Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 12. Senats vom 21.12.2011 - B 12 KR 22/09 R -, Urteil des 12. Senats vom 19.12.2012 - B 12 KR 20/11 R -
Medieninformation Nr. 30/12
Beitragsbemessungsvorschriften des GKV-Spitzenverbands für freiwillig
Krankenversicherte grundsätzlich nicht zu beanstanden
Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat am
19. Dezember 2012 entschieden, dass die
"Einheitlichen Grundsätze zur
Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV) und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur
Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden
Beiträge" ("Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler"), die der
Vorstand des GKV-Spitzenverbandes am 27. Oktober 2008 erließ,
grundsätzlich nicht zu beanstanden sind.
Seit 1. Januar
2009 regeln diese Grundsätze die Beitragsbemessung für inzwischen mehr
als 5 Mio freiwillig in der GKV versicherte Personen. Die Rechtmäßigkeit
der Bestimmungen ist sowohl innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit als auch
in der Fachliteratur umstritten. Das Bundessozialgericht hat nun ein
Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden aufgehoben, welches eine darauf
gestützte Beitragserhebung ebenfalls als rechtswidrig angesehen und nur
die Erhebung von Mindestbeiträgen für zulässig erachtet hatte.
Das
Bundessozialgericht hat entschieden, dass rechtliche Bedenken gegen die
Übertragung der Befugnis zur Regelung der Beitragsmessung für
freiwillig Versicherte auf den GKV-Spitzenverband nicht durchgreifen.
Die durch § 240 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch angeordnete
untergesetzliche Rechtsetzung ist im Rahmen der "funktionalen
Selbstverwaltung" hinreichend demokratisch legitimiert. Dass die
Grundsätze zunächst vom Vorstand des GKV-Spitzenverbands erlassen
wurden, ist unschädlich, weil später jedenfalls eine auf den 1. Januar
2009 zurückwirkende "Bestätigung" durch den Verwaltungsrat erfolgte.
Im konkreten Fall
ging es um die Beitragsbemessung des bei einer AOK freiwillig
versicherten pflegebedürftigen Klägers, der in einer stationären
Einrichtung lebt und Sozialhilfeleistungen bezieht. Die AOK erhöhte
seine Krankenversicherungsbeiträge zum 1. Juli 2009 um 35 Euro auf
184,81 Euro monatlich, weil nach den genannten Grundsätzen als
Bemessungsgrundlage für den Personenkreis, zu dem der Kläger gehört, der
3,6-fache Sozialhilferegelsatz gelte. Diese Berechnung hat das
Bundessozialgericht allerdings beanstandet. Sie bewirkt nämlich, dass
zu Unrecht Beiträge auch auf Leistungen miterhoben werden, die nicht
‑ was allein zulässig ist ‑ für den Lebensunterhalt der Betroffenen
bestimmt sind, sondern über allgemeine Wohnkosten hinaus zweckgebunden
dazu dienen, einen besonderen, den Heimaufenthalt erfordernden
Pflegebedarf auszugleichen. Insoweit knüpft das jetzige Urteil an
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2011 an
(Urteil vom 21. Dezember 2011
‑ B 12 KR 22/09 R). Da eine abschließende Entscheidung in der Sache
noch die Ermittlung der konkreten Einnahmen des Klägers erfordert, muss
das Sozialgericht Wiesbaden darüber nun erneut verhandeln und
entscheiden.
Az.: B 12 KR 20/11
R
W. ./. AOK die Gesundheitskasse in Hessen
Hinweis auf Rechtsvorschriften:
Sozialgesetzbuch
Fünftes Buch ‑ Gesetzliche Krankenversicherung ‑
(hier: ab 1.1.2009
geltende Fassung vom 26.3.2007, BGBl I 378)
§
240 - Beitragspflichtige Einnahmen freiwilliger Mitglieder
(1) Für
freiwillige Mitglieder wird die Beitragsbemessung einheitlich durch
den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei ist
sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds
berücksichtigt.
...
§ 217e
- Satzung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen
(1) Der
Verwaltungsrat hat eine Satzung zu beschließen. Die Satzung muss
Bestimmungen enthalten über
(2) Die vom
Spitzenverband Bund der Krankenkassen abgeschlossenen Verträge und
seine sonstigen Entscheidungen gelten für die Mitgliedskassen des
Spitzenverbandes, die Landesverbände der Krankenkassen und die
Versicherten.
...
...
(3) Der
Spitzenverband Bund der Krankenkassen trifft in grundsätzlichen
Fach- und Rechtsfragen Entscheidungen zum Beitrags- und
Meldeverfahren und zur einheitlichen Erhebung der Beiträge (§ 23, §
76 des Vierten Buches).