen und organisatorischen Maßnahmen nicht mehr
selbst wahrnehmen können. Das LSG hätte dazu zudem Ermittlungen
anstellen müssen.
SG
Magdeburg - S 14 AL 153/08 -
LSG
Sachsen-Anhalt - L 2 AL 2/11 -
2) Der
Termin wurde aufgehoben
11.00 Uhr - B
12 AL 2/11 R - H. GmbH ./. Bundesagentur
für Arbeit
Die
klagende GmbH, deren Gesellschafter L. (Anteile: bis 1995 37,5 %, bis
1997 62,5 %, seither wieder 37,5 %; durchgehend Sperrminorität) seit
1980 einer von mehreren Geschäftsführern war, entrichtete für L. ua
Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Im Oktober 1997 führte eine
Einzugsstelle eine Betriebsprüfung für die Jahre 1993 bis 1996 durch.
Einer in diesem Zusammenhang gefertigten Notiz des Steuerberaters der
Klägerin zufolge habe der Prüfer Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
Sozialversicherungspflicht für L. geäußert, das Thema aber nicht
weiterverfolgt. Nach einer weiteren Betriebsprüfung im Juni 2001 führte
die Prüferin einer LVA aus, dass für L. ab dem Jahr 2000 keine Beiträge
mehr abgeführt wurden, obwohl dem Grunde nach Sozialversicherungspflicht
bestehe. Im November 2001 stellte die Einzugsstelle gegenüber der
Klägerin bestandskräftig fest, dass L. in seiner Tätigkeit seit 1980
nicht sozialversicherungspflichtig sei. Daraufhin beantragte die
Klägerin insoweit die Erstattung der von 1980 bis Ende 1999 gezahlten
Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Dem entsprach die Beklagte für
die Zeit vom 1.12.1996 an, lehnte aber eine Erstattung für die
vorherige Zeit wegen eingetretener Verjährung ab; auf die Einrede der
Verjährung verzichte sie nicht, weil die Beitragszahlungen nicht auf
fehlerhaftem Verwaltungshandeln beruht hätten. Das SG hat die auf
vollständige Beitragserstattung gerichtete Klage abgewiesen. Das LSG hat
die Berufung zurückgewiesen, weil es nicht ermessensfehlerhaft sei, dass
sich die Beklagte auf Verjährung berufe. Nach der Rechtsprechung des BSG
bezweckten Betriebsprüfungen nicht, den Arbeitgeber als
Beitragsschuldner zu schützen, vielmehr liege es primär in dessen
Verantwortung, den Versicherungsstatus von Mitarbeitern richtig zu
beurteilen. Bei Zweifeln müsse der Arbeitgeber Versicherungsträger bzw
Einzugsstellen befragen und ein Feststellungsverfahren einleiten. Das
gelte gleichermaßen für Kleinbetriebe wie denjenigen der Klägerin;
Betriebsprüfungen dürften sich auch bei diesen Betrieben auf Stichproben
beschränken. Die näheren Umstände der Betriebsprüfung von 1997 müssten
nicht aufgeklärt werden.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung von § 27
Abs 2 S 1 SGB IV und der für Betriebsprüfungen geltenden
sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften. Die Erhebung der
Verjährungseinrede durch die Beklagte sei rechtsmissbräuchlich. Die
Betriebsprüfungen hätten sich nicht auf stichprobenartige Prüfungen
beschränken dürfen. Wie schon das LSG Rheinland-Pfalz im Jahr 2005
entschieden habe, dürfe ein Kleinbetrieb erwarten, dass die
Sozialversicherungspflicht seiner Mitarbeiter vollständig verlässlich
beurteilt werde. Wann ein Kleinbetrieb anzunehmen sei, bestimme sich
anhand der Grenzen des Kündigungsschutzgesetzes. Es sei unerträglich,
dass Betriebsprüfer keiner Haftung für fehlerhafte Prüfungen unterlägen
und sich darüber hinaus die Sozialversicherungsträger sowohl gegen
Beitragserstattungen durch Verjährung geschützt seien als auch vor
Leistungsgewährung bei zu Unrecht gezahlten Beiträgen.
SG Frankfurt am Main - S 19 AL 4287/02 -
Hessisches LSG - L 7 AL 30/08 -
3) 11.45 Uhr - B
12 AL 2/12 R - M. ./. Bundesagentur für
Arbeit
Die Klägerin
bezog vom 15.2.2006 bis 11.2.2007 von der Beklagten Arbeitslosengeld.
