Der Bundesgerichtshof

PRESSEMITTEILUNGEN
 
XML RSS

Dokumentsuche

Datum

Nummer

Suchbegriff

[Icon: Dreieck] Hilfe

 

Kalender

Mo Di Mi Do Fr Sa So
            1
2 3 4 5 6 7 8
9 10 11 12 13 14 15
16 17 18 19 20 21 22
23 24 25 26 27 28 29
30 31          

Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Monat Januar 2012 » Pressemitteilung Nr. 1/12 vom 4.1.2012

Siehe auch:  Urteil des I. Zivilsenats vom 12.1.2012 - I ZR 211/10 -, Urteil des VIII. Zivilsenats vom 28.3.2012 - VIII ZR 244/10 -, Urteil des X. Zivilsenats vom 17.1.2012 - X ZR 59/11 -

Anfang der DokumentlisteDokumentlistenächstes Dokument

Druckansicht

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 1/2012

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgende Terminhinweise geben:

Verhandlungstermin: 12. Januar 2012

I ZR 211/10 (Europa-Apotheke)

LG Traunstein – Urteil vom 11. März 2009 – 2 HKO 2534/08

OLG München – Urteil vom 28. Oktober 2010 – 6 U 2657/09

Die Parteien betreiben jeweils eine Apotheke in Freilassing. Die Beklagte bietet ihren Kunden an, Medikamente bei einer in Budapest ansässigen Apotheke zu bestellen und zusammen mit einer Rechnung dieser Apotheke in ihrer Apotheke in Freilassing abzuholen. Die Medikamente lässt sie zunächst durch einen Großhändler aus Deutschland an die Apotheke in Budapest liefern, von wo aus sie wieder zurückgeliefert werden. Auf Wunsch werden die Kunden, die Medikamente auf diesem Wege beziehen, in der Apotheke der Beklagten auch pharmazeutisch beraten. Die Klägerinnen verlangen von der Beklagten zum einen, es zu unterlassen, in Deutschland zulassungspflichtige Arzneimittel aus Ungarn in den Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes zu verbringen und sie mit der Rechnung einer ungarischen Apotheke an Endverbraucher in Deutschland auszuhändigen. Zum anderen soll es die Beklagte unterlassen, in ihrer Apotheke Arzneimittel mit der Rechnung einer ungarischen Apotheke an Kunden auszuhändigen sowie entsprechende Rechnungsbeträge einer ungarischen Apotheke einzuziehen und zu quittieren. Darüber hinaus begehren die Klägerinnen die Feststellung, dass die Beklagte ihnen wegen solcher Verhaltensweisen zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Das Berufungsgericht (A&R 2010, 279) hat die im ersten Rechtszug insoweit mit diesen Anträgen erfolgreiche Klage abgewiesen, weil die Einfuhr der Medikamente weder gegen das Verbringungsverbot des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG verstoße noch ein apothekenfremdes Geschäft im Sinne von § 4 Abs. 5 ApoBetrO vorliege. Die Ausgabe der aus Ungarn eingeführten Medikamente sei auch keine Dienstleistung, die außer Zusammenhang mit dem Versorgungsauftrag der Apotheke oder der Ausbildung des Apothekers im Sinne von § 19 Nr. 7 der Berufsordnung der Bayerischen Landesapothekerkammer für Apothekerinnen und Apotheker stehe. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Klägerinnen ihre Anträge in diesem Umfang weiter.

Verhandlungstermin: 17. Januar 2012

X ZR 59/11

LG Wuppertal – 16 O 165/09 – Urteil vom 26. August 2010

OLG Düsseldorf – 18 U 158/10 – Urteil vom 20. April 2011

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz wegen eines Sturzes aufgrund von Glatteis auf einem Bahnsteig.

Die Beklagte zu 1., die DB Fernverkehr AG, erbringt Eisenbahnverkehrsleistungen im Fernverkehr. Die Klägerin erwarb bei ihr einen Fahrausweis für eine Fahrt mit dem ICE von Solingen nach Dresden. Am 5. März 2006 stürzte die Klägerin auf dem Weg zum Haltepunkt des ICE auf dem Bahnsteig 1 des Bahnhofs Solingen-Ohligs (heute Solingen Hauptbahnhof). Eigentümerin des Bahnhofs ist die DB Station & Service AG. Diese hatte die Reinigung und den Winterdienst der Beklagten zu 2. übertragen. Die Beklagte zu 2. hat behauptet, sie habe ihrerseits den Winterdienst auf den Streithelfer übertragen gehabt. Wegen der durch den Sturz zugezogenen Verletzungen nahm die Klägerin zunächst die DB Station & Service AG in Anspruch. Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die DB Station & Service AG habe die ihr obliegende Räum- und Streupflicht auf die jetzige Beklagte zu 2. übertragen gehabt, Pflichtverletzungen seien ihr nicht vorzuwerfen (LG Wuppertal, Urteil vom 22. November 2007 - 16 O 15/07).

