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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Jahr 2015 » Pressemitteilung Nr. 32/15 vom 12.3.2015

 

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Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 32/2015

BGH-Präsidentin besucht Dokumentationszentrum

der Sinti und Roma

Die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Bettina Limperg besuchte heute das Dokumentationszentrum der Sinti und Roma in Heidelberg. Sie folgte damit einer Einladung des Vorsitzenden des Zentralrats der Sinti und Roma, Romani Rose. Nach dem Besuch zeigte sich Limperg tief beeindruckt sowohl von der Darstellung der nationalsozialistischen Verfolgung der Sinti und Roma als auch von dem reichen kulturellen Erbe. Der Besuch war am Rande des 4. Rosenburg-Symposiums in Karlsruhe im Oktober 2014 verabredet worden. Romani Rose hatte dort erneut auf die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Entschädigungssachen wegen nationalsozialistischer Verfolgung hingewiesen. In einem Urteil vom 7. Januar 1956 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass Sinti und Roma jedenfalls bis 1943 nicht aus rassistischen Gründen verfolgt worden seien. Sie seien zwar von den Nationalsozialisten rechtsstaatswidrig, grausam und unmenschlich behandelt worden. Jedoch sei dies nicht – wie es für eine Entschädigung erforderlich gewesen wäre – rassistisch motiviert gewesen, sondern habe letztlich polizeiliche Gründe gehabt. Dazu zog das Urteil unter Verwendung entgleisender Formulierungen vorurteilsbeladene Feststellungen über angebliche Eigenschaften der betroffenen Bevölkerungsgruppen heran. In einer späteren Entscheidung aus dem Jahr 1963 hat der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung im Ergebnis aufgegeben und eine rassistische Verfolgung auch für die Zeit vor 1943 bejaht, sich dabei allerdings nicht von den früheren Formulierungen distanziert.

Limperg wies darauf hin, dass es ihr als Präsidentin des Gerichts zwar nicht zustehe, Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und deren Begründungen zu kommentieren. Angesichts der Tragweite des historischen Unrechts und der nicht hinnehmbaren Ausführungen in dem Urteil von 1956 könne man sich aber für diese Rechtsprechung nur schämen. Ausdrücklich zog Limperg eine Parallele zur strafrechtlichen Verfolgung von NS-Richtern in der Nachkriegszeit, die nicht zuletzt an der damaligen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gescheitert war; dazu hatte einer der Amtsvorgänger Limpergs, Präsident des BGH a.D. Prof. Dr. Günter Hirsch, bereits ähnliche Worte gefunden.

Limperg und Rose betonten übereinstimmend die Bedeutung des Rechtsstaats gerade auch zum Schutz von Minderheiten und vereinbarten die Fortsetzung des gemeinsamen Dialogs mit dem Ziel der weiteren Aufarbeitung des an Sinti und Roma begangenen Unrechts.

Karlsruhe, den 12. März 2015

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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