| Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie ist kraft Zulassung durch das LSG statthaft und von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Begründung genügt den Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG. |
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| Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Dem Senat ist ohne weitere Tatsachenfeststellungen eine abschließende Entscheidung nicht möglich. |
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| Der Sachentscheidung des Revisionsgerichts stehen Hindernisse nicht entgegen. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG statthaft und insgesamt zulässig. Sie richtet sich gegen den Bescheid der beklagten Alterskasse vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008. Das obligatorische Widerspruchsverfahren ist durchgeführt worden. Die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des SG ist ebenfalls zulässig (§ 143 SGG). Gesetzliche Ausschlussgründe (§ 144 Abs 1 SGG) liegen nicht vor. Form und Frist wurden eingehalten (§ 151 SGG). |
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| Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.9.2007 hat die Beklagte den Bescheid vom 23.6.2000 über die Bewilligung von vorzeitiger Altersrente an die Klägerin zurückgenommen und die Erstattung der für die Zeit vom 1.7.2000 bis 31.8.2007 gezahlten Rente verlangt. Durch den Rentenbewilligungsbescheid vom 13.9.2007 in der Gestalt des Anerkenntnisses der Beklagten vor dem SG - S 30 LW 57/08 - hat der hier streitgegenständliche Rücknahmebescheid keine Änderung erfahren. Es wurde lediglich eine Tilgungsvereinbarung über den Nachzahlungsbetrag für die Zeit vom 1.7. bis 30.9.2007 getroffen. Der Bescheid vom 12.9.2007 belastet die Klägerin. |
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| 1) Auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen vermag der Senat nicht zu beurteilen, ob der angefochtene Bescheid formell rechtmäßig ist. Es ist unklar, ob eine ordnungsgemäße Anhörung iS des § 24 Abs 1 SGB X vorliegt. Nach dieser Vorschrift ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Erhebliche Tatsachen sind alle Tatsachen, auf die die Behörde den Verfügungssatz des Bescheides zumindest auch gestützt hat oder auf die es nach ihrer materiell-rechtlichen Ansicht objektiv ankommt (von Wulffen in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 24 RdNr 9 mwN). Die Beklagte hat den angefochtenen Bescheid auf § 45 Abs 1 und 2 SGB X gestützt. Diese Vorschrift erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts mit Wirkung auch für die Vergangenheit. Sie räumt der zuständigen Behörde insoweit ein Ermessen ein. Dies folgt aus der Verwendung des Wortes "darf" in § 45 Abs 1 SGB X (hA s nur Schütze in von Wulffen, aaO, § 45 RdNr 88 mwN). Erhebliche Tatsachen iS des § 24 Abs 1 SGB X sind danach nicht nur die Tatsachen, die die Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides ergeben, sondern auch diejenigen, die die besonderen Rücknahmevoraussetzungen beschreiben (fehlender Vertrauensschutz). Hierzu gehören schließlich alle Tatsachen, die die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigen muss und kann (vgl Bundessozialgericht <BSG> Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 9/11 R - SozR 4-2600 § 77 Nr 10 RdNr 14). |
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| Hieran gemessen erfüllt das Anhörungsschreiben der Beklagten an die Klägerin vom 9.8.2007 die Anforderungen nicht, weil danach die Beklagte die Rechtslage so beschrieben hat, als besäße sie kein Ermessen, sondern habe eine gesetzlich gebundene Entscheidung, nämlich die Rücknahme des Rentenbewilligungsbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit, zu treffen. Entsprechend hat die Beklagte den Bescheid vom 12.9.2007 als gebundene Entscheidung formuliert. Erst im Widerspruchsbescheid vom 24.1.2008, der gemäß § 95 SGG dem angefochtenen Bescheid seine endgültige Gestalt gegeben hat, hat sie einige Erwägungen zur Ausübung des ihr zustehenden Ermessens zu Lasten der Klägerin angestellt. |