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin nunmehr von den Beklagten Schmerzensgeld, Schadensersatz und die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden wegen der durch den Sturz zugezogenen Verletzungen. Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 1. durch Teilurteil abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das Teilurteil und das Verfahren aufgehoben, die Sache an das Landgericht zurückverwiesen und die Revision zugelassen. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, das Teilurteil des Landgerichts sei unzulässig, da auch eine Haftung der Beklagten zu 1 in Betracht komme. Das Eisenbahnverkehrsunternehmen sei gegenüber dem Fahrgast vertraglich verpflichtet, für einen verkehrssicheren Zustand nicht nur seines Zuges, sondern auch des für den Zugang zum Zug benutzten Bahnsteigs zu sorgen.

Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten zu 1, über die der X. Senat des Bundesgerichtshofs nunmehr zu befinden hat.

Verhandlungstermin: 18. Januar 2012

VIII ZR 244/10

LG Saarbrücken - Urteil vom 21. August 2009 - 12 O 75/09

OLG Saarbrücken - Urteil vom 26. August 2010 - 8 U 472/09 -122

Der Kläger verlangt von der Beklagten aufgrund eines zwischen den Parteien auf der Internetplattform eBay abgeschlossenen Kaufvertrages Schadensersatz wegen Nichterfüllung.

Die Beklagte bot auf der Internetplattform eBay im Rahmen einer Auktion unter Hinzufügung eines Fotos ein Handy zum Verkauf unter der Bezeichnung "Vertu Weiss Gold" ohne Festlegung eines Mindestpreises zu einem Startpreis von 1 € an. Zur Beschreibung heißt es in dem Angebot, dass der Zustand "gebraucht" sei. Außerdem teilte die Beklagte dazu Folgendes mit:

"Hallo an alle Liebhaber von Vertu

Ihr bietet auf ein fast neues Handy (wurde nur zum ausprobieren ausgepackt). Weist aber ein paar leichte Gebrauchsspuren auf (erwähne ich ehrlichkeit halber). Hatte 2 ersteigert und mich für das gelb goldene entschieden. Gebrauchsanweisung (englisch) lege ich von dem gelb goldene bei, das andere habe ich auch nicht bekommen. Dazu bekommt ihr ein Etui, Kopfhörer und Ersatzakku. Privatverkauf, daher keine Rücknahme. Viel Spaß beim Bieten."

Der Kläger gab ein Maximalgebot von 1.999,- € ab und erhielt für 782,- € den Zuschlag. Die Annahme des seitens der Beklagten angebotenen Handys verweigerte er mit der Begründung, dass es sich um ein Plagiat handele. Der Kläger hat behauptet, dass ein Original des von der Beklagten angebotenen Handys 24.000 € koste. Die auf Zahlung von 23.218 € Schadensersatz (24.000 € abzüglich des Kaufpreises von 782 €) nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Nach dem Vorbringen des Klägers sei der geschlossene Vertrag bereits gemäß § 138 Abs. 1 BGB* als wucherähnliches Rechtsgeschäft nichtig, da der Wert des Handys das Maximalgebot des Klägers um ein Vielfaches (hier das Zwölffache) übersteige und dieses besonders grobe Missverhältnis den Schluss auf die verwerfliche Gesinnung des Klägers als Begünstigten zulasse.

Unabhängig davon hätten die Parteien bei Vertragsschluss auch keine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB**) dahingehend getroffen, dass Kaufgegenstand ein Originalhandy der Marke Vertu sei. Die Angaben der Beklagten in dem Angebot rechtfertigten nicht die Annahme, die Beklagte habe die Beschaffenheit des Handys als Original des Herstellers Vertu beschrieben und der Kläger habe dies auch so verstanden. Gegen eine derartige Beschaffenheitsvereinbarung spreche vor allem, dass die Beklagte es zu einem Startpreis von 1 € angeboten habe, obwohl ein Originalhandy – nach der Behauptung des Klägers – einen Wert von 24.000 € habe. Ein derart niedriger Startpreis stehe der konkludenten Vereinbarung einer Beschaffenheit als Original jedenfalls dann entgegen, wenn ein solches Original einen den festgesetzten Startpreis ganz erheblich übersteigenden Wert habe, der Käufer Kenntnis von dem Wert habe und der Verkäufer die Kaufsache nicht ausdrücklich als Original bezeichne.

Aber selbst bei Annahme eines Sachmangels scheide ein Schadensersatzanspruch des Käufers aus, weil dieser den Mangel infolge grober Fahrlässigkeit verkannt habe (§ 442 Abs. 1 Satz 2 BGB***). Es sei erfahrungswidrig, dass ein Handy mit einem – wie vom Kläger behaupteten – derart hohen Wert zu einem Startpreis von 1 € angeboten werde. Bei einem solchen Angebot habe für den Kläger der Verdacht naheliegen müssen, dass es sich bei dem angebotenen Handy nicht um ein Original handele.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

* § 138 BGB: Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

…

** § 434 BGB: Sachmangel

(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. …

*** § 442 BGB: Kenntnis des Käufers

(1) Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

…

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Druckansicht