Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 41/2014

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgenden Terminhinweis geben:

Verhandlungstermin: 6. März 2014

III ZR 352/13

LG Meiningen - Urteil vom 17. September 2012 - 3 O 1031/11

Thüringer Oberlandesgericht Jena - Urteil vom 30. Juli 2013 - 4 U 847/12

Der für das Recht der Amts- und Staatshaftung zuständige III. Zivilsenat wird die in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte umstrittene Frage zu klären haben, ob die nach den einschlägigen straßenrechtlichen Vorschriften (hier: Straßengesetz des Landes Thüringen) verkehrssicherungspflichtige Körperschaft (hier: Gemeinde) auch bei gesunden Straßenbäumen besondere Schutzmaßnahmen ergreifen muss, wenn bei diesen - wie z. B. bei der Pappel oder auch bei anderen Weichhölzern – ein erhöhtes Risiko besteht, dass auch im gesunden Zustand Äste abbrechen und Schäden verursachen können.

Der Kläger wohnt in Suhl in einem Mietshaus. Vor dem Wohnblock befinden sich auf beiden Seiten der Straße öffentliche Parkplätze, die auch von den Anwohnern genutzt werden. An die Parkplätze grenzt ein der beklagten Stadt gehörender Grünstreifen, auf dem im Jahre 2011 einige etwa 50-60 Jahre alte Pappeln standen. Der Kläger stellte in den Abendstunden des 12. Juni 2011 seinen Pkw auf einem der Parkplätze in der Nähe der Pappeln ab. Am 13. Juni 2011 stellte er morgens Schäden an seinem Fahrzeug fest; von einer der Pappeln war ein grün belaubter Ast auf das Auto gefallen. Der Kläger nimmt nun die beklagte Stadt auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch.

Die Klage auf Schadensersatz hat das Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Klage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Klägers von einem Drittel dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die beklagte Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Anknüpfungspunkt sei insoweit allerdings nicht eine Verletzung der Pflicht zur regelmäßigen sorgfältigen Baumkontrolle. Die Beklagte habe bei ihren Kontrollen keine Anzeichen für eine Erkrankung oder Vermorschung der Pappel übersehen; diese sei vielmehr gesund gewesen. Jedoch könnten auch gesunde Bäume eine Gefahr darstellen. Die Pappel gehöre zu den für natürliche Astbrüche anfälligen Baumarten. Sie stelle, da sie dazu neige, auch im gesunden Zustand Äste abzuwerfen, eine verkehrssicherungsrechtlich relevante ständige Gefahrenquelle dar. Insoweit gehe es nicht um die bei jeder Baumart bestehende Gefahr, dass bei ungünstigen Verhältnissen (starke Windbelastung u.ä.) auch ein belaubter und gesunder Ast abbrechen könne. Dies sei ein hinzunehmendes allgemeines Lebensrisiko. Bei einer Baumart wie der Pappel, bei der artspezifisch ein ungleich höheres Risiko von Abwürfen gesunder Äste bestehe, sei indessen auf beziehungsweise an öffentlichen Parkflächen, also an Verkehrsflächen, auf denen Fahrzeuge auch für längere Zeit abgestellt und sich regelmäßig Menschen zum Ein- und Aussteigen bewegen würden, die Grenze des zu tolerierenden naturgebundenen Lebensrisikos überschritten. An solchen Orten seien Pappeln zu gefährlich; die Vermeidung von Sach- und Personenschäden müsse Vorrang haben. Zudem sei es im Bereich der Unfallstelle bereits in der Vergangenheit - wenn auch ohne Schäden - zu Astabbrüchen gekommen. Den Kläger treffe jedoch ein Mitverschulden. Er müsse ebenso wie die anderen Anwohner Kenntnis von den Astabwürfen in der Vergangenheit gehabt haben. Deshalb habe der Kläger fahrlässig gehandelt, als er sein Fahrzeug über Nacht in der Gefahrenzone abgestellt habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der beklagten Stadt.

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