Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 166/2010

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgenden Terminhinweis geben:

Verhandlungstermin: 15. September 2010

XII ZR 148/09

AG Bottrop - Urteil vom 14. November 2008 - 14 F 187/08 - OLG Hamm - Urteil vom 6. August 2009 - II-2 UF 241/08 - (veröffentlicht in FamRZ 2010, 303)

Der für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat wird u. a. zu entscheiden haben, unter welchen Voraussetzungen der Sozialhilfeträger, der einem in einem Heim lebenden Elternteil Sozialleistungen erbracht hat, von dessen Kindern eine Erstattung seiner Kosten verlangen kann.

Die Klägerin, Trägerin der öffentlichen Hilfe, nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Zahlung von Elternunterhalt für seine 1935 geborene Mutter in Anspruch. Die Mutter, die sich seit April 2005 in einem Pflegeheim befindet, litt schon während der Kindheit des Beklagten an einer Psychose mit schizophrener Symptomatik und damit einhergehend an Antriebsschwäche und Wahnideen. Sie hat den Beklagten nur bis zur Trennung und Scheidung von ihrem damaligen Ehemann im Jahr 1973 - mit Unterbrechungen wegen zum Teil längerer stationärer Krankenhausaufenthalte - versorgt. Seit spätestens 1977 besteht so gut wie kein Kontakt mehr zwischen dem Beklagten und seiner Mutter.

Der Beklagte wendet zum einen Verwirkung wegen verspäteter Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs durch den Sozialhilfeträger und u. a. wegen Fehlverhaltens seiner Mutter ein. Da sie ihn als Kind nie gut behandelt habe, würde es im Übrigen eine unbillige Härte bedeuten, wenn er gegenüber dem Sozialhilfeträger kraft Rechtsübergangs für den Unterhalt der Mutter aufkommen müsste.

Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt. Mit seiner Revision begehrt der Beklagte Abweisung der Klage.

Der Senat wird in zivilrechtlicher Hinsicht zu entscheiden haben, in welchem zeitlichen Rahmen der Gläubiger eines Unterhaltsanspruchs diesen geltend machen muss und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Elternunterhalt nach § 1611 BGB* wegen eines Fehlverhaltens des Unterhaltsberechtigten verwirkt sein kann. Außerdem wird es um die - fiskalisch bedeutsame - Frage gehen, wann nach sozialrechtlichen Kriterien ein Anspruchsübergang auf die Behörde gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII** wegen unbilliger Härte ausgeschlossen ist.

Die maßgeblichen Normen lauten wie folgt:

*§ 1611 BGB (Beschränkung oder Wegfall der Verpflichtung)

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

...

**§ 94 SGB XII (Übergang von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen)

(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. …

(2) …

(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit

1. …

2. der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.

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