Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 117/2005

Verurteilung von Lutz Drach wegen Geldwäsche im

Schuldspruch bestätigt

Frage der Bandenzugehörigkeit muss neu verhandelt werden

Das Landgericht Aachen hat den Angeklagten Lutz Drach wegen Geldwäsche (§ 261 StGB) in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Der Angeklagte ist der Bruder des wegen Entführung von Prof. Dr. Jan-Philipp Reemtsma zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilten Thomas Drach. Nach den Feststellungen wirkte der Angeklagte im Jahr 2000, als sein Bruder bereits inhaftiert war, daran mit, dass zwei mal drei Millionen Schweizer Franken aus dem erpressten Lösegeld durch den gesondert verfolgten St. von Deutschland nach Madrid gebracht wurden. Später wurde das Geld auf Veranlassung des gesondert verfolgten B. K. durch St. wieder nach Deutschland transportiert; schließlich verbrachte St. es im Auftrag des Angeklagten nach Lüttich, wo es einem unbekannten Mann übergeben wurde. Dieses Geld, wie auch der weitaus größte Teil der übrigen Beute aus der Tat des Thomas Drach, konnte bis heute nicht sichergestellt werden.

Das Landgericht hat die Taten zwar jeweils als unbenannten besonders schweren Fall der Geldwäsche gewertet, die als Regelbeispiele benannten Erschwerungsgründe der gewerbsmäßigen und der bandenmäßige Begehung aber verneint. Nach Auffassung des Landgerichts handelte der Angeklagte nur aus Gefälligkeit gegenüber seinem Bruder; ein entgeltliches Handeln hat das Gericht nicht zweifelsfrei feststellen können. Auch für die Zugehörigkeit des Angeklagten zu einer Bande, die sich zum fortgesetzten „Waschen“ des verborgenen Lösegelds zusammengeschlossen hatte, lagen nach der Beweiswürdigung des Landgerichts nicht genügend Anhaltspunkte vor.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft.

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs das Urteil im Strafausspruch aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, weil das Landgericht das Vorliegen einer banden- und gewerbsmäßigen Begehung der Geldwäschetaten ohne ausreichende Sachverhaltsaufklärung verneint hat. Indizien für eine gewerbsmäßige Begehung könnten ein Zugang des Angeklagten zumindest zu Teilen des Lösegelds und die Verwendung für eigenen Zwecke sein. Dass der Angeklagte eine solche Zugriffsmöglichkeit hatte, hatte der Zeuge H., ein ehemaliger Mithäftling des Thomas Drach, gegenüber einem Polizeibeamten ausgesagt. Das Landgericht hat in der Hauptverhandlung den Zeugen H. nicht vernommen, sondern sich mit der Vernehmung des Polizeibeamten begnügt; aufgrund dessen Aussage hat es die Angaben des Zeugen H. für „unzureichend“ erachtet. In dieser Vorgehensweise sieht die Staatsanwaltschaft zu Recht einen Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht. Dem Landgericht hätte sich aufdrängen müssen, den Zeugen in der Hauptverhandlung zu vernehmen, um sich einen persönlichen Eindruck von dessen Glaubwürdigkeit zu verschaffen.

Das Landgericht hat auch festgestellt, dass für den Angeklagten von Oktober 1998 bis Mitte 2001 insgesamt 58 Flüge zwischen Brasilien und Madrid oder Paris gebucht waren. Die notwendigen Aufwendungen für diese Flüge hätten im Widerspruch zu den Angaben des Angeklagten gestanden, er habe in dem fraglichen Zeitraum nur über geringe Mittel verfügt und in sehr bescheidenen Verhältnissen in einer brasilianischen Kleinstadt gelebt. Das Landgericht hat dies nicht feststellen können; zur Begründung hat es ausgeführt, es sei nicht bewiesen, dass der Angeklagte die gebuchten Flüge auch tatsächlich durchgeführt habe. Dies war, wie die Revision der Staatsanwaltschaft zutreffend rügt, rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hätte anhand von Passagierlisten aufgeklärt müssen, welche der gebuchten Flüge der Angeklagte tatsächlich wahrgenommen und wovon er sie bezahlt hat.

Die Strafkammer konnte auch nicht feststellen, dass der Angeklagte mit mindestens zwei weiteren Personen, nämlich seinem Bruder Thomas Drach und dessen Vertrautem B. K., die Geldwäsche als Mitglied einer Bande betrieben hat. Insoweit hat der Bundesgerichtshof erstmals entschieden, dass Mitglied einer solchen Bande auch eine Person sein kann, die Täter oder Teilnehmer der Vortat (hier: der schweren räuberischen Erpressung) war und deshalb selbst nicht nochmals wegen der Sicherung der Beute, also wegen Geldwäsche bestraft werden kann. Dieser gesetzliche Strafausschließungsgrund betrifft nur den Vortäter persönlich; andere Mitglieder einer „Geldwäscherbande“ können hieraus für sich keine Vorteile ableiten.

Die Revision des Angeklagten hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs verworfen. Mit der Verfahrensrüge hatte der Angeklagte geltend gemacht, ihm sei zu Unrecht die Einsicht in die Akten eines von der Staatsanwaltschaft noch nicht abgeschlossenen Sammelverfahrens in dem Gesamtkomplex „Geldwäsche am Reemtsma-Lösegeld“ verweigert worden, von dem sein eigenes Verfahren mit Anklageerhebung abgetrennt wurde. Das Landgericht hatte sich insoweit der Rechtsauffassung des Angeklagten ausdrücklich angeschlossen und die Weigerung der Staatsanwaltschaft Aachen, die Akten vorzulegen, als rechtswidrig angesehen. Einen hierauf gestützten Antrag des Angeklagten, das Verfahren auszusetzen, hatte es gleichwohl abgelehnt, weil es keine gesetzlichen Möglichkeiten habe, die Staatsanwaltschaft zur Aktenvorlage zu bewegen.

Der 2. Strafsenat hat die Rüge als unbegründet angesehen, weil diese Verfahrensweise rechtlich nicht zu beanstanden ist. Er hat entschieden, dass ein Anspruch auf Beiziehung von und Einsicht in Akten eines anderen Verfahrens in einem Tatkomplex, in dem die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind und für das die Staatsanwaltschaft nach pflichtgemäßer Beurteilung für den Fall der Offenlegung eine Gefährdung des Untersuchungszwecks befürchtet, auch dann nicht besteht, wenn es sich dabei um ein Sammelverfahren handelt, von dem das Verfahren gegen den Angeklagten abgetrennt wurde. Das Interesse des Angeklagten an umfassender Akteneinsicht muss hier bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens hinter das Interesse an der Aufklärung weiterer schwerer Straftaten zurücktreten. Das ergibt sich auch aus dem Anspruch jedes Beschuldigten auf Verfahrensbeschleunigung und eine zügige Entscheidung in seinem Verfahren.

Urteil vom 26. August 2005 – 2 StR 225/05

LG Aachen - 67 KLs 901 Js 215/04 - 8/04

Karlsruhe, den 26. August 2005

Pressestelle des Bundesgerichtshof
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501