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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Jahr 2012 » Pressemitteilung Nr. 69/12 vom 22.5.2012

Siehe auch:  Urteil des XI. Zivilsenats vom 22.5.2012 - XI ZR 290/11 -

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Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 69/2012

Entgeltklauseln für die Benachrichtigung des Kunden über die Nichteinlösung einer Einzugsermächtigungslastschrift sind auch auf der Grundlage des neuen Zahlungsdiensterechts unwirksam

Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Verbandsklage eines Verbraucherschutzverbandes gegen eine Sparkasse entschieden, dass die Entgeltregelung im letzten Satz der nachfolgenden Klausel im Geschäftsverkehr mit Privatkunden (Verbrauchern) nicht verwendet werden darf, weil sie diese unangemessen benachteiligt und deswegen nach § 307 BGB* unwirksam ist:

"Über die Nichtausführung oder Rückgängigmachung der Belastungsbuchung … oder die Ablehnung der Einlösung einer Einzugsermächtigung … wird die Sparkasse den Kunden unverzüglich unterrichten. … Für die Unterrichtung über eine berechtigte Ablehnung berechnet die Sparkasse das im Preis- und Leistungsverzeichnis ausgewiesene Entgelt."

Das Landgericht hat der Unterlassungsklage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Auf die Revision des klagenden Verbraucherschutzverbandes hat der XI. Zivilsenat das landgerichtliche Urteil wieder hergestellt und zur Begründung ausgeführt:

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die beanstandete Entgeltklausel nicht als eine der Inhaltskontrolle entzogene Preisabrede für eine Sonderleistung der beklagten Sparkasse angesehen werden. Vielmehr handelt es sich - wie der XI. Zivilsenat bereits im Jahre 2001 (BGHZ 146, 377) für Klauseln, die ein Entgelt für die Benachrichtigung über die Nichteinlösung einer Einzugsermächtigungslastschrift vorsehen, entschieden hatte - um eine nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle unterliegende Preisnebenabrede. Da die Nichteinlösung einer Lastschrift für den Kunden einschneidende Folgen haben kann, ist das Kreditinstitut aufgrund seiner girovertraglichen Schutz- und Treuepflicht (§ 242 BGB**) bzw. der auftragsrechtlichen Informationspflicht (§ 675 Abs. 1***, § 666 BGB****) zur Unterrichtung des Kunden verpflichtet.

Hieran hat sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durch das am 31. Oktober 2009 in Kraft getretene neue Zahlungsdiensterecht, mit dem die EU-Zahlungsdiensterichtlinie vom 13. November 2007 in deutsches Recht umgesetzt wurde, nichts geändert. Zwar ist der Zahlungsdienstleister (Kreditinstitut) nunmehr gemäß § 675o Abs. 1 Satz 1 BGB***** ausdrücklich zur Unterrichtung des Zahlungsdienstnutzers (Kunde) verpflichtet, wenn er die Ausführung eines Zahlungsauftrags ablehnt. Nach § 675o Abs. 1 Satz 4 BGB, einer Ausnahmeregelung zum Grundsatz des § 675f Abs. 4 Satz 2 BGB******, kann er zudem für die Unterrichtung über eine berechtigte Ablehnung mit dem Kunden ein Entgelt vereinbaren. Bei der Einzugsermächtigungslastschrift in ihrer derzeitigen Ausgestaltung durch die Sonderbedingungen der Banken und Sparkassen fehlt es jedoch - im Unterschied zu den bereits vorab vom Kunden autorisierten SEPA-Lastschriften sowie der Abbuchungsauftragslastschrift - an einem vorherigen Zahlungsauftrag des Bankkunden im Sinne von § 675f Abs. 3 Satz 2 BGB; vielmehr bedarf es hier stets einer nachträglichen Genehmigung durch den Kunden.

Der aus der girovertraglichen Schutz- und Treuepflicht (§ 242 BGB) bzw. der auftragsrechtlichen Informationspflicht (§ 675 Abs. 1, § 666 BGB) hergeleiteten Benachrichtigungspflicht des Kreditinstituts steht die von Art. 86 Abs. 1 der Zahlungsdiensterichtlinie geforderte Vollharmonisierung des nationalen Rechts mit dem EU-Recht nicht entgegen. Das Gebot der Vollharmonisierung gilt nicht für Sachverhalte, die von der Richtlinie nicht geregelt werden. So aber verhält es sich in Bezug auf die hier betroffene Benachrichtigungsfrage bei der Einzugsermächtigungslastschrift. Zwar ist das Einzugsermächtigungsverfahren ein Lastschriftverfahren im Sinne von Art. 4 Nr. 28 der Richtlinie und ein Zahlungsdienst im Sinne von Art. 4 Nr. 3 der Richtlinie. Diese regelt jedoch nicht die Benachrichtigungspflicht des Kreditinstituts bei Nichteinlösung einer Einzugsermächtigungslastschrift, sondern lediglich die Informationspflichten im Falle der Ablehnung eines Zahlungsauftrags des Bankkunden, an dem es jedoch bei der Einzugsermächtigungslastschrift gerade fehlt.

