Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 129/2006

Vorschau auf Entscheidungen in den nächsten

Monaten des Jahres 2006

Verhandlungstermin: 5. Oktober 2006

I ZR 277/03

AG Charlottenburg – 204 C 197/02 ./. LG Berlin – 52 S 21/03

Die Kläger sind die Erben von Klaus Kinski. Die Beklagten sind die Geschäftsführer einer GmbH, die eine Ausstellung über Klaus Kinski veranstaltet und hierzu einen Katalog herausgibt. Für die Ausstellung und den Katalog warb die Beklagte im Internet, u. a. auch unter der Adresse „Kinski-Klaus.de“. Die Kläger mahnten die Beklagten deshalb ab und verlangen mit der Klage Ersatz der Abmahnkosten

Das Berufungsgericht hat das die Klage abweisende AG-Urteil bestätigt. Das Amtsgericht habe zu Recht angenommen, dass die einen Tag vor der mündlichen Verhandlung in einem einstweiligen Verfügungsverfahren zwischen dem Agenten der Kläger und der GmbH, in dem es um die Unterlassung der Verwendung der Adresse „Kinski-Produktion“ ging, ausgesprochene Abmahnung rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) gewesen sei. Im Übrigen sei die Klage auch deshalb unbegründet, weil der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht bestanden habe. Anders als in der Senatsentscheidung „Marlene Dietrich“ (BGHZ 143, 214) gehe es hier um die Werbung für eine dem Informationsinteresse der Allgemeinheit dienende Veranstaltung und nicht um die gewerbliche Ausbeutung der Prominenz Kinskis.

Verkündungstermin: 5. Oktober 2006

XII ZR 197/02

AG Bremen - Urteil vom 28. Februar 2002 - 67 F 2329/2001 ./.

OLG Bremen - Urteil vom 27. Juni 2002 - 5 UF 29/2002

Die 1990 bzw. 1991 geborenen Kläger sind Kinder des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Der Beklagte ist wieder verheiratet. Aus dieser Ehe sind drei weitere Kinder hervorgegangen. Der Beklagte hat in seiner neuen Ehe die Haushaltstätigkeit und Kindererziehung übernommen und erzielt keine eigenen Einkünfte. Er ist brasilianischer Staatsangehöriger; seine Ausbildung zum Bauzeichner wird in der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkannt. Seine zweite Ehefrau ist Diplompädagogin, betreibt ein Kleinstheim für psychisch auffällige Kinder und erzielt daraus Einkünfte, die sich - einschließlich eines Wohnvorteils im eigenen Haus - auf rund 2.500 € belaufen.

Das Oberlandesgericht hat den Beklagten zur Zahlung von Unterhalt an seine Kinder aus erster Ehe in zeitlich gestaffelter Höhe verurteilt. Er sei verpflichtet, neben der Betreuung und Erziehung seiner Kinder aus zweiter Ehe einen Nebenerwerb auszuüben, um auch die gleichrangigen Ansprüchen seiner Kinder aus erster Ehe erfüllen zu können. Mit seiner Revision erstrebt der Beklagte den Wegfall seiner Unterhaltspflicht und Abweisung der Klage, weil er nicht leistungsfähig sei.

Der Bundesgerichtshof wird entscheiden müssen, ob der Beklagte auf der Grundlage der sog. Hausmannrechtsprechung zu Unterhaltsleistungen an seine Kinder aus erster Ehe verpflichtet ist. Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob die Rollenwahl in der neuen Ehe zu akzeptieren oder (falls nicht) ob dem Beklagten fiktiv ein Einkommen aus vollschichtiger Berufstätigkeit zuzurechnen ist. Ist die Ausübung der Hausmannrolle durch den Beklagten zu akzeptieren, stellt sich die weitere Frage, ob der Beklagte neben der Beaufsichtigung und Erziehung seiner Kinder aus zweiter Ehe eine Nebentätigkeit ausüben muss. Ein dadurch erzieltes Entgelt stünde dann für den Unterhalt der erstehelichen Kinder zur Verfügung, wenn der eigene notwendige Selbstbehalt des Beklagten durch den Anspruch auf Familienunterhalt gegen seine zweite Ehefrau gesichert wäre (Senatsurteil vom 12. April 2006 – XII ZR 31/04 – FamRZ 2006, 1010, 1012 ff.). Gleiches gilt für das Taschengeld des Beklagten in seiner zweiten Ehe.

Der Senat wird weiter dazu Stellung nehmen müssen, ob der Unterhaltsanspruch der Kinder aus erster Ehe fiktiv durch den Unterhaltsanspruch begrenzt ist, der bestünde, wenn der Beklagte in seiner zweiten Ehe nicht die Hausmannrolle übernommen hätte, sondern vollschichtig berufstätig wäre. In dem hier zu entscheidenden Fall würde das zu einem geringeren Unterhaltsanspruch der Kinder aus erster Ehe führen, weil der Beklagte auch im Rahmen einer Vollzeittätigkeit nur ein sehr begrenztes Einkommen erzielen könnte. Zwar würde er dadurch höhere Einkünfte erzielen, als ihm neben der Kinderbetreuung als Entgelt aus einer Nebentätigkeit zurechenbar wären. Davon müsste er aber zunächst seinen eigenen notwendigen Selbstbehalt absichern. Nur der verbleibende Rest stünde dann für den Unterhalt aller Kinder aus beiden Ehen sowie den - ggf. gleichrangigen (vgl. Senatsurteil vom 13. April 2005 – XII ZR 273/02 – FamRZ 2005, 1154, 1155 f.) - Anspruch auf Familienunterhalt seiner zweiten Ehefrau zur Verfügung. Für jeden einzelnen Unterhaltsberechtigten würde sich im Rahmen der dann durchzuführenden Mangelfallberechnung (vgl. insoweit Senatsurteil vom 22. Januar 2003 – XII ZR 2/00 – FamRZ 2003, 363, 365 f.) nur ein sehr geringer Unterhaltsanspruch ergeben.

Verhandlungstermin: 9. Oktober 2006

II ZR 46/05

LG Mainz - 10 HK.O 79/97 ./. OLG Koblenz - 6 U 342/04 (abgedruckt in ZIP 2005, 714)

Die Kläger und deren Streithelfer waren Minderheitsaktionäre der beklagten Aktiengesellschaft. Im Mai 1997 stimmte die Hauptversammlung der Beklagten einer zuvor erfolgten Ausgliederung eines Unternehmensteils auf eine neu gegründete GmbH & Co. KG mit anschließender Veräußerung der Geschäftsanteile an die Mehrheitsaktionärin der Beklagten zu. Gegen diese Hauptversammlungsbeschlüsse richten sich die gestuften Anfechtungs-, Nichtigkeits- und Nichtigkeitsfeststellungsklagen der Kläger. Noch vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils wurden die Kläger im Rahmen eines Squeeze-out-Verfahrens aus der beklagten Aktiengesellschaft ausgeschlossen und ihre Aktien auf die Mehrheitsaktionärin übertragen. Die damit einzig verbliebene Aktionärin beschloss sodann auf einer außerordentlichen Hauptversammlung im September 2003 die Bestätigung der angefochtenen Hauptversammlungsbeschlüsse.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Kläger zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, den Klägern fehle - aufgrund des Wegfalls ihrer Gesellschafterstellung in Folge des Squeeze-out-Verfahrens - die für die Erhebung der Klage erforderliche Anfechtungsbefugnis. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger.

Verhandlungstermin: 12. Oktober 2006

III ZR 144/05

LG Bonn – 1 O 459/00 ./. OLG Köln - 7 U 29/04

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht dänischer Schweinezüchter und Schlachthofgesellschaften von der beklagten Bundesrepublik Deutschland Schadensersatz wegen der Verletzung europäischen Gemeinschaftsrechts. Gegenstand des Verfahrens ist der von der Klägerin erhobene Vorwurf, die Beklagte habe von Anfang 1993 bis 1999 entgegen dem geltenden Gemeinschaftsrecht faktisch ein Importverbot verhängt, das sich auf Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen aus Dänemark bezogen habe. Hierdurch sei den Schweinezüchtern und Schlachthofgesellschaften in der genannten Zeit ein Schaden von mindestens 280.000.000 DM entstanden.

Dem lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde. In Dänemark wurde Anfang der neunziger Jahre das „Male-Pig-Projekt“ zur Aufzucht nicht kastrierter männlicher Schweine ins Leben gerufen. Diese – nach der Behauptung der Klägerin wirtschaftlich vorteilhaftere – Aufzucht birgt die Gefahr, dass das Fleisch beim Erhitzen einen strengen Geruch bzw. Geschmack, den sog. Geschlechtsgeruch, aufweisen kann, wobei diese Gefahr mit zunehmendem Alter und Gewicht der Schweine zum Schlachtzeitpunkt zunimmt. Nach Auffassung der dänischen Forschung lässt sich diese Geruchsbelastung bereits beim Schlachtvorgang durch Prüfung des Skatolgehalts, eines im Darm gebildeten Abbauprodukts, feststellen und geruchsbelastetes Fleisch aussortieren. Nach Auffassung der deutschen Seite geht die Geruchsbelastung auf das Hormon Androstenon zurück, dessen Bildung durch eine frühe Kastration ausgeschaltet werden könne; der Skatolgehalt sei für sich allein betrachtet kein Maß für den Geschlechtsgeruch und seine Prüfung führe daher zu keinen zuverlässigen Ergebnissen.