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| Allein aufgrund dieses Anhörungsmangels ist der Bescheid vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008 nicht aufzuheben. Nach § 41 Abs 1 SGB X ist die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, die den Verwaltungsakt nicht nach § 40 nichtig macht, unbeachtlich, wenn der Mangel nachträglich beseitigt wird. Darunter fällt auch eine Verletzung des § 24 Abs 1 SGB X, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird (§ 41 Abs 1 Nr 3 SGB X). Gemäß § 41 Abs 2 SGB X können Handlungen nach Abs 1 Nr 2 bis 6 (also auch die Anhörung) bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. |
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| Da die Beklagte der Klägerin ihre Ermessenserwägungen erst im Widerspruchsbescheid mitgeteilt hat, hatte diese während des Vorverfahrens noch keine Gelegenheit sich dazu zu äußern. Demnach ist bis dahin noch keine "Heilung" des Anhörungsmangels eingetreten (vgl dazu BSG Urteil vom 23.6.1993 - 9/9a RVs 1/92 - juris RdNr 15; BSG Urteil vom 5.11.1997 - 9 RV 20/96 - BSGE 81, 156, 158 = SozR 3-1300 § 45 Nr 37 S 114). |
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| Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BSG, die in der Literatur Zustimmung findet, setzt die Nachholung der fehlenden oder fehlerhaften Anhörung während des Gerichtsverfahrens voraus, dass die beklagte Behörde dem Kläger in angemessener Weise Gelegenheit zur Äußerung einräumt und danach zu erkennen gibt, ob sie nach Prüfung dieser Tatsachen am bisher erlassenen Verwaltungsakt festhält (s nur BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 37/09 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 2; Schütze, aaO, § 41 RdNr 16 mwN auf die ältere Rechtsprechung des BSG). Dies setzt regelmäßig voraus, dass die Behörde dem Kläger in einem gesonderten "Anhörungsschreiben" alle erheblichen Tatsachen mitteilt, auf die sie die belastende Entscheidung stützen will, und sie ihm eine angemessene Frist zur Äußerung setzt. Ferner ist erforderlich, dass die Behörde das Vorbringen des Betroffenen zur Kenntnis nimmt und sich abschließend zum Ergebnis der Überprüfung äußert (BSG aaO RdNr 15). Die bloße Erwiderung der Behörde auf die Anfechtungsklage - gegebenenfalls verbunden mit einem Antrag auf Klageabweisung - reicht insoweit nicht aus. |
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| Ob die Beklagte bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem LSG (letzte Tatsacheninstanz) die Nachholung der Anhörung der Klägerin nach diesen Maßstäben ordnungsgemäß durchgeführt hat oder nicht, kann der Senat zur Zeit nicht beurteilen (vgl dazu BSGE 108, 289 = SozR 4-4200 § 38 Nr 2, RdNr 16 ff). Es fehlen insoweit Tatsachenfeststellungen des LSG, die im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden können. Die betreffenden Tatsachen sind entscheidungserheblich, weil der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, wenn § 24 Abs 1 SGB X verletzt ist. |
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| 2) Auf das Fehlen einer Anhörung käme es allerdings dann nicht an, wenn der angefochtene Verwaltungsakt aus anderen Gründen aufzuheben wäre. Die Tatsachenfeststellungen des LSG lassen jedoch nicht die Beurteilung zu, ob der angefochtene Bescheid materiell rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Rechtsgrundlage für die Zurücknahme des Bescheides vom 23.6.2000 ist § 45 SGB X. Soweit dieser Verwaltungsakt zu Recht aufgehoben worden ist, sind die bereits erbrachten Leistungen nach § 50 Abs 1 SGB X zu erstatten. |
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| Nach § 45 Abs 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. |
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| Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Bescheid der Beklagten vom 23.6.2000 über die Bewilligung der vorzeitigen Altersrente an die Klägerin rechtswidrig ist. Diese Beurteilung ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Denn die Klägerin hatte keinen Anspruch auf die ihr ab 1.7.2000 zuerkannte vorzeitige Altersrente. |
