Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 81/2012

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten auf folgende Termine hinweisen:

Verkündungstermin: 13. Juni 2012

(Verhandlungstermin: 18. April 2012)

VIII ZR 92/11

AG Heidelberg - Urteil vom 10. September 2010 – 30 C 280/09;

LG Heidelberg - Urteil vom 25. Februar 2011 – 5 S 87/10

(veröffentlicht in WuM 2011, 167 = ZMR 2011, 470)

In dem zur Verhandlung anstehenden Fall streiten die Parteien um die Räumung von Wohnraum und insbesondere um die Frage, ob dieser sich in einem Studentenwohnheim im Sinne des § 549 Abs. 3 BGB* befindet, mit der Folge, dass § 573 BGB** unanwendbar und eine ordentliche Vermieterkündigung auch ohne ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses wirksam wäre.

Der inzwischen 48-jährige Beklagte mietete im Februar 2004 vom Kläger ein Zimmer in dessen Anwesen in Heidelberg, das dort als "Studentenwohnheim" bezeichnet ist. Die Baugenehmigung wurde 1972 für ein Studentenwohnheim beantragt. 63 Wohnungen darin wurden öffentlich gefördert aus Landessondermitteln zur Förderung von Studentenwohnheimen; inzwischen besteht keine Preisbindung mehr. Das Anwesen verfügt über 67 Wohnräume, von denen mindestens vier nicht an Studenten vermietet sind. Die Räume sind möbliert und werden gegenwärtig bei ca. 12 m² für 210 € im Monat (die Miete des Beklagten beträgt 190 € im Monat) vermietet. Küche, Sanitär- und Waschräume sind als Gemeinschaftsräume ausgeführt, wobei die Dusche mit Münzautomat versehen ist. Der Kläger schließt mit den Studenten regelmäßig auf ein Jahr befristete Verträge ab.

Am 27. Dezember 2008 kündigte der Kläger dem Beklagten das Mietverhältnis zum 31. März 2009 unter Hinweis auf "Hetzereien und Reibereien gegenüber uns und Dritten".

Das Amtsgericht hat der Räumungsklage des Vermieters stattgegeben, das Landgericht sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Kündigung habe das Mietverhältnis nicht beendet. Der in dem Kündigungsschreiben genannte Hinweis genüge bereits dem Begründungserfordernis des § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht. Diese Vorschrift sei vorliegend nicht gemäß § 549 Abs. 3 BGB unanwendbar, denn es handele sich nicht um ein Studentenwohnheim im Sinne der Vorschrift.

Dass sich seine Wohnung in einem Gebäude befinde, welches sich "Studentenwohnheim" nenne, dessen Errichtung als solches öffentlich gefördert worden sei, das die typische Aufteilung eines Wohnheims aufweise, über eine auf studentische Bewohner ausgerichtete Hausordnung verfüge und ganz überwiegend von Studenten bewohnt werde, genüge nicht, um dieses Tatbestandsmerkmal zu erfüllen, denn dann wäre jedes Mehrfamilienhaus, dessen Wohnungen an Studenten vermietet werde, ein Studentenwohnheim im Sinne des § 549 Abs. 3 BGB mit der Konsequenz, dass eine ordentliche Kündigung ohne ein berechtigtes Interesse des Vermieters möglich wäre. Daher sei das Tatbestandsmerkmal "Studentenwohnheim" einschränkend auszulegen. Für das Vorliegen eines Studentenwohnheims im Sinne des § 549 Abs. 3 BGB sei notwendig, aber auch ausreichend, wenn Wohnraum in hierfür bestimmten und geeigneten Gebäuden an Studenten auf der Grundlage eines institutionalisierten sozialen Förderkonzepts vermietet wird, nach dem die Wohnungsnot der Studenten gerade dadurch gelindert werden soll, dass ein planmäßiger zügiger Bewohnerwechsel eine möglichst gleichmäßige Versorgung der Studentenschaft mit Wohnheimplätzen verwirklicht. Dieses Förderkonzept müsse sich mit hinreichender Deutlichkeit aus Rechtsnormen, entsprechender Selbstbindung oder doch einer konstanten tatsächlichen Übung ergeben. Beim Wohnheim des Klägers fehle es sowohl an einem derartigen hinreichend verbindlichen Förderkonzept als auch am Rotationsprinzip.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

* § 549 BGB: Auf Wohnraummietverhältnisse anwendbare Vorschriften

(1) Für Mietverhältnisse über Wohnraum gelten die §§ 535 bis 548, soweit sich nicht aus den §§ 549 bis 577a etwas anderes ergibt.