Durch die bis zum 31. Dezember 1991 umzusetzende Richtlinie des Rates vom 11. Dezember 1989 zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt (89/662/EWG) wurde das bisherige System der Grenzkontrollen zugunsten einer durch den Versandmitgliedstaat durchzuführenden veterinärrechtlichen Kontrolle abgelöst; der zuständigen Behörde an den Bestimmungsorten sollte nur eine nichtdiskriminierende veterinärrechtliche Kontrolle im Stichprobenverfahren vorbehalten bleiben. In Art. 8 dieser Richtlinie ist ein Verfahren zur Regelung des Falls vorgesehen, dass die Übereinstimmung des Fleisches mit den geltenden gesundheitsrechtlichen Vorschriften von den zuständigen Behörden des Bestimmungs- und des Ursprungslands unterschiedlich beurteilt wird. In der Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 über die gesundheitlichen Bedingungen für die Gewinnung und das Inverkehrbringen von frischem Fleisch, die durch die bis zum 1. Januar 1993 umzusetzende Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 (91/497/EWG) neu gefasst worden ist, heißt es in Art. 5 Abs. 1 Buchst. o, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass der amtliche Tierarzt Fleisch, das einen starken Geschlechtsgeruch aufweist, für genussuntauglich erklärt. Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii tragen die Mitgliedstaaten Sorge dafür, dass Fleisch – unbeschadet der in Art. 5 Abs. 1 Buchst. o vorgesehenen Fälle – von nicht kastrierten männlichen Schweinen mit einem Tierkörpergewicht von mehr als 80 kg ein besonderes Kennzeichen trägt oder einer Hitzebehandlung unterzogen wird, außer wenn der Betrieb durch eine nach dem Verfahren des Art. 16 anerkannte bzw. – wenn kein entsprechender Beschluss gefasst worden ist – durch eine von den zuständigen Behörden anerkannte Methode sicherstellen kann, dass Schlachtkörper mit einem starken Geschlechtsgeruch festgestellt werden können.

Die Beklagte teilte den obersten Veterinärbehörden der Mitgliedstaaten durch den Bundesminister für Gesundheit im Januar 1993 mit, die Regelung in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 64/633/EWG werde in der Weise in nationales deutsches Recht umgesetzt, dass unabhängig von der Gewichtsgrenze ein Wert von 0,5 µg/g Androstenon festgesetzt werde. Bei Überschreitung dieses Wertes weise das Fleisch einen starken Geschlechtsgeruch auf und sei nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. o untauglich zum Genuss für Menschen. Als Methode zum Nachweis des Androstenons werde nur der modifizierte Immunoenzymtest nach Prof. Claus als spezifisch anerkannt. Das Fleisch männlicher, nicht kastrierter Schweine, bei dem dieser Wert überschritten werde, dürfe nicht als frisches Fleisch in die Bundesrepublik Deutschland verbracht werden. Weiter heißt es in dem Schreiben, im Einvernehmen mit der EG-Kommission und dem Rat (s. Protokollerklärung zu Art. 6 Abs. 1 Buchst. b) bei Beschluss der Richtlinie 91/497/EWG werde für alle Sendungen von Schweinefleisch aus anderen Mitgliedstaaten Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/622/EWG angewandt. Schweinefleischsendungen würden am Bestimmungsort, unabhängig von ihrer Genusstauglichkeitskennzeichnung, auf die Einhaltung des Grenzwertes überprüft und bei Überschreitung des Wertes beanstandet.

Nachdem die Beklagte und die Kommission keine Einigung über die Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Normen finden konnten, stellte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften auf die von der Kommission im Jahr 1996 erhobene Vertragsverletzungsklage durch Urteil vom 12. November 1998 (Rs. C-102/96) fest, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtung aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. o und Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 64/433 in der Fassung der Richtlinie 91/497 sowie aus Art. 5 Abs. 1, Art. 7, 8 der Richtlinie 89/662 verstoßen hat, dass sie Schlachtkörper von nicht kastrierten männlichen Schweinen der Kennzeichnung und Hitzebehandlung bereits dann unterwirft, wenn das Fleisch unabhängig vom Körpergewicht der Tiere einen Androstenongehalt von mehr als 0,5 µg/g – festgestellt unter Anwendung des modifizierten Immunoenzymtests nach Prof. Claus – aufweist, und dass sie das Fleisch bei Überschreiten des Grenzwerts von 0,5 µg/g als mit einem starken Geschlechtsgeruch belastet betrachtet, der die Genussuntauglichkeit des Fleisches für den menschlichen Verzehr nach sich zieht.

Die Klägerin hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf die Behauptung gestützt, die dänischen Schweinezüchter und Schlachthofgesellschaften hätten im Hinblick auf das gemeinschaftswidrige Verhalten der Beklagten bis Herbst 1993 von dem Male-Pig-Projekt Abstand genommen und in der Zeit bis 1999 unter Berücksichtigung ihrer Planung, den Anteil von Fleisch, welches von nicht kastrierten männlichen Schweinen stammt, bezogen auf die Gesamtexportmenge von 130 Millionen Schweinen zu steigern, etwa 39 Millionen kastriert aufgezogene Schweine für die Vermarktung in Deutschland geschlachtet. Bei der Vermarktung einer entsprechenden Menge unkastrierter männlicher Schweine hätten sich für sie Kosteneinsparungen von mindestens 280.000.000 DM ergeben.

Beide Vorinstanzen haben die Beklagte dem Grunde nach für verpflichtet gehalten, der Klägerin den erlittenen Schaden zu ersetzen. Das Landgericht hat die Klage im Hinblick auf die Beantragung eines Mahnbescheids am 6. Dezember 1999 allerdings insoweit als verjährt abgewiesen, als es um Schadensersatzansprüche geht, die bis zum 6. Dezember 1996 entstanden sind. Demgegenüber hat das Berufungsgericht die Ansprüche insgesamt für unverjährt angesehen. Die Beklagte hat die zugelassene Revision eingelegt.

Im Revisionsverfahren geht es unter anderem um die Frage, ob sich aus den genannten Richtlinien Rechte der dänischen Schweinezüchter und Schlachthofgesellschaften ergeben, die eine Schadensersatzpflicht auslösen können, oder ob diese sich unmittelbar auf eine Verletzung der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 EG; früher Art. 30 EWG-Vertrag) berufen können. Daneben sind die Fragen aufgeworfen, in welcher Frist der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Rechtslage verjährt, ab wann einem Geschädigten angesichts der Entwicklung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in den Jahren nach 1991 die Erhebung einer Schadensersatzklage zur Unterbrechung der Verjährung zumutbar war, ob die Geschädigten im Hinblick auf das von der Kommission im Jahr 1996 gegen die Beklagte eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften von verjährungsunterbrechenden Maßnahmen absehen durften oder ob die Verjährungsfrist im Hinblick darauf, dass das innerstaatliche Recht nicht vor 1999 mit dem Gemeinschaftsrecht in Übereinstimmung gebracht wurde, erst zu diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen hat. Schließlich geht es auch um die Frage, ob die Geschädigten Möglichkeiten des Primärrechtsschutzes wahrgenommen haben oder ob ihnen entgegenzuhalten ist, dass die am Fleischimport und –export beteiligten Unternehmen vor den Verwaltungsgerichten keinen Rechtsschutz gegen Einfuhrkontrollen und die Zurückweisung zur Einfuhr bestimmter Lieferungen in Anspruch genommen haben.

Verhandlungstermin: 12. Oktober 2006

1 StR 180/06

Landgericht Mannheim - 1 Ks 400 Js 37766/01 - Urteil vom 6. Oktober 2005

Dem Angeklagten Harry Wörz wird zur Last gelegt, versucht zu haben, seine Ehefrau zu töten. Das Landgericht Karlsruhe hatte ihn deshalb am 16. Januar 1998 wegen versuchten Totschlags zu der Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Seine dagegen gerichtete Revision verwarf der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11. August 1998. Mit Beschluss vom 8. Oktober 2004 ordnete das Oberlandesgericht Karlsruhe - unter Aufhebung der gegenteiligen Entscheidung des Landgerichts Mannheim - die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung an. Nach dieser Hauptverhandlung sprach das Landgericht Mannheim den Angeklagten mit Urteil vom 6. Oktober 2005 frei. Dagegen richten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft Mannheim und der Nebenklägerin. Sie greifen mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts die Beweiswürdigung des Landgerichts an und beanstanden außerdem die Verletzung von Vorschriften über das Strafverfahren.

Verhandlungstermin: 12. Oktober 2006

3 StR 139/06

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg – 2 BJs 88/01

Das Oberlandesgericht hatte den Angeklagten El Motassadeq mit Urteil vom 19. Februar 2003 wegen Beihilfe zum Mord in 3066 Fällen sowie zum versuchten Mord und zur gefährlichen Körperverletzung in fünf Fällen und – tateinheitlich hierzu – wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Diese Entscheidung hat der Senat auf die Revision des Angeklagten mit Urteil vom 4. März 2004 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten nunmehr wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Hiergegen richten sich die Revisionen der Bundesanwaltschaft, des Angeklagten und einiger der Nebenkläger. Die Bundesanwaltschaft und die Nebenkläger erstreben eine Verurteilung des Angeklagten auch wegen Beihilfe zum Mord und versuchten Mord in einer Vielzahl von Fällen. Der Angeklagte wendet sich gegen den Schuldspruch.

