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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Monat September 2008 » Pressemitteilung Nr. 176/08 vom 17.9.2008

Siehe auch:  Beschluss des 2. Strafsenats vom 10.9.2008 - 2 StR 320/08 -

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Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 176/2008

Anordnung nachträglicher Sicherungsverwahrung nach

§ 66b Abs. 3 StGB durch den Bundesgerichtshof bestätigt

Das Landgericht Frankfurt hat gegen den Betroffenen nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Hierfür hat es sich auf die im Jahr 2004 eingefügte Vorschrift des § 66b Abs. 3 StGB gestützt. Danach kann dann, wenn bei Erledigung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus der krankhafte Zustand, auf dem die Unterbringung ursprünglich beruhte, nicht besteht, unter bestimmten formellen Voraussetzungen eine solche Anordnung getroffen werden, wenn der Betroffene mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere erhebliche Straftaten begehen wird, durch die die Opfer körperlich oder seelisch schwer geschädigt werden.

Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Betroffene Revision eingelegt.

Der heute 40 Jahre alte Betroffene war durch Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 6. Februar 1992 wegen Mordes in drei Fällen und wegen versuchten Mordes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt worden; zugleich hatte das Landgericht seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Er hatte in den Jahren 1988 und 1989 aus sexuellen Motiven eine Anhalterin und zwei Prostituierte in seinem Auto erwürgt; am 20. März 1990 war er bei dem Versuch, eine weitere Prostituierte zu töten, durch eine Zeugin gestört und am Tag darauf festgenommen worden. Nach den damaligen Feststellungen des Landgerichts war die Steuerungsfähigkeit des Betroffenen in allen vier Fällen auf Grund eines von dem damals gehörten Sachverständigen diagnostizierten hirnorganischen Psychosyndroms erheblich vermindert gewesen.

Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wurde bis 1994 vollstreckt. Da sich in dieser Zeit ein Therapieansatz nicht ergeben hatte, verbüßte der Betroffene auf Anordnung der zuständigen Strafvollstreckungskammer danach die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe. Nachdem diese vollständig vollstreckt war, wurde der Betroffene wieder in den Vollzug der Maßregel überführt. Mit Beschluss vom 5. April 2007 erklärte die Strafvollstreckungskammer die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt, da ein krankhafter Zustand des Betroffenen nicht vorliege und auch nie vorgelegen habe. Zugleich erließ sie gegen den Betroffenen einen Unterbringungsbefehl zur vorläufigen Sicherung der von der Staatsanwaltschaft beantragten nachträglichen Sicherungsverwahrung.

Das Landgericht Frankfurt hat die Anordnung der nachträglichen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung damit begründet, es sei auch künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Betroffene sexuell motivierte Tötungsdelikte begehen werde. Einer therapeutischen Aufarbeitung seiner Taten habe der Betroffene sich seit seiner Inhaftierung vor 18 Jahren stets verweigert.

Der Betroffene hat mit seiner Revision die Auffassung vertreten, § 66b Abs. 3 StGB sei verfassungswidrig.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision als unbegründet verworfen, weil die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat. Insbesondere hat der Senat keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift. Anlass, zunächst die anstehende Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen zu § 66b Abs. 3 StGB abzuwarten, bestand nicht; die dem Großen Senat mit Beschluss des 4. Strafsenats vom 19. Juni 2008 – 4 StR 314 u. 391/07 – vorgelegte Rechtsfrage zur Anwendung des § 66b Abs. 3 StGB betrifft eine andere, mit der vorliegenden nicht vergleichbare Vollstreckungssituation.

Die nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ist damit rechtskräftig.

Beschluss vom 10. September 2008 – 2 StR 320/08

Landgericht Frankfurt (Main) – Urteil vom 13. März 2008 – 5/3 KLs 48/43 Js 13289/90 - 23/07

Karlsruhe, den 17. September 2008

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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