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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Monat Oktober 2003 » Pressemitteilung Nr. 127/03 vom 30.10.2003

 

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 127/2003

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit möchte ich auf folgenden Termin hinweisen:

 

Verhandlungstermin: 4. November 2003, 10.30 Uhr:

KZR 6/02

LG Köln - 28 O (Kart) 622/99 ./. OLG Düsseldorf - U (Kart) 9/01

und KZR 7/02

LG Köln - 28 O (Kart) 537/99 ./. OLG Düsseldorf - U (Kart) 8/01

 

Der Kartellsenat wird am 4. November 2003 in zwei Revisionsverfahren über die auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von insgesamt ca. 36. Mill. € gerichteten Klagen zweier Telekommunikationsunternehmen zu entscheiden haben, die sich gegen das größte deutsche Telekommunikationsunternehmen richten.

Bis zum 31. Dezember 1997 bestand zugunsten der Beklagten ein gesetzliches Monopol beim Angebot von Sprachtelefoniedienstleistungen an die Öffentlichkeit. Die Klägerinnen waren bis zu diesem Zeitpunkt lediglich als Anbieterinnen von Telefondiensten für Firmennetze ("Corporate Network"-CN) und geschlossene Benutzergruppen ("Closed User Groups" - CUG) tätig. Bei diesen Diensten erbringt der Anbieter die Sprachtelefondienste innerhalb des Firmennetzes oder der geschlossenen Benutzergruppe über ein eigenes oder gemietetes Telefonnetz; für die Verbindung mit Gesprächspartnern aus dem öffentlichen Telefonnetz ist er auf die Herstellung einer Verbindung mit diesem Netz angewiesen.

Die Beklagte stellte den Klägerinnen die hierzu erbrachten Leistungen auf Grund dreier vom Bundesminister für Post und Telekommunikation als bis zum 31. Dezember 1997 zuständiger Regulierungsbehörde genehmigter Tarife in Rechnung. Der Tarif "AGB Standard" richtete sich an Endkunden (Tarif "AGB Standard"), der Tarif "Dial&Benefit" an Geschäftskunden. Ein dritter Tarif (Tarif "Dial&Benefit CN") war von der Beklagten für Betreiber geschlossener Netzwerke konzipiert.

Anfang 1996 wandte sich die Klägerin zusammen mit weiteren Unternehmen an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften mit dem Vorwurf, die Beklagte nutze ihre marktbeherrschende Stellung mißbräuchlich aus, indem sie ihre (Endkunden-) Tarife auch gegenüber mit ihr konkurrierenden CN- und CUG-Diensteanbietern anwende und damit einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt der Sprachtelefondienste für Firmennetze und geschlossene Benutzergruppen verhindere. Die Kommission leitete daraufhin ein Vorermittlungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland ein, das auch auf die Beklagte erstreckt wurde. Im Laufe dieses Verfahrens entwickelte die Beklagte sukzessive zwei neue Tarife, den Tarif "AfCN", der speziell für den Netzzugang von Telekommunikationsdienstleistungen für Firmennetze und geschlossene Benutzergruppen ausgerichtet ist, und, nachdem die Kommission auch die Entgelte des Tarifs "AfCN" als überhöht beanstandet hatte, den Tarif "AfCN (neu)". Sie erstattete den Klägerinnen den Differenzbetrag zwischen den Tarifen "Dial&Benefit CN" und dem Tarif "AfCN (neu)",

Mit ihrer Klage begehren die Klägerinnen nunmehr auch die Erstattung des Unterschiedsbetrages zwischen den Tarifen "AGB-Standard" sowie "Dial&Benefit CN" und dem Tarif "AfCN (neu)".

Seit dem Wegfall des gesetzlichen Monopols der Beklagten zum 1. Januar 1998 bietet die Klägerin auch Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit an. Um die netzübergreifende Erreichbarkeit der Anschlußinhaber zu gewährleisten, sieht das Telekommunikationsgesetz die Zusammenschaltung öffentlicher Telekommunikationsnetze vor. Technisch bestehen hierfür unterschiedliche Möglichkeiten, nämlich sogenannte Primärmultiplexanschlüsse sowie Netzzugänge über das Zeichengabeprotokoll "ZGS Nr. 7". Die Netzzugänge über Primärmultiplex-anschlüsse rechnet die Beklagte ebenfalls nach den drei oben genannten genehmigten Tarifen ab; den Netzzugang über das Zeichengabeprotokoll ZGS 7 über einen von der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation genehmigten "IC-Tarif". Auch insoweit begehren die Klägerinnen die Erstattung der Differenz zu dem "IC Tarif".

Sie vertreten die Auffassung, die Beklagte mißbrauche ihre marktbeherrschende Stellung im Sinne des Art. 82 EG, indem sie überhöhte Entgelt–Genehmigungsanträge bei dem Bundesministerium für Post und Telekommunikation gestellt habe.

Das Landgericht hat die Klagen abgewiesen, die Berufungen der Klägerinnen hatten keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat die Auffassung vertreten, der Beklagten sei die Geltendmachung eines etwaig überhöhten Entgeltes nicht als kartellrechtswidriges Verhalten zuzurechnen. In der Abrechnung ihrer Leistungen nach den genehmigten Endkunden-Tarifen für CN- und CUG-Diensteanbieter liege nicht das Ausnutzen ihrer marktbeherrschenden Stellung; denn sie sei gesetzlich verpflichtet, keine anderen als die genehmigten Tarife anzuwenden. Sie verfüge auch insoweit nicht über einen hinreichenden Entscheidungsspielraum, weil es ihre freie Entscheidung sei, welche Entgelte sie zur Genehmigung vorlege. Der Entgeltantrag habe lediglich zur Folge, daß das vorgeschriebene Verfahren in Gang gesetzt werde; auf die Höhe des zu fordernden Entgeltes habe sie keinen Einfluß.

Mit ihren Revisionen verfolgen die Klägerinnen ihre Berufungsanträge weiter.

Karlsruhe, den 30. Oktober 2003

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-5013

Telefax (0721) 159-5501

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