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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Monat September 2010 » Pressemitteilung Nr. 171/10 vom 8.9.2010

Siehe auch:  Urteil des VIII. Zivilsenats vom 15.9.2010 - VIII ZR 61/09 -, Urteil des II. Zivilsenats vom 18.10.2010 - II ZR 270/08 -, Urteil des II. Zivilsenats vom 20.9.2010 - II ZR 296/08 -, Urteil des VIII. Zivilsenats vom 3.11.2010 - VIII ZR 337/09 -

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Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 171/2010

Vorschau auf Entscheidungen in den nächsten

Monaten des Jahres 2010

Verhandlungstermin: 15. September 2010

VIII ZR 61/09

LG Konstanz - Urteil vom 16. Juli 2008 – 2 O 263/07

OLG Karlsruhe - Urteil vom 19. Februar 2009 - 9 U 176/08

(veröffentlicht in MDR 2009, 501)

Der Kläger kaufte am 20. Juni 2005 vom Beklagten, einem Händler, unter Verwendung eines Bestellformulars für gebrauchte Wohnmobile ein vom Verkäufer als Vorführwagen genutztes Wohnmobil. In dem Kaufvertrag sind der abgelesene Kilometer-Stand und die "Gesamtfahrleistung lt. Vorbesitzer" mit 35 km angegeben. Als Zeitpunkt der "Erstzul. lt. Kfz-Brief" ist "Mai 2005" eingetragen. In der Zeile "Sonstiges" heißt es: "Vorführwagen zum Sonderpreis m. Zulassung". Entgegen der Angabe im Kaufvertrag war das Wohnmobil noch nicht zum Straßenverkehr zugelassen; die Erstzulassung erfolgte auf den Kläger, dem das Fahrzeug am 25. Juli 2005 übergeben wurde. Im November 2005 erfuhr der Käufer auf einer Messe, dass es sich bei dem Wohnmobil um einen Aufbau aus dem Jahr 2003 handelt. Unter Berufung darauf erklärte er mit Anwaltsschreiben vom 13. März 2007 den Rücktritt vom Kaufvertrag und vorsorglich die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung. Mit seiner Klage begehrt der Käufer die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 64.000 € Zug um Zug gegen Rückübereignung des Wohnmobils.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Verkäufers die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Das verkaufte Wohnmobil weise keinen Sachmangel auf, der den Käufer zum Rücktritt berechtigen würde. Es stelle keinen Sachmangel dar, dass das Fahrzeug bereits zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Jahr 2003 hergestellt worden sei. Unter dem Begriff "Vorführwagen" würden im allgemeinen Fahrzeuge verstanden, die bislang gewerblich genutzt worden seien. Ein bestimmtes Alter werde mit dem Begriff "Vorführwagen" nicht zugesichert. Zwar möge mit der Bezeichnung "Vorführwagen" die Vorstellung einhergehen, dass es sich um ein (relativ) neues Fahrzeug handele. Jedoch enthalte weder die Bezeichnung "Vorführwagen" noch die Verwendung eines Fahrzeugs als Vorführwagen eine Erklärung, dass eine Zeitspanne von weniger als 24 oder 18 Monaten zwischen Herstellungsdatum und Erstzulassung liege.

Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision begehrt der Käufer die Wiederherstellung des erstinstanzlichen – der Klage stattgebenden – Urteils.

Verhandlungstermin: 20. September 2010

II ZR 296/08

LG Frankfurt am Main - Urteil vom 2. August 2006 – 3-4 O 40/06 -

OLG Frankfurt am Main- Urteil vom 17. Juni 2008 - 5 U 138/06 -

Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat wird zu entscheiden haben, unter welchen Voraussetzungen sogenannte "Patronatserklärungen" gekündigt werden können.

Die Beklagte, eine GmbH, hatte sich gegenüber ihrer in finanziellen Schwierigkeiten befindlichen Enkelgesellschaft, einer KG, in einer "Patronatserklärung" verpflichtet, im Falle der Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit fällige Verbindlichkeiten in dem Umfang zu erfüllen, als dies zur Beseitigung der Insolvenzreife der KG erforderlich ist. Nach einigen Monaten kündigte die Beklagte diese Erklärung, die KG stellte sodann Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, das dann auch eröffnet wurde.