Der hiernach eröffneten Inhaltskontrolle hält die angegriffene Entgeltklausel nicht stand. Sie sieht ein Entgelt für eine Tätigkeit vor, zu der die beklagte Sparkasse aufgrund der girovertraglichen Schutz- und Treuepflicht (§ 242 BGB) bzw. der auftragsrechtlichen Informationspflicht (§ 675 Abs. 1, § 666 BGB) verpflichtet ist. § 675o Abs. 1 Satz 4 BGB, wonach der Zahlungsdienstleister mit dem Zahlungsdienstnutzer für die Unterrichtung über eine berechtigte Ablehnung ein Entgelt vereinbaren darf, ist mangels des erforderlichen Zahlungsauftrags des Kunden auf das Einzugsermächtigungslastschriftverfahren weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.

Auf die zwischen den Parteien des Weiteren streitige Frage, ob die angegriffene Klausel auch gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) verstößt, kommt es danach nicht an.

Die heutige Entscheidung betrifft nur das Einzugsermächtigungsverfahren in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung. Sobald die Kreditwirtschaft - der Anregung im Urteil des XI. Zivilsenats vom 20. Juli 2010 (BGHZ 186, 269) folgend - durch Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Einzugsermächtigungsverfahren ebenfalls auf eine Vorab-Autorisierung durch den Bankkunden umgestellt haben wird, kann auch für die Benachrichtigung über die berechtigte Nichteinlösung einer Einzugsermächtigungslastschrift nach § 675o Abs. 1 Satz 4 BGB ein angemessenes Entgelt vereinbart werden. Die insoweit geänderten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditwirtschaft sollen nach derzeitigem Sachstand am 9. Juli 2012 in Kraft treten.

Urteil vom 22. Mai 2012 - XI ZR 290/11

LG Leipzig - Urteil vom 6. Dezember 2010 - 8 O 1140/10

OLG Dresden - Urteil vom 26. Mai 2011 - 8 U 1989/10

Karlsruhe, den 22. Mai 2012

* § 307 BGB

Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.

mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2.

wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

** § 242 BGB

Leistung nach Treu und Glauben

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

*** § 675 BGB (Auszug)

Entgeltliche Geschäftsbesorgung

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden…die Vorschriften der §§…665 bis 670…entsprechende Anwendung.

(2) …

**** § 666 BGB

Auskunfts- und Rechenschaftspflicht

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

*****§ 675o BGB (Auszug)

Ablehnung von Zahlungsaufträgen

(1) Lehnt der Zahlungsdienstleister die Ausführung eines Zahlungsauftrags ab, ist er verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer hierüber unverzüglich, auf jeden Fall aber innerhalb der Fristen gemäß § 675s Abs. 1 zu unterrichten. In der Unterrichtung sind, soweit möglich, die Gründe für die Ablehnung sowie die Möglichkeiten anzugeben, wie Fehler, die zur Ablehnung geführt haben, berichtigt werden können. Die Angabe von Gründen darf unterbleiben, soweit sie gegen sonstige Rechtsvorschriften verstoßen würde. Der Zahlungsdienstleister darf mit dem Zahlungsdienstnutzer im Zahlungsdiensterahmenvertrag für die Unterrichtung über eine berechtigte Ablehnung ein Entgelt vereinbaren.

(2)…

(3)…

****** § 675f BGB (Auszug)

Zahlungsdienstevertrag

(1) …

(2)…

(3) Zahlungsvorgang ist jede Bereitstellung, Übermittlung oder Abhebung eines Geldbetrags, unabhängig von der zugrunde liegenden Rechtsbeziehung zwischen Zahler und Zahlungsempfänger. Zahlungsauftrag ist jeder Auftrag, den ein Zahler seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs entweder unmittelbar oder mittelbar über den Zahlungsempfänger erteilt.

(4) Der Zahlungsdienstnutzer ist verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister das für die Erbringung eines Zahlungsdienstes vereinbarte Entgelt zu entrichten. Für die Erfüllung von Nebenpflichten nach diesem Untertitel hat der Zahlungsdienstleister nur dann einen Anspruch auf ein Entgelt, sofern dies zugelassen und zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart worden ist; dieses Entgelt muss angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein.

(5) …

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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