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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Jahr 2004 » Pressemitteilung Nr. 84/04 vom 13.7.2004

Siehe auch:  Urteil des XI. Zivilsenats vom 13.7.2004 - XI ZR 132/03 -

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 84/2004

Bundesgerichtshof entscheidet über die Haftung von Banken beim Absatz von Anteilen an Investmentfonds, die nur in

selbständige Optionsscheine investieren

Der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über Ansprüche von Kapitalanlegern entschieden, die Anteile an einer luxemburgischen Wertpapier-Investmentgesellschaft mit veränderlichem Kapital erworben haben, die ausschließlich in selbständige Optionsscheine investiert.

Die Klägerin und ihr Ehemann, die beide nicht börsentermingeschäftsfähig sind, erwarben die Anteile im Jahr 2000 über die beklagte Bank als Kommissionärin. Nach einem erheblichen Wertverfall der Anteile verlangt die Klägerin aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes von der Bank die Erstattung der Erwerbskosten Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile. Sie macht eine schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung durch die Bank und die Unverbindlichkeit der Verträge über den Erwerb der Anteile aufgrund ihrer Börsentermingeschäftsunfähigkeit geltend. Das Landgericht hat zwar ein Aufklärungsverschulden der Bank verneint, die Verträge über den Erwerb der Anteile aber als unverbindliche Börsentermingeschäfte angesehen und deshalb einen Anspruch auf Erstattung der Erwerbskosten bejaht. Das Oberlandesgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen, weil die Verträge keine Börsentermingeschäfte seien.

Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts im Ergebnis bestätigt und die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Ein Aufklärungsverschulden kann der Bank nicht vorgeworfen werden, weil der Ehemann, der die Anteile für sich und die Klägerin erworben hat, nicht aufklärungsbedürftig war. Er kannte das hohe, mit dem Erwerb der Anteile verbundene Verlustrisiko und hatte ausdrücklich auf die Übersendung von schriftlichem Aufklärungsmaterial verzichtet.

Die Verträge über den Erwerb der Anteile sind auch keine unverbindlichen Börsentermingeschäfte. Unter diesen Begriff fallen standardisierte Verträge, die von beiden Seiten erst zu einem späteren Zeitpunkt, dem Ende der Laufzeit, zu erfüllen sind und einen Bezug zu einem Terminmarkt haben. Sie dienen der Spekulation auf eine günstige, aber ungewisse Entwicklung des Marktpreises in der Zukunft, die die Auflösung des Terminengagements durch ein gewinnbringendes Glattstellungsgeschäft ermöglichen soll, und begründen die Gefahr, bei einem Fehlschlag der Spekulation planwidrig zusätzliche Mittel einsetzen zu müssen.

Dies trifft auf den Erwerb der Fondsanteile nicht zu. Der Erwerb erfolgt durch einen Vertrag, der von beiden Seiten sofort zu erfüllen ist. Die Gefahr, später planwidrig zusätzliche Mittel einsetzen zu müssen, besteht nicht. Daß der Fonds seinerseits nur in selbständige Optionsscheine, d.h. in Börsentermingeschäfte, investiert und deshalb möglicherweise einem erhöhten Insolvenzrisiko ausgesetzt ist, ändert an dem Charakter der Verträge über den Erwerb der Anteile nichts. Das am 1. Juli 2002 in Kraft getretene 4. Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010, 2316) hat die Unverbindlichkeit von Verträgen infolge Börsentermingeschäftsunfähigkeit ohnehin abgeschafft.

Urteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 132/03

Karlsruhe, den 13. Juli 2004

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-5013

Telefax (0721) 159-5501

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