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| Der Anspruch der Klägerin auf Rente aus der AdL beurteilt sich nach dem am 1.1.1995 in Kraft getretenen ALG, das als Artikel 1 Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung (Agrarsozialreformgesetz 1995 - ASRG 1995) vom 29.7.1994 (BGBl I 1890) am 1.1.1995 in Kraft getreten ist, in der bei Rentenbeginn am 1.7.2000 geltenden Fassung des Gesetzes zur Sanierung des Bundeshaushalts vom 22.12.1999 (BGBl I 2534) sowie des Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes und anderer Gesetze vom 22.12.1999 (BGBl I 2671). |
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| Nach § 12 Abs 1 ALG können Landwirte die Altersrente bis zu 10 Jahre vor Vollendung des 65. Lebensjahres vorzeitig in Anspruch nehmen, wenn die Voraussetzungen des § 11 Abs 1 Nr 2 und 3 vorliegen und der Ehegatte bereits Anspruch auf eine Altersrente vom 65. Lebensjahr an hat oder gehabt hat. Landwirt iS des § 12 Abs 1 ALG sind nur Personen, die zu irgendeinem Zeitpunkt Landwirt iS von § 1 Abs 2 oder 3 ALG waren (AdL-Kommentar, § 12 S 1.1). Gemäß § 11 Abs 1 Nr 2 und 3 ALG muss der Landwirt die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben, und das Unternehmen der Landwirtschaft muss abgegeben sein. |
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| Der Anspruch der Klägerin auf vorzeitige Altersrente gemäß § 12 Abs 1 ALG bestand nicht, weil das Unternehmen der Landwirtschaft nicht abgegeben war. |
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| Trotz der Verwendung des Singulars - "das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist" - in § 11 Abs 1 Nr 3 ALG gilt diese Anspruchsvoraussetzung für beide Ehepartner, die als Landwirte (iS des § 1 Abs 2 und Abs 3 ALG) Rente beanspruchen. Jeder Ehepartner, der für sich selbst Rente aus der AdL begehrt, muss sein Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben haben. Auch der Ehegatte eines Landwirts, der gemäß § 1 Abs 2 ALG als Landwirt gilt, muss, wenn er selbst Rente beansprucht, ihm zurechenbare landwirtschaftliche Flächen abgeben. |
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| Zwar spricht der Wortlaut der §§ 11 und 12 ALG nicht eindeutig für diese Auslegung. Er steht ihr aber auch nicht entgegen. Der Auslegung, dass jeder Rentenantragsteller sein landwirtschaftliches Unternehmen abgegeben haben muss, steht nicht entgegen, dass der Wortlaut der §§ 11 und 12 ALG dieses Erfordernis nicht so eindeutig bestimmt, wie es der bis zum 31.12.1994 geltenden Vorschrift des § 2 Abs 5 GAL zu entnehmen war. Der Senat pflichtet insoweit dem LSG bei, dass eine entsprechende Übernahme in das ALG überflüssig war, weil sich die beide Ehepartner treffende Abgabepflicht hinreichend deutlich aus den §§ 11 und 12 ALG ergibt. In den Materialien des ASRG finden sich keinerlei Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber von der umfassenden Abgabepflicht iS des § 2 Abs 5 GAL hat abrücken wollen. |
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| Die Richtigkeit einer derartigen Auslegung ergibt sich aus der Systematik der §§ 11, 12 ALG. Zutreffend weist die Beklagte hier darauf hin, dass die Geltung des Hofabgabeerfordernisses für beide Ehepartner zwingend aus dem Zusammenspiel dieser Vorschriften folgt. Für den die vorzeitige Altersrente beanspruchenden Ehepartner ordnet § 12 Abs 1 ALG unmittelbar die Geltung des § 11 Abs 1 Nr 3 ALG (Unternehmensabgabe) an. Ferner legt er als Anspruchsvoraussetzung für diesen Ehepartner fest, dass sein Ehegatte (hier also der Ehemann der Klägerin) Anspruch auf eine Altersrente vom 65. Lebensjahr an hat oder gehabt hat. Ein solcher Rentenanspruch besteht nach § 11 Abs 1 Nr 3 ALG nur, wenn der betreffende Landwirt seinerseits das landwirtschaftliche Unternehmen abgegeben hat. |
