Der Bundesgerichtshof

PRESSEMITTEILUNGEN
 
XML RSS

Dokumentsuche

Datum

Nummer

Suchbegriff

[Icon: Dreieck] Hilfe

 

Kalender

Mo Di Mi Do Fr Sa So
    1 2 3 4 5
6 7 8 9 10 11 12
13 14 15 16 17 18 19
20 21 22 23 24 25 26
27 28 29 30 31    

Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Monat Oktober 2003 » Pressemitteilung Nr. 122/03 vom 23.10.2003

Siehe auch:  Urteil des III. Zivilsenats vom 23.10.2003 - III ZR 9/03 -

vorheriges DokumentDokumentlistenächstes Dokument

Druckansicht

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 122/2003

Bundesgerichtshof zu Ansprüchen wegen amtspflichtwidriger

Maßnahmen von Staatsanwaltschaft und Polizei im Brandfall Horben

Zwischen Januar 1992 und November 1995 war es in Horben (Südbaden) zu mehreren Bränden gekommen, von denen vor allem ein Hof betroffen war. Nach dem letzten Brand im November 1995 hatten sich die strafrechtlichen Ermittlungen gegen einen Sohn des Besitzers dieses Hofes gerichtet. Er war vom 5. November 1997 bis zum 16. Dezember 1997 in Untersuchungshaft. Im März 1996 hatte die Polizei in Freiburg eine richterliche Anordnung über den "verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Erhebung personenbezogener Daten" in der Wohnung des Vaters und später auch der eigenen Wohnung des Beschuldigten auf dem betreffenden Hof erwirkt. Diese Abhörmaßnahmen wurden im November 1997 beendet. Im Jahre 1998 erhob die Staatsanwaltschaft in Freiburg Anklage gegen den Beschuldigten. Die Strafkammer lehnte jedoch die Eröffnung des Hauptverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts ab.

Im vorliegenden Amtshaftungsprozeß haben beide Tatsacheninstanzen (in zweiter Instanz das Oberlandesgericht Karlsruhe) materielle und immaterielle Schadensersatzansprüche der Betroffenen (Sohn und Vater) gegen das Land Baden-Württemberg einerseits wegen Amtspflichtverletzungen der Staatsanwaltschaft bzw. der Kriminalpolizei im Zusammenhang mit der Erwirkung des Haftbefehls (gegen den Sohn) und andererseits wegen amtspflichtwidriger Beantragung und Durchführung der Abhörmaßnahmen (gegen Vater und Sohn) durch die Polizei dem Grunde nach bejaht.

Der u.a. für das Amtshaftungsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die hiergegen gerichtete Revision des beklagten Landes zurückgewiesen. Er hat die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts als rechtsfehlerfrei angesehen, wonach der Staatsanwaltschaft bzw. der Kriminalpolizei als Hilfsorgan der Staatsanwaltschaft vorzuwerfen war, im Zusammenhang mit der Beantragung des Haftbefehls gegen den Beschuldigten (Sohn) dem Haftrichter nicht alle für die Prüfung des Tatverdachts erforderlichen Beweisergebnisse vorgelegt zu haben. Nicht zu beanstanden ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs auch der vom Berufungsgericht gegen die Kriminalpolizei erhobene Vorwurf, die in Rede stehenden Abhörmaßnahmen beantragt und durchgeführt zu haben, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür (Erforderlichkeit "zur Abwehr einer unmittelbar bevorstehenden Gefahr für Leben, Gesundheit ...") nicht vorlagen. In diesem amtspflichtwidrigen "Lauschangriff" durfte der Tatrichter angesichts der Dauer der Maßnahmen (etwa 20 Monate) auch eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts beider Betroffener sehen, die die Zahlung einer Geldentschädigung rechtfertigt.

Die Prüfung der Höhe der materiellen und immateriellen Schadensersatzansprüche ist dem weiteren gerichtlichen Verfahren vorbehalten.

Urteil vom 23. Oktober 2003 - III ZR 9/03

Karlsruhe, den 23. Oktober 2003

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-5013

Telefax (0721) 159-5501

Druckansicht