…

(3) Für Wohnraum in einem Studenten- oder Jugendwohnheim gelten die §§ 557 bis 561 sowie die §§ 573, 573a, 573d Abs. 1 und §§ 575, 575a Abs. 1, §§ 577, 577a nicht.

** § 573 BGB: Ordentliche Kündigung des Vermieters

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1.der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,

2.der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder

3.der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

Verhandlungstermin: 19. Juni 2012

Zur Verhandlung steht eine Sache, in dem die Klägerin gegen die beklagte Bank Schadensersatz aus einem Zins-Swap-Geschäft geltend macht.

XI ZR 65/11

LG Frankfurt/Main - Urteil vom 26. Januar 2010 - 3-09 O 135/08

OLG Frankfurt/Main - Urteil vom 27. Dezember 2010 - 16 U 96/10

Die Klägerin - eine Holding für Unternehmen aus dem Bereich der Schmuckherstellung und des Schmuckvertriebs - nimmt die beklagte Bank auf den Ausgleich erlittener Verluste im Zusammenhang mit dem Abschluss eines CMS Swap-Vertrages in Anspruch.

Die Beklagte stellte der Klägerin am 11. Februar 2005 zunächst einen Zinswährungs-Swap vor. Dieses Angebot wurde von der Klägerin nicht angenommen. Am 22. Juli 2005 und am 2. August 2005 erläuterte die Beklagte der Klägerin die Funktionsweise eines CMS Zinsdifferenz-Swaps ("Constant Maturity Swap") und überreichte ihr entsprechende Produktinformationen. Am 3. August 2005 schloss der Geschäftsführer der Klägerin mit der Beklagten einen CMS Zinsdifferenz-Swap-Vertrag auf EURIBOR-Basis bezogen auf einen Nominalbetrag von 1 Mio. €, ab. Danach verpflichtete sich die Beklagte während der fünfjährigen Laufzeit an die Klägerin aus dem Nominalbetrag halbjährliche Zinszahlungen in Höhe eines festen Zinssatzes von 5 % p.a. zu erbringen, wohingegen die Klägerin zu denselben Zeitpunkten im ersten Jahr Zinsen aus dem Nominalbetrag in Höhe von 4 % p.a. und ab dem zweiten Jahr einen variablen Zinssatz zu zahlen hatte. Der variable Zinssatz errechnete sich abhängig von der Entwicklung der Zinsdifferenz ("Spread") zwischen dem 10-Jahres Zinssatz (Basis-Satz 1) und dem 2 Jahres Zinssatz (Basis-Satz 2) wie folgt:

"4.80 % p.a. minus 5 x (Basis-Satz 1 minus Basis-Satz 2 minus 1.00 % p.a.)"

Der Vertrag erwies sich für die Klägerin als Verlustgeschäft. Am 26. Juli 2008 erklärte sie die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung. Am 10. November 2008 wurde der Vertrag gegen Zahlung des aktuellen negativen Marktwertes von 8.300 € an die Beklagte einvernehmlich aufgelöst. Insgesamt hat die Klägerin im Rahmen des CMS-Swap-Geschäfts unter Berücksichtigung der bei Vertragsauflösung geleisteten Summe an die Beklagte 90.814,72 € gezahlt, während sie von der Beklagten lediglich 10.000 € erhalten hat.

Die im Wesentlichen auf Rückzahlung des Differenzbetrages von 80.814,72 € gerichtete Klage stützt die Klägerin unter anderem darauf, dass sie von der Beklagten über die Risiken des CMS-Swap-Geschäfts und den bei Vertragsschluss bestehenden negativen Marktwert von unstreitig 25.000 Euro nicht hinreichend aufgeklärt worden sei. Überdies sei sie von der Beklagten über die mangelnde Eignung des CMS-Swaps zur Zinsoptimierung und die Markterwartung des Swaps getäuscht worden.

Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin aus dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung abgelehnt, weil der Vertrag wirksam zustande gekommen und von der Klägerin nicht erfolgreich angefochten worden sei. Eine arglistige Täuschung der Klägerin liege nicht vor, weil es jedenfalls an Anhaltspunkten dafür fehle, dass die Beklagte der Klägerin vorsätzlich wichtige Informationen vorenthalten habe. Dies gelte schon deshalb, weil der Geschäftsführer der Klägerin bei seiner gerichtlichen Anhörung erklärt habe, die Funktionsweise des Swaps verstanden zu haben. Außerdem sei eine mündliche Beratung erfolgt, im Rahmen derer der Geschäftsführer der Klägerin weitere Fragen zu den überreichten Produktinformationen habe stellen können. Daneben scheide auch ein Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt eines selbständigen Beratungsvertrages oder wegen Verschuldens bei der Vertragsanbahnung jedenfalls aus, weil die Beratung der Beklagten anlegergerecht gewesen sei. Sie habe davon ausgehen können, dass die Klägerin in Finanzfragen selbst versiert sei. Ferner sei die durch die Beklagte erfolgte Aufklärung über die Risiken des Swap-Geschäfts nicht zu beanstanden. Auch sei ein Hinweis auf den negativen Marktwert bzw. die Marge der Beklagten nicht erforderlich gewesen, da eine Bank über ihre Gewinnerwartung grundsätzlich nicht aufklären müsse. Wegen des zugrunde liegenden Eigengeschäfts der Beklagten sei auch aus Sicht der Klägerin erkennbar gewesen, dass die Beklagte damit ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt habe, zumal sie eine gesonderte Vergütung nicht verlangt habe. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei überdies der Hinweis auf das maximale Verlustrisiko ("Worst Case") nicht unzureichend gewesen. Es sei schon in der Produktpräsentation darauf hingewiesen worden, dass dieses Risiko nicht bezifferbar und die Zinskomponente der Klägerin nach oben hin nicht abgesichert gewesen sei. Dieser wahrheitsgemäße Hinweis sei klar und ausreichend gewesen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Verkündungstermin: 20. Juni 2012

(Verhandlungstermin: 9. Mai 2012)

VIII ZR 110/11

AG Berlin-Mitte - Urteil vom 11. August 2009 – 14 C 342/08

LG Berlin - Urteil vom 11. März 2011 – 63 S 469/09

In diesem Fall begehrt die Vermieterin von den beklagten Mietern die Duldung des Anschlusses ihrer Wohnung an die im Haus befindliche Gaszentralheizung.

Die Wohnung der Beklagten verfügt über eine von der Vormieterin mit Zustimmung des früheren Vermieters und Rechtsvorgängers der Klägerin eingebaute Gasetagenheizung, für welche die Beklagten der Vormieterin eine Ablösesumme gezahlt haben. Zuvor wurde die Wohnung mit Kohleöfen beheizt. Im Mai 2008 kündigte die Klägerin den Beklagten an, deren Wohnung durch eine Modernisierungsmaßnahme gemäß § 554 Abs. 2 BGB* zum Zwecke der Energieeinsparung und der Wohnwerterhöhung an die im Haus vorhandene Gaszentralheizung anschließen zu wollen. Die hierdurch entstehenden Kosten bezifferte die Klägerin mit 2.145 €, die von den Beklagten insoweit zu tragende monatliche Umlage mit 19,66 € und den nach Anschluss an die Gaszentralheizung neu zu zahlenden Heizkostenvorschuss mit 113,52 € pro Monat. Die Beklagten stimmten der Modernisierung nicht zu.

Das Amtsgericht hat die auf Duldung des Anschlusses an die Gaszentralheizung gerichtete Klage abgewiesen. Das Landgericht hat auf die Berufung der Klägerin die Beklagten antragsgemäß verurteilt.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Klägerin habe gegen die Beklagten einen Anspruch gemäß § 554 Abs. 1 BGB* auf Duldung des Anschlusses ihrer Wohnung an die Gaszentralheizung, da es sich hierbei um eine Modernisierungsmaßnahme handele. Modernisierungsmaßnahmen seien bauliche Veränderungen der Mietsache, die deren Gebrauchswert erhöhten und eine bessere Nutzung gegenüber dem vom Vermieter zur Verfügung gestellten Zustand ermöglichten. Dies sei vorliegend der Fall, da der vom Vermieter zur Verfügung gestellte Zustand derjenige ohne Sammelheizung, mithin die Ausstattung mit Kohleöfen sei. Demgegenüber stelle der Anschluss an die Gaszentralheizung eine Modernisierungsmaßnahme dar.

Maßgebend für die Beurteilung einer Verbesserung des Gebrauchswerts sei grundsätzlich der vom Vermieter zur Verfügung gestellte Zustand, nicht der vom Mieter geschaffene, sei es auch mit Genehmigung des Vermieters. Vertragsgemäß sei vorliegend die Ausstattung mit einer Ofenheizung. Die vom Vormieter in der Wohnung installierte und von den Beklagten übernommene Gasetagenheizung sei daher nicht vom Vermieter gestellt worden.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

* § 554 BGB: Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen

(1) Der Mieter hat Maßnahmen zu dulden, die zur Erhaltung der Mietsache erforderlich sind.