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| Dieses aus der gesetzlichen Systematik gewonnene Auslegungsergebnis wird entscheidend bestätigt durch den Sinn und Zweck des Gesetzes. Der Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Anspruchsvoraussetzung für Renten aus dem System der AdL kommt eine besondere Bedeutung zu. Sie besteht durchgehend seit der Schaffung einer Altershilfe für Landwirte durch das Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte vom 27.7.1957 (BGBl I 1063 - GAL -) und ist mit der Umwandlung des Sicherungssystems in eine Alterssicherung der Landwirte durch das ASRG 1995 in das ALG übernommen worden. Es wurden im Laufe der Zeit mehrfach Modifizierungen der Anforderungen an eine Unternehmensabgabe (heute § 21 ALG) vorgenommen (s zusammenfassend: Informationen zu den Modifizierungen der Hofabgabeverpflichtung in der Alterssicherung der Landwirte im Gesetz zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung <LSV-NOG> vom 12.4.2012 <BGBl I 579>, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Stand März 2012; zur Darstellung der Gesetzesentwicklung im Einzelnen s BSG Urteil vom 25.2.2010 - B 10 LW 1/09 R - SozR 4-5868 § 13 Nr 5 RdNr 20 - 28 mwN). Die letzte Änderung hat § 21 ALG durch das LSV-NOG mit Wirkung ab 19.4.2012 (Art 14 Abs 2 iVm Art 4 Nr 5 LSV-NOG) erfahren. |
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| Die Pflicht zur Unternehmensabgabe für Einzellandwirte und Landwirte in Personenmehrheiten, Personenhandelsgesellschaften und juristischen Personen ist ein wesentliches Strukturelement in der deutschen Landwirtschaft und damit auch der AdL (s zuletzt BSG Urteil vom 25.2.2010 - B 10 LW 1/09 R - SozR 4-5868 § 13 Nr 5 RdNr 29). Hiervon geht der Gesetzgeber des ALG bis heute aus. So hat er im Rahmen des Entwurfs des LSV-NOG erneut betont, dass der Hofabgabepflicht auch unter den heutigen Verhältnissen in der deutschen Landwirtschaft eine positive Auswirkung auf deren Struktur zukommt (s Begr des Gesetzentwurfs der Bundesregierung BR-Drucks 689/11 S 72). Dieser Gesetzeszweck ist indes nur zu erfüllen, wenn die Unternehmensabgabepflicht alle - ehemaligen - Landwirte, also sowohl die nach § 1 Abs 2 ALG als auch die nach § 1 Abs 3 ALG - hier also die Klägerin - trifft. |
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| Die Pflicht zur Unternehmensabgabe betrifft alle landwirtschaftlichen Flächen, die dem Rentenantragsteller rechtlich zuzuordnen sind, sofern sie den sogenannten Rückbehalt nach § 21 Abs 7 ALG übersteigen. Es ist entgegen der Auffassung der Klägerin gesetzlich nicht vorgeschrieben, dass "das Unternehmen der Landwirtschaft" iS des § 11 Abs 1 Nr 3 ALG die sogenannte Mindestgröße gemäß § 1 Abs 2 und 5 ALG erreicht oder überschreitet. Im Zusammenhang mit den Regelungen über Rentenleistungen ist allein der Rückbehalt nicht aber die Mindestgröße entscheidend. Die Mindestgröße ist ausschließlich ein Kriterium für das Entstehen der Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte gemäß § 1 Abs 1 und 2 ALG (sowie in der Krankenversicherung der Landwirte gemäß § 2 Abs 1 Nr 1, Abs 2 KVLG 1989). In der landwirtschaftlichen Unfallversicherung spielt - abgesehen von § 123 Abs 2 SGB VII - eine Mindestgröße des Unternehmens für die Versicherungspflicht ohnehin keine Rolle. Auch die Bewirtschaftung von deutlich unterhalb der in der AdL geltenden Mindestgröße liegenden landwirtschaftlichen Flächen wird dort als landwirtschaftliches Unternehmen (vgl § 123 SGB VII) behandelt und löst gemäß § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a SGB VII die Versicherungspflicht des Unternehmers aus. |
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| Schließlich verstößt die Pflicht zur Unternehmensabgabe nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes (GG), soweit dadurch nur landwirtschaftliche Unternehmer iS des § 1 Abs 2 und 3 ALG und nicht auch mitarbeitende Familienangehörige betroffen sind, Art 3 Abs 1 GG, wonach alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Das gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Der allgemeine Gleichheitssatz untersagt dem Gesetzgeber jedoch nicht jede Differenzierung. Vielmehr bedürfen Differenzierungen stets einer Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liegt immer dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten (Bundesverfassungsgericht <BVerfG> Beschlüsse vom 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 - SozR 4-7835 Art 1 Nr 1 RdNr 40 mwN; vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, 215 mwN; vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - NJW 2011, 2869, 2870 und vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - BVerfGE 126, 400, 416 mwN). |
