Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 38/2023

Verhandlungstermin am 17. Mai 2023 um 11.00 Uhr in Sachen I ZR 144/22 (Ladenöffnung an Sonntagen)

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat darüber zu entscheiden, ob es gegen das Verbot der Öffnung von Verkaufsstellen an Sonntagen nach § 3 Ladenöffnungsgesetz Rheinland-Pfalz (LadöffnG) verstößt, wenn ein Geschäft aufgrund der Regelung zur Öffnung von Verkaufsstellen im näheren Einzugsgebiet des Flughafens Zweibrücken an Feriensonntagen öffnet.

Sachverhalt:

Die Klägerin betreibt unter anderem in der Pfalz Ladengeschäfte, in denen sie auch Damenmodeartikel verkauft. Die Beklagte ist ein Damenoberbekleidungs-unternehmen, das eine Filiale im "Zweibrücken Fashion Outlet" betreibt, das in der Nähe des Flugplatzes Zweibrücken liegt. Gemäß der aufgrund von § 7 Abs. 2 LadöffnG erlassenen Durchführungsverordnung vom 13. März 2007 (LadöffnG-DVO) ist die Sonntagsöffnung im zeitlichen Zusammenhang mit den jährlichen Oster-, Sommer- und Herbstferien in Rheinland-Pfalz erlaubt. Im Jahr 2014 wurde der kommerzielle Linienflugverkehr des Flugplatzes Zweibrücken eingestellt; seit 2018 liegt eine Genehmigung als Sonderlandeplatz vor, die Fracht- und Geschäftsreiseverkehr sowie Flüge zu privaten und Ausbildungs- und Schulungszwecken gestattet. Die Klägerin meint, die Ladenöffnungen der Beklagten an Feriensonntagen verstießen gegen § 3 LadöffnG und seien nach §§ 3, 3a UWG wettbewerbswidrig. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Es hat angenommen, der Beklagten sei keine unlautere Wettbewerbshandlung gemäß §§ 3, 3a UWG vorzuwerfen, weil die LadöffnG-DVO ihr Verhalten legitimiere. Die nachträgliche Veränderung der für den Erlass der LadöffnG-DVO bestimmenden Umstände, also die Einstellung des Verkehrsflugbetriebs, habe nicht dazu geführt, dass die LadöffnG-DVO automatisch ungültig geworden sei. Selbst wenn die LadöffnG-DVO von Anfang an rechtswidrig gewesen sein sollte, stehe dem Erfolg der Klage entgegen, dass die Norm das beanstandete Verhalten der Beklagten ausdrücklich gestatte.

Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, mit der die Klägerin ihre Ansprüche weiterverfolgt.

Vorinstanzen:

LG Zweibrücken - Urteil vom 15. Oktober 2021 - HK O 46/20

OLG Zweibrücken - Urteil vom 4. August 2022 - 4 U 202/21

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 3 Abs. 1 UWG

Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

§ 3a UWG

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. […]

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1. jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt, […]

§ 3 Satz 1 Nr. 1 LadöffnG

Verkaufsstellen müssen zu folgenden Zeiten für den geschäftlichen Verkehr mit Kundinnen und Kunden geschlossen sein:

1. an Sonn- und Feiertagen, […]

soweit in den nachfolgenden Bestimmungen keine abweichenden Regelungen getroffen werden. […]

§ 7 Abs. 2 LadöffnG

Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung für Verkaufsstellen, die im näheren Einzugsgebiet […] der in Absatz 1 Satz 1 genannten Flugplätze liegen, bestimmen, dass diese auch während der allgemeinen Ladenschlusszeiten (§ 3) und außerhalb von nach § 4 festgelegten erweiterten Ladenöffnungszeiten geöffnet sein dürfen; […]

§ 1 Satz 1 LadöffnG-DVO

Verkaufsstellen dürfen in den in der Anlage bestimmten Bereichen im näheren Einzugsgebiet des Flugplatzes Zweibrücken während der im Ferienplan für Rheinland-Pfalz festgelegten Oster-, Sommer- und Herbstferien abweichend von § 3 Satz 1 Nr. 1 des Ladenöffnungsgesetzes Rheinland-Pfalz vom 21. November 2006 (GVBl. S. 351, BS 8050-3) an Sonntagen in der Zeit von 11 Uhr bis 20 Uhr geöffnet sein.

Karlsruhe, den 23. Februar 2023

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501