Sie beabsichtigte ua, eine selbstständige Tätigkeit aufzunehmen und
beantragte am 8.9.2006 erstmals einen Gründungszuschuss. Am 7.2.2007
stellte sie der Beklagten bei einem Beratungsgespräch ihre Pläne vor und
ließ sich wegen eines Gründungszuschusses beraten. Am 12.2.2007 nahm die
Klägerin erneut persönlichen Kontakt zur Beklagten auf und überreichte
eine Gewerbeanmeldung. Am selben Tag eröffnete sie einen
Textileinzelhandel und wurde im Umfang von mehr als 15 Wochenstunden
hauptberuflich selbstständig tätig. Für diese Tätigkeit gewährte die
Beklagte der Klägerin einen Gründungszuschuss. Im Zusammenhang mit der
Aufnahme der Tätigkeit erhielt die Klägerin das "Merkblatt
Gründungszuschuss" ausgehändigt, welches ua den Passus enthielt: "Damit
Ihnen der Schutz der Arbeitslosenversicherung in der Zeit Ihrer
selbstständigen Tätigkeit erhalten bleibt, können Sie sich freiwillig
weiterversichern. Nähere Informationen finden Sie im Hinweisblatt zur
freiwilligen Weiterversicherung oder erhalten Sie von der örtlichen
Agentur für Arbeit". Am 17.4.2007 beantragte die Klägerin ihre
Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung ab 12.2.2007. Dies
lehnte die Beklagte ab, weil die dafür geltende einmonatige, mit
Aufnahme der Tätigkeit am 12.2.2007 beginnende Antragsfrist bei
Antragstellung bereits abgelaufen gewesen sei und die Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand wegen die Versäumung der Frist nicht in Betracht
komme. Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Begehren der Klägerin zu
entsprechen. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen:
Trotz Überschreitens der Antragsfrist sei der Klägerin Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand nach § 27 Abs 1 S 1 SGB X zu gewähren. Selbst wenn
es sich bei der Frist um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist
handeln sollte, sei gleichwohl eine Wiedereinsetzung möglich, weil dies
hier weder durch Rechtsvorschrift noch nach Sinn und Zweck des
Fristerfordernisses ausgeschlossen sei. Die Antragsfrist sei vielmehr
der Frist für den Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung
vergleichbar, für die das BSG eine Wiedereinsetzungsmöglichkeit
anerkannt habe. Die Klägerin sei unverschuldet an der Einhaltung der
Antragsfrist verhindert gewesen, weil die Beklagte sie nicht in der
gebotenen Weise auf eine mögliche freiwillige Weiterversicherung und
die Antragsfrist dafür hingewiesen habe.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 27 SGB X
sowie Verfahrensmängel des LSG. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand wegen Versäumung der Antragsfrist sei nach Wortlaut und Bedeutung
der Fristregelung des § 28a Abs 2 S 2 SGB III sowie aus Gründen der
Rechtsklarheit ausgeschlossen. Es handele sich um eine Ausnahmeregelung
mit dem Ziel der Risikobeschränkung, die auch nach den
Gesetzesmaterialen den Charakter einer Ausschlussfrist haben solle. Die
Begründung der Weiterversicherung sei mit der Begründung freiwilligen
Krankenversicherungsschutzes nicht vergleichbar. Eine Rechtsunkenntnis
der Klägerin sei zudem nicht unverschuldet, weil sie Rechtsrat habe
einholen und von ihr (der Beklagten) weitere Hinweise habe anfordern
müssen. Die Beantragung der freiwilligen Weiterversicherung in der
Arbeitslosenversicherung sei im Übrigen auch keine
Gestaltungsmöglichkeit, von der "verständige" Empfänger von
Gründungszuschüssen "mutmaßlich" Gebrauch machten. Das LSG habe bei
alledem § 128 Abs 1 S 2 und § 103 S 1 SGG verletzt, weil sein Urteil
nicht die für die richterliche Überzeugung leitenden Gründe enthalte und
nötige Tatsachenfeststellungen fehlten.