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| Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Dem Gesetzgeber werden dabei umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheiten auswirkt und je weniger der Einzelne nachteilige Folgen durch eigenes Verhalten vermeiden kann (zB BVerfG Beschluss vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - aaO, 418 mwN). |
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| Eine Auseinandersetzung mit den genannten Prüfkriterien nach Art 3 Abs 1 GG setzt grundlegend voraus, dass eine Gleich- oder Ungleichbehandlung zweier Personengruppen durch das Gesetz vorliegt (s dazu allgemein Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 7 mwN). Zwar werden die Personengruppen der Landwirte und der mitarbeitenden Familienangehörigen durch verschiedene Regelungen des ALG erfasst und durchaus unterschiedlich behandelt, zB bei der Beitrags- und Rentenhöhe. Von der Regelung des § 12 Abs 1 ALG über den Anspruch auf vorzeitige Altersrente, die der Klägerin nach Vollendung des 63. Lebensjahres gewährt worden ist, ist die Gruppe der mitarbeitenden Familienangehörigen von vornherein nicht betroffen; denn ein solcher Anspruch ist allein Landwirten, nicht aber mitarbeitenden Familienangehörigen eingeräumt worden. Letztere hatten - wie Landwirte auch - gemäß § 12 Abs 3 iVm Abs 2 ALG damaliger Fassung ausschließlich bei Vorliegen einer Erwerbsminderung Anspruch auf Altersrente ab Vollendung des 60. Lebensjahres. § 12 Abs 1 ALG bewirkt danach im Hinblick auf die Pflicht zur Unternehmensabgabe keine Ungleichbehandlung der Gruppe der Landwirte gegenüber der Gruppe der mitarbeitenden Familienangehörigen. |
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| Die Voraussetzungen des § 11 Abs 1 Nr 3 ALG (Unternehmensabgabe) erfüllte die Klägerin im Zeitpunkt der Bewilligung der vorzeitigen Altersrente (1.7.2000) nicht, weil die ihr gehörenden landwirtschaftlichen Flächen in Niederbayern nicht im Sinne des Gesetzes abgegeben waren. |
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| Nach § 21 Abs 1 ALG "ist" ein Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben, wenn das Eigentum an den landwirtschaftlich genutzten Flächen mit Ausnahme stillgelegter Flächen an einen Dritten übergegangen ist. Nach § 21 Abs 2 ALG "gilt" ein Unternehmen der Landwirtschaft als abgegeben, wenn die landwirtschaftlich genutzten Flächen verpachtet oder diese mit einem Nießbrauch zugunsten Dritter belastet sind oder in ähnlicher Weise die landwirtschaftliche Nutzung auf eigenes Risiko auf längere Dauer unmöglich gemacht ist. § 21 Abs 2 S 2 ALG regelt neben der Anordnung obligatorischer Schriftform, dass der Vertrag oder die Unmöglichkeit der Nutzung iS des Satzes 1 Nr 3 sich auf einen Zeitraum von mindestens 9 Jahren erstrecken muss. Weitere Regelungen zur Unternehmensabgabe für bestimmte Bereiche (zB Binnenfischerei), besondere Formen der Abgabe (zB Stilllegung) und besondere Konstellationen (zB Abgabe unter Ehegatten) trifft § 21 ALG in seinen weiteren Absätzen. |
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| Hinsichtlich des von der Klägerin persönlich genutzten Obstgartens von 0,55 ha war keiner der Tatbestände des § 21 ALG erfüllt. Aber auch für eine von der Klägerin schriftlich verpachtete Fläche von zusammen 3 ha waren die Voraussetzungen nach § 21 Abs 2 S 2 ALG nicht erfüllt, weil diese Fläche im Zeitpunkt des Rentenbeginns am 1.7.2000 nicht mehr für mindestens 9 Jahre verpachtet war. Der am 6.5.1996 geschlossene Pachtvertrag lief am 31.12.2006 und damit schon rund 6 ½ Jahre nach Rentenbeginn aus. Die Verpachtung einer weiteren landwirtschaftlich genutzten Fläche von 1,86 ha erfolgte erst vom 1.4.2005 an. Sie stand also im Zeitpunkt des Rentenbeginns in der Verfügungsmacht der Klägerin. |
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| Damit war die komplette Fläche vom 5,41 ha in Niederbayern und damit das dortige landwirtschaftliche Unternehmen nicht abgegeben. Das gilt unabhängig davon, ob man der Klägerin über die in Oberbayern in Absprache mit der Beklagten zurückbehaltenen Flächen ihres Ehemannes hinaus einen eigenen Rückbehalt betreffend ihrer landwirtschaftlichen Flächen in Niederbayern zubilligt oder nicht. Denn eine landwirtschaftliche Fläche von 5,41 ha überschritt nach den Feststellungen des LSG sogar die in Niederbayern geltende Mindestgröße für landwirtschaftliche Flächen von 4 ha und damit erst recht den zulässigen Rückbehalt von 1 ha (25 Prozent der Mindestgröße). |