Der Kläger, Insolvenzverwalter der KG, hat die Beklagte wegen der aus seiner Sicht unzulässigen Kündigung der "Patronatserklärung" auf Schadensersatz in Höhe der bereits im Rahmen des Insolvenzverfahrens angemeldeten und festgestellten Forderungen und auf Schadensersatzfeststellung im Hinblick auf noch endgültig festzustellende Forderungen in Anspruch genommen. Die Beklagte wendet ein, die Parteien seien sich darüber einig gewesen, dass die Patronatserklärung nur für denjenigen Zeitraum abgegeben worden sei, den die Beklagte zur Überprüfung der Sanierungsfähigkeit der KG benötigen würde. Keinesfalls habe eine "Überlebensgarantie" für die KG über den Zeitpunkt der Feststellung der Sanierungsunfähigkeit bzw. Sanierungsfähigkeit hinaus abgegeben werden sollen.

Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben, die Berufung der Beklagten ist im Wesentlichen ohne Erfolg geblieben. Der Senat wird zu entscheiden haben, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Konzerngesellschaft, die als sog. "Patronin" in der finanziellen Krise einer Tochter- oder Enkelgesellschaft dieser gegenüber eine Patronatserklärung abgegeben hat, sich von dieser Erklärung lösen kann.

Verhandlungstermin: 20. September 2010

II ZR 270/08

LG Dortmund – 20 O 14/07 – Entscheidung vom 14. November 2007

OLG Hamm – 8 U 34/08 – Entscheidung vom 3. Dezember 2008

Die Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (im Folgenden SNI) wurde 1992 in die Beklagte, die Siemens AG, eingegliedert. Als Abfindung wurden den Aktionären der SNI Aktien der Beklagten in einem Verhältnis von sechs Aktien der SNI gegen eine der Beklagten gewährt. Aktienspitzen sollten mit 156,50 DM (80,02 €) entgolten werden. Mit Beschluss vom 31. Januar 2003 setzte das Oberlandesgericht Düsseldorf im Spruchverfahren das Umtauschverhältnis auf 13 Aktien der SNI zu drei Aktien der Beklagten bei einem Ausgleich für Aktienspitzen von 76,90 € je SNI-Aktie fest. Infolge von zwischenzeitlich durchgeführten Kapitalmaßnahmen entsprechen einer 50 DM-Stückaktie von 1992 jetzt 15 nennwertlose aktuelle Stückaktien der Beklagten.

Der Kläger, der Aktionär der eingegliederten Gesellschaft gewesen war, reichte von 1992 bis 1994 insgesamt 2.330 SNI-Aktien in einzelnen Paketen zu je fünf Aktien ein und erhielt dafür jeweils die entsprechende Barabfindung. An dieser Verfahrensweise will er sich nach Abschluss des Spruchverfahrens nicht festhalten lassen, sondern verlangt nunmehr einen Aktientausch: Mit seiner Klage begehrt er - gegen Rückzahlung der erhaltenen Beträge - für seine eingelieferten 2.330 Aktien nunmehr 8.065 Aktien der Beklagten. Dabei legt er ein Verhältnis von 13 SNI-Aktien zu 45 nennwertlosen aktuellen Stückaktien der Beklagten zugrunde. Mit dem Hilfsantrag zu diesem Klageantrag begehrt er einen Umtausch für jedes Fünfer-Paket, bei 466 Paketen zu je 17 Aktien demnach 7.922 Aktien.

Mit dem zweiten Klageantrag verlangt er außerdem 17 Aktien der Beklagten Zug-um-Zug gegen Übertragung von fünf bisher noch nicht umgetauschten SNI-Aktien, mit dem dritten Klageantrag eine Erhöhung der 1994 für 270 SNI-Aktien erhaltenen 45 50-DM-Stückaktien um 34 neue nennwertlose Stückaktien entsprechend dem von ihm errechneten Umtauschverhältnis, weil die Beklagte nur 225 nennwertlose Stückaktien nachgeliefert, er aber aufgrund des Ergebnisses des Spruchverfahrens 259 zu beanspruchen habe.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die Beklagte aufgrund des Klageantrags zu 2) unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers zur Zahlung von 297,56 € Zug-um-Zug gegen Lieferung von fünf Stück SNI-Aktien verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers, mit der er seine Übertragungsansprüche weiterverfolgt.