Verhandlungstermin: 18. Oktober 2006

VIII ZR 3/06

LG Kiel – 4 O 279/04 ./. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht – 3 U 42/05 (abgedruckt in OLG-Report Schleswig 2006, 193)

Der Kläger erwarb am 27. Oktober 2002 von der Beklagten auf einer von ihr veranstalteten Auktion ein sechs Monate altes Hengstfohlen. Nach einem medizinischen Untersuchungsprotokoll wies das Fohlen keine Gesundheitsschäden auf, insbesondere war sein Herz ohne besonderen Befund. Die Auktionsbedingungen der Beklagten bestimmen, dass die Pferde als „gebrauchte Sachen im Rechtssinne verkauft werden“. Ferner sehen die Auktionsbedingungen vor, dass Gewährleistungsrechte des Käufers innerhalb von zwölf Monaten nach Gefahrübergang verjähren. Durch Schreiben vom 13. Oktober 2004 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und berief sich darauf, dass das Fohlen an einem angeborenen Herzfehler leide, der sich nunmehr bei einer klinischen Untersuchung herausgestellt habe. Die Beklagte lehnte die Rückabwicklung des Kaufvertrags ab. Mit der am 25. November 2004 zugestellten Klage hat der Kläger Rückzahlung des Kaufpreises sowie Ersatz von Tierarzt- und Aufzuchtkosten verlangt. Die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen. Aus diesem Grund hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er sein Klagebegehren weiter.

Der Bundesgerichtshof wird unter anderem zu klären haben, ob das Hengstfohlen zur Zeit der Auktion eine „gebrauchte Sache“ im Sinne der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Verbrauchsgüterkauf war. Darauf kommt es an, weil beim Verbrauchsgüterkauf über gebrauchte Sachen die für die Rechte des Käufers maßgebliche Verjährungsfrist auf bis zu ein Jahr verkürzt werden kann (§ 475 Abs. 2 BGB), während sie im Übrigen zwei Jahre beträgt.

Verhandlungstermin: 18. Oktober 2006

VIII ZR 52/06

AG Mannheim - 8 C 8/05 ./. LG Mannheim - 4 S 52/05

Der Kläger war von November 2001 bis November 2003 Mieter einer Wohnung in M. Nach § 10 Ziff. 3 des Formularmietvertrags verpflichtet sich der Mieter, die Schönheitsreparaturen im Allgemeinen innerhalb gestaffelter Fristen von drei Jahren (Küche, Bad u. a.), fünf Jahren (Wohn- und Schlafzimmer u. a.), beziehungsweise sieben Jahren (Nebenräume) auszuführen. Gemäß § 10 Ziff. 6 des Vertrags muss der Mieter, wenn er vor Ablauf der für die Schönheitsreparaturen vorgesehenen Fristen auszieht, seiner Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen durch anteilige Zahlung der Kosten der Schönheitsreparaturen nach festgelegten Prozentsätzen, die sich in Abhängigkeit von der Nutzungsdauer erhöhen, nachkommen. In einem Abrechnungsschreiben vom 31. Januar 2004 verrechnete die Vermieterin das Kautionsguthaben des Klägers von 475,05 € mit Gegenforderungen wegen zeitanteiliger Renovierungskosten für Anstricharbeiten im Wohnzimmer und Flur (270,02 €) und in der Küche und im Badezimmer (205,81 €) sowie einem weiteren Anspruch in Höhe von 15,34 €. Der Kläger zahlte den geltend gemachten Nachforderungsbetrag von 13,17 €.

Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten die Auszahlung seines Kautionsguthabens von 475,05 € und die Rückzahlung des von ihm geleisteten Nachforderungsbetrags von 13,17 € verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 472,88 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Kläger habe die Abrechnung der Vermieterin nicht dadurch anerkannt, dass er den Nachforderungsbetrag von 13,17 € bezahlt habe. Eine Aufrechnungsforderung gegenüber dem Kautionsguthaben des Klägers stehe der Vermieterin nicht zu, weil die in § 10 Ziff. 6 des Formularmietvertrags enthaltene sogenannte Abgeltungsklausel wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters unwirksam sei (§ 307 BGB). Die Abgeltungsregelung sehe eine Kostenbeteiligung des Mieters auf der Grundlage "starrer" Fristen und Prozentsätze vor. Da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 23. Juni 2004  VIII ZR 361/03, NJW 2004, 2586) formularvertragliche "starre" Fristenpläne zur Ausführung von Schönheitsreparaturen unwirksam seien, müsse dasselbe für Abgeltungsklauseln mit "starrer" Berechnungsgrundlage gelten. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Verkündungstermin: 18. Oktober 2006

(Verhandlungstermin: 6. September 2006)

2 StR 499/05

Landgericht Wiesbaden (6 Js 320.4/00 16 KLs)

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs entscheidet über die Revisionen der Angeklagten Kanther und Weyrauch gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 18. April 2005, durch das der Angeklagte Kanther wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten mit Bewährung und der Angeklagte Weyrauch wegen Beihilfe hierzu zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 170,- Euro verurteilt worden sind.

Der Angeklagte Kanther war von 1970 bis 1987 Landesgeschäftsführer, von 1991 bis 1998 Landesvorsitzender der CDU Hessen. Nach den Feststellungen des Landgerichts verfügte der Landesverband im Jahr 1983 über Geldvermögen in Höhe von 22 Mio. DM, das in dem offiziellen Rechnungswerk der CDU nicht enthalten war und dessen Herkunft das Landgericht nicht aufklären konnte. Um es vor dem staatlichen Zugriff im Zusammenhang mit der damaligen „Flick-Spenden-Affäre“ in Sicherheit zu bringen und der CDU Hessen zu erhalten, transferierten die Angeklagten im Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (nachfolgend: Prinz Wittgenstein), der bis 1998 das Amt des Schatzmeisters der CDU Hessen innehatte, das Geldvermögen auf ein verschleiertes Treuhandkonto in der Schweiz. Der Angeklagte Weyrauch übernahm hierbei die Funktion eines Treuhänders. Der Treuhandvertrag wurde vom Angeklagten Kanther für die CDU Hessen mit ihm geschlossen und gegenüber den Führungsgremien und den Mitgliedern der Partei geheim gehalten. Bis zum Jahr 1993 verwaltete der Angeklagte Weyrauch das Treuhandkonto vereinbarungsgemäß; hierbei wurden durch Geldanlagen teilweise auch erhebliche Gewinne erwirtschaftet. Auf jeweilige Anforderung des Angeklagten Kanther transferierte der Angeklagte Weyrauch erhebliche Beträge auf Konten der CDU Hessen zurück, indem er sie bar abhob und über verschleierte Drittkonten an die CDU überwies. Der Angeklagte Kanther wandte diese Beträge sodann nach seinem Ermessen Teilorganisationen der Partei zu, insbesondere im Zusammenhang mit der Finanzierung von Wahlkämpfen und sonstigen politischen Kampagnen. Im Jahre 1993 überführte der Angeklagte Weyrauch in Absprache mit Prinz Wittgenstein die in der Schweiz befindlichen Guthaben auf Konten einer zu diesem Zweck in Liechtenstein gegründeten Stiftung (Stiftung „Zaunkönig“). Hintergrund dieser Neuordnung war die zum 1. Januar 1994 in Kraft tretende Neufassung des Parteiengesetzes, von der die Angeklagten verschärfte Kontrollen des Rechnungswerks der Parteien befürchteten. Der Angeklagte Kanther hatte von der Übertragung an die Stiftung Kenntnis.

Gegenstand der Verurteilung wegen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue sind, nachdem die früheren Handlungen durch Teileinstellungen ausgeschieden wurden, nur Handlungen der Angeklagten ab dem Jahr 1994. Nach den Feststellungen des Landgerichts lief das schon ab 1983 praktizierte System verdeckter Finanzierung weiter. In drei Fällen wurden erhebliche Geldbeträge, die aus dem Vermögen der Stiftung „Zaunkönig“ stammten, von dem Angeklagten Weyrauch und dem gesondert verfolgten Prinz Wittgenstein in verschleierter Form an die CDU Hessen geleitet, indem sie als angebliche Vermächtnisse anonymer Erblasser ausgegeben wurden. Der Angeklagte Kanther wirkte ab 1994 an der Vorlage und Verabschiedung von Haushaltsplänen und Rechenschaftsberichten mit, die nach seiner Kenntnis unrichtig waren, weil in ihnen das in der Liechtensteinischen Stiftung verborgene Vermögen nicht aufgeführt war. Der Angeklagte Weyrauch wirkte als Treuhänder an zahlreichen Geldtransfers mit, übernahm als Stiftungsbeirat die Verwaltung des Stiftungsvermögens und nahm wider besseres Wissen die Testate für die jährlich abgegebenen unrichtigen Rechenschaftsberichte vor. Eine persönliche Bereicherung der Angeklagten hat das Landgericht nicht festgestellt. Soweit Gelder zurückgeflossen sind, wurden diese für Parteizwecke verwendet.