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| Ob die weiteren Voraussetzungen des § 45 Abs 1 SGB X erfüllt sind, kann dagegen ohne weitere Tatsachenfeststellungen nicht beurteilt werden. |
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| Die Beklagte durfte die Rentenbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit gemäß § 45 Abs 1 SGB X nur unter den Voraussetzungen der Absätze 2 bis 4 dieser Vorschrift zurücknehmen. Nach § 45 Abs 2 S 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Gemäß § 45 Abs 2 S 2 SGB X ist das Vertrauen (des Begünstigten) in der Regel schutzwürdig, wenn er erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Allerdings kann sich der Begünstigte gemäß § 45 Abs 2 S 3 SGB X auf Vertrauen nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. |
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| Das LSG hat angenommen, dass der Bescheid der Beklagten vom 23.6.2000 auf in wesentlicher Beziehung unrichtigen oder unvollständigen Angaben der Klägerin beruht. Dem vermag der erkennende Senat nicht ohne Weiteres zu folgen. Die Beurteilung des LSG träfe zu, wenn die im Rentenantragsformular mit "nein" angekreuzte Antwort auf die Frage, ob "Sie oder Ihr Ehegatte noch weitere landw. Unternehmen betrieben" habe, von der Klägerin selbst stammt oder dieser zuzurechnen ist, etwa weil deren Ehemann die Frage auch für die Klägerin als Rentenantragstellerin in deren Auftrag beantwortet hat. Soweit das LSG in diesem Zusammenhang davon ausgegangen ist, dass die Klägerin am 4.4.2000 gemeinsam mit ihrem Ehemann vorzeitige Altersrente für Ehegatten eines Landwirts beantragt habe, wobei die Frage, ob sie oder ihr Ehegatte "noch weitere landwirtschaftliche Unternehmen betrieben" habe, verneint worden sei, handelt es sich nicht um das Revisionsgericht gemäß § 163 SGG bindende tatsächliche Feststellungen. |
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| Ein Rentenantrag ist eine Willenserklärung des Antragstellers, die auf den Erhalt einer Rente gerichtet ist, hier aus der AdL. Die Feststellung des Inhalts von Willenserklärungen gehört in den Bereich tatsächlicher Feststellungen, sodass das BSG grundsätzlich an die entsprechende Auslegung der Tatsacheninstanz gebunden ist. Begrenzt wird diese Bindung durch zulässige und begründete Verfahrensrügen (Lüdtke in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 163 RdNr 7 mwN). Den Inhalt einer Willenserklärung darf das Revisionsgericht rechtlich nur daraufhin prüfen, ob das Tatsachengericht bei der Würdigung der Willenserklärung die gesetzlichen Auslegungsregeln beachtet (§§ 133, 157 BGB; Erforschung des wirklichen Willens) und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat. Dabei hat es die in den Urteilen der Tatsacheninstanzen getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu beachten. Anders verhält es sich, wenn das Tatsachengericht die von ihm selbst festgestellten tatsächlichen Umstände nicht vollständig verwertet. Dann hat das Revisionsgericht sie in die Rechtsanwendung einzubeziehen (s insgesamt BSG Urteil vom 27.9.1994 - 10 RAr 1/93 - BSGE 75, 92, 96 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10 jeweils mwN). Das Gleiche muss gelten, wenn das Tatsachengericht ohne hinreichende Feststellung tatsächlicher Umstände, wie etwa des Inhalts mündlicher oder schriftlicher Erklärungen, eine Willenserklärung inhaltlich bestimmt. Stützt das Gericht dagegen die Inhaltsbestimmung der Willenserklärung auf tatsächliche Feststellungen der abgegebenen Erklärungen, kann das Revisionsgericht lediglich das darüber hinausgehende Vorgehen der Tatsachengerichte, nämlich die Anwendung der gesetzlichen Auslegungsregeln, anerkannter Auslegungsgrundsätze, von Denkgesetzen, Erfahrungssätzen oder Verfahrensvorschriften als Teil der Rechtsanwendung dieses Gerichts voll inhaltlich überprüfen. Sofern die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts ihrerseits auf Wertungen beruhen, gehören diese Wertungen nicht zur Rechtsanwendung, denn sie erfolgen im Rahmen der tatrichterlichen Überzeugungsbildung, bei den Sozialgerichten also gemäß § 128 SGG (s insgesamt BSG Urteil vom 27.9.1994, aaO; BSG Beschluss vom 25.10.2012 - B 9 SB 70/11 B - RdNr 8). |