Verhandlungstermin: 22. September 2010

VIII ZR 337/09

AG Berlin-Wedding - Urteil vom 9. April 2009 - 17 C 683/08

LG Berlin - Urteil vom 18. November 2009 - 50 S 56/09

Im August 2008 schlossen die Parteien per E-Mail einen Kaufvertrag über ein Wasserbett zum Preis von 1.265 €. Das Angebot des Beklagten, der die Wasserbetten über das Internet zum Verkauf anbietet, war dem Kläger per E-Mail als angehängte PDF-Datei übersandt worden. Der Text der E-Mail enthält eine Widerrufsbelehrung. Im weiteren Text der E-Mail heißt es:

"Im Hinblick auf die o. g. Widerrufsbelehrung weisen wir ergänzend darauf hin, dass durch das Befüllen der Matratze des Wasserbettes regelmäßig eine Verschlechterung eintritt, da das Bett nicht mehr als neuwertig zu veräußern ist."

Das Wasserbett wurde gegen Barzahlung beim Käufer angeliefert. Der Käufer baute das Wasserbett auf und befüllte die Matratze mit Wasser. Anschließend übte er sein Widerrufsrecht aus. Nach Abholung des Wasserbetts forderte er den Verkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises auf. Der Verkäufer erstattete lediglich einen Betrag von 258 € und machte geltend, dass das Bett nicht mehr verkäuflich sei; lediglich die Heizung mit einem Wert von 258 € sei wieder verwertbar.

Das Amtsgericht hat der auf Rückzahlung des restlichen Kaufpreises von 1.007 € gerichteten Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Verkäufers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Dem Käufer stehe der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch aufgrund des wirksamen Widerrufs zu. Der Verkäufer habe dagegen nicht wirksam mit einem Wertersatzanspruch nach § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB* in Höhe der Klageforderung aufgerechnet.

Der Gerichtshof der Europäischen Union habe in seiner am 3. September 2009 ergangenen Entscheidung (Rs. C-489/07, NJW 2009, 3015) im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der europarechtlichen Fernabsatz-Richtlinie** das Ziel dieser Richtlinie betont, für den Verbraucher die Nachteile auszugleichen, die er durch den Vertragsabschluss im Fernabsatz gegenüber einem Vertragsabschluss im Laden hinnehmen müsse. Mit dem Widerrufsrecht werde dem Verbraucher eine angemessene Bedenkzeit eingeräumt, in der er die Möglichkeit habe, die gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren. Die Ausnahmeregelung des § 357 Abs. 3 Satz 2 BGB [a F; jetzt Satz 3] sei europarechtskonform dahingehend zu verstehen, dass prüfen auch "ausprobieren" einschließe. Deshalb sei auch die Befüllung der Matratze des Wasserbetts durch den Käufer als Prüfung im Sinne von § 357 Abs. 3 Satz 2 BGB [a F] anzusehen.

Mit seiner vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Verkäufer sein Klageabweisungsbegehren weiter.

*§ 357 BGB a F: Rechtsfolgen des Widerrufs und der Rückgabe

 …

(3) Der Verbraucher hat abweichend von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist. …

**Art. 6 der Richtlinie 97/7 (Fernabsatz-Richtlinie): Widerrufsrecht

(1) Der Verbraucher kann jeden Vertragsabschluß im Fernabsatz innerhalb einer Frist von mindestens sieben Werktagen ohne Angabe von Gründen und ohne Strafzahlung widerrufen. Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren.

(2) Übt der Verbraucher das Recht auf Widerruf gemäß diesem Artikel aus, so hat der Lieferer die vom Verbraucher geleisteten Zahlungen kostenlos zu erstatten. Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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