BundesgerichtshofMitteilung der PressestelleNr. 159/2010 Revisionen der Angeklagten im Strafverfahren gegen
Alexander Falk u. a. bleiben ohne Erfolg
Das Landgericht Hamburg hat den ehemaligen Verwaltungsratsvorsitzenden des Schweizer Unternehmens Distefora Holding AG Alexander Falk nach einer über drei Jahre dauernden Hauptverhandlung wegen versuchten Betruges in Tateinheit mit unrichtiger Darstellung gemäß § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG und mit Beihilfe zur unrichtigen Darstellung der Verhältnisse einer Kapitalgesellschaft im Jahresabschluss gemäß § 331 Abs. 1 Nr. 1 HGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Daneben hat es vier Mitangeklagte, die ebenfalls in diesem Unternehmen oder in Tochtergesellschaften beschäftigt waren, wegen Beteiligung an diesen Taten, zwei der Mitangeklagten zudem wegen Steuerhinterziehung, verurteilt. Es hat insoweit eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie zwei zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafen von je zwei Jahren und eine Freiheitsstrafe von acht Monaten verhängt, die es ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt hat. Nach den Urteilsfeststellungen verkaufte die Distefora Holding AG, vertreten durch ihren Verwaltungsratsvorsitzenden, im Dezember 2000 einen über 75%igen Mehrheitsanteil an der Ision AG an die englische Gesellschaft Energis plc. Sowohl die Ision AG als auch die Energis plc. betätigten sich im Bereich der Informationstechnologie und zählten insoweit zu den Unternehmen der "new economy". Für die Übertragung der Geschäftsanteile an der Ision AG hatte die Energis plc. an die Distefora Holding AG rund 210 Mio. Euro in bar zu zahlen und 62 Millionen neu herauszugebende Aktien mit einem Bezugspreis von 552 Mio. Euro zu übertragen. Der Gesamtkaufpreis für die Ision-Aktien betrug danach nominal 762 Mio. Euro. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatten die Angeklagten im Vorfeld des Geschäftes durch die Verbuchung von Scheinrechnungen die Umsatz- und Ertragszahlen gezielt manipuliert, um die späteren Käufer der Geschäftsanteile über die tatsächliche wirtschaftliche Situation des Unternehmens zu täuschen. Nach den Vorstellungen des angeklagten Verwaltungsratsvorsitzenden sollte der Erwerber der Geschäftsanteile infolge der Täuschung einen Kaufpreis zahlen, der den Marktwert der erworbenen Beteiligungen an der Ision AG um mindestens 30 Mio. Euro überstieg. Gemäß dem Tatplan wurden die Verantwortlichen der Energis plc. auch getäuscht und schlossen in Verkennung der tatsächlichen Umstände einen entsprechenden Vertrag mit der Distefora Holding AG ab. Zur Bestimmung eines hinreichend objektivierten Verkehrswerts für das Ision-Aktienpaket für den Zeitpunkt des Verkaufs sah sich das Landgericht außerstande. Da ihm deshalb auch keine Feststellungen zum Eintritt eines Schadens bei der Energis plc. möglich erschienen, hat es die Angeklagten lediglich wegen versuchten Betruges bzw. wegen der Teilnahme hieran verurteilt. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs am 29. Juni 2010 das landgerichtliche Urteil insoweit aufgehoben, als das Landgericht davon abgesehen hatte, gegen zwei Angeklagte sowie gegen drei Verfallsbeteiligte, an die Teile der erlangten Kaufpreiszahlung weitergeleitet worden waren, den Verfall von Wertersatz anzuordnen (Pressemitteilung 134/10 vom 29. Juni 2010). Nun hat der 1. Strafsenat auch über die Revisionen des Angeklagten Falk und zweier Mitangeklagter entschieden, die ihre Verurteilung durch das Landgericht beanstandet und dabei zum Teil mit Verfahrensrügen auch die Feststellungen des Landgerichts zum entstandenen Vermögensschaden und zum Schädigungsvorsatz der Angeklagten angegriffen haben. Die Revisionen hatten keinen Erfolg. Damit sind die Schuldsprüche und die gegen die Angeklagten verhängten Strafen rechtskräftig. Das Landgericht hat nun noch neu zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Schadensersatzansprüche der geschädigten Firma Energis plc. einer Verfallsanordnung zugunsten des Staates entgegenstehen. Beschluss vom 14. Juli 2010 – 1 StR 245/09 Landgericht Hamburg – Urteil vom 9. Mai 2008 – 620 KLs 5/04 5500 Js 97/03 Karlsruhe, den 18. August 2010
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