(2) Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache, zur Einsparung von Energie oder Wasser oder zur Schaffung neuen Wohnraums hat der Mieter zu dulden. Dies gilt nicht, wenn die Maßnahme für ihn, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist. Dabei sind insbesondere die vorzunehmenden Arbeiten, die baulichen Folgen, vorausgegangene Aufwendungen des Mieters und die zu erwartende Mieterhöhung zu berücksichtigen. Die zu erwartende Mieterhöhung ist nicht als Härte anzusehen, wenn die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wird, wie er allgemein üblich ist.

…

Verhandlungstermin: 20. Juni 2012 (Verhandlung findet im Bundesverwal-tungsgericht statt!)

5 StR 536/11

Landgericht Bremen – Urteil vom 14. Juni 2011 – 22 Ks (7KLs) 607 Js 1237/05

Tod bei Brechmitteleinsatz: Revisionshauptverhandlung nach erneutem Freispruch

Das Landgericht Bremen hat den Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen, am 27. Dezember 2004 fahrlässig als Arzt den Tod des 35 Jahre alten C., eines Staatsangehörigen der Republik Sierra Leone, im Rahmen einer Exkorporation von Drogenbehältnissen (sog. "Brechmitteleinsatz") verursacht zu haben. Ein erstes freisprechendes Urteil hatte der Senat unter Zurückverweisung an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts aufgehoben (vgl. Senatsurteil vom 29. April 2010 – 5 StR 18/10; Pressemitteilung Nr. 94/2010). In dem nunmehr ergangenen Urteil hat das Landgericht Bremen in Teilen vom ersten Urteil abweichende tatsächliche Feststellungen getroffen, hat sich auf dieser Grundlage mangels Vorhersehbarkeit der auf einem multifaktoriellen Geschehen beruhenden Todesfolge nicht von einem Sorgfaltspflichtverstoß des Angeklagten zu überzeugen vermocht und auch eine rechtswidrige Verletzung der körperlichen Unversehrtheit des C. verneint.

Die Hauptverhandlung über die Revision der Mutter des Verstorbenen findet am 20. Juni 2012 um 11:00 Uhr im Großen Sitzungssaal des Bundesverwaltungsgerichts statt. Die Beschwerdeführerin kann das Urteil als Nebenklägerin mit der auf die Sachrüge gestützten Revision nur hinsichtlich der unterbliebenen Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge oder fahrlässiger Tötung angreifen.

Verhandlungstermin: 26. Juni 2012

XI ZR 316/11

LG Köln - Urteil vom 18. Februar 2010 - 15 O 174/09

OLG Köln - Urteil vom 8. Juni 2011 - 13 U 55/10

(veröffentlicht in WM 2011, 1652)

und

XI ZR 259/11

LG Aachen - Urteil vom 5. August 2010 - 1 O 648/09

OLG Köln - Urteil vom 4. Mai 2011 - 13 U 165/10

(veröffentlicht in ZIP 2011, 1092)

und

XI ZR 355/10

LG Frankfurt/Main - Urteil vom 10. Dezember 2010 - 2/19 O 34/10

OLG Frankfurt/Main - Urteil vom 18. Mai 2011 - 17 U 253/10

(veröffentlicht in NZG 2011, 1154)

und

XI ZR 356/10

LG Frankfurt/Main - Urteil vom 23. Dezember 2010 - 2/21 O 581/09

OLG Frankfurt/Main - Urteil vom 29. Juni 18. Mai 2011 - 17 U 12/11 (veröffentlicht in ZIP 2011, 1462)

Es stehen vier weitere Sachen zur Verhandlung an, die "Lehman-Zertifikate" zum Gegenstand haben. Aus diesem Themenkomplex konnte der Senat bislang am 27. September 2011 zwei Einzelfälle verhandeln und entscheiden (vgl. Pressemitteilung 145/2011). In vier anderen Fällen, von denen zwei bereits im April 2011 (vgl. Pressemitteilungen 22/2011 und 58/2011) und die beiden anderen für den 14. Februar 2012 (vgl. Pressemitteilungen 6/2012, 9/2012 und 11/2012) zur Verhandlung vorgesehen waren, mussten die Termine hingegen jeweils nach Revisionsrücknahme aufgehoben werden.

Die Anleger nehmen die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.