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| Die Annahme des LSG, die Klägerin habe am 4.4.2000 gemeinsam mit ihrem Ehemann einen Rentenantrag gestellt, ergibt sich nicht ohne Weiteres aus dem Antragsformular, dessen Inhalt vom BSG selbst festgestellt werden kann, da das LSG darauf Bezug genommen hat (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 163 RdNr 4 mwN). Vielmehr ist - in Verbindung mit dem Aktenvermerk der Beklagten vom 22.5.2000 - davon auszugehen, dass zunächst - unter dem 4.4.2000 - nur der Ehemann der Klägerin einen Antrag auf Altersrente für Landwirte ab dem 65. Lebensjahr gestellt hat, der am 8.5.2000 von der Beklagten erfasst worden ist. Allein der Ehemann der Klägerin hat dieses Antragsformular als Antragsteller unterschrieben. Der Antrag der Klägerin auf vorzeitige Altersrente für Ehegatten eines Landwirts ist dagegen offenbar erst am 22.5.2000 erfasst worden. Zwar hat die Klägerin das Antragsformular im Abschnitt G. in ihrer Eigenschaft als Ehefrau des Antragstellers unterschrieben. Es ist jedoch dem Formular nicht zweifelsfrei zu entnehmen, welche Bedeutung dieser Unterschrift zukommen sollte. Insbesondere ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, ob die Klägerin damit auch die Antwort auf die Frage 2. im Abschnitt B. derart bestätigt hat, dass diese ihr als eigene Angabe zugerechnet werden kann. |
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| Die Unklarheiten, die sich daraus ergeben, dass der Antrag der Klägerin auf Gewährung vorzeitiger Altersrente nur auf dem Deckblatt des Antragsformulars ihres Ehemannes vermerkt worden ist, ohne dass die Klägerin ein (vollständiges) Antragsformular als Antragstellerin unterschrieben hat, erfordern weitere Tatsachenfeststellungen, insbesondere auch dazu, was mit ihr anlässlich ihrer Vorsprache bei der Beklagten am 22.5.2000 besprochen worden ist. Daraus sowie aus anderen Umständen könnte sich ergeben, dass ihr die Antwort auf die Frage 2. im Abschnitt B. zuzurechnen ist. Sollte das nicht der Fall sein, scheidet eine Verneinung von Vertrauensschutz nach § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 SGB X aus. |
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| Die bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG erlauben auch nicht den Schluss, dass der angefochtene Bescheid wegen Fehlens einer der weiteren Voraussetzungen des § 45 SGB X rechtswidrig ist. So hat das LSG zutreffend angenommen, dass die Fristen des § 45 Abs 3 und 4 SGB X erfüllt sind. Ob die Beklagte das ihr nach § 45 Abs 1 SGB X ("darf") eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat (vgl dazu Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 45 RdNr 88 bis 94 mwN), vermag der Senat nach dem gegenwärtigen Sachstand allerdings nicht zu beurteilen. Denn neben den von der Beklagten im Widerspruchsbescheid ausdrücklich erwähnten Umständen, wie etwa der wirtschaftlichen Belastung der Klägerin durch die Erstattung der Rentenbeträge, können auch die Gegebenheiten der Rentenantragstellung im Rahmen der Ermessensentscheidung abzuwägen sein. |
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| Solange nicht feststeht, ob die Rücknahme der Rentenbewilligung Bestand hat, kann nicht über die Rückforderung der gezahlten Rentenbeträge entschieden werden (vgl § 50 Abs 1 SGB X). |
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| Da die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts anhand der bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG weder in formeller noch in materieller Hinsicht bestätigt werden kann und die erforderliche Sachverhaltsaufklärung im Revisionsverfahren nicht erfolgen kann (§ 163 SGG), ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (vgl § 170 Abs 2 S 2 SGG). |
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| Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem LSG überlassen. |
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