Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 148/2003

Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Kündigung

eines Girokontos der Republikaner

Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, daß die Postbank im September 2000 ein Girokonto der Republikaner nicht unter Berufung auf deren politische Zielrichtung oder einen ihr bei Fortführung des Kontos drohenden Imageschaden kündigen durfte.

Ein Landesverband der Republikaner unterhielt bei der Postbank seit mehreren Jahren ein Girokonto. Im August und September 2000 wurde in der Presse über die Geschäftsverbindungen der Postbank zu "rechtsextremen" Parteien berichtet. Daraufhin kündigte die Postbank am 12. September 2000 gemäß Nr. 19 Abs. 1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Girokonto mit der Begründung, es bestehe kein Interesse an einer Fortführung der Geschäftsverbindung. Ihr Vorstand hatte beschlossen, Konten rechtsradikaler Parteien und Organisationen zu kündigen, um einen "wichtigen Beitrag zur politischen Hygiene" zu leisten. Mit der vorliegenden Klage hat sich der Landesverband der Republikaner gegen die Wirksamkeit der Kündigung gewandt. Die Postbank hat geltend gemacht, daß sie die Kündigung angesichts der öffentlichen Kritik zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen ausgesprochen habe. Außerdem stehe es ihr wie jeder anderen Rechtsperson des Privatrechts frei, eine Geschäftsbeziehung aus politischen oder weltanschaulichen Gründen zu beenden. Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben die Beklagte zur Fortführung des Kontos verurteilt.

Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts im Ergebnis bestätigt und die Revision der Postbank zurückgewiesen.

Die Postbank ist im Jahr 1995 im Zuge der Postreform II durch Umwandlung des Sondervermögens Deutsche Bundespost in Aktiengesellschaften entstanden. Alleiniger Aktionär der Beklagten ist die Deutsche Post AG, deren Aktien im maßgeblichen Zeitpunkt der Kündigung noch vollständig im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland und der Kreditanstalt für Wiederaufbau, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, standen. Als erwerbswirtschaftlich tätige, aber ausschließlich von der öffentlichen Hand beherrschte Gesellschaft hatte die Postbank das Willkürverbot zu beachten. Das Girokonto des Landesverbandes der Republikaner durfte sie daher nicht ohne begründeten Anlaß kündigen.

Ein solcher Anlaß kann nicht in der politischen Zielrichtung der Republikaner gesehen werden. Dies würde selbst dann gelten, wenn die Republikaner – was die Postbank im vorliegenden Rechtsstreit nicht geltend macht – verfassungsfeindlich ausgerichtet wären. Nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG entscheidet über die Verfassungswidrigkeit einer Partei das Bundesverfassungsgericht. Bis zu dieser Entscheidung soll eine Partei in ihren politischen Aktivitäten von jeder rechtlichen Behinderung frei sein, solange sie mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitet und insbesondere nicht gegen die Strafgesetze verstößt. Die Kündigung des Girovertrages stellt eine unzulässige rechtliche Behinderung dar, weil sie die politische Tätigkeit des Landesverbandes der Republikaner mittelbar beeinträchtigt. Eine politische Partei ist bei ihrer Arbeit auf die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr angewiesen. Sie muß insbesondere bei der Beantragung der staatlichen Parteienfinanzierung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 ParteiG eine Bankverbindung angeben.

Auch ein möglicher Imageschaden der Postbank ist kein berechtigter Anlaß für eine Kündigung, weil die Postbank diesen allein aufgrund der politischen Zielrichtung der Republikaner befürchtet, die sie als eine dem Willkürverbot unterliegende, staatlich beherrschte Gesellschaft nicht geltend machen kann.

Urteil vom 2. Dezember 2003 – XI ZR 397/02

Karlsruhe, den 2. Dezember 2003

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