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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Jahr 2024 » Pressemitteilung Nr. 156/16 vom 13.9.2016

Siehe auch:  Urteil des XI. Zivilsenats vom 25.10.2016 - XI ZR 9/15 -

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Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 156/2016

Verhandlungstermin am 25. Oktober 2016, 11.00 Uhr, in Sachen XI ZR 9/15 (Kosten für geduldete Überziehung)

Der Kläger, der Dachverband der Verbraucherzentralen, nimmt die Beklagte, eine Geschäftsbank, gemäß § 1 UKlaG auf Unterlassung der Verwendung einer Klausel aus ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Anspruch. In den von der Beklagten verwendeten "Bedingungen für geduldete Überziehungen" heißt es auszugsweise wie folgt:

"5. Die Höhe des Sollzinssatzes für geduldete Überziehungen, der ab dem Zeitpunkt der Überziehung anfällt, beträgt 16,50 % p. a. (Stand August 2012). Die Sollzinsen für geduldete Überziehungen fallen nicht an, soweit diese die Kosten der geduldeten Überziehung (siehe Nr. 8) nicht übersteigen.

(…)

8. Die Kosten für geduldete Überziehungen, die ab dem Zeitpunkt der Überziehung anfallen, betragen 6,90 Euro (Stand August 2012) und werden im Falle einer geduldeten Überziehung einmal pro Rechnungsabschluss berechnet. Die Kosten für geduldete Überziehung fallen jedoch nicht an, soweit die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen diese Kosten übersteigen."

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Regelung unter Ziffer 8. Satz 1 der Bedingungen als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle unterliege und dieser nicht standhalte, weil sie Verbraucher unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB* benachteilige.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass es sich bei der Klausel um eine gemäß § 307 Abs. 3 BGB* nicht der Inhaltskontrolle unterliegende Preishauptabrede handele.

Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die angegriffene Klausel jedenfalls in der Kombination zwischen einem laufzeitabhängigen Entgelt in Gestalt der unter Ziffer 5. der Bedingungen vorgesehenen Sollzinsen und einem laufzeitunabhängigen Mindestentgelt – den unter Ziffer 8. der Bedingungen vorgesehenen Kosten – eine kontrollfähige Preisnebenabrede darstelle. Denn das Entgelt für die Gewährung eines in Form einer geduldeten Überziehung gewährten Darlehens sei der laufzeitabhängig ausgestaltete Zins. Demgegenüber seien die Kosten laufzeitunabhängig ausgestaltet. Die laufzeitunabhängige Ausgestaltung der Kosten verdeutliche – auch wenn diese nicht neben den Sollzinsen erhoben werden – gerade bei geringfügigen Überziehungen, dass diese nicht allein das Entgelt für das gewährte Darlehen zum Gegenstand haben, sondern auch einen bei der Beklagten anfallenden Aufwand, den sie für die Erfüllung eigener Pflichten und im eigenen Interesse erbringe.

Die Klausel halte der Inhaltskontrolle nicht stand. Zum einen werde, soweit die unter Ziffer 5. der Bedingungen vereinbarten Zinsen unter einem Betrag von 6,90 € bleiben, ein Aufwand für Tätigkeiten des Verwenders auf den Kunden abgewälzt. Derartige Entgeltklauseln seien gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Zum anderen weiche es vom Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB** ab, dass das Entgelt für die Gewährung der Kapitalnutzung laufzeitunabhängig ausgestaltet sei. Diese Abweichung indiziere bereits die unangemessene Benachteiligung. Gründe, welche die Klausel gleichwohl angemessen erscheinen lassen, seien nicht ersichtlich, zumal die laufzeitunabhängigen Kosten gerade bei geringfügigen Überziehungen im Verhältnis zu diesen eine exorbitante Höhe erreichen.

Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Vorinstanzen:

LG Frankfurt am Main – Urteil vom 21. Juni 2013 – 12 O 345/12

OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 4. Dezember 2014 – 1 U 170/13

Karlsruhe, den 13. September 2016

*§ 307 BGB

Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

** § 488 Abs. 1 BGB

Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) (…)

(3) (…)

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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