In allen vier nunmehr zur Verhandlung anstehenden Sachen erwarben die Anleger im Februar 2007 von derselben beklagten Bank für Anlagebeträge in unterschiedlicher Höhe - die investierten Summen lagen zwischen 22.000 € und 300.000 € - jeweils "Global Champion Zertifikate". Hierbei handelt es sich um Inhaberschuldverschreibungen der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung sollten abhängig von der Wertentwicklung dreier Aktienindizes sein, mit denen das Zertifikat unterlegt war.

Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit ihren Klagen verlangen die Anleger im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages nebst Zinsen.

Die Vorinstanzen haben jeweils eine Beratungspflichtverletzung der beklagten Bank bejaht. Diese hafte schon deshalb, weil sie die Anleger nicht über die von ihr vereinnahmten "Erträge" in Höhe von 3,5 % des Anlagebetrages aufgeklärt habe. Entscheidend sei, dass sich die Bank ähnlich wie bei Rückvergütungen im Sinne der "Kick-back"-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in einem Interessenkonflikt befinde, den sie dem Anleger zu offenbaren habe. Nur so könne dieser das Umsatzinteresse der Bank einschätzen und beurteilen, ob diese ihm eine bestimmte Geldanlage nur deshalb empfehle, weil sie selbst daran verdiene. Das gelte selbst dann, wenn die Bank die Zertifikate zuvor selbst im Wege eines Festpreisgeschäftes erworben und die Anleger darüber nicht aufgeklärt habe. Nur bei Offenlegung des Umstandes, dass zwischen den Parteien gegebenenfalls ein Kaufvertrag zustande komme, sei der Anleger in der Lage, das mit dem Verkauf von Finanzprodukten verbundene wirtschaftliche Interesse der ihn beratenden Bank ausreichend zu erkennen.

Mit ihrer von den Berufungsgerichten jeweils zugelassenen Revision verfolgt die beklagte Bank ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Verhandlungstermin: 27. Juni 2012

IV ZR 239/10

LG Augsburg – Endurteil vom 15. Juni 2007 – 9 O 477/06

OLG München – Zivilsenate Augsburg – Urteil vom 13. Oktober 2010 – 27 U 419/07

Der u. a. für das Erbrecht zuständige IV. Zivilsenat wird die Frage zu prüfen haben, ob Pflichtteilsansprüche eines entfernteren Abkömmlings durch letztwillige oder lebzeitige Zuwendungen des Erblassers geschmälert werden, die dieser einem trotz Erb- und Pflichtteilsverzichts testamentarisch zum Alleinerben bestimmten näheren Abkömmling zukommen lässt, wenn beide Abkömmlinge demselben Stamm gesetzlicher Erben angehören und allein dieser Stamm bedacht wird.

Die Klägerin ist die Tochter der Beklagten. Sie macht Pflichtteilsansprüche nach deren im Jahr 2005 verstorbenem Vater (Erblasser) geltend.

Der Erblasser und die Mutter der Beklagten errichteten im Jahr 1987 ein notarielles gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig zum alleinigen und ausschließlichen Erben und ihre Enkelkinder zu Schlusserben einsetzten. Dem Überlebenden des Erstversterbenden wurde das Recht vorbehalten, aus dem Kreis der gemeinschaftlichen Abkömmlinge oder deren Abkömmlinge abweichende Schlusserben zu bestimmen. Am selben Tag verzichtete die Beklagte ihren Eltern gegenüber allein für ihre Person, nicht aber für ihre Abkömmlinge, auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht.

Nach dem Tod seiner Ehefrau setzte der Erblasser im Jahr 2000 die Beklagte mit notariellem Testament zu seiner alleinigen und ausschließlichen Erbin ein. Er ernannte die Klägerin zur Ersatzerbin. Die Parteien sind die einzigen Abkömmlinge des Erblassers und seiner vorverstorbenen Ehefrau.

Mit der Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten Zahlung in Höhe von 85.000 € nebst Zinsen sowie Auskunft über den Bestand des Nachlasses und Einholung eines Wertermittlungsgutachtens bezüglich dem Nachlass zugehörigen Grundvermögens. Die Parteien streiten darüber, ob § 2309 BGB* einer Pflichtteilsberechtigung der Klägerin entgegensteht.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der – vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

*§ 2309 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Pflichtteilsrecht der Eltern und entfernteren Abkömmlinge

Entferntere Abkömmlinge und die Eltern des Erblassers sind insoweit nicht pflichtteilsberechtigt, als ein Abkömmling, der sie im Falle der gesetzlichen Erbfolge ausschließen würde, den Pflichtteil verlangen kann oder das ihm Hinterlassene annimmt.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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