Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr.139/2006

Verurteilung der Eltern im Hamburger Mordfall "Jessica"

rechtskräftig

Das Landgericht Hamburg hat die Angeklagten, die Eltern der in Hamburg zu Tode gekommenen siebenjährigen Jessica, jeweils wegen Mordes in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach den Feststellungen der Schwurgerichtskammer töteten die Angeklagten durch Unterlassen ihre gemeinsame Tochter, die sie zuvor schon längere Zeit gröblich vernachlässigt hatten. Die Angeklagten zogen im Jahr 2000 mit der am 25. August 1997 geborenen Jessica in eine 2 1/2-Zimmer-Wohnung im siebten Stock eines Mietshauses. Nach dem Umzug wurde Jessica von ihren Eltern zunehmend von der Außenwelt isoliert und vernachlässigt. Sie wurde über lange Zeiträume in einem verdunkelten und nur spärlich möblierten Zimmer eingeschlossen und nur unzureichend und unregelmäßig mit Nahrung und Getränken versorgt. Eine entwicklungsfördernde Kommunikation mit dem Kind fand nicht statt. Während die Angeklagten ihren Freizeitaktivitäten nachgingen, verfiel das sich selbst überlassene Kind zusehends. In der Nacht zum 1. März 2005 erstickte Jessica, die zu diesem Zeitpunkt bereits völlig verwahrlost und polymorbid war, an Erbrochenem, nachdem der mit Kotsteinen verstopfte Verdauungstrakt Nahrung nicht mehr verwerten konnte. Zudem hatte der Angeklagte, von seiner Frau nach Kenntnisnahme gebilligt, in Jessicas Zimmer – insoweit erfolglos – eine "Stromfalle" in Form eines blank liegenden, eine Spannung von 228 Volt führenden Drahtes gelegt.

Das Schwurgericht hat das Geschehen als – durch Unterlassen begangene – grausame Tötung und damit als Mord gewertet. Es hat – sachverständig beraten – eine Einschränkung der Schuldfähigkeit der Angeklagten bei der Tat ausgeschlossen.

Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revisionen der Angeklagten verworfen, weil die Nachprüfung weder einen Verfahrensfehler noch einen Urteilsfehler zu ihrem Nachteil ergeben hat. Die Verurteilung der Angeklagten ist damit rechtskräftig.

Beschluss vom 10. Oktober 2006 – 5 StR 212/06

LG Hamburg – 622 KLs 11/05 – Urteil vom 25. November 2005

Karlsruhe, den 17. Oktober 2006

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