Nach Ansicht des Landgerichts traf den Angeklagten Kanther in seiner Funktion eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Partei, die die rechtliche Form eines nicht rechtsfähigen Vereins hat. Durch die von ihm als Täter vorgenommene pflichtwidrige Verschleierung des Parteivermögens vor den Organen der Partei sei dem Landesverband Hessen und dem Bundesverband der CDU ein Nachteil im Sinne eines Gefährdungsschadens entstanden. Der Angeklagte Weyrauch, den selbst keine Vermögensbetreuungspflicht traf, habe hierzu Beihilfe geleistet. Die schadensgleiche Gefährdung habe sich daraus ergeben, dass nur die beiden Angeklagten und der gesondert verfolgte Prinz Wittgenstein von den Geldern wussten. Der Landesverband habe aufgrund falscher Haushaltspläne über die Gelder nicht verfügen können. Der Bundespartei, in deren jährliche Rechenschaftsberichte gegenüber dem Präsidenten des Deutschen Bundestags das falsche Rechnungswerk des Landesverbands Hessen jeweils einging, habe aufgrund der Abgabe falscher Rechenschaftsberichte der Verlust der staatlichen Parteienfinanzierung gedroht, dem Landesverband die Gefahr eines Regresses durch die Bundespartei. Tatsächlich wurde dem CDU-Bundesverband durch Bescheid des Bundestagspräsidenten vom 14. Februar 2000 später ein Betrag von rund 41 Mio. DM an staatlicher Mittelzuwendung versagt; der Landesverband Hessen geriet durch die erforderlichen Ausgleichszahlungen in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten, die Sonderumlagen bei den Parteimitgliedern erforderlich machten.

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts stützen sich auf eine Reihe von Verfahrensrügen sowie auf die Sachrüge. Mit dieser machen sie insbesondere geltend, es sei dem zu betreuenden Vermögen der Partei kein Schaden entstanden. Das festgestellte Verhalten habe zwar gegen das Parteiengesetz verstoßen und sei politisch falsch gewesen; es habe sich aber nicht um strafbare Untreue gehandelt.

Verhandlungstermin: 19. Oktober 2006

III ZR 190/05

LG Bonn - 1 O 361/02 (abgedruckt in JZ 2004, 572) ./.

OLG Köln  7 U 8/04 (abgedruckt in NJW 2005, 2860)

Aufgrund eines entsprechenden Beschlusses der Mitgliedstaaten der NATO führte diese ab dem 24. März 1999 mit dem erklärten Ziel, in dem damaligen Jugoslawien eine humanitäre Katastrophe wegen des Kosovo-Konflikts zu verhindern, Luftangriffe auf militärische und wirtschaftliche Ziele in Serbien, Kosovo und Montenegro durch. An den Luftoperationen beteiligten sich mit Zustimmung des Deutschen Bundestages auch deutsche Luftstreitkräfte. Am 30. Mai 1999 griffen Kampfflugzeuge der NATO die am Ortsausgang der  etwa 180 km südöstlich von Belgrad gelegenen - serbischen Kleinstadt Varvarin über den Fluss Morava führende Brücke mit Raketen an und zerstörten sie. Hierbei wurden 10 Menschen getötet und 30 verletzt, davon 17 schwer; bei sämtlichen Opfern handelt es sich um Zivilpersonen. Kampfflugzeuge der Bundesrepublik Deutschland waren an dem Beschuss der Brücke nicht unmittelbar beteiligt. Ob und inwieweit die Luftstreitkräfte der Bundesrepublik durch Aufklärung, Begleit- oder Luftraumschutz Unterstützungsleistungen erbracht haben, ist streitig, ebenso, in welcher Form Dienststellen der Bundesrepublik an der vorausgegangenen Auswahl der Ziele der Luftangriffe beteiligt waren.

Die (insgesamt 35, teilweise in Erbengemeinschaften verbundenen) Kläger, Angehörige des früheren Jugoslawiens, nehmen die Bundesrepublik Deutschland auf Schadensersatz  in zweiter Instanz begrenzt auf billige Entschädigungen in Geld - wegen der Tötung von Angehörigen und eigener erlittener Verletzungen in Anspruch. Sie machen geltend, die Beklagte hafte für die Folgen des von NATO-Streitkräften durchgeführten Angriffs auf die Brücke aufgrund der Verletzung humanitären Völkerrechts und auch nach den Grundsätzen des deutschen Amtshaftungsrechts. Sie lasten der Beklagten in diesem Zusammenhang an, im Rahmen der NATO das ihr mögliche Vetorecht gegen die Auswahl der Brücke von Varvarin als militärisches Ziel nicht ausgeübt und zudem den Angriff selbst durch grundsätzliche Zusage und Übernahme von Aufklärung, Begleitschutz und Luftraumschutz unterstützt zu haben. Die Beklagte ist dagegen der Auffassung, der Angriff auf die Brücke und dessen Folgen seien ihr unter keinem Gesichtspunkt zuzurechnen, weil deutsche Kampfflugzeuge daran weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt gewesen seien. Ansprüche aufgrund von etwaigen Verletzungen des humanitären Völkerrechts könnten nicht von den Klägern als Individualpersonen, sondern nur von dem betroffenen Staat für dessen Bürger geltend gemacht werden. Ansprüche nach deutschem Amtshaftungsrecht seien ausgeschlossen, weil deren Anwendung durch das Kriegsvölkerrecht überlagert und damit ausgeschlossen sei; zudem seien die Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs auch nicht erfüllt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und ist in seiner Begründung im Wesentlichen der dargestellten Rechtsauffassung der Beklagten gefolgt. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger zurückgewiesen. Es vertritt in Bezug auf Schadensersatzansprüche aus Völkerrecht denselben Standpunkt wie das Landgericht. Einen Amtshaftungsanspruch nach deutschem Staatshaftungsrecht hält das Oberlandesgericht zwar entgegen dem Landgericht für grundsätzlich möglich; ein solcher Anspruch scheitere hier aber daran, dass der Beklagten, was den Angriff auf die Brücke selbst betrifft, keine schuldhafte Beteiligung an einer etwaigen völkerrechtswidrigen Handlung anzulasten sei, und, was den Vorwurf des nicht ausgeübten Vetorechts gegen die Zielauswahl als solche betrifft, die Wahl der Brücke als militärisches Ziel  soweit überhaupt gerichtlich überprüfbar - nicht offensichtlich völkerrechtswidrig gewesen sei.

Dieses Urteil greifen die Kläger mit ihrer  vom Oberlandesgericht zugelassenen - Revision an.

Verhandlungstermin: 24. Oktober 2006

1 StR 44/06

Landgericht München I – 5 KLs 303 Js 42943/02 – Urteil vom 14. Juli 2005

Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 14. Juli 2005 den Angeklagten F. wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 11 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten H. hat es wegen Beihilfe zu diesen Taten unter Einbeziehung mehrerer Einzelstrafen aus Vorverurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und daneben zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt. Die Vollstreckung beider Gesamtfreiheitsstrafen hat das Landgericht zur Bewährung ausgesetzt.

Nach den Feststellungen des Landgerichtes betrieb der Angeklagte F. ein Bauunternehmen, das portugiesische Arbeiter beschäftigte. Um die Arbeiter der deutschen Sozialversicherungspflicht zu entziehen, wurden sie mittels pro forma geschlossener Arbeitsverträge bei portugiesischen Baugesellschaften angestellt. Die portugiesischen Firmen traten zum Schein auch in die Bauaufträge des deutschen Unternehmens ein. Die Scheinverträge wurden von dem Angeklagten H., einem ehemaligen Rechtsanwalt, erstellt. Tatsächlich hatten die portugiesischen Gesellschaften weder Kontakt zu „ihren“ Arbeitnehmern noch zu den Bauherren. Arbeitsverhältnisse und Geschäftsbeziehungen bestanden allein mit dem vom Angeklagten F. geführten Unternehmen, das die Arbeiter auf Baustellen in Deutschland einsetzte und ihnen über die Konten der portugiesischen Gesellschaften auch ihren Lohn auszahlte.

Durch die angeblichen Arbeitsverhältnisse in Portugal sollte eine nur vorübergehende Entsendung der Arbeiter nach Deutschland vorgetäuscht werden. Die deutschen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften und die europäische Verordnung Nr. 1408/71 sehen für den Fall einer derartigen Entsendung vor, dass der Arbeitnehmer nur in dem Staat zu versichern ist, von dem aus er entsandt wird. Zur Durchführung regelt die europäische Verordnung Nr. 574/72, dass der Sozialversicherungsträger des Herkunftsstaates die Entsendung bestätigt und bescheinigt, dass der Beschäftigte den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen des Herkunftsstaates unterliegt (sog. „E 101-Bescheinigung“). Auf Veranlassung der Angeklagten stellten die portugiesischen Gesellschaften bei der portugiesischen Sozialbehörde einen Antrag auf Erteilung von E 101-Bescheinigungen, die auch ausgestellt wurden. Zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen kam es infolgedessen in Deutschland nicht; nach der Berechnung des Landgerichtes entstand hierdurch ein Beitragsschaden in Höhe von insgesamt 112.132,40 €. Ob für die Arbeiter Beiträge in Portugal entrichtet wurden, hat das Landgericht nicht festgestellt.

Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass die portugiesischen Arbeiter in Deutschland sozialversicherungspflichtig waren. Den E 101-Bescheinigungen hat es nur formale Bedeutung beigemessen. Sie hindern nach Auffassung des Landgerichtes die Entstehung von Beitragsansprüchen der deutschen Sozialversicherungsträger und damit eine Strafbarkeit wegen Beitragsvorenthaltung nicht. Hiergegen wenden sich die Revisionen beider Angeklagter, die geltend machen, dass mit den Bescheinigungen die Sozialversicherungspflicht in Deutschland entfalle.

Der Bundesgerichtshof wird sich bei seiner Entscheidung auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu befassen haben. In Vorlageentscheidungen, denen sozial- und arbeitsgerichtliche Verfahren aus den Mitgliedstaaten zugrunde lagen, hat der EuGH mehrfach ausgesprochen, dass den von den Sozialbehörden des Entsendestaates ausgestellten E 101-Bescheinigungen bindende Wirkung für die Sozialversicherungsträger und Gerichte des Gastlandes zukommt.

Verhandlungstermin: 25. Oktober 2006

VIII ZR 102/06

AG Herne-Wanne – 14 C 216/05 ./. LG Bochum – 5 S 277/05

Die Beklagten sind aufgrund eines Mietvertrags vom 3. Mai 2000 Mieter einer Wohnung der Klägerin. Von März 2004 bis Januar 2005 entrichteten die Beklagten die vertraglich vereinbarten Nebenkostenvorauszahlungen nicht. Aus diesem Grund kündigte die Klägerin das Mietverhältnis am 1. Februar 2005 zum 30. April 2005. Mit der am 25. Mai 2005 zugestellten Klage hat sie Räumung und Herausgabe der Wohnung verlangt. Nachdem die Beklagten in einem anderen Verfahren vor dem Amtsgericht verurteilt worden waren, die rückständigen Vorauszahlungen zu entrichten, beglichen sie den ausstehenden Betrag am 11. Juli 2005. Im Räumungsrechtsstreit haben die Beklagten geltend gemacht, ihre Zahlungsverpflichtung nicht schuldhaft verletzt zu haben. Sie hätten die Nebenkostenvorauszahlungen auf Empfehlung des örtlichen Mieterschutzvereins einbehalten. Die Klägerin habe dem Mieterschutzverein Rechnungsbelege, die den Nebenkostenabrechnungen früherer Jahre zugrunde gelegen hätten, trotz wiederholter Aufforderung nicht übersandt. Das Amtsgericht hat der Räumungsklage mit der Begründung stattgegeben, es sei das Risiko der beklagten Mieter, sich auf fehlerhaften Rechtsrat des Mieterschutzvereins zu verlassen.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Räumungsklage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die von der Klägerin erklärte ordentliche Kündigung habe das Mietverhältnis nicht beendet. Die Beklagten hätten ihre vertragliche Zahlungsverpflichtung zwar nicht unerheblich verletzt. Ein Verschulden des Mieterschutzvereins müssten sie sich aber nicht zurechnen lassen, denn es komme auf ein persönliches Fehlverhalten des Mieters an; ein solches liege hier aber nicht vor.

Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision begeht die Klägerin Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Verhandlungstermin: 26. Oktober 2006

I ZR 182/04

LG Hamburg – 324 O 554/03 ./. OLG Hamburg  7 U 18/04

Der Kl ist Oskar Lafontaine. Kurz nach seinem Rücktritt als Finanzminister und SPD-Vorsitzender (11. März 1999) erschien in der Welt (21. März 1999) und der Frankfurter Allgemeinen (22. März 1999) eine halb- bzw. doppelseitige Werbeanzeige für das Mietwagenunternehmen Sixt. Darauf waren die Portraitaufnahmen von 16 Mitgliedern des damaligen Bundeskabinetts, wobei das Foto des Klägers durchgestrichen war. Der Text der Werbeanzeige lautet: „Sixt verleast auch Autos für Mitarbeiter in der Probezeit“. Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger von Sixt wegen der Verwendung seines Bildnisses zu Werbezwecken eine fiktive Lizenz i. H. v. 250.000 €.

Dem Kläger wurden 100.000 € zugesprochen. Der Anspruch folge jedenfalls aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB. Mit der Veröffentlichung des Bildes habe die Beklagte das Recht des Klägers am eigenen Bild verletzt und damit zugleich auf Kosten des Klägers einen vermögenswerten Vorteil erlangt. Der Kläger könne die erlangte Bereicherung herausverlangen. Diese bestehe in den ersparten Aufwendungen, und zwar in Höhe des üblichen Honorars, welches auf 100.000 € geschätzt werde. Die Firma Sixt hat Revision eingelegt.

Verhandlungstermin: 26. Oktober 2006

I ZR 33/04

LG Siegen – 7 0 50/03 ./. OLG Hamm – 4 U 112/03

Die Beklagte warb von Ende April bis Ende Juli 2002 auf Einlegeblättern in jedem Bierkasten und in Fernsehspots für den Verkauf ihres Bieres mit dem sog. „Krombacher Regenwald-Projekt“. Dabei wurde im Wesentlichen versprochen, dass der Kauf eines Kasten „Krombacher“ auch dem Schutz von 1qm Regenwald diene. Zwei Wettbewerbsverbände haben darin einen Wettbewerbsverstoß gesehen und die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das Berufungsgericht hat das der Klage stattgebende landgerichtliche Urteil bestätigt. Die Werbung verstoße gegen das Gebot lauterer Werbung, weil es ihr an der erforderlichen Transparenz fehle. Zwar gebe es im Wettbewerbsrecht kein allgemeines Transparenzgebot. Jedoch mache es die Verknüpfung des Kaufs eines Kasten Bieres mit dem Appell an den Kunden, damit nachhaltig 1 qm Regenwald zu schützen, auch vor dem Hintergrund der Koppelung des Kaufs mit einer altruistischen Handlung, erforderlich, dass der Verbraucher in der Werbung darüber aufgeklärt werde, wie der Schutz des Regenwaldes erreicht werden solle. Daran fehle es.

Verhandlungstermin: 26. Oktober 2006

I ZR 97/04

LG Siegen – 7 O 20/04

Die Beklagte warb – wie schon im Jahr zuvor (vgl. insoweit I ZR 33/04) – vom Mai bis Juli 2003 für den Verkauf des von ihr hergestellten Biers in Einlegeblättern und Fernseh-Werbespots mit Aussagen wie: „... für jeden verkauften Kasten Krombacher fließt eine Spende in die Regenwald-Stiftung des WWF, um einen Quadratmeter Regenwald in Afrika nachhaltig zu schützen!“. Hiergegen klagt die Wettbewerbszentrale.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch zu, weil in den Werbeaussagen pauschal mit dem Verkauf eines Kastens Bier der Schutz eines Quadratmeters Regenwald in Afrika gleichgesetzt werde. Das Unlauterkeitsmoment liege in der fehlenden Transparenz und begrifflichen Genauigkeit der versprochenen Hilfeleistung. Die Aussage erwecke größere Schutzerwartungen als die Beklagte einhalten könne. Tatsächlich unterstütze die Beklagte nur verschiedene Aktionen des WWF. Das sei jedoch nicht der proportionale Schutz, den der Werbeslogan verspreche. Die Firma Krombacher hat Sprungrevision eingelegt.

Verhandlungstermin: 26. Oktober 2006

I ZR 37/04

LG Frankfurt - 2/3 O 443/02 ./. OLG Frankfurt – 6 U 10/03

Die Parteien sind Wettbewerber bei Herstellung und Vertrieb von sitzenden, in Goldfolie verpackten Schokoladenhasen. Die Klägerinnen sind Inhaberinnen der am 6. Juli 2001 eingetragenen dreidimensionalen Gemeinschaftsmarke „Lindt-Goldhase“ sowie der IR-Wortmarke „GOLDHASE“. Mit der Klage wenden sie sich gegen Vertrieb und Bewerbung eines ebenfalls in Goldfolie eingewickelten sitzenden Schokoladenhasen sowie gegen die Verwendung der Bezeichnung „Goldhase“ für einen Schokoladenhasen durch die Beklagte. Sie nehmen die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung in Anspruch.

Das Berufungsgericht hat das die Klage abweisende landgerichtliche Urteil bestätigt. Es bestehe keine Verwechslungsgefahr zwischen dem angegriffenen und dem zugunsten der Klägerinnen als Gemeinschaftsmarke eingetragenen Schokoladenhasen. Zwar sei zu berücksichtigen, dass der Gemeinschaftsmarke eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zukomme und Warenidentität bestehe. Mit Rücksicht darauf, dass die Klagemarke in erster Linie durch den Wortbestandteil „Lindt/GOLDHASE“ und in zweiter Linie durch das rote Halsband mit Schleife und Glöckchen geprägt werde, bestehe jedoch keine Ähnlichkeit mit der angegriffenen Warenform. Bei diesem Osterhasen befänden sich an der Seite die Worte „Riegelein Confiserie“ und er trage auch kein rotes Band mit einem Glöckchen. Die Verwendung des Wortes „Goldhase“ im Katalog der Beklagten erfolge nicht herkunftshinweisend, sondern beschreibend.

