Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 57/2012

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgenden Terminhinweis geben:

Verhandlungstermin: 9. Mai 2012

VIII ZR 238/11

AG Düsseldorf, Urteil vom 21. April 2010 – 35 C 14555/09
LG Düsseldorf, Urteil vom 9. Juni 2011 – 21 S 190/10

In dieser Sache beansprucht der Kläger, bei dem es sich um einen als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierten evangelischen Kirchenkreis handelt, als Vermieter die Räumung einer von dem Beklagten innegehaltenen Mietwohnung in einem Mehrfamilienhaus.

Das Mietverhältnis wurde dem Beklagten mit Schreiben vom 23. Januar 2009 gekündigt. Die Kündigung wurde darauf gestützt, dass das gesamte Anwesen, einschließlich der vom Beklagten genutzten Wohnung, für die Unterbringung der von der Diakonie e.V. betriebenen Beratungsstelle für Erziehungs-, Ehe-, und Lebensfragen benötigt werde. Der Beklagte stellt das Vorliegen eines berechtigten Interesses im Sinne des § 573 Abs. 1 BGB* in Abrede und ist der Ansicht, dass der Kläger sich nicht auf den Nutzungsbedarf der Diakonie, die in der Form eines eingetragenen Vereins betrieben wird, berufen könne, da diese im Verhältnis zum Kläger eine rechtlich selbständige juristische Person sei.

Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Kündigung sei berechtigt. Denn der Kläger benötige den Wohnraum zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben und habe daher ein berechtigtes Interesse (§ 573 Abs. 1 BGB*) an der Beendigung des Mietverhältnisses. Beim Kläger handele es sich um eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, zu deren Aufgaben die Durchsetzung der mit der Kündigung verfolgten Ziele gehöre. Die vom Kläger beabsichtigte Nutzung der Räumlichkeiten für eine Beratungsstelle für Erziehungs-, Ehe- und Lebensfragen überwiege das Interesse des Beklagten am Fortbestand des Mietverhältnisses.

Dem berechtigten Interesse des Klägers an der Beendigung des Mietverhältnisses stehe nicht entgegen, dass er die geplante Beratungsstelle nicht selbst unterhalten werde, sondern das Gebäude der Diakonie zum Betrieb der Beratungsstelle überlassen wolle. Die Diakonie sei nämlich in die Evangelische Kirche im Rheinland eingegliedert, zu der auch der Kläger gehöre. Damit sei die rechtliche Situation mit der in § 573 Abs. 2 BGB* geregelten Eigenbedarfskündigung vergleichbar. Die genannte Vorschrift belege, dass ein berechtigtes Interesse an der Kündigung auch darin liegen könnte, dass die Mietwohnung von einer dem Vermieter nahestehenden Person benötigt werde. Diese Wertung lasse sich auch auf den vorliegenden Fall übertragen, in der die Umsetzung des verfolgten berechtigten Interesses durch eine dem Vermieter "nahestehende" juristische Person erfolgen solle. Daher mache es keinen Unterschied, ob das beabsichtigte kirchliche Beratungszentrum vom Kläger selbst oder von einer anderen juristischen Person betrieben werde, die ebenfalls zum Gesamtkomplex der Evangelischen Kirche im Rheinland gehöre.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klagabweisungsbegehren weiter.

*§ 573 BGB: Ordentliche Kündigung des Vermieters

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1. der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,

2. der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder

Angehörige seines Haushalts benötigt oder

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