Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 35/2008

Ansprüche des Käufers beim Rücktritt vom Autokauf, wenn der Fahrzeughändler das Altfahrzeug des Käufers übernommen und einen dafür noch laufenden Kredit abgelöst hat

Nach der Rechtsprechung des unter anderem für das Kaufrecht zuständigen VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs kann der Käufer eines Kraftfahrzeugs, der für einen Teil des Kaufpreises einen Gebrauchtwagen in Zahlung gegeben hat, bei Rückgängigmachung des Vertrags nicht den für seinen Altwagen angerechneten Geldbetrag, sondern nur den in Zahlung gegebenen Altwagen selbst zurückverlangen. Dies gilt nach dem heute verkündeten Urteil des Senats auch dann an, wenn die Parteien vereinbaren, dass der Käufer eines Neufahrzeugs zwar den vollen Kaufpreis zu entrichten hat, der Verkäufer aber das Altfahrzeug des Käufers übernimmt und einen dafür noch laufenden Kredit ablöst.

Dem Urteil liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Im Herbst 2003 bestellte der Kläger bei der Beklagten, die mit Kraftfahrzeugen handelt, einen BMW X5 (nachfolgend: Neufahrzeug). Das bisherige Fahrzeug des Klägers, ein BMW M5 (nachfolgend: Altfahrzeug), dessen Erwerb die BMW-Bank finanziert hatte, wurde von der Beklagten gegen Ablösung des noch in Höhe von 38.628,40 € valutierenden Darlehens übernommen. Den Wert des Altfahrzeugs gaben die Parteien im Vertrag mit 32.500 € an; die Differenz zu dem Ablösebetrag in Höhe von 6.128,40 € wurde von der Beklagten als (versteckter) Preisnachlass für den Erwerb des Neufahrzeugs übernommen. Dementsprechend zahlte der Kläger an die Beklagte den vollen Preis für das Neufahrzeug - ein Teil des Kaufpreises wurde wiederum über ein Darlehen der BMW-Bank finanziert -, während die Beklagte den restlichen Kredit für das Altfahrzeug bei der BMW-Bank in voller Höhe ablöste.

Am 9. November 2004 erklärte der Kläger unter Berufung auf Mängel des Neufahrzeugs den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Beklagte erklärte sich mit der Rückabwicklung einverstanden und nahm das Fahrzeug zurück. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger seinerseits das Altfahrzeug, das sich noch bei der Beklagten befindet, zurücknehmen muss und sich dafür auf seinen Kaufpreisrückzahlungsanspruch den Betrag anrechnen lassen muss, den die Beklagte zur Ablösung des Kredits für das Altfahrzeug aufgewendet hat.

Mit seiner Klage hat der Kläger – abgesehen von einer Nutzungsentschädigung, die er sich anrechnen lässt – volle Rückzahlung des von ihm gezahlten Kaufpreises für das Neufahrzeug und Freistellung von seiner wegen des Neufahrzeugs eingegangenen Darlehensverpflichtung gegenüber der BMW-Bank verlangt. Die Beklagte hat den Rückzahlungsanspruch teilweise und den Freistellungsanspruch anerkannt, im Übrigen aber die Auffassung vertreten, dass der Kläger das Altfahrzeug zurücknehmen müsse und daher in Höhe von 32.500 € - dem vereinbarten Wert des Altfahrzeugs - Rückzahlung des Kaufpreises für das Neufahrzeug nicht verlangen könne.

Die Klage hat in den Vorinstanzen, soweit hier von Interesse, Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte dem Kläger den vollen Kaufpreis für das Neufahrzeug zurückzahlen müsse; der Kläger sei nicht verpflichtet, das Altfahrzeug zurückzunehmen.

Der Bundesgerichtshof ist dem nicht gefolgt und hat in Fortführung der oben wiedergegebenen Rechtsprechung zur Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens im vorliegenden Fall entschieden, dass im Rahmen der Rückabwicklung des Kaufvertrags über das Neufahrzeug auch die Vereinbarung über das von der Beklagten übernommene Altfahrzeug rückabzuwickeln ist. Dies führt nach § 346 BGB dazu, dass dem Kläger ein Anspruch auf Rückübereignung des Altfahrzeugs zusteht und der Kläger der Beklagten Wertersatz für das von der Beklagten abgelöste Restdarlehen zu leisten hat; dieser Wertersatzanspruch der Beklagten ist mit dem Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises für das Neufahrzeug zu saldieren.

Die Vereinbarung über das Altfahrzeug bildet im vorliegenden Fall mit dem Kauf des Neufahrzeugs eine rechtliche Einheit. Entscheidend dafür ist die Interessenlage der Parteien. Beim Neuwagenkauf unter Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens ist die Interessenlage dadurch gekennzeichnet, dass der Kraftfahrzeughändler sich auf die Hereinnahme des Altwagens nur einlässt, um den Neuwagen verkaufen zu können; das ist auch dem Käufer bewusst. Davon unterscheidet sich die Interessenlage im Streitfall nicht. Die Beklagte hat den Kredit für das Altfahrzeug, wie auch das Berufungsgericht festgestellt hat, nur deshalb abgelöst, um den Kläger zum Kauf des Neufahrzeugs zu bewegen. Das kommt insbesondere darin zum Ausdruck, dass die Beklagte bereit war, zur Ablösung des Kredits für das Altfahrzeug mehr - nämlich 38.628,40 € - zu zahlen, als das Altfahrzeug nach der Vorstellung der Parteien wert war (32.500 €); mit der Zahlung des überschießenden Betrages von 6.128,40 € gewährte die Beklagte dem Kläger einen (versteckten) Nachlass auf den Kaufpreis des Neufahrzeugs.

Da es für die Endentscheidung noch eines Antrags des Klägers auf Rückübereignung des Altfahrzeugs bedarf, hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Urteil vom 20. Februar 2008 - VIII ZR 334/06

LG Berlin - 33 O 55/05 - Urteil vom 7. Juni 2006

KG Berlin - 26 U 175/06 - Urteil vom 15. November 2006

Karlsruhe, den 20. Februar 2008

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