SG Oldenburg - S 4 AL 237/07 -
LSG
Niedersachsen-Bremen - L 11 AL 86/08 -
4. 13.15 Uhr - B 12 KR 13/11 R -
R. ./. mhplus BKK
beigeladen: 1. mhplus BKK Pflegekasse
2. DRV Bund
Die 1939
geborene Klägerin war zuletzt aufgrund der freiwilligen Versicherung
ihres Ehemannes in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
familienversichert. Die von der Klägerin am 29.4.2004 beantragte
Regelaltersrente wurde ihr im Oktober 2004 ab 1.2.2004 zuerkannt
(anfänglich 281,76 Euro brutto); sie überstieg nicht 1/7 der monatlichen
Bezugsgröße. Im Zug eines Krankenkassenwechsels beantragten die Klägerin
und ihr Ehemann Ende März 2005 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten
die freiwillige Versicherung ihres Ehemannes sowie ihre
Familienversicherung ab 1.4.2005, hilfsweise die Mitgliedschaft der
Klägerin als Pflichtversicherte. Diese Krankenkasse führte die Klägerin
als Pflichtversicherte und lehnte den Antrag auf Familienversicherung
ab. Das SG hat die auf Feststellung der Familienversicherung der
Klägerin gerichtete Klage abgewiesen. Das LSG hat ihre Berufung
zurückgewiesen: Die Klägerin sei nicht familienversichert, weil sie im
streitigen Zeitraum nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V als Rentnerin
versicherungspflichtig gewesen sei. Die Voraussetzungen hierfür hätten
mit Rentenantragstellung vorgelegen, insbesondere hinsichtlich der sog
9/10-Belegung, da die Klägerin durchgängig in der GKV
familienhilfeberechtigt gewesen sei. Dem stehe die Verschärfung der
Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung von Rentnern durch das
Gesundheitsstrukturgesetz von 1992 nicht entgegen, da das BVerfG die
Neuregelung am 15.3.2000 für verfassungswidrig erklärt habe. Mangels
erfolgter fristgemäßer gesetzlicher Neuregelung habe sich der Zugang zur
Versicherungspflicht als Rentner anschließend wieder nach § 5 Abs 1
Nr 11 SGB V in der Ursprungsfassung gerichtet. Erst zum 1.4.2007 habe
der Gesetzgeber dann die nach dem Beschluss des BVerfG geltende
Rechtslage redaktionell nachvollzogen. Die sich damit ergebende
Versicherungspflicht der Klägerin sei verfassungsrechtlich unbedenklich.
Der Bestandsschutz für eine kostenfreie Familienversicherung lasse sich
nicht begründen. Wie das BSG bereits entschieden habe, sei es auch nicht
verfassungswidrig, dass Personen in der Situation der Klägerin
pflichtversichert seien und dafür Beiträge aufzuwenden hätten, obwohl
sie ohne die Versicherungspflicht als Rentner wegen der geringen
Einnahmen beitragsfrei familienversichert wären.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und
materiellen Rechts. Das LSG habe sich verfahrensfehlerhaft auf zuvor
nicht in das Verfahren eingeführte und nicht erörterte Ausführungen in
Gesetzesmaterialien gestützt, Widersprüche zwischen Ausführungen in zwei
Bundestags-Drucksachen nicht aufgeklärt und insoweit im Urteil keine
hinreichenden Ausführungen gemacht; ferner habe es ihren Vortrag zum
Bestands- und Vertrauensschutz nicht zur Kenntnis genommen.
Materiell-rechtlich sei § 5 Abs 1 Nr 11 Halbs 1 SGB V verletzt worden,
der nicht in der Fassung von 1989 anzuwenden gewesen sei. In Bezug auf
die Änderung der Regelung zum 1.4.2007 stehe ihr (der Klägerin)
bezüglich des Fortbestandes der Familienversicherung Bestands- und
Vertrauensschutz zu. In seiner gegenwärtigen Fassung verstoße § 5 Abs 1
Nr 11 SGB V gegen Art 3 Abs 1 GG; denn ein Ehegatte mit einem
monatlichen Gesamteinkommen von bis zu 400 Euro sei familienversichert,
während ein solcher Ehegatte als Rentner versicherungspflichtig sei.
Ebenso sei gleichheitswidrig, dass ein Rentner mit einem monatlichen
Gesamteinkommen unter 400 Euro, der die Vorversicherungszeit nicht
erfülle, familienversichert sei, während ein die Vorversicherungszeiten
erfüllender Rentner mit gleichem Gesamteinkommen versicherungs- und
beitragspflichtig sei.
SG Stuttgart - S 12 KR 4552/05 -
LSG
Baden-Württemberg - L 4 KR 915/08 -
5) 14.15 Uhr - B
12 KR 18/11 R - B. ./. BARMER GEK
Die 1945 geborene Klägerin war zuletzt bei der Beklagten
familienversichert auf Grund der dort bestehenden freiwilligen
Versicherung ihres Ehemannes. Auf Grund eines am 28.7.2010 gestellten
Rentenantrags wurde ihr ab November 2010 Regelaltersrente zuerkannt. Im
August 2010 beantragte sie die Befreiung von ihrer Versicherungspflicht
als Rentnerin in der GKV, gegen deren Ablehnung sie noch im September
2010 Widerspruch einlegte. Im Oktober 2010 stellte die Klägerin bei der
Beklagten einen Antrag auf freiwillige Versicherung in der GKV. Den
Widerspruch wies die Beklagte im Februar 2011 zurück. Die auf Befreiung
von der Versicherungspflicht und auf Aufnahme als freiwilliges Mitglied
gerichtete Klage hat das SG in vollem Umfang abgewiesen: Die Klägerin
sei auf Grund ihres Rentenantrags und des nachfolgenden Rentenbezugs
versicherungspflichtig in der GKV geworden. Damit habe ihre
Familienversicherung geendet. Eine freiwillige Versicherung könne nicht
erfolgen, da die Klägerin weder als Mitglied aus der
Versicherungspflicht ausgeschieden noch ihre Versicherung nach § 10
SGB V erloschen sei. Ein Fall des Ausscheidens auf Grund eines
Befreiungsantrags liege nicht vor, da eine Befreiung von der
Krankenversicherungspflicht als Rentner zugunsten einer freiwilligen
Versicherung nicht möglich sei. Dieses Begehren widerspreche dem ‑ auch
einem Beitritt nach Enden der Familienversicherung entgegenstehenden ‑
Vorrang einer Pflichtversicherung sowie der Beschränkung des
Beitrittsrechts nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 6 SGB V auf freiwillig
versicherte, nach dem 31.3.2002 versicherungspflichtig gewordene
Bestandsrentner; die Befreiungsmöglichkeit für Rentenantragsteller diene
allein der Ermöglichung ihres Verbleibens in der privaten
Krankenversicherung.
