BundesgerichtshofMitteilung der PressestelleNr. 137/2013 Sehr geehrte Damen und Herren, wir möchten folgende Terminhinweise geben: Verhandlungstermin: 19. September 2013 III ZR 405/12 LG Karlsruhe - 2 O 330/11 - Entscheidung vom 24. April 2012 OLG Karlsruhe - 12 U 62/12 - Entscheidung vom 29. November 2012 und III ZR 406/12 LG Karlsruhe - 2 O 278/11 – Entscheidung vom 24. April 2012 OLG Karlsruhe - 12 U 60/12 – Entscheidung vom 29. November 2012 und III ZR 407/12 LG Karlsruhe - 2 O 316/11 – Entscheidung vom 24. April 2012 OLG Karlsruhe - 12 U 63/12 - Entscheidung vom 29. November 2012 und III ZR 408/12 LG Karlsruhe - 2 O 279/11 – Entscheidung vom 24. April 2012 OLG Karlsruhe - 12 U 61/12 – Entscheidung vom 29. November 2012 Die Kläger begehren von dem beklagten Land Baden-Württemberg immateriellen Schadensersatz wegen nachträglich verlängerter Sicherungsverwahrung. Die Kläger in den vier zur Verhandlung anstehenden (parallel gelagerten) Verfahren waren zwischen 1977 und 1986 durch Urteile baden-württembergischer Landgerichte zu langjährigen Freiheitsstrafen (von 5 bis 15 Jahren) verurteilt worden. Den Verurteilungen lagen jeweils schwere Straftaten zugrunde, insbesondere solche gegen die sexuelle Selbstbestimmung. In allen Fällen hatte das Gericht anschließende Sicherungsverwahrung angeordnet. Diese wurde nach Verbüßung der Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Freiburg vollzogen. Nach der im Zeitpunkt der Verurteilung der Kläger geltenden Fassung des § 67d Abs. 1, Abs. 3 StGB durfte die Dauer der erstmaligen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zehn Jahre nicht übersteigen; nach Ablauf dieser Höchstfrist war der Untergebrachte zu entlassen. Durch das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 160) wurde diese Regelung geändert. Die Höchstfrist von 10 Jahren entfiel; § 67d Abs. 3 StGB bestimmte nunmehr, dass nach Ablauf von zehn Jahren das Gericht die Sicherungsverwahrung für erledigt erklärt, "wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Hanges erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden". Diese Bestimmung galt auch für Altfälle, d.h. für Straftäter, die ihre Tat vor Verkündung und Inkrafttreten des Gesetzes begangen hatten und vor diesem Zeitpunkt verurteilt worden waren. Aufgrund der Gesetzesänderung wurden die Kläger nicht nach Ablauf der 10-Jahresfrist aus der Sicherungsverwahrung entlassen. Vielmehr ordnete das Landgericht Freiburg (Strafvollstreckungskammer) - jeweils auf der Grundlage eingeholter Gutachten von Sachverständigen - in Abständen von 2 Jahren, zuletzt mit Beschlüssen im Dezember 2009 bzw. August 2010 an, dass die Sicherungsverwahrung fortzudauern habe, da von den Klägern weiterhin ein Risiko ausgehe. Auf die jeweiligen sofortigen Beschwerden der Kläger hob das Oberlandesgericht Karlsruhe im Juli, September bzw. Oktober 2010 die angefochtenen Entscheidungen auf und stellte die Erledigung der Sicherungsverwahrung fest. Die Kläger wurden noch am gleichen Tag aus der Sicherungsverwahrung entlassen. Das Oberlandesgericht stützte seine Entscheidungen maßgeblich auf das im Rahmen eines Individualbeschwerdeverfahrens eines anderen sicherungsverwahrten Straftäters ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) - V. Sektion - vom 17. Dezember 2009 (Beschwerde-Nr. 19359/04, NJW 2010, 2495 = EuGRZ 2010, 25), wonach die Änderung des § 67d Abs. 3 StGB mit Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht vereinbar sei. Diese Entscheidung ist seit dem 10. Mai 2010 endgültig, nachdem ein Ausschuss der Großen Kammer den Antrag der Bundesregierung auf Verweisung an die Große Kammer nach Art. 43 Abs. 2 EMRK abgelehnt hat (Art. 44 Abs. 2 Buchst. c EMRK). Mit Urteil vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326) erklärte das Bundesverfassungsgericht die gesetzlichen Regelungen zur nachträglichen Verlängerung der Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig. Die Kläger haben das beklagte Land auf Ersatz ihres immateriellen Schadens für die auch nach Ablauf der Zehn-Jahresfrist weiter vollzogene Sicherungsverwahrung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat den Klägern - unter Abweisung der weiter gehenden Klagen – entsprechend der jeweiligen Dauer der nachträglich verlängerten Sicherungsverwahrung Entschädigungen in Höhe zwischen 49.000 € und 73.000 € nebst Zinsen nach Art. 5 Abs. 5 EMRK zuerkannt. Die Berufungen des beklagten Landes sind in allen Fällen erfolglos geblieben. Gegen die Berufungsurteile des OLG Karlsruhe richten sich die vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen des Beklagten. Der Beklagte macht insbesondere geltend, dass die Strafgerichte des Landes aufgrund der objektiven, vom Bundesgesetzgeber durch das Gesetz vom 26. Januar 1998 geschaffenen Normenlage gar keine andere Wahl gehabt hätten, als die Fortsetzung der Sicherungsverwahrung auch nach Ablauf der früheren Höchstfrist anzuordnen. Aus diesem Grunde werde eine etwaige nach Art. 5 Abs. 5 EMRK zu leistende Entschädigung (nur) von der Bundesrepublik Deutschland, aber nicht vom Land Baden-Württemberg geschuldet.
* Art. 5 EMRK: Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden: ..... …. …. Jede Person, die unter Verletzung dieses Artikels von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, hat Anspruch auf Schadensersatz.
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