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BundesgerichtshofMitteilung der PressestelleNr. 9/2013 Sehr geehrte Damen und Herren, wir möchten folgende Terminhinweise geben: Verhandlungstermin: 23. Januar 2013 VIII ZR 140/12 LG Osnabrück - Urteil vom 17. November 2011 – 1 O 901/11 OLG Oldenburg - Urteil vom 4. April 2012 – 3 U 100/11 Der Kläger kaufte am 14. Juni 2008 zum Preis von 133.743 € brutto von der Beklagten ein neues Wohnmobil, das ihm Ende April 2009 gegen Zahlung des Kaufpreises ausgeliefert wurde. Im Zeitraum von Mai 2009 bis März 2010 brachte der Kläger das Wohnmobil insgesamt dreimal in die Werkstatt der Beklagten. So rügte er am 16. Mai 2009 zwanzig Mängel (u.a. Knarren der Satellitenantenne beim Ausfahren, Flecken in der Spüle, schief sitzende Abdeckkappen der Möbelverbinder, lose Stoßstange, Lösen der Toilettenkassette aus der Halterung während der Fahrt). Am 6. August 2009 und am 1. März 2010 rügte er jeweils weitere Mängel. Mit Anwaltsschreiben vom 1. April 2011 erklärte der Kläger – nachdem er zwischenzeitlich weitere Mängel selbst beseitigt hatte und auch Reparaturarbeiten hatte durchführen lassen - den Rücktritt vom Kaufvertrag und rügte das Vorhandensein von fünfzehn Mängeln, deren Beseitigung nach den Erkenntnissen eines von ihm beauftragten Sachverständigen einen Kostenaufwand von 5.464 € netto verursachen würde. Die Beklagte wies den Rücktritt zurück und bot ausdrücklich die Beseitigung vorhandener Mängel an. Hiervon machte der Kläger keinen Gebrauch. Er vertritt die Auffassung, in Anbetracht der Vielzahl der insgesamt aufgetretenen Mängel ("Montagsauto") sei der Rücktritt vom Kaufvertrag ohne vorherige Fristsetzung zur Mängelbeseitigung zulässig. Mit seiner Klage macht der Kläger Rückzahlung des Kaufpreises (abzüglich Wertminderung) und Erstattung aufgewendeter Kosten für ein Sachverständigengutachten in Höhe von insgesamt 125.185,86 € (nebst Zinsen) Zug um Zug gegen Rückgabe des Wohnmobils geltend. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger nicht zum Rücktritt berechtigt gewesen sei, da er der Beklagten (erneut) Gelegenheit zur Nachbesserung der zuletzt behaupteten Mängel hätte geben müssen. Eine Fristsetzung zur Nachbesserung sei auch nicht nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB* entbehrlich oder gemäß § 440 Satz 1 BGB** unzumutbar gewesen. Ob ein Fahrzeug als "Montagsauto" einstufen und daher eine (weitere) Nachbesserung nach § 440 BGB für den Käufer unzumutbar sei, hänge maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab, wobei die Zahl der Nachbesserungsversuche entgegen der Ansicht des Klägers keine ausschlaggebende Rolle spiele. Entscheidend sei, dass es sich bei den aufgetretenen Mängeln im Wesentlichen um Probleme im Bagatellbereich gehandelt habe oder handele, die zudem ganz überwiegend abschließend und beim ersten Nachbesserungsversuch oder sogar durch den Kläger selbst hätten erfolgreich beseitigt werden können. Die Reparaturkosten für die zuletzt behaupteten Sachmängel beliefen sich zusammen auf lediglich 3 % des gezahlten Kaufpreises und dürften daher deutlich im Bereich der Unerheblichkeit liegen, was ebenfalls gegen die Bewertung des Wohnmobils als "Montagsauto" spreche. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. *§ 323 BGB: Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung (1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten. (2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn … 3. besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen. … **§ 440 BGB: Besondere Bestimmungen für Rücktritt und Schadensersatz Außer in den Fällen des § 281 Abs. 2 und des § 323 Abs. 