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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Monat August 2004 » Pressemitteilung Nr. 94/04 vom 19.8.2004

Siehe auch:  Urteil des 5. Strafsenats vom 19.8.2004 - 5 StR 218/04 -

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Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 94/2004

Bundesgerichtshof entscheidet im Fall des „Potzlow-Mordes“

Im Sommer 2002 wurde ein 16jähriger Junge in dem Dorf Potzlow in Brandenburg von den Angeklagten, drei rechtsradikalen jungen Männern, die ihr Opfer als „Punk“ verachteten, nach einem gemeinsamen Trinkgelage massiv gedemütigt und gequält. Anschließend brachten ihn die Angeklagten zu einem abgelegenen Gehöft, mißhandelten ihn dort weiter und nötigten ihn nach dem Vorbild einer brutalen Filmszene, in einen Steintrog zu beißen. In dieser Situation brachte der 17jährige Haupttäter dem Opfer durch einen Sprung auf den Kopf tödliche Verletzungen bei. Um die Tat zu verdecken, warfen er und sein 23jähriger Bruder anschließend dem noch für lebendig gehaltenen Opfer, um es endgültig zu töten, wiederholt einen schweren Stein an den Kopf. Mit ihrem ebenfalls 17jährigen Tatgenossen vergruben die Brüder den Leichnam des Opfers anschließend in einer Jauchegrube. Das Landgericht Neuruppin hat den jugendlichen Haupttäter u. a. wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Mitangeklagten hat es den vollendeten Mord nicht zugerechnet. Das Landgericht hat den erwachsenen, in seiner Schuldfähigkeit erheblich verminderten Bruder u. a. wegen versuchten Verdeckungsmordes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren und den jugendlichen Tatgenossen, dem auch die versuchte Tötung nicht zugerechnet wurde, u. a. wegen gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren Jugendstrafe (ohne Bewährung) verurteilt.

Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die zum Nachteil der Angeklagten erhobenen Revisionen der Staatsanwaltschaft das Urteil gegen den jugendlichen Haupttäter, dem Antrag der Bundesanwaltschaft folgend, bestätigt. Angesichts beträchtlicher psychischer Defekte dieses Angeklagten und seines für die Wahrheitsfindung besonders förderlichen Geständnisses durfte das Landgericht die gesetzliche Höchststrafe von zehn Jahren Jugendstrafe, wie geschehen, unterschreiten. Im übrigen hat der Bundesgerichtshof zwar die Beweiswürdigung des Landgerichts gebilligt, wonach die vollendete Tötung eine Exzeßtat des Hauptangeklagten war. Da beide Mittäter jedoch im Rahmen der schweren Mißhandlungen des Opfers mit einem derartigen Exzeß rechnen mußten, war der Schuldspruch bei ihnen dahin zu ergänzen, daß sie ferner der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig sind. Dies führte bei dem erwachsenen Mittäter allerdings zu keiner Abänderung der höchstmöglichen zeitigen (Ge-

samt-)Freiheitsstrafe, da die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe gegen den grenzdebilen und persönlichkeitsgestörten Angeklagten ausschied. Gegen ihn muß eine andere Jugendkammer des Landgerichts Neuruppin indes nochmals zu der bislang nicht hinreichend überprüften Frage verhandeln, ob seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einer Entziehungsanstalt anzuordnen ist. Gegen den jugendlichen Mittäter muß auf der Grundlage des erheblich verschärften Schuldspruchs über die Höhe der Jugendstrafe erneut verhandelt werden.

Urteil vom 19. August 2004 – 5 StR 218/04

Karlsruhe, den 19. August 2004

Pressestelle des Bundesgerichtshof
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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