Verhandlungstermin: 31. Oktober 2006

VI ZR 223/05

LG Konstanz  5 O 276/04 D ./. OLG Karlsruhe  9 U 3/05

Der Kläger macht gegen die Beklagte, ein Einzelhandelsunternehmen, Schadensersatzansprüche wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht geltend. Die Beklagte habe entgegen den Anweisungen des Herstellers in ihrem Verbrauchermarkt kohlensäurehaltige Getränke nicht kühl verwahrt. Die Innentemperatur des Verkaufsraums habe zum Unfallzeitpunkt mindestens 30 Grad betragen. Hierdurch sei es, ohne dass der Kläger die Flasche berührt habe, zu deren Explosion gekommen, wodurch er im Gesicht und an den Augen schwer verletzt worden sei.

Die Klage blieb in beiden Instanzen erfolglos. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, eine durch Klimatisierung herbeigeführte künstliche Kühlung könne von der beklagten Einzelhandelsfirma nicht verlangt werden. Dies wäre unzumutbar, weil sich das Risiko bei den zu erörternden Temperaturen dadurch nur minimal verringern würde. Der Kläger verfolgt mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision seinen Anspruch weiter. Der. VI. Zivilsenat wird sich bei seiner Entscheidung mit den Pflichten eines Verkäufers bezüglich der Behandlung von Verkaufsware zu befassen haben.

Verkündungstermin 7. November 2006

(Verhandlungstermin: 11. Juli 2006)

KVR 37/05

Bundeskartellamt - Beschl. v. 27. April 2005 – B 7 38/05

OLG Düsseldorf - Urt. v. 21. September 2005 –VI Kart (WuW/E DE-R 1607)

und

KVR 38/05

Bundeskartellamt - Beschl. v. 25. April 2005 – B 7 -22/05

OLG Düsseldorf - Beschl. v. 21.09.2005 – VI-Kart 9/05 (V)

Auswahl unter Beiladungsprätendenten

Bundesgerichtshof prüft erstmals Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Beiladung zu Fusionskontrollverfahren

In den beiden Rechtsbeschwerdeverfahren KVR 37/05 und KVR 38/05 hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs erstmals über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung einer Beiladung zu einem Fusionskontrollverfahren zu entscheiden.

Die Rechtsbeschwerdeführerin begehrt ihre Beiladung zu zwei Fusionskontrollverfahren, die das Breitbandkabelnetz betreffen. Das Bundeskartellamt lehnte die Beiladungsanträge der Rechtsbeschwerdeführerin zu beiden Verfahren ab. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Rechtsbeschwerdeführerin durch das beabsichtigte Zusammenschlussvorhaben zwar in ihren wettbewerblichen Interessen erheblich berührt werde, von einer Beiladung jedoch unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie abgesehen werden könne, weil die wirtschaftlichen Interessen und Belange der Rechtsbeschwerdeführerin bereits durch die ausgesprochene Beiladung eines anderen Kabelnetzbetreibers (KVR 37/05) bzw. zweier anderer Kabelnetzbetreiber und des Verbandes Privater Kabelnetzbetreiber e.V. (KVR 38/05) Berücksichtigung fänden. Die gegen die Ablehnung des Beiladungsantrags erhobenen Beschwerden hatten keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat in beiden Fällen die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Nach früherer Rechtslage war die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof gegen die Ablehnung der Beiladung nicht eröffnet, da diese gemäß § 74 Abs. 1 GWB a. F. nur gegen in der Hauptsache erlassene Beschlüsse statthaft war. Insoweit hat sich durch die 7. GWB-Novelle (Gesetz vom 7. Juli 2005 [BGBl. I S. 1954]) eine Änderung ergeben.

Verhandlungstermin: 7. November 2006

VI ZR 206/05

LG Itzehoe – 2 O 290/02 ./. Schleswig-Holsteinisches OLG – 4 U 185/04

Die Klägerin verlangt vom nicht beamteten Chefarzt einer chirurgischen Klinik Schmerzensgeld nach einer operativen Divertikelentfernung am 6. Februar 2002. Sie behauptet, die Operation sei behandlungsfehlerhaft durchgeführt worden; zudem habe sie der Arzt Dr. S., der das Aufklärungsgespräch führte, nicht hinreichend aufgeklärt.

Das Landgericht Itzehoe hat die Klage abgewiesen, weil weder ein Aufklärungs- noch ein Behandlungsfehler vorliege. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Dabei hat es dahinstehen lassen, ob die Aufklärung durch den Arzt Dr. S. ausreichend gewesen sei; jedenfalls sei ein etwaiger Fehler dem beklagten Chefarzt nicht zuzurechnen.

Der VI. Zivilsenat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin die Revision zugelassen. Er wird anhand dieses Falls voraussichtlich zu den Voraussetzungen einer wirksamen Delegation der Aufklärungspflicht Stellung nehmen, ebenso zur Frage der Zurechnung von Fehlern des aufklärenden Arztes gegenüber dem Operateur.

Verhandlungstermin: 7. November 2006

5 StR 164/06

LG Kaiserslautern - 4005 Js 12753/02. (Wi) 2 KLs - Urteil vom 13. Oktober 2005

Das Landgericht Kaiserslautern hat drei ehemalige Angehörige der Führungsspitze des 1. FC Kaiserslautern e. V. wegen Steuerdelikten zu Geld- bzw. Freiheitsstrafen verurteilt. Den früheren Vorstandsvorsitzenden des Vereins Jürgen Friedrich hat es der Steuerhinterziehung in sechs Fällen schuldig gesprochen und ihn deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen die Angeklagten H. und Dr. W. hat es wegen Steuerhinterziehung in einem Fall bzw. wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zwei Fällen jeweils Geldstrafen verhängt.

Gegenstand der Verurteilungen sind unrichtige Lohnsteueranmeldungen des 1. FC Kaiserslautern, in denen im Zeitraum von Juli 1999 bis Juli 2002 den Profifußballspielern Strasser, Bjelica, Lincoln und West gewährte Sonderzahlungen nicht berücksichtigt wurden. Nach den Feststellungen des Landgerichts schloss der Angeklagte Friedrich für den 1. FC Kaiserslautern mit angeblichen Rechteinhabern (ausländischen Briefkastenfirmen) Scheinverträge über den Erwerb der „Persönlichkeitsrechte“ der Spieler, um als Arbeitslohn zu qualifizierende Zuwendungen an die Spieler gegenüber dem Finanzamt zu verheimlichen. Indem er scheinbar auf diese Kaufverträge geleistete Zahlungen zwischen 353.000 DM und 767.000 €, die in Wirklichkeit den Spielern zuflossen, bei den Lohnsteueranmeldungen des Vereins nicht in Ansatz brachte, verkürzte der Angeklagte Friedrich nach den Berechnungen des Landgerichts Lohnsteuern in Höhe von mehr als 1,1 Mio. €. Das Landgericht hat sich davon überzeugt, dass der Angeklagte in einem Fall gemeinsam mit dem weiteren Vorstandsmitglied H. handelte und in zwei Fällen von dem Aufsichtsratsvorsitzenden, dem Angeklagten Dr. W., unterstützt wurde.

Gegen das Urteil wenden sich die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft mit dem Rechtsmittel der Revision. Während die Angeklagten, gestützt auf Verfahrensrügen und sachlichrechtliche Beanstandungen, ihre Freisprechung erstreben, rügt die Staatsanwaltschaft, dass der Angeklagte Dr. W. nur als Gehilfe und nicht als Mittäter verurteilt worden ist, und beanstandet im Übrigen die vom Landgericht verhängten Strafen als unvertretbar milde. Über die Revisionen wird der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Großen Sitzungssaal des Bundesverwaltungsgerichts verhandeln.

Verhandlungstermin 14. November 2005

VI ZR 48/06

LG Waldshut-Tiengen - 2 O 70/04 ./. OLG Karlsruhe - 13 U 134/04

Die Klägerin ist Mutter eines im Dezember 2002 geborenen gesunden Sohnes. Sie verlangt von ihrem Gynäkologen, dem Beklagten, aus eigenem und aus abgetretenem Recht des Vaters des Kindes Ersatz des durch die Unterhaltsverpflichtung entstandenen und noch entstehenden Schadens.

Der Beklagte hatte der Klägerin im Februar 2002 das lang wirkende Verhütungsmittel „Implanon“ verabreicht. Bei diesem Präparat handelt es sich um ein circa 3 mm starkes und wenige Zentimeter langes Plastikröhrchen, welches oberhalb der Ellenbogenbeuge unter die Haut eingebracht wird. Im Juli 2002 stellte der Beklagte bei der Klägerin eine Schwangerschaft in der 16. Woche fest. Weder das „Implanon“-Implantat noch sein Wirkstoff konnte gefunden werden.

Die Klägerin konnte wegen der Schwangerschaft und der Betreuung des Kindes eine ihr zugesagte Arbeitsstelle nicht antreten. Der Vater des Kindes hat die Vaterschaft anerkannt und zahlt Unterhalt.

Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, dass ihm beim Einsetzen des Verhütungsmittels ein Fehler unterlaufen sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin Unterhaltsschadensersatz bis zum Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu zahlen. Es bejaht einen Behandlungsfehler des Beklagten, wobei in den Schutzbereich eines auf Schwangerschaftsverhütung gerichteten Vertrages zwischen Arzt und Patientin auch der Vater eines planungswidrig geborenen Kindes einbezogen sei.