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 3 verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. … Verhandlungstermin: 24. Januar 2013 III ZR 98/12 AG Montabaur - Urteil vom 7. Dezember 2010 – 5 C 442/10 LG Koblenz - Urteil vom 7. März 2012 – 12 S 13/11 Bundesgerichtshof wird über Schadensersatz bei Ausfall eines DSL-Anschlusses verhandeln Der unter anderem für das Telekommunikationsrecht zuständige III. Zivilsenat wird über einen Rechtsstreit verhandeln, der einen Schadensersatzanspruch wegen des Ausfalls eines Internetanschlusses zum Gegenstand hat. Infolge eines Fehlers des beklagten Telekommunikationsunternehmens bei einer Tarifumstellung konnte der Kläger, ein Kunde der Beklagten, seinen DSL-Internetanschluss in der Zeit vom 15. Dezember 2008 bis zum 16. Februar 2009 nicht nutzen. Über diesen Anschluss wickelte er auch seinen Telefon- und Telefaxverkehr ab (Voice und Fax over IP, VoIP). Neben Mehrkosten, die infolge des Wechsels zu einem anderen Anbieter und für die Nutzung eines Mobiltelefons anfielen, verlangt der Kläger für den Fortfall der Möglichkeit, seinen DSL-Anschluss während des genannten Zeitraums für die Festnetztelefonie sowie für den Telefax- und Internetverkehr zu nutzen, Schadensersatz in Höhe von 50,00 € täglich. Das Amtsgericht hat dem Kläger 457 € für das höhere, bei dem anderen Anbieter anfallende Entgelt sowie für die Kosten der Mobilfunknutzung zuerkannt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten sind ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen auf Schadensersatz für die entgangenen Nutzungsmöglichkeiten des DSL-Anschlusses weiter. Der Senat wird darüber zu entscheiden haben, ob allein der Umstand, dass der Zugang zum Internet, einschließlich Nutzung von VoIP, für längere Zeit unterbrochen ist, auch dann einen Schadensersatzanspruch in Geld begründet, wenn dem Anschlussnehmer keine konkreten Vermögensnachteile entstanden sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Ersatz für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts grundsätzlich Fällen vorbehalten bleiben, in denen sich die Funktionsstörung typischerweise als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Andernfalls bestünde die Gefahr, unter Verletzung des § 253 Abs. 1 BGB die Ersatzpflicht auf Nichtvermögensschäden auszudehnen. Nach diesem Maßstab hat der Bundesgerichtshof Entschädigungen für den Fortfall der Nutzungsmöglichkeit von Kraftfahrzeugen, Wohnhäusern und Ferienwohnungen zugebilligt, solche jedoch für den Nutzungsausfall von Wohnmobilen, Sportmotorbooten, privaten Schwimmbädern oder Pelzmänteln verneint. Der Senat wird darüber zu befinden haben, welcher dieser Kategorien die Möglichkeit, einen Internetanschluss zu nutzen, zuzuordnen ist. Verhandlungstermin 19. März 2013 VI ZR 93/12 Landgericht Köln - Urteil vom 22. Juni 2011 – 28 O 956/10 OLG Köln - Urteil vom 14. Februar 2012 – 15 U 123/11 (veröffentlicht in ZUM 2012, 330 und in MMR 2012, 768) Der Kläger war bis zu seiner Verhaftung im März 2010 wegen des Verdachts der Vergewaltigung einer damaligen Freundin als Fernsehmoderator und Journalist tätig. Er betrieb außerdem ein Unternehmen, das meteorologische Daten erfasst und vertreibt. Kurz nach seiner Verhaftung begann eine intensive Medienberichterstattung über das gegen ihn wegen schwerer Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung geführte Ermittlungsverfahren und den anschließenden Strafprozess sowie über sein bis zu diesem Zeitpunkt der breiten Öffentlichkeit unbekanntes Privatleben, insbesondere seine Beziehungen mit Frauen. Durch inzwischen rechtskräftiges Urteil wurde er von den Tatvorwürfen freigesprochen. Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger die Beklagte auf Unterlassung wegen Äußerungen in einem am 13. Juni 2010 auf der von der Beklagten betriebenen Internetseite aufrufbar gestellten Artikel mit der Überschrift "Magazin "Focus" veröffentlicht intime Details - Der K. Krimi: Neue Indizien aus der Tatnacht" in Anspruch genommen. Anlass des Artikels waren bekannt gewordene Passagen der Beschuldigtenvernehmung des Klägers vor dem Ermittlungsrichter am 24. März 2010. Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Schutz des Persönlichkeitsrechtes des Klägers vor Indiskretionen aus seinem Intimbereich sei höher zu bewerten als das Berichterstattungsinteresse der Beklagten. Es hat die Revision zugelassen, weil höchstrichterlich noch nicht entschieden sei, ob und in welchem Umfang die Erörterung von privaten, das Persönlichkeitsrecht des an einem Gerichtsverfahren Beteiligten berührenden Umständen in öffentlicher Verhandlung, insbesondere in einer Strafverhandlung, eine Berichterstattung unter dem Gesichtspunkt der Presse- und Informationsfreiheit erlaubt. Verhandlungstermin: 19. März 2013 VI ZR 56/12 LG Landau in der Pfalz - Urteil vom 28. April 2011 - 4 O 32/10 Pfälzisches OLG Zweibrücken - Urteil vom 12. Januar 2012 - 4 U 75/11 Der Kläger ist Mitglied einer Winzergemeinschaft. Er nimmt die Beklagten als ehemalige Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der zwischenzeitlich insolventen L. GmbH & Co. KG wegen des von ihm bei der Schuldnerin eingezahlten und aufgrund der Insolvenz nicht zurückerhaltenen "Winzergelds" auf Schadensersatz in Anspruch. Die Winzergemeinschaft verpflichtete sich mit Liefer- und Abnahmevertrag vom 1. September 1983 zur Lieferung von Weintrauben an die Schuldnerin. Der Vertrag wurde mit Vereinbarung vom 6. Oktober 1989 unter anderem um die Regelung ergänzt, dass für den Fall, dass ein Mitglied der Winzergemeinschaft (Erzeuger) einen Teil oder den Gesamterlös seiner Ernte bei der Schuldnerin stehen lässt, dieser Betrag mit 5 % verzinst wird und der Zinssatz mit steigendem und fallendem Kreditzins gleitend sein soll. Bei der Schuldnerin war es bereits seit den 1970er Jahren ständige Geschäftspraxis, dass eine Vielzahl von Erzeugern aus der Winzergemeinschaft (im Durchschnitt 160 bis 300 Winzer) jeweils einen Teil des Entgelts für die Ablieferung ihrer Trauben als jederzeit abrufbare "Einlage" gegen Verzinsung stehen ließen, damit die Schuldnerin mit dem Kapital wirtschaften konnte. Noch im Jahre 2007 hatten mindestens 50 Erzeuger "Winzergelder" in Höhe von insgesamt etwa 2.500.000 € ohne bankübliche Sicherheiten bei der Schuldnerin einbezahlt. Eine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz besaßen die Schuldnerin beziehungsweise ihre Komplementär-GmbH nicht. Nachdem der Kläger auf seine ursprünglich getätigten Einzahlungen in Höhe von zuletzt 81.447,67 € nach der Insolvenz der Schuldnerin teilweise Entschädigungsleistungen von dritter Seite erhalten hat, verlangt er von den Beklagten Ersatz des Restbetrags von 51.085,75 € Zug um Zug gegen Abtretung seiner im Insolvenzverfahren der Schuldnerin festgestellten Ansprüche. In diesem Umfang hatte die Klage in den Vorinstanzen Erfolg. Nach Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei den vom Kläger eingezahlten Geldern um Einlagen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG, so dass die Beklagten durch die Annahme der Gelder ohne die dafür erforderliche Erlaubnis gegen § 32 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, Abs. 2 KWG verstoßen hätten und dem Kläger deswegen deliktisch zum Schadensersatz verpflichtet seien. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Klagabweisungsantrag weiter. Der für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wird nunmehr darüber zu befinden haben, ob die Beurteilung des Berufungsgerichts zutreffend ist.
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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