Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 171/2012

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten auf folgenden Termin hinweisen:

Verhandlungstermin: 30. Oktober 2012

VI ZR 4/12

Landgericht Hamburg - Urteil vom 12. August 2011 - 324 O 203/11

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg - Urteil vom 29. November 2011 - 7 U 80/11

Der Kläger ist Finanzmanager ("Direktor Finanzen") bei einem bedeutenden Energieversorger. Von Ende 1985 bis Ende 1989 war er aufgrund einer eigenhändig verfassten Verpflichtungserklärung als "Offizier im besonderen Einsatz" für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR tätig, wofür er monatliche Geldzahlungen erhielt. Im September 2007 gab er in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht eine eidesstattliche Versicherung ab, in der er erklärte, "niemals Angestellter oder sonst wie hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit" gewesen zu sein. Nach Mitteilung des Sachverhalts durch das Landgericht leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen Versicherung ein. Am 2. Oktober 2008 wurde das Verfahren nach Zahlung eines Geldbetrags gemäß § 153a Abs. 2 StPO eingestellt.

Die Beklagte betreibt das Internetportal www.welt.de. Dort hält sie auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten einen auf den 6. Mai 2008 datierten Artikel zum freien Abruf durch die Öffentlichkeit bereit, in dem unter namentlicher Bezeichnung des Klägers über dessen Stasivergangenheit und das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren berichtet wird. Die Meldung enthält einen "Nachtrag", in dem darauf hingewiesen wird, dass das Verfahren am 2. Oktober 2008 gegen Geldauflage gemäß § 153a StPO eingestellt wurde.

Der Kläger sieht in dem weiteren Bereithalten der seinen Namen enthaltenden Altmeldung zum Abruf im Internet eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Mit der Klage verlangt er von der Beklagten, es zu unterlassen, über das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren unter Namensnennung oder in identifizierender Weise zu berichten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Es hat ausgeführt, das dem Kläger zur Last gelegte Delikt berühre die Öffentlichkeit nur gering und sei der weniger schweren Kriminalität zuzurechnen. Das vom Kläger begehrte Verbot betreffe auch nicht unmittelbar die Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit, sondern wende sich ausschließlich gegen die Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens. Jedenfalls nach der Abmahnung des Klägers vom 7. Februar 2011 sei die Beklagte gehalten gewesen, den Beitrag zu löschen, soweit der Kläger als Person darin identifizierbar genannt werde. Zu diesem Zeitpunkt habe das dem Kläger zur Last gelegte mutmaßliche Delikt bereits mehr als drei Jahre zurückgelegen, das Ermittlungsverfahren sei bereits seit mehr als zwei Jahren eingestellt gewesen und einen aktuellen Anlass für eine Aufrechterhaltung der Berichterstattung habe es nicht gegeben. Das berechtigte Interesse des Klägers, mit der ihm zur Last gelegten Tat nicht weiter konfrontiert zu werden, überwiege deshalb das Berichterstattungsinteresse der Beklagten.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten.

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