Verhandlungstermin: 14. November 2006

XI ZR 294/05

LG Düsseldorf – 5 O 521/03 ./. OLG Düsseldorf – I – 16 U 160/04

Der Kläger, die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V., macht in einer Sammelklage an ihn abgetretene Ansprüche von Kunden der beklagten Sparkasse geltend. Er begehrt die Auszahlung, hilfsweise Wiedergutschrift von Kontobelastungen in Höhe von insgesamt 13.543,58 €, die die Beklagte vorgenommen hat, nachdem entsprechende Abhebungen an Geldautomaten mit den Kunden zuvor entwendeten ec-Karten, s-Cards oder Sparkassenkarten unter Verwendung der korrekten PIN-Nummer getätigt worden waren.

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger, der über keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügt, aufgrund von Art. 1 § 3 Nr. 8 RBerG berechtigt ist, die an ihn abgetretenen Kundenansprüche geltend zu machen. In der Sache wendet sich der Kläger gegen die Belastungsbuchungen, die die Beklagte mit der Begründung vorgenommen hat, angesichts der kurzen Zeiträume zwischen dem Abhandenkommen der Karten und ihrem erfolgreichen Einsatz an den Geldautomaten sei davon auszugehen, dass die Kunden ihre Sorgfaltspflichten im Umgang mit der Karte und der PIN-Nummer grob verletzt hätten.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, weil die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des Art. 1 § 3 Nr. 8 RBerG nicht vorlägen, die Abtretungen somit wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig seien und der Kläger daher nicht zur klageweisen Geltendmachung etwaiger Kundenforderungen berechtigt sei. Da zu dieser Frage unterschiedliche Auffassungen in der Instanzrechtsprechung vertreten werden, hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen.

Verhandlungstermin: 16. November 2006

I ZR 191/03

LG Frankfurt - 3/11 O 97/02 ./. OLG Frankfurt 6 U 36/03

Die Beklagte vermittelt und koordiniert Bauvorhaben zwischen Bauherren und deren Planungsbüros einerseits sowie Bauunternehmen andererseits. Mit ihren Partnerunternehmen schließt die Beklagte formularmäßig vorbereitete Verträge, durch die sich die Handwerker zur Zahlung einer Provision für jeden vermittelten Bauauftrag und daneben zur Zahlung einer einmaligen Aufwandsabgeltung in Höhe von mehreren tausend DM verpflichten. Die Geschäftskontakte zu ihren potentiellen Vertragspartnern bahnt die Beklagte grundsätzlich per Telefon an. Anlass der Beanstandung des Klägers ist die telefonische Kontaktaufnahme eines Mitarbeiters der Beklagten mit dem Inhaber einer Tischlerei, durch den die Beklagte dem Unternehmen eine Vermittlung von Aufträgen gegen Provision angeboten hat. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Beklagte betreibe wettbewerbswidrige Telefonwerbung. Ein ausdrückliches, konkludentes oder vermutetes Einverständnis des Angerufenen habe nicht vorgelegen. Die Beklagte habe kein sachliches Interesse des Angerufenen an ihrem Anruf dargelegt. Sie trete nicht als Nachfragerin, sondern als Anbieterin ihrer eigenen Leistung, ihrer Vermittlungstätigkeit, auf. Durch ein Verbot werde die Beklagte nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 12 GG verletzt. Sie könne ihr Ziel, die grundsätzliche Bereitschaft von Handwerksunternehmen zu einer Zusammenarbeit mit ihr zu sondieren, ebenso gut über ein Rundschreiben erreichen.

Verhandlungstermin: 20. November 2006

II ZR 279/05

LG Frankfurt - 2/14 O 16/04 ./. OLG Frankfurt - 1 U 14/05 (abgedruckt in ZIP 2005, 2322)

Der Kläger ist Insolvenzverwalter einer Aktiengesellschaft. Die Beklagte, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, erbrachte Beratungsleistungen für die Klägerin und bekam ihre Leistungen mit ca. 126.000 € vergütet. Der damalige Aufsichtsratsvorsitzende der nunmehr insolventen Aktiengesellschaft war zu 50 % an der Beklagten beteiligt. Aufgrund dieses Umstandes hält der Kläger die zugrunde liegenden Beratungsverträge zwischen beiden Gesellschaften gemäß §§ 113, 114 AktG für unwirksam und fordert das gezahlte Honorar zurück.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Verurteilung der Beklagten bis auf einen ganz geringfügigen Teil aufrechterhalten. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten. Dabei gibt das Verfahren dem Senat Gelegenheit, in Fortführung seiner Entscheidung vom 03.07.2006 (ZIP 2006, 1529) zum Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG Stellung zu nehmen.

Verhandlungstermin: 23. November 2006

3 StR 240/06

Landgericht Wuppertal – 22 KLs 85 Js 37/03 - 1/05 II -

Das Landgericht hat den Angeklagten, der bis zum Jahr 1999 Vorsitzender des CDU-Kreisverbands Wuppertal, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Wuppertaler Stadtrat und CDU-Kandidat für das Amt des Wuppertaler Oberbürgermeisters bei den in Nordrhein-Westfalen zum 12. September 1999 anstehenden Kommunalwahlen war, mit Urteil vom 6. Dezember 2005 vom Vorwurf der Untreue freigesprochen.

Der Angeklagte hatte im Zusammenhang mit den Kommunalwahlen vom September 1999 von dem Bauunternehmer Clees, der die kommunalpolitisch umstrittene Errichtung eines sogenannten Factory Outlet Centers in Wuppertal plante, für den Wahlkampf der Wuppertaler CDU zwei Schecks über insgesamt 125.000 DM erhalten. Die Anklage sieht diese Zahlungen als sogenannte Einflussspenden an, d.h. als Spenden, die erkennbar in Erwartung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt worden seien und deren Weiterleitung an das Präsidium des Deutschen Bundestages erforderlich gewesen sei. Durch die nach dem Parteiengesetz erforderliche, tatsächlich unterbliebene Weiterleitung der Zahlungen drohe der CDU nunmehr die Gefahr, dass das Präsidium des Bundestages den zweifachen Betrag der vereinnahmten Spendengelder für verfallen erkläre.

Das Landgericht hat den Freispruch damit begründet, es fehle bereits an einer pflichtwidrigen Untreuehandlung des Angeklagten im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, da es sich bei der der CDU gewährten Parteispende von insgesamt 125.000 DM nicht um eine Einflussspende gehandelt habe. Für den Angeklagten sei es bei Eingang der Spende jedenfalls nicht erkennbar gewesen, dass Clees diese gerade in Erwartung eines bestimmten politischen Vorteils, nämlich Unterstützung bei der Verwirklichung seines Projekts eines Factory Outlet Centers, gewährt habe.

Gegen das freisprechende Urteil des Landgerichts richtet sich die vom General-bundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts geltend macht.

Verhandlungstermin: 27. November 2006

II ZR 96/05

LG Heidelberg - 11 O 13/03 ./. OLG Karlsruhe - 7 U 181/03 (abgedruckt in NZG 2005, 636)

Die Parteien sind Aktionäre einer deutschen Aktiengesellschaft, deren Aktien noch zu 90 % im Besitz der Gründerfamilien bzw. deren Nachkommen stehen. Zusammen mit den übrigen Familienaktionären gehören die Parteien einer Schutzgemeinschaft an, die eine einheitliche Rechtsausübung aus den Beteiligungen ihrer Mitglieder sicherstellen soll. Zu diesem Zweck haben sich die Mitglieder einer Stimmbindungsvereinbarung u. a. im Hinblick auf das Abstimmungsverhalten in der Hauptversammlung der betroffenen Aktiengesellschaft unterworfen. Die Vereinbarung sieht vor, dass das Stimmverhalten mit einfacher Mehrheit der Konsorten beschlossen wird, auch wenn für die entsprechende Beschlussfassung in der Hauptversammlung eine qualifizierte Mehrheit vorgeschrieben ist. Bei einem Verstoß gegen ein vereinbartes Abstimmungsverhalten ist eine Vertragsstrafe in Höhe von 25 % des Nennbetrages der Geschäftsanteile des Schutzgemeinschaftsmitgliedes angeordnet.

Bei zwei Hauptversammlungen im Jahr 2000 und 2001 verstießen die Beklagten wiederholt gegen das zuvor von den Konsorten mehrheitlich beschlossene Abstimmungsverhalten. Infolgedessen hat die Klägerin als Geschäftsführerin der Schutzgemeinschaft beantragt, die Beklagten zur Zahlung der aus ihrer Sicht hierdurch angefallenen Vertragsstrafe zu verurteilen. Zudem hat sie beantragt festzustellen, dass die Beklagten zur Ausübung ihres Stimmrechts in Einklang mit den Beschlüssen der Schutzgemeinschaft verpflichtet sind.

