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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Jahr 2014 » Pressemitteilung Nr. 82/14 vom 14.5.2014

Siehe auch:  Urteil des VIII. Zivilsenats vom 14.5.2014 - VIII ZR 114/13 -, Urteil des VIII. Zivilsenats vom 14.5.2014 - VIII ZR 116/13 -

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Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 82/2014

Zur Inhaltskontrolle einer im unternehmerischen Geschäftsverkehr verwendeten Preisanpassungsklausel (Ölpreisbindung) in einem Gaslieferungsvertrag

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in zwei Entscheidungen mit der Frage befasst, ob eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Gaslieferungsvertrags enthaltene Preisanpassungsklausel, nach der sich der Arbeitspreis für die Lieferung von Gas zu bestimmten Zeitpunkten ausschließlich in Abhängigkeit von der Preisentwicklung für Heizöl ändert, bei ihrer Verwendung im unternehmerischen Geschäftsverkehr der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB* standhält.

Beiden Verfahren lagen Gaslieferungsverträge zugrunde, bei denen die Abnehmer jeweils selbst Unternehmer sind. Diese vertreten die Auffassung, dass die Preisklauseln, soweit sie nicht nur dazu dienten, den Anfangspreis zu bestimmen, als Preisnebenabreden der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB* unterlägen und dieser nicht standhielten, wie der Bundesgerichtshof für ähnliche, gegenüber Verbrauchern verwendete Klauseln bereits entschieden habe (BGH, Urteile vom 24. März 2010 – VIII ZR 178/08, BGHZ 185, 96, und VIII ZR 304/08, WM 2010, 1050).

VIII ZR 114/13

Die Klägerin, eine Porzellanfabrik, bezog von der Beklagten ab Mitte August 2005 Erdgas. Vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2009 erfolgte die Belieferung aufgrund des Gaslieferungsvertrages vom 20./21. Dezember 2007. Gemäß § 4 Ziffer 1 des Vertrages richtete sich das zu zahlende Entgelt für die Gaslieferung nach der als Anlage beigefügten Preisregelung. Hiernach handelt es sich bei dem Arbeitspreis um einen veränderlichen Preisanteil, der sich quartalsweise in Abhängigkeit von dem im Vertrag näher definierten Preis für leichtes Heizöl ändert.

In der Folgezeit teilte die Beklagte der Klägerin jeweils zum Quartalsbeginn Preisänderungen mit. Die Klägerin glich die Abrechnungen zunächst aus. Sie beanstandete die Preiserhöhungen erstmals mit Schreiben vom 19. November 2008 und begehrt Rückzahlung der ihrer Auffassung nach überzahlten Rechnungsbeträge für die Jahre 2008 und 2009 in Höhe von 110.285,13 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Preisregelung sei wirksam. Nach deren ausdrücklichem Wortlaut handele es sich bei dem Arbeitspreis um einen veränderlichen Preis. Eine solche Preishauptabrede unterliege nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.

VIII ZR 116/13

Die Klägerin versorgt die Beklagte, eine Wohnungsbaugenossenschaft, aufgrund des am 17. Januar/3. Februar 2003 geschlossenen Liefervertrags mit Erdgas. § 1 Satz 3 dieses Vertrages verweist hinsichtlich der Erdgaspreise auf eine Anlage, der zufolge der als variabel bezeichnete, sich quartalsweise ändernde Arbeitspreis sich nach der Entwicklung des im Vertrag näher definierten Preises für Heizöl richtet.

Die Klägerin verlangt Zahlung von insgesamt 11.746,85 € für ihre Gaslieferungen im Jahr 2009 und für nicht gezahlte Abschläge bis Oktober 2010 sowie Sperrung des Gaszählers. Die Beklagte hält die von der Klägerin zugrunde gelegten Preiserhöhungen für unwirksam und begehrt nach Maßgabe des anfänglich geltenden Arbeitspreises im Wege der Widerklage Rückzahlung der in den Jahren 2005 bis 2008 ihrer Auffassung nach überzahlten Gasentgelte in Höhe von 13.138,83 €. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Preisklauseln stellten eine kontrollfreie Preishauptabrede dar. Es sei eine variable Vergütung vereinbart worden, die den bei Vertragsschluss geltenden Preis überhaupt erst bestimme. Eine solche Preishauptabrede unterliege nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.

Beide vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revisionen hatten keinen Erfolg.

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat hat entschieden, dass eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Gaslieferungsvertrags enthaltene Preisregelung, die sowohl der Berechnung des bei Vertragsbeginn geltenden Arbeitspreises als auch der Berechnung späterer Preisänderungen dient, entgegen der Auffassung der Berufungsgerichte eine der Inhaltskontrolle unterworfene Preisnebenabrede darstellt, soweit sie künftige, noch ungewisse Preisanpassungen regelt. Eine solche Klausel, nach der sich der Arbeitspreis für die Lieferung von Gas zu bestimmten Zeitpunkten ausschließlich in Abhängigkeit von der Preisentwicklung für Heizöl ändert, hält aber bei ihrer Verwendung im unternehmerischen Geschäftsverkehr der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB stand.

Ob die Bindung des Gaspreises an den Marktpreis für Heizöl sachgerecht und akzeptabel erscheint, unterliegt der kaufmännischen Beurteilung und Entscheidung des als Unternehmer handelnden Gaskunden, von dem zu erwarten ist, dass er seine Kosten - auch auf dem Energiesektor - sorgfältig kalkuliert, den Mechanismus einer ölpreisindexierten Preisgleitklausel kennt und die damit hinsichtlich seiner Energiekosten verbundenen Chancen und Risiken überblickt. Dass die Entwicklung der Ölpreise - wie anderer Rohstoffkosten auch - mit Ungewissheiten verbunden ist, gehört zu den für eine unternehmerische Tätigkeit typischen Risiken, die der Unternehmer selbst zu beurteilen und zu tragen hat.

Für einen Unternehmer ist auch ersichtlich, dass mit der Anknüpfung an den Marktpreis von Heizöl als einzige Variable kein Bezug auf künftige Kostensteigerungen oder Kostensenkungen beim Gaslieferanten genommen wird. Solche sind deshalb für die Entwicklung des in Zukunft zu zahlenden Arbeitspreises für Erdgas bei Verwendung einer ölpreisindexierten Preisgleitklausel im unternehmerischen Geschäftsverkehr ohne Bedeutung.

* § 307 BGB Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. […]

(3) Die Absätze 1 und 2 […] gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. […]

Urteil vom 14. Mai 2014 – VIII ZR 114/13

LG Oldenburg - Urteil vom 13. Dezember 2012 – 9 O 1953/12

OLG Oldenburg - Beschluss vom 16. April 2013 – 5 U 12/13

und

VIII ZR 116/13

LG Berlin - Urteil vom 25. März 2011 - 22 O 367/09

KG Berlin - Urteil vom 18. März 2013 - 20 U 112/11

Karlsruhe, den 14. Mai 2014

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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