Mit ihrer Sprungrevision rügt die Klägerin sinngemäß eine Verletzung von
§ 8 Abs 1 Nr 4 und § 9 Abs 1 Nr 2 SGB V. Sie meint, dass sie nach dem
Wortlaut der Regelungen antragsgemäß von der Versicherungspflicht als
Rentnerin zu befreien sei. Gleichzeitig könne sie der GKV beitreten,
weil die zuvor bestehende Familienversicherung auf Grund der auf den Tag
der Rentenantragstellung zurückwirkenden Befreiung zum 28.7.2010
erloschen sei.
SG
Duisburg - S 31 KR 108/11 -
B. Ohne mündliche
Verhandlung
6) - B 12 AL 3/11 R - Dr. G. ./. Bundesagentur für Arbeit
Die Klägerin war von 1986 bis 31.3.1996 als Ärztin beschäftigt und dann
‑ unterbrochen durch einen Monat Arbeitslosigkeit im April 1997 ‑ als
Praxisvertreterin und im Notfalldienst tätig. Seit 1.7.1997 ist sie
selbstständige Kinderärztin in eigener Praxis. Ihren Antrag vom
13.9.2006 auf Begründung eines auf diese Tätigkeit bezogenen
Versicherungspflichtverhältnisses in der Arbeitslosenversicherung lehnte
die Beklagte ab. SG und LSG haben diese Entscheidung bestätigt. Das LSG
hat darauf abgestellt, dass die Klägerin den Antrag entgegen § 28a Abs 1
S 1 SGB III nicht spätestens innerhalb eines Monats nach Aufnahme der
Tätigkeit gestellt habe. Eine Antragstellung sei unter Geltung der
seinerzeitigen Fassung des § 434j Abs 2 SGB III (ab 1.2.2006 geltende
Fassung vom 23.12.2003, BGBl I 2848), die eine Antragsmöglichkeit
generell bis 31.12.2006 vorgesehen habe, nicht erfolgt; denn zum
1.6.2006 sei diese Regelung (rückwirkend durch Gesetz vom 20.7.2006,
BGBl I 1706) dahin gefasst worden, dass die freiwillige
Weiterversicherung bis 31.12.2006 nur noch bei einer nach dem 31.12.2003
erfolgten Tätigkeitsaufnahme beantragt werden könne, was bei der
Klägerin (Tätigkeitsaufnahme 1997) nicht der Fall sei. Da die Klägerin
den Antrag mithin ohnehin erst nach Verkündung der Neuregelung gestellt
habe, sei die Anwendung der neuen Rechtslage auf sie
verfassungsrechtlich unbedenklich. Darin liege insbesondere keine
unzulässige echte Rückwirkung, weil die Klägerin im Vorfeld ihrer
Antragstellung noch keine gesicherte Rechtsposition auf Begründung eines
Versicherungspflichtverhältnisses innegehabt habe.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, das LSG habe zu Unrecht
unberücksichtigt gelassen, dass es in den ihr von der Beklagten im
August 2006 überlassenen Antragsunterlagen geheißen habe, der Antrag
könne bis 20.10.2006 zurückgegeben werden ‑ was dann auch im September
2006 erfolgt sei. Daran müsse sich die Beklagte festhalten lassen. Das
Vertrauen in den Bestand der im Gesetz ursprünglich festgelegten
Antragsfrist sei schutzwürdig, ohne dass es auf eine konkrete
Vertrauensbetätigung im Einzelfall ankommen könne. Die rückwirkende
Beseitigung der längeren Antragsfrist habe in jedem Fall eine
Übergangsregelung für Altfälle erfordert; dabei dürfe nicht nach dem
Zeitpunkt der tatsächlichen Antragstellung differenziert werden.
SG Mannheim - S 1 AL 267/10 -
LSG
Baden-Württemberg - L 3 AL 4033/10 -