Der Bundesgerichtshof

PRESSEMITTEILUNGEN
 
XML RSS

Dokumentsuche

Datum

Nummer

Suchbegriff

[Icon: Dreieck] Hilfe

 

Kalender

Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Jahr 2015 » Pressemitteilung Nr. 192/15 vom 23.11.2015

Siehe auch:  Urteil des VIII. Zivilsenats vom 25.11.2015 - VIII ZR 360/14 -

vorheriges DokumentDokumentlistenächstes Dokument

Druckansicht

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 192/2015

Verhandlungstermin 25. November 2015, 9.00 Uhr

in Sachen VIII ZR 360/14 (Preisanpassungsklausel

in Gaslieferungsvertrag)

In diesem Rechtsstreit geht es um die Frage, ob die in einem formularmäßigen Gaslieferungsvertrag mit Sonderkunden enthaltene Preisanpassungsklausel einer Klauselkontrolle nach § 307 BGB* standhält.

Der Sachverhalt:

Die Parteien stehen als Stromanbieter im Wettbewerb. Die Beklagte verwendet in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter der Überschrift "Preise und Preisanpassung/Steuern, Abgaben und sonstige hoheitlich auferlegte Belastungen" unter anderem folgende Regelungen, welche die Klägerin hinsichtlich der darin enthaltenen Preisanpassungsklausel für intransparent und damit zugleich wettbewerbswidrig hält:

"6.1. Der Gesamtpreis setzt sich aus der Servicepauschale, dem Arbeitspreis und ggf. einem Leistungspreiszuschlag zusammen. Er enthält den Energiepreis, die Kosten für Messstellenbetrieb und Messung [...] sowie für die Abrechnung, die aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) folgenden Belastungen, das an den Netzbestreiber abzuführende Netzzugangsentgelt [...] inklusive der vom Netzbetreiber erhobenen Zuschläge nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) sowie die Konzessionsabgaben, die Offshore-Haftungsumlage und die § 19 Sonderkundenumlage[...].

6.6. Der Lieferant wird die auf der Grundlage dieses Vertrages zu zahlenden Preise darüber hinaus nach billigem Ermessen der Entwicklung der Kosten anpassen, die für die Preisberechnung maßgeblich sind. Eine Preiserhöhung kommt in Betracht und eine Preisermäßigung ist vorzunehmen, wenn sich z.B. die Kosten für die Beschaffung von Energie oder die Nutzung des Verteilernetzes erhöhen oder absenken oder sonstige Änderungen der energiewirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer veränderten Kostensituation führen (z.B. durch die Einführung von Netzzugangsentgelten für Einspeisungen, Änderungen der Belastungen nach dem EEG oder KWKG). Steigerungen bei einer Kostenart, z.B. den Strombezugskosten, dürfen nur in dem Umfang für eine Preiserhöhung herangezogen werden, in dem kein Ausgleich durch etwaig rückläufige Kosten in anderen Bereichen, etwa bei den Netz- und Vertriebskosten, erfolgt. Bei Kostensenkungen, z.B. der Strombezugskosten, sind vom Lieferanten die Preise zu ermäßigen, soweit diese Kostensenkungen nicht durch Steigerungen in anderen Bereichen ganz oder teilweise ausgeglichen werden. Der Lieferant wird bei der Ausübung seines billigen Ermessens die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisänderung so wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen werden als Kostenerhöhungen, also Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden wie Kostenerhöhungen.

6.7. Änderungen der Preise nach Ziff. 6.6 sind nur zum Monatsersten möglich. Der Lieferant wird dem Kunden die Änderung spätestens 6 Wochen vor dem geplanten Wirksamwerden in Textform mitteilen. Im Fall einer Preisänderung hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung in Textform zu kündigen. Hierauf wird der Kunde vom Lieferanten in der Preisänderungsmitteilung gesondert hingewiesen. Im Fall der Kündigung wird die Preisänderung gegenüber dem Kunden nicht wirksam. Im Übrigen bleibt § 315 BGB** unberührt."

Die u.a. auf Unterlassung der Verwendung der aus Ziffer 6.6. ersichtlichen Preisanpassungsklausel gerichtete Klage hat in der Berufungsinstanz Erfolg gehabt. Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision begehrt die Beklagte insoweit die Wiederherstellung des die Klage abweisenden landgerichtlichen Urteils.

Vorinstanzen:

OLG München - Urteil vom 24. Juli 2014 – 29 U 1466/14

LG Augsburg - Urteil vom 18. März 2014 – 2 HK O 3775/13

* § 307 BGB (Inhaltskontrolle)

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist […].

** § 315 BGB (Bestimmung der Leistung durch eine Partei)

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist […].

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Druckansicht