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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Monat April 2018 » Pressemitteilung Nr. 81/18 vom 27.4.2018

Siehe auch:  Urteil des XI. Zivilsenats vom 5.6.2018 - XI ZR 790/16 -

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Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 81/2018

Verhandlungstermin am 8. Mai 2018, 9.00 Uhr, in Sachen

XI ZR 790/16 (Zur Frage der Wirksamkeit formularmäßiger Vereinbarungen einer Zinscap-Prämie sowie einer Zinssicherungsgebühr)

Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverein, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Er macht die Unwirksamkeit der nachfolgenden Klauseln geltend, die die beklagte Bank in Vertragsformularen für Darlehen mit einem variablen Zinssatz gegenüber ihren Kunden verwendet:

"Zinscap-Prämie: … %Zinssatz p.a. … % variabel*

*) Bis zum … beträgt der Zinssatz mindestens … p.a. und höchstens … % p.a. Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig."

sowie

"Zinssicherungsgebühr: … %Zinssatz p.a. … % variabel*

*) Bis zum … beträgt der Zinssatz mindestens … p.a. und höchstens … % p.a. Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig."

Der Kläger ist der Ansicht, dass die beanstandeten Klauseln gegen § 307 BGB verstoßen und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung in Verträgen mit Verbrauchern zu unterlassen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgeben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt:

Bei den Bestimmungen über eine Zinssicherungsgebühr bzw. Zinscap-Prämie handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterlägen. Die Zinssicherungsgebühr sowie die Zinscap-Prämie seien kontrollfähige Preisnebenabreden, weil sie weder eine kontrollfreie Bestimmung über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch ein Entgelt für eine zusätzlich angebotene Sonderleistung der Beklagten enthielten. Nach der maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung der streitigen Regelungen erbringe die Beklagte keine echte Neben- oder Zusatzleistung für ihre Kunden, sondern lasse sich auch die Kapitalüberlassung vergüten.

Die der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB entzogene Preisbestimmung sei bei einem Darlehen der Zins. Zinsähnlich sei ein zusätzliches Entgelt nur dann, wenn sich das Kreditinstitut die Überlassung des Darlehenskapitals laufzeitabhängig vergüten lasse. Gemessen daran stelle die Klausel keine - kontrollfreie - Preishauptabrede dar. Zwar sei die Zinscap-Prämie Teil der Zinskalkulation der Bank, denn sie sichere nicht nur den Kunden gegen höhere Zinsen ab, sondern auch die Bank, indem sie jedenfalls einen Teil der möglichen Verluste kompensiere, wenn der Referenzzinssatz über den vereinbarten Höchstzinssatz steige. Gegen die Beurteilung der Prämie als Entgelt für die Möglichkeit zur Kapitalnutzung spreche aber deren laufzeitunabhängige Ausgestaltung, denn die Beklagte habe keine vertraglichen Regelungen vorgesehen, wonach die Zinssicherungsprämie bei vorzeitiger Darlehensrückzahlung anteilig zu erstatten sei.

Die Zinssicherungsgebühr sei auch kein Entgelt für eine echte Sonderleistung der Beklagten. Ausgehend vom Verständnis eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden zahle der Kunde die Gebühr für die Begrenzung des Zinsrisikos nach oben, zu der die Bank weder gesetzlich noch aufgrund einer eigenständigen vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet sei. Gleichwohl handele sich nicht allein um ein Entgelt für eine nicht geschuldete Sonderleistung, denn die Zinssicherungsgebühr sei integraler Bestandteil der Zinskalkulation der Bank. Die Gebühr diene der Sicherstellung, dass der Kunde insgesamt für die Kapitalüberlassung einen aus Sicht der Bank gewinnbringenden Zins zahle und sei daher insoweit auch für die Kapitalüberlassung geschuldet.

Dieses Ergebnis stehe nicht im Widerspruch dazu, dass im Zusammenhang mit der Frage, ob die Klausel als Preishauptabrede kontrollfrei sei, von einer laufzeitunabhängigen Ausgestaltung auszugehen sei. Denn bei der Beantwortung dieser Frage komme es nicht darauf an, wie die Gebühr tatsächlich einzuordnen sei. Der Durchschnittskunde könne die Klausel dahin verstehen, dass die "Zinssicherungsgebühr" bzw. "Zinscap-Prämie" laufzeitunabhängig ausgestaltet sei, was für eine Einstufung als Preisnebenabrede ausreichend sei. Bei der Beurteilung der Frage, ob dieser Preisnebenabrede eine echte Sonderleistung zugrunde liege, sei hingegen maßgeblich, wofür die erhobene Gebühr tatsächlich gezahlt werde und wie sie im Hinblick darauf rechtlich zu qualifizieren sei. Insoweit sei die Zinssicherungsgebühr laufzeitabhängig, weil sie auch Bestandteil der Zinskalkulation sei und damit auch für die Überlassung des Kapitals gezahlt werde.

Die Zinssicherungsgebühr sei unwirksam, weil sie die Kunden der Beklagten unangemessen benachteilige. Als laufzeitunabhängig ausgestaltete Klausel weiche sie von einem wesentlichen Grundsatz der gesetzlichen Regelung des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ab, die mit dem Zins ein laufzeitabhängiges Entgelt vorsehe. Daher sei eine unangemessene Benachteiligung indiziert. Gründe, die die Klausel bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung gleichwohl als angemessen erscheinen ließen, habe die Beklagte weder dargetan noch seien sie sonst ersichtlich.

Die Klausel verstoße auch gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Kunde werde über die wirtschaftlichen Belastungen durch die Vereinbarung der Zinssicherungsgebühr nicht hinreichend aufgeklärt, weil er nicht erkennen könne, dass bei vorzeitiger Beendigung des Darlehensvertrages keine anteilige Erstattung erfolge.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des klageabweisenden landgerichtlichen Urteils.

Vorinstanzen:

LG Düsseldorf – Urteil vom 24. Februar 2016 – 12 O 210/15

OLG Düsseldorf – Urteil vom 1. Dezember 2016 – I-6 U 56/16

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 307 BGB

Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen kön-nen nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

§ 488 BGB

Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

Karlsruhe, den 27. April 2018

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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