Das Landgericht hat dem Feststellungsantrag im Wege des Teilurteils stattgegeben. Das Berufungsgericht hat unter Abänderung der landgerichtlichen Tenorierung die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten der Sache nach zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die auf Dauer angelegte Stimmbindungsvereinbarung sei wirksam. Deren Wirksamkeit stehe auch nicht entgegen, dass die Vereinbarung auch dort nur eine einfache Mehrheit vorsehe, wo ein Beschluss über das Abstimmungsverhalten bei qualifizierten Mehrheitserfordernissen in der Hauptversammlung herbeigeführt werden soll. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Verhandlungstermin: 28. November 2006

5 StR 181/06 und 182/06

LG Berlin - Urteile vom 17. November 2005 - 68 Js 451/05 (512) KLs (42/05) und 8. Dezember 2005 - 68 Js 451/05 (512) KLs (25/05)

Das Landgericht Berlin hat den Angeklagten Ante S. wegen Betruges in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verurteilt. Den angeklagten Fußballschiedsrichter Robert Hoyzer hat es wegen Beihilfe zum Betrug in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Im Übrigen hat das Landgericht weitere Angeklagte, und zwar den Schiedsrichter Dominik Marks und zwei Brüder des Ante S., wegen Beteiligung an mehreren Fällen des Betruges zu Bewährungsstrafen verurteilt. In einem abgetrennten Verfahren hat es den Fußballspieler Steffen Karl wegen Beihilfe zum Betrug ebenfalls zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Gegenstand der Verurteilungen sind Sportwetten auf Fußballspiele. Nach Auffassung des Landgerichts hat der Angeklagte Ante S. durch die Platzierung verschiedener Wetten auf manipulierte Fußballspiele mehrere Betrugstaten begangen, zu denen die anderen Angeklagten – mit Ausnahme einer von einem seiner Brüder selbst abgeschlossenen Wette – jeweils in unterschiedlicher Weise Beihilfe geleistet haben. Bei den beiden verurteilten Fußballschiedsrichtern Hoyzer und Marks hat das Landgericht Beihilfehandlungen darin gesehen, dass sie durch bewusste Fehlentscheidungen den Ausgang von ihnen geleiteter Fußballspiele manipuliert haben, um so Ante S. hohe Wettgewinne zu ermöglichen. Den beiden Brüdern von Ante S. wird Beihilfe durch Unterstützung ihres Bruders bei der Organisation des Wettbetrugs vorgeworfen, dem Fußballspieler Karl die Manipulation des Spielgeschehens durch sein Spielverhalten.

Sämtliche Angeklagten haben gegen ihre Verurteilung Revision eingelegt. Die Bundesanwaltschaft hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zu klärenden Rechtsfragen beantragt, über die Revisionen in einer öffentlichen Hauptverhandlung zu entscheiden. Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs wird die Sache im Großen Sitzungssaal des Bundesverwaltungsgerichts verhandeln. Etwa einen Monat vor der Verhandlung werden nähere organisatorische Hinweise für Presse und Öffentlichkeit erteilt.

Verhandlungstermin: 5. Dezember 2006

VI ZR 45/05

LG München I  9 O 1730/04 ./. OLG München  18 U 4588/04

Die Klägerin ist die Tochter der früheren RAF-Angehörigen Ulrike Meinhof. Sie ist als freie Journalistin tätig und beschäftigt sich seit Jahren publizistisch mit dem RAF-Terrorismus. Die Beklagte veranstaltet das Internet-Angebot zur Print-Ausgabe einer überregionalen Zeitung. Sie stellte im September 2003 mit der Überschrift "Enthüllungen  Die Terroristin und der Figaro" einen Bericht ins Internet, in dem es u. a. heißt:

"Auf dem Höhepunkt der Debatte um Fischers Vergangenheit war die Berichterstattung gekippt. Die Kollegen wandten sich nun der Jägerin zu, die in den Portraits alles andere als schmeichelhaft wegkam: Als fanatische, verbitterte Verschwörungstheoretikerin erschien R., die die "Achtundsechziger" abgrundtief hasste und sie, wie die "Welt" einmal schrieb, "auch mit sonderbaren Methoden" bekämpfte. Statt Respekt brachte man ihr allenfalls Mitleid entgegen, der offenbar traumatisierten Terroristentochter, die als siebenjährige in ein jordanisches Palästinenser Camp verfrachtet werden sollte, bevor sie der heutige "Spiegel"-Chefredakteur S.A. aus den Händen der RAF befreite."

Nachdem die Beklagte sich mit einer Unterlassungserklärung verpflichtet hat, den Zusatz "offenbar traumatisiert“ zu unterlassen, ist Gegenstand der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision nur noch das vom OLG ausgesprochene Verbot, die Klägerin als "Terroristentochter" zu bezeichnen.

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

1 StR 392/06

Landgericht Nürnberg-Fürth - 3 KLs 254 Js 7385/05 - Urteil vom 6. April 2006

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat den Angeklagten, einen Polizeibeamten, mit Urteil vom 6. April 2006 aus tatsächlichen Gründen von den Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs von Gefangenen und der Vergewaltigung freigesprochen. Dem Angeklagten lag zur Last, während eines Nachtdienstes in einer Polizeihaftanstalt in Nürnberg die zur Ausnüchterung dorthin verbrachte Nebenklägerin unter dem Vorwand, sie „unter-“ bzw. „durchsuchen“ zu müssen, in einer Haftzelle sexuell missbraucht zu haben. Das Landgericht hat sich von der Schuld des Angeklagten nicht zu überzeugen vermocht, da es letzte Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin nicht hat überwinden können. Hiergegen richten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin.

Termin: noch nicht bestimmt

3 StR 251/06

Oberlandesgericht Düsseldorf – III-VI 13/03

Das Oberlandesgericht hat am 26. Oktober 2005 nach 136 Hauptverhandlungstagen die Angeklagten Abu Dh., Al D. und Sh. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit Passfälschungsdelikten und anderen Straftaten zu Freiheitsstrafen zwischen sechs und acht Jahren sowie den Angeklagten M. wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und anderer Straftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.

Gegen das Urteil haben die Angeklagten Abu Dh., Al D. und Sh. Revision eingelegt. Sie rügen die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Der Generalbundesanwalt hat die Verwerfung der Rechtsmittel durch Beschluss beantragt.

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

5 StR 211/06

LG Hamburg – 606 KLs 21/03 – Urteil vom 7. Dezember 2005

Das Landgericht Hamburg hat den Angeklagten, den seit 1993 vom Dienst suspendierten ehemaligen Leiter der Abteilung für Strahlentherapie der Radiologischen Klinik im Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf, vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung einer früheren Patientin seiner Klinik freigesprochen.

Gegenstand des Verfahrens ist ein Ausschnitt aus dem sogenannten „UKE-Strahlenskandal“. Die Staatsanwaltschaft Hamburg wirft dem Angeklagten vor, als verantwortlicher Arzt durch Etablierung und Durchführung einer nicht dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Strahlentherapie fahrlässig den Tod einer Patientin verursacht zu haben. Diese Patientin war von Oktober 1986 bis Mai 1988 wegen eines Rektumkarzinoms prä- und postoperativ in der Klinik des Angeklagten bestrahlt worden. Sie erlitt im Zuge der Strahlentherapie vielfältige schwerste Strahlenschäden, in deren Folge sie im April 1999 verstarb.

Das Landgericht hat – sachverständig beraten – die von dem Angeklagten entwickelten Therapieansätze als in Übereinstimmung mit den damaligen Regeln der ärztlichen Kunst angesehen und für einen vertretbaren Versuch zur Verbesserung des Behandlungsergebnisses beim Rektumkarzinom gewertet.

Gegen das Urteil wenden sich die Staatsanwaltschaft und der Ehemann der verstorbenen Patientin als Nebenkläger. Sie beanstanden das Verfahren und die Beweiswürdigung des Landgerichts, namentlich die Auseinandersetzung mit den vorliegenden Sachverständigengutachten.

Termin: noch nicht bestimmt

5 StR 212/06

LG Hamburg – 622 KLs 11/05 – Urteil vom 25. November 2005

Das Landgericht Hamburg hat die Angeklagten, die Eltern der in Hamburg-Jenfeld zu Tode gekommenen siebenjährigen Jessica, wegen Mordes in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach den Feststellungen der Schwurgerichtskammer töteten die Angeklagten durch Unterlassen grausam ihre gemeinsame Tochter, die sie zuvor längere Zeit misshandelt hatten. Die am 25. August 1997 geborene Jessica zog im Jahre 2000 mit ihren Eltern in eine 2 ½-Zimmer Wohnung im siebten Stock eines Mietshauses in Hamburg-Jenfeld. Nach dem Umzug wurde Jessica von ihren Eltern zunehmend von der Außenwelt isoliert und vernachlässigt. Sie wurde über lange Zeiträume in einem verdunkelten und nur spärlich möblierten Zimmer eingeschlossen und nur unzureichend und unregelmäßig mit Nahrung versorgt. Während die Angeklagten ihren Freizeitaktivitäten nachgingen, verfiel das sich selbst überlassene Kind zusehends. In der Nacht zum 1. März 2005 erstickte Jessica, die zu diesem Zeitpunkt bereits völlig verwahrlost und polymorbid war, an Erbrochenem.

Das Schwurgericht hat das Geschehen als grausame Tötung und damit als Mord gewertet. Es hat – sachverständig beraten – eine Einschränkung der Schuldfähigkeit der Angeklagten bei der Tat ausgeschlossen.

Gegen das Urteil wenden sich die Angeklagten mit Verfahrensrügen und der allgemeinen Sachrüge.

Pressestelle des Bundesgerichtshof
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501