Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 118/2014

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgenden Terminhinweis geben:

Verhandlungstermin: 25. November 2014

XI ZR 480/13

LG Hamburg - Urteil vom 27. Januar 2012 - 330 O 476/10

Hanseatisches OLG - Urteil vom 4. Dezember 2013 - 13 U 18/12

Der Kläger verlangt von der beklagten Bank Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb von Lehman-Zertifikaten.

Der Kläger, der bei der Beklagten bereits seit längerer Zeit Kunde war und bei dieser ein umfangreiches Wertpapierdepot unterhielt, erwarb im November 2007 auf Empfehlung eines Mitarbeiters der Beklagten 40 Stück des "Lehman Brothers Garantiezertifikats auf fünf Bankentitel" zum Nennwert von 39.328 €. Im Mai 2008 erwarb der Kläger auf Empfehlung desselben Mitarbeiters weitere 100 Stück Lehman-Zertifikate "LB 6 Jahres CatchUp Note auf sechs DAX-Werte" zum Nennwert von 100.000 €. Beiden Zertifikaten lagen die "Endgültigen Bedingungen" der Emittentin vom 21. September 2007 zum Basisprospekt vom 28. August 2007 zu Grunde. Danach sollte die Emittentin, die Lehman Brothers Treasury Co. B.V., am Laufzeitende unabhängig von der Entwicklung der Basiswerte mindestens 100 % des eingezahlten Kapitals an den Anleger zurückzahlen. Im Basisprospekt, der dem Kläger nicht übergeben wurde, wird der Emittentin ein Sonderkündigungsrecht aus Steuergründen oder aus anderen in den Endgültigen Bedingungen genannten Gründen eingeräumt.

In den Endgültigen Bedingungen wird unter Verweis auf die "Konsolidierten Bedingungen" der Emittentin ausgeführt, dass die Emittentin die Zertifikate in Folge eines Fusionsereignisses, eines Übernahmeangebots, eines Delistings, einer Verstaatlichung oder einer Insolvenz der in den Zertifikaten in Bezug genommenen Unternehmen oder einer durchgeführten oder geplanten Veränderung steuerrechtlicher Vorschriften vorzeitig zurückzahlen könne. Weiter heißt es, der vorzeitige Rückzahlungsbetrag solle von der Berechnungsstelle ausgehend von dem unmittelbar vor Rückzahlung festgelegten marktgerechten Wert der Zertifikate abzüglich angemessener Aufwendungen und Kosten für die Auflösung von Absicherungs- und Finanzierungsvereinbarungen berechnet werden. Dabei wird in den o.g. Bedingungen jeweils ausgeführt, dass der vorzeitige Rückzahlungsbetrag möglicherweise unter dem Nennbetrag liegen oder sogar Null betragen könne. Auf das Sonderkündigungsrecht der Emittentin und dessen Rechtsfolgen wurde der Kläger von der Beklagten weder schriftlich noch mündlich hingewiesen.

Nach der Insolvenz der Emittentin im September 2008 wurden die Zertifikate weitgehend wertlos. Mit seiner Klage verlangt der Kläger nach Abzug erhaltener Zahlungen aus dem Insolvenzverfahren noch Rückzahlung des Anlagebetrages in Höhe von 98.709,64 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Übertragung der Zertifikate, Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zertifikate in Verzug befindet.

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht haben eine schuldhafte Verletzung der Pflichten aus dem geschlossenen Anlageberatungsvertrag und damit einen Schadensersatzanspruch des Klägers bejaht (§ 280 Abs. 1 BGB*). Zur Begründung hat das Oberlandesgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Die Empfehlung der Zertifikate sei nicht anlagegerecht gewesen. Da es sich um sogenannte Garantiezertifikate gehandelt habe, hätte die Beklagte den Kläger über das in den jeweiligen Anleihebedingungen geregelte Sonderkündigungsrecht der Emittentin gesondert aufklären müssen. Bei einem Sonderkündigungsrecht handle es sich um einen für die Anlageentscheidung wesentlichen und damit aufklärungsbedürftigen Umstand. Wesentliches Merkmal eines Garantiezertifikats sei, dass sich das Risiko des Anlegers darauf beschränke, mit dem Anlagebetrag während der Anlagezeit möglicherweise keine Gewinne zu erwirtschaften oder dass die Emittentin insolvent werde. Diesem Wesensmerkmal stehe das Sonderkündigungsrecht entgegen, weil der von der Berechnungsstelle festzulegende Marktwert den Anlagebetrag unterschreiten oder sogar Null betragen könne. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der bloße allgemeine Hinweis in den für verschiedene Anlageprodukte geltenden "Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapiere" auf ein mögliches vorzeitiges Kündigungsrecht der Emittentin nicht ausreichend gewesen, um den Kläger in ausreichender Weise über das Sonderkündigungsrecht aufzuklären. Auch genüge eine Information über das Bonitätsrisiko der Emittentin nicht zur Aufklärung über die mit dem Sonderkündigungsrecht verbundene Gefahr eines Kapitalverlustes.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

* § 280 BGB

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2)…

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