Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 65/2003

Bundesgerichtshof zum Deckungsschutz in der

Rechtsschutzversicherung für die Schadensersatzklage eines

Aktienerwerbers gegen die Deutsche Telekom AG

Der Kläger begehrt von der Beklagten, bei der er eine Familien-Rechtsschutzver-sicherung unterhält, Deckungsschutz für eine Klage auf Schadensersatz gegen die Deutsche Telekom AG. Er hat im Rahmen des dritten Börsenganges der Deutschen Telekom AG im Juli 2000 500 Aktien erworben. Er stützt seinen Schadensersatzanspruch in erster Linie auf § 45 des Börsengesetzes. Er behauptet, der im Mai 2000 veröffentlichte Börsenzulassungsprospekt sei unrichtig gewesen, weil in der Bilanz der Deutschen Telekom AG der Immobilienbesitz erheblich zu hoch bewertet worden sei.

Die Beklagte hat die erbetene Kostenzusage abgelehnt, weil sich der Versicherungs-schutz nach der Ausschlußklausel des § 4 Abs. 1c der vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB, wortgleich mit § 4 Abs. 1c ARB 75) nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Bereich des Rechtes der Handelsgesellschaften beziehe. Erstmals im Deckungsprozeß hat sie ihre Ablehnung auch auf fehlende Erfolgsaussicht der Klage gegen die Deutsche Telekom AG gestützt. Das Landgericht Hannover hat - im Gegensatz zum Amtsgericht - den Anspruch auf Deckungsschutz abgelehnt, weil es bei der Klage gegen die Deutsche Telekom AG um die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Bereich des Rechtes der Handelsgesellschaften im Sinne von § 4 Abs. 1c AVB gehe.

Auf die Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts aufgehoben. Die Beklagte hat dem Kläger für die Schadensersatzklage gegen die Deutsche Telekom AG bedingungsgemäß Rechtsschutz zu gewähren. Der Anspruch ist nicht durch § 4 Abs. 1c AVB ausgeschlossen. Der Prospekthaftungsanspruch aus § 45 des Börsengesetzes ist nicht dem Bereich des Rechtes der Handelsgesellschaften zuzuordnen, sondern dem Bereich des Kapitalmarktrechts. Die Vorschrift betrifft nicht die spätere Stellung des Erwerbers als Aktionär. Sie dient vielmehr dem Schutz des Kapitalanlegers und begründet die Haftung für ein Verhalten - den Erlaß und die Herausgabe eines unrichtigen Prospekts -, das vor dem Zeitpunkt des Erwerbs liegt. Deshalb ist das Geltendmachen von Ansprüchen nach § 45 des Börsengesetzes nicht als Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Bereich des Rechtes der Handelsgesellschaften anzusehen. Fehlende Erfolgsaussicht der Klage gegen die Deutsche Telekom AG kann dem Anspruch auf Rechtsschutz im vorliegenden Fall nicht mehr entgegengehalten werden, weil die Beklagte diesen Ablehnungsgrund dem Kläger entgegen § 17 Abs. 1 Satz 2 AVB nicht unverzüglich schriftlich mitgeteilt hatte. Die Erfolgsaussicht dieser Klage war deshalb nicht zu prüfen.

Urteil vom 21. Mai 2003 - IV ZR 327/02

Karlsruhe, den